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VII.

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Sammlung von Briefen, von den Deputirten- Bischöffen zu Savona geschrieben, vom 10-19 Mai 1811.

An Se. Heiligkeit den Pabst Pius VII

Heilighter Vater! Wir sind von den Bischöffen, die sich zu

Paris befinden, beauftragt, zu den Füßen Ew. Heiligkeit die Huldigung unsrer tiefen Verehrung für Ihre Person und für Ihre höchste Würde niederzulegen, und Ihnen die Bedürf, nisse und die Wünsche aller Kirchen von Frankreich vorzutragen. Wir bitten Ew. Heil. demüthig um die Ehre vor Ihnen erscheinen zu dürfen und eine Sendung zu erfüllen, die keinen andern Zweck hat, als, mit Beibehaltung der Rechte und der Würde des heil. Stuhls, der französischen Kirche den Frieden wieder zu geben. Niedergeworfen zu den Füßen Ew. Heil., ·flehen wir Sie demüthig an, uns Ihren apostolischen Segen zu ertheilen, und sind mit dem tiefften Respect, heil, Bater, Ew. Heiligkeit

ganz gehorsamste und ergebenfte Diener und Söhne (unter;) † 2. M.; Erzbischoff v. Tours. † Ch., Bifchoff v. Trier. J. B., Bischoff pon Nantes.

Savena ib. Mai 1811.

Erster Brief an den Cultminister.

Savona to. Mai 1811.

ir kommen aus der Audienz des Pabsts. Diesen Mors gen benachrichtigte ihn der Herr Präfect, daß wir gestern ans gekommen seyen, von den Bischöffen, die zu Paris sind, mit Erlaubniß des Kaisers, gesandt, und fehnlichst wünschten, ihm unsere Huldigung darzubringen. Der heil. Vater antwortete: er würde uns sogleich empfangen, sobald wir kämen. Um 12 Uhr waren wir dort mit dem Präfecten, der sich nach unsrer Einführung wieder zurückzeg. Ich mache keine Erwähnung von unsern verehrungsvollen und kindlichen Formen, um nur von der Leutseligkeit und Güte zu sprechen, mit der uns der heil. Vater empfangen hat. Nachdem wir die dringenden Be dürfnisse der französischen Kirche geschildert, von der Zusam. menberufung des Conciliums, und von der Hülfe, die wir vom hell. Stuhl hofften, zur Einsegung der ernannten oder zu ers

einen

nennenden Bischöffe, gesprochen hatten, schien der Pabst Augenblick zu glauben, daß wir kämen ihn zu richten, oder mit ihm von dem Urtheil einiger in Paris versammelten Bie schöffe über sein Betragen und seine Person zu sprechen. Wir wiesen diese Idee mit Nachdruck und Respect zurück. Er sagte einige Worte über die Nothwendigkeit seiner Mitwirkung au Haltung eines Conciliums *). Aber der Unterschied zwischen einem öcumenischen und einem National Concilium besänftigte ihn ohne Mühe; dech ließ er durchblicken, daß ohne seine Zu, stimmung ein National - Concilium die allgemeine Disciplin der Kirche nicht ändern könne, sowohl hinsichtlich der Einseßung der Bischöffe, als hinsichtlich jedes andern Puncts von Wich. tigkeit **). Der heil. Vater schränkte sich dann auf die Uns möglichkeit ein, in der er sey, die Bullen zu geben, und ir, gend eine Entschließung zu nehmen, ohne seine natürlichen Ráthe, seine Theologen, und die gewöhnlichen Mittel zu haben, schickliche Nachrichten über die Tauglichkeit der ernannten Subjecte su erhalten, und während er selbst seines Beichtvaters, den man kommen zu lassen sich weigert, der Bücher, Federa und Papiers beraubt sey; aber mitten in seinen Klagen hat er nicht auf der Nothwendigkeit seiner Rückkehr nach Rom be. standen. Auf diese peinliche, ihn in Unthätigkeit verseßende

*) Uuch der Kirchenrath hatte (S. 104) eben dieses behauptet: ein allgemeines Cóncilium, das obne den Babi gehalten wur de, wurde nicht die allgemeine Kirche repräsenttren." Dieß in im gewöhnlichen Fall wahr; wenn es sich aber davon bans delte, den Babi selbst zu richten, ihn abzusehen, eine Spaltung zu endigen (wie die Geschichte solche Beissiele gibt) oder eine nothwendige Verbesserung einzuführen, welcher der Babit und der römische Hof sich widerseßte, mußte man da warten, bis es dem Pabst gefiele, ein allgemeines Concilium zu berufen? und wenn die Bucoffe ich ohne ihn versammelten, wäre es dann kein öcumenisches Concilium?

D.

**) Es ist wahr, daß ein National Concilium die allgemeine Dis ciplin nicht ändern kann, wenn nämlich diese nach reiflicher Brüfung als nußlich augemein anerkannt in Sede Kirche muß so viel möglich die Gleichförmigkeit mit den übrigen Kirchen erhalten Aber wenn diese allgemeine Disciplin, het veränderten Umständen, einer befonden Kirche schädlich geworden ist, so daß diese mit derselben nicht mehr beßehen kann, wer möchte behaupten, daß sie alsdann nicht das Recht hätte, sie zu ändern? und dieß noch weit mehr, wenn es eine Disciplin betrifft, die nur nach und nach in die Kirche eingeschlichen ist, die, blos irdischen Abschten ihren Ursprung verdankend, ungemein viel Nebel verursacht hat, wie die gegenwärtige Art der Einsehung der Bischöffe durch den Pabji.

D.

Lage berief sich der Pabst vorzüglich und mehr als einmal; er verlangte als verläufig schlechterdings nethwendig seine ganzs liche Freiheit und versicherte zu jedem Mittel der Vereinigung geneigt zu seyn, sobald ihm jene wiedergegeben wäre. Bei der ersten Zusammenkunft glaubten wir nicht schicklich, ihm die Bedingungen zu jagen, an welche Se. Maj. feine volle und gänzliche Freiheit knüpfe, nämlich das Versprechen, nichts gei gegen die Declaration von 1682 zu unternehmen. Diese Zus rückhaltung chien uns um so nothwendiger, da der Pabst durch das Lesen des Briefs des Cardinals Fesch vollständig von der Bedingung unterrichtet werden wird, und wir haben ge fürchtet, wenn wir sie selbst aussprächen, einen Theil des Wohlwollens zu verlieren, das wir der Sache wegen zu be. figen wünschen müssen. Wir werden in der nächsten Audieng darauf kommen können, und wir werden ihn darauf vorbereitet finden.

Weil der Pabst das Bedürfniß seiner Räthe anführte, haben wir ihn gefragt, ob nicht in der Nähe ein Prälat wäre, zu dem er Vertrauen haben könnte? Wir haben beiläufig den Cardinal Epina genannt. Ohne ihn gerade zu verwerfen, bezeugte Se. Heiligkeit kein Verlangen, thn zu sehen. Wir haben im Sinn, gelegentlich darauf zurückzukommen. Uebri gens sprach der Pabst während der ganzen Conferenz mit MäBigung und vom Kaiser mit Zuneigung. Obgleich in die Unterhandlung nicht weit vorgerückt ist, so läßt uns doch dieser erste Zusammentritt nicht ohne Hoffnung.

Wir haben ihn um Erlaubniß gebeten, morgen wieder erscheinen zu dürfen. Er antwortete, er habe einige Zeit nöthig, um die 17 bis 18 Briefe der Cardinäle und Bischöffe zu lesen, die wir eben auf den Tisch gelegt hätten. Uebermorgen werden wir um eine zweite Audienz bitten, und wir werden die Ehre haben, Ihnen von dem, was darin geschehen wird, Bericht zu geben. Der Commandant hat uns sehr ge. neigt geschienen, unsere friedlichen Absichten zu begünstigen. Wir haben die Ehre Ew. Excellent mit Ehrerbietung zu grüßen.

(unterz.) † der Erzb. v, Tours; † der Bisch. v. Trier; der Bisch. von Nantes.

N: S. Ew. Excellenz werden einsehen, daß solche Be. richte nur in Elle niedergeschrieben werden können, da man burch den Abgang der Estaßfete gedrängt ist.

3weiter Brief an den Cultminifter.

Savona 12. Mai 1811.

Der zum Patriarchat von Venedig ernannte Bischoff von Faenza ist gestern Abend hier angekommen; und diesen Mors gen hat ihn der Pabst mit uns empfangen; segleich, nachdem er den Brief gelesen hatte, in welchem dieser Prälat darum bat. Ebendasselbe Wohlwollen, wie vorgestern, und vielleicht noch mehr Herzlichkeit. Man sieht, daß der Pabst sich ein wenig an uns gewöhnt hat, entweder durch die erste Zusam menkunft oder durch das Lesen der Briefe unserer Collegen, die ihm von Paris geschrieben haben. Der Pabst sorach mit uns von dem Briefe des Cardinals Fesch und den zwei Be dingungen, die er enthält, als nothwendig zur Friedensstiftung. Die Art, wie Cardinal Fesch davon spricht, hat ihm nicht mißfallen; aber er hat den lebhaftesten, beharrlichsten Wider. willen bezeugt, sie anzunehmen, so lange er seiner natürlichen Rathgeber beraubt sey. Wir haben wohl versucht, mit einigen Wendungen der Bescheidenheit, uns für den gegenwärtigen Fall zu Stellvertretern derselben vorzuschlagen, theils in unfrer Eigenschaft als Bischöffe, theils wegen unsrer Anhänglich, keit an die Kirche, an den heil. Stuhl und an die Person des Pabsts. Bei diesem Anlaß empfingen wir Bezeugungen von Achtung und Güte; wir werden aber als interessirter Theil betrachtet, deren Gallicanismus se groß ist, daß der heil. Vas ter über so wichtige Sachen auch mehrere seiner Theologen und Cardinäle hören zu müssen glaubt, ehe er dem von seinen Vorfahren befolgten Systeme so entgegenstehende Entschließun, gen faßt. In Betreff der vorgeschlagenen Clausei feierlich, d. i. schriftlich, zu versprechen, nichts zu thun, das gegen die Declaration von 1682 wäre, bemerkte der Pabst, daß er nichts dagegen gethan habe noch thun wolle; daß er geneigt sey, die Sache in statu quo zu lassen; weil aber Alexander VIII. Eurz vor seinem Tode die Declaration verdammt und cassirt hat, so sen es ihm nicht möglich, offenbar zurückzutreten; daß, abgesehen von seiner persönlichen Meinung, von der er jest nicht spräche, dieser Schritt in der Kirche als eine Wirkung davon, daß er seiner Gefangenschaft müde sey, betrachtet und sein Andenken entehrt seyn würde; endlich, daß seit dem Anfange seiner Widerwärtigkeiten ihm nie etwas vorgekommen sey, das so viel Butterkeit für sein Herz und sein Gewissen habe; daß übrigens dieser Widerwille nicht auf den ersten der 4 Säße fiele, worüber er leicht seine Zustimmung geben könnte *).

*) Der römische Hof thut also doch einen Schritt_zurück. Der Pabst hat nichts gegen den erßten Sah, und will auch nichts

Der Ton, mit dem der heil, Vater dieß sprach, war rüht rend und hatte nicht die mindeste Bitterkeit. Ew. Excelleng kann glauben, daß wir nichts vergessen haben, den Entschluß des Pabstes zu bekämpfen. Der Patriarch von Venedig hat sich mit Geist und Nachdruck mit uns vereinigt, jedoch stets in der unfeim Oberhaupt gebührenden Achtung. Was bie Bullen betrifft, so ist der Pabst geneigt, sie zu geben, und es würde nicht schwer seyn, ihn dahin zu bringen, es auf die Ernennungen des Kaisers zu thun, ebgleich er zweimal anges fangen hat, sich zu beklagen, nicht sewehl über die Beraubung feiner Staaten, als über die Gefangenschaft des Oberhauptes der Kirche, die Gewaltthätigkeiten gegen mehrere Cardinäle und Bischöffe, über alles, was bei der Besißnahme von Rom vorfiel, wie er sich denn schon darüber in seinem Briefe an den Cardinal Caprara beschwert hat, wo er die Beweggründe seiner ersten Weigerung angab. Wir haben ihm wohl zu ver. ftehen gegeben, daß das motu proprio immer in Frankreich verwerfen worden sey und verworfen werden würde. Aber der Pabst behauptet, er würde mit seinen Räthen Mittel finden, alles zu berichtigen, und wir glauben, daß diese Mittel am Ende mit dem Concordat übereinstimmend seyn würden. Die vorgeschlagene Clausel scheint dem Pabst nachtheilig, 1) weil die Frist von 3 Monaten ihm zu kurz scheint; 2) weil, wenn er sie zugebe, das Urtheil der Tauglichkeit der ernannten Bi schöffe dem Kaiser allein zugehörte; 3) weil am Ende das Metropolitan › Concilium Richter der Weigerung des heil. Stuhis wäre *); 4) weil vorzüglich ein armer Mann, fagte er, allein,

gegen die andern 3 thun, nur dieß nicht schriftlich versvrechen
m. f. den Brief vom 13. Mat). Was haben nicht Gregor
VII. und seine Nachfolger gegen die Rechte der Souveräne
gewagt; was hat man nicht gegen die 4 Säße von 1682 unter-
nommen! Wir wollen hoffen, daß Gott, der dem heil. Vater
den Widerwillen gegen den ersten Artikel benahm, auch die
Echwierigkeit wegen der 3 ubrigen heben werde. Denn so
lange die Babite nur in Zweifel ziehen, daß sie unfehlbar, daß
sie uber die allgemeinen Concilién erhaben, daß sie die Quelle
aller geistlichen Zurisdiction seven, so lange werden sie alles in
der Kirche verwirren, wie sie alles in den Staaten verwirrt
baben, durch wre Anmaßungen über die weltliche Herrschaft der
Konige.
D.

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*) Diese Bemerkung des Pabstes scheint sehr richtig. Die Antwort der Deputirten, daß die Metropoliten nicht über die Weige rung des Babies urtheilen, fondern nur wegen Verzugs in seinem Namen die Bullen ausfertigen würd n 66 ware gut, wenn der Verzug seinen Grund nur in einer Nachlässigkeit oder Vergessenheit hätte, aber wie viele gefäßmäßige Ursachen und

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