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Waldenser seine Regierung befleckte.. Glaubt man, daß die Protestanten durch eine zweideutige Zeile des Vorbehalts gegen die Bullen beruhigt seyn werden, während die sie bes treffenden organischen Artikel ven 1801 aufgehoben sind, und Pius VII. in seinem Sendschreihen an die Cardinäle vem 25. Febr. 1808 erklärt hat, daß er den Actikel der Freiheit der Religionen, als den Canones, den Concilien und der Fatho lischen Religion zuwider, verworfen habe; während Pius VII, immer die Decrete und Decretalen, angebliche Kirchengeseße, welche Kreuzzüge gegen die Keßer befehlen, ihre Häufer nie. berzureissen, ihre Güter zu cenfisciren und die Könige abju segen gebieten, die gegen die Keger menschliches Gefühl hatten, dieses canoniiche Recht des römischen efes gebilligt hat, welches die Scheiterhaufen der Inquisition angezündet, das Blutbad der Bartholomäusnacht, und den Widerruf des Edicts ven Nantes herbeigeführt hat; während in einem benachbar ten Königreiche (den Niederlanden) die Bischöffe sich aus Gehorsam, wie man wißig gesagt hat, empören, feierlich ver dem Angesicht des croiliirten Europa gegen die freie Verfas. fung ihres Landes protestiven, und erklären, daß ihre Diece. sanen, ohne die Religion zu verrathen, dieser Verfassung nicht Gehorsam schwören können, we sie die Freiheit der Gottes. verehrungen, die Gleichhen der bürgerlichen und politischen Rechte, die Zulässigkeit der Unterthanen des Königs zu allen Aemtern ohne Unterschied des religiösen Glaubens feßfest; während endlich der Unterhändler dieses verderblichen Tractats Frankreich durch eine Erklärung, deren Nechtheit nicht bestrit ten worden ist, zu erkennen gibt, daß einige Artikel der Ver. faffungsurkunde Sr. Helligkeit den Kirchengesehen zuwider ge= schienen haben, und während er selbst, im Namen seines Gebieters, erklärt, daß alle den Gesetzen Gottes und der Kirche zuwiderlaufende Bestimmungen über die Freiheit der Gottesverehrungen von dem Eid des Gehorsams gegen die Charte ausgenommen sind? Wenn wir über den 10. Artikel nachdenken, nach welchem sich der König und der Pabst vers pflichten, gemeinschaftlich alle Mittel anzuwenden, um die Unordnungen und die Hindernisse wegzuräumen, die sich dem Wohl der Religion und der Vollziehung der Kirchengefeße entgegenstellen, so ist es uns nicht möglich), uns der schlimm. ften Ahndungen zu erwehren. Welches sind diese Unordnuns gen und diese Hindernise, die der Religion und der Vollzies hung der Kirchengesete im Wege stehen? Umgeben nicht unsere Huldigungen die heil. Gebräuche und das feierliche Gepränge des Cults? Beugt sich die Nation nicht mit Ehr. erbietung vor dem erhabenen Zeichen des Christenthums?

Haben die Repräsentanten der Nation, die feit zwei Jahren den Gehalt der Geiftlichkeit um 10 Millionen vermehrten, ihr ~einen Theil unfres, zu unfrer Loskaufung nicht zureichenden Grundeigenthumes widmeten, es on Ergebenheit und Eifer fehlen lassen? It dieses greße Volk, das der Last seiner Triumphe unterlegen ist, das aber unter der Last seines Un glücks nicht erliegen wiro, Unordnungen und Keßereien Preis gegeven? Hat es denn durch eine so großmüthige Resignation diefen legten Grad der Erniedrigung verdient? Sollte man nicht sagen, raß selbst das Concordat Franz des 1. den 2. fichten der beiden Mähte nicht genügte? Noch einmal, wie viel Schlimmes läßt uns ein solches Geheimniß ahnden?

Nein, m. H., Sie werden einen Geseßesvorschlag nicht annehmen, den die Religion, das Vaterland und das Heil des Thrones gleich verwerfen, den Ihre Würd: allein zu ver. werfen Ihnen befehlen würde, .. Sie werden einen Vers trag nicht sanctioniren, deffen kleinster Fehler der ist, daß er überflüssig ist, denn ganz Europa weiß, daß der Pabst sich nicht weigerte. die vom König ernannten Bischöffe zu inft tuiren; daß seine Beschwerden gegen die Besetzung des Kits chenstaats die einzige und wahre Ursache seiner Weigerung war; einen Vertrag, der unter dem falschen Vorwandë, den Frieden der Kirche herzustellen, Geistlichkeit und Volk ewigen Uneinigkeiten überliefern würde; eine Acte, welche die vorzüglichste Sicherheit unfrer religiösen und Volks. Freiheiten zerstört; welche alle Mißbräuche der Jahrhunderte der Knechtschaft und der Unwissenheit, alle durch die Revolution abgeschafften Mißt. bräuche als noch bestehend annimmt, und die, um der fron zösisälen Nation eine rückgängige Bewegung zu geben, sie in schreckliche Katastrophen stürzen würde; welche mehrere Milto nen Käufer von Nationalgütern beunruhigt; die mehrere Millionen unsrer Brüder, Christen, Franzosen, Bürger wie wir, in Befürzung verseßt, indem sie das Schwert der politischen und religioien Intoleranz über ihren Köpfen schwingt, welche zur Bergrößerung des ergernisses die Religion im Namen der Religion selbst angreift, indem sie sie in Widerspruch mit dem Interesse und den Wünschen der Nation, mit der Aufz klärung des Jahrhunderts und mit dem Genius des civilisitten Europa fett; der die Religion selbst, diese göttliche Stüye im menschlichen Elend, zu einer unterdrückenden Bürde für die Völker macht; der die leßte Quelle der gesellschaftlichen Ords nung, den legten Troft im Unglück vertrocknen, der die Kette der Religion zerreissen würde, die den Himmel mit der Erde verbindet, wenn die Hand des Ewigen nicht diese heilige Kette hielte, der die moralische Welt auflösen und

zernichtem würde. Nein, m. H., Sie werden Ihr Gewissen nicht mit dem Gewicht eines solchen Jammers beladen.

Stellvertreter Frankreichs! das Geschrei der Nation ruft Sie an, und das Blut der Protestanten, das noch im Süren raucht *), die Seufzer so unzähliger, während so vieler Jahr. hunderte durch religiöse Intolerant gemordeter Schlachtopfer erheben sich aus der Tiefe ihrer weiten Gruben und vereinigen sich mit der Stimme der jetzt Lebenden, mit der Stimme des menschlichen Geschlechts, um den verderblichsten Vertrag zur rückzustoßen, den unerhörtesten, der je eine Nation und irgend ein Jahrhundert erschreckt hat.

Meine Herren! Franz I. schrieb, nach seinen Unfäl len **), die Leo X. vor Freuden sterben machten, diese denko würdigen Worte: Alles ist verloren, außer der Ehre." Und ich sage Ihnen: wenn Sie nicht das Concordat Frang des I. derwerfen: „alles ist verloren, selbst die Ehre." Denken Sie, m. H., an das Beispiel Ihrer Vorfahren, und an das Ur», theil der Nachwelt.

e) Breve des Pabstes an den Grafen von Marcellus, Mitglied der Kammer der Deputirten

Geliebter Sohn, Gruß und apostolischen Segen. Uns ist Ihr Schreiben übergeben worden, werin Sie melden, daß ein Gesetz, das zu unserm Bedauern im Namen Sr. Majestät über die zwischen un' und dem ollerchriklichsten König geschlossene Convention vorgeschlagen worden, von Ihnen und noch & andern Großen des Reichs einer Prüfung unterwers fen und nach dem beigelegten Eremplar verbessert worden sey. Bir achten war, geliebter Schn, Ihren Eifer für die Ear tholische Religion, Ihre Sorgen, sie zu beschüßen und zu

*) 180,000 Proteßanten sind im _Departement du Gard, unter Beschuldigung als wären sie Bonaparthien, ermordet worden, obne daß ein einziger Mensch wegen dieser Verbrechen mit dem Lode bestraft worden wäre; der Schrecken vor den Mördern erlaubte den Tribunalen nicht, sie zu verurtheilen, — fagt Mde. de Staël Tom. III. p. 312 der Considerations sur la revolut. françoise man vergleiche auch: Marseille et Nines en 1815, par un témoin oculaire (Durand) 72. und 68. S. Paris 1818.

d. Web. (**) 1525, als er in der Schlacht bei Pavia gefangen worden war.

pflegen, Ihre Freue, Ehrerbietung und Ergebenheit gegen den heil, Stuhl hoch, und danken dem Vater des Lichts, der Sie mit diefen frommen Gesinnungen gestärkt und befestigt hat und eilen, Sie mit dem Worte der Wahrheit, das, wie Sie anerkennen, unsrer Schwachheit von oben her verliehen is. zu bestärken, damit es Ihres Fußes Leuchte sey, und Sie nicht vem rechten Wege verirren. Si baten zutrauens, voll darum, und so sehr wir uns hierüber freuten, so bitter hat es uns geschmerzt, als wir sahen, welche Veränderungen in dem erwähnten Geseßvorschlage nach Ihrem Schreiben ges macht werden sind. Auch kann es Ihrem so wahrheitslieben, den Geiste nicht entgehen, daß es widersinnig sey, daß das, was über heilige Sachen vom apoftolischen Stuhl, nach ge meinsamer Berathung mit dem allerchristlichsten Könige, der cretirt worden ist, erst noch von einer, wenn schon sehr an sehnlichen doch weltlichen de weltlichen Behörde in Berathung gejegen werde. Sedann werden Sie, wenn Sie auch die angebrach, ten Verbesserungen nur leicht erwägen, ohne Mühe selbst einsehen, daß die zu mißbilligenden Hauptpuncte des Gefes vorschlegs entweder nicht, wie es geschehen sollte, verbessert werden sind, vielmehr da und dort verschlechtert, mit Schein gründen vergebracht, oder endlich noch beibehalten werden, so daß offenbar jener, auf die von Ihnen angegebene Weise ver. befferte, Gefeßverschlag der nackten Uebereinkunft, und ge. wissen, vorzüglich heiligen Rechten der Kirche zuwider ist. Wenn einiges von dem, was aus dem Gesch abgeleitet wird, durch Misbrau bisweilen eingeschlichen ist, so sieht jever bei nur geringem Nachdenken ein, daß einiges, um größere Nebel zu verhindern, bisweilen geduldet, keines. wegs aber gebilliget werde (interdum ad majora praevenienda mala necessitate cogente tolerari, minime autem probari). Doch haben wir, nach der erprobten Hoff. nung, die uns die durch unsere väterlichen Erinnerungen belebte Frömmigkeit des allerchriftlichsten Königs eingeflößt hat, das Vertrauen, daß er gegen dieses so große Uebel schick. liche Mittel anwenden werde, damit die nach seinem Wansch getreffene und glücklich ratificirte, und unsrer Seits bereits vollzogene Uebereinkunft, durch gänzliche Zurücknahme jenes Gefeßvorschlages, gewissenhaft beobachtet werde. Uebrigens erwarten wir von Ihrer Frömmigkeit, Klugheit und stand. haften Willen für das Beste der Religion, daß Sie, ange ihan mit Gerechtigkeit statt eines Brustharnischs, gegen das erwähnte Geset tapfer kämpfen und durch Ihren großen Ein. fluß, Ansehen, Thätigkeit sich bestreben, eine freie und schleus nige Bekanntmachung der Uebereinkunft und deren getreue

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Vollziehung zu bewirken und die Sache zu einem glücklichen Ende zu bringen.

Bir ertheilen Ihnen, geliebter Sohn, den apostelischen, den göttlichen Schuß verbürgenden, Segen, mit liebendem Herzen. Gegeben zu Rom, bei der größern heil Maria, den 23. Febr. 1818. Im 18. Jahre unfers Pabsthums,

f)

(Unterschrieben) Pius VII,

Schreiben des Cardinal - Staatssecretårs Confalvi an den. Cardinal Erzbischoff von Rheims, Talleyrand Perigord, Grosalmosenier von Frankreich *).

Durch die französische Botschaft habe ich Ihre vertraus liche Zuschrift vom 13ten Hornung erhalten. Ich habe ge. glaubt, fie Sr. Heiligkeit vor Augen legen zu müssen zur Unterfügung der Depeichen des französischen Hofes. Bir haben in einem auserwählten Rathe, welchem die einsichtss vollsten Cardinäle bewohnten, die neuen Vorschläge des Kö nigs von Frankreich untersucht und erwogen, Alles wohl überlegt, muß man nicht weiter vorangehn. Wir entwickeln Ihnen unsere Gründe in der amtlichen Ausferti gung. Der heil Vater hat in das Concordat, nur um den von mehrern großen Perfenen Frankreidys und Er allerchriste lichßen Majestät jelbst ausgedrückten Wünschen zu entsprechen, gewilligt. Er dachte, daß dieser Act, um Kraft zu erhalten, nur der Sanction des Königs bedürfe. Der heil. Vater hatte nicht Ursache über den Zustano der Kirche in Frankreich zu saufzen, so wie er wegen anderer Kirchen der Katholicitat betrübt ist. Die Religion ist dort geachtet. Er hielt nur eine Abhülfe in der Disciplin und einige besondere Verfüs gungen, wegen Veränderungen, die im Königreiche perge

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*) Dieser Brief wurde zuerst durch die englischen, aus diesen so, dann durch die niederländschen und deutschen Zeitungen bekannt. Auf diesem Wege (aus einer &prache in die andere übersect) litt er einige Beränderungen. Der Brief aber an sich in ächt und das Originai franjosisch geschrieben. Wir geben bier eine genaue Uebezseßung desselben. Den Ultramontänen in freilich das Bekanntwerden diefes Schreibens jebr unangenehm; auch Jäugnet das Diario Romano die Rechtheit desselben. Dieß muß uns jedoch nicht irre machen, da man den alten, abgenußten diplomatisten Kunigriff wohl kennt, Dinge, die sich nicht vertheidigen lassen, als nicht existireno zu erklären In den Heidel berger Jahrb. 1818. S, 564, findet sich das französische Original abgedruckt.

d. §.

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