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3. Seine Heiligkeit beschwerte sich über einen so gefaßten Artikel: „Die Decrete der auswärtigen Synoden, selbst die der allgemeinen Concilien, können in Frankreich nicht publicirt „ werden, ehe die Regierung die Form derselben, ihre lleber. » einstimmung mit den Geseßen, Rechten und Freiheiten des Staats und alles untersucht hat, was bei der Bekannts "machung die öffentliche Sicherheit gefährden oder intereffiren könnte. Es ist dieses die Marime, die Pithou in folgenden Worten ausgesprochen hatte: die allgemeinen Concilien wer den in Frankreich nicht angenommen und bekannt gemacht, als mit Erlaubniß und Autorität des Königs.“ Niemand kann übrigens unbekannt seyn, daß in den Jahren 1576, 1588 und 1644 die allgemeinen Stände des Reichs der Publication des Conciliums zu Trident sich widerseßten, und daß die Päbste sie ju wiederholten malen vergeblich von den Souveränen verlange ten, deren Einwilligung selbst dadurch für nothwendig aner kannt wurde, daß man darum ansuchte.

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4) Seine Heiligkeit verlangte die Aufhebung des Artikels, welcher den Recurs an den Staatsrath, im Fall des Miß. brauchs der geistlichen Gerichtsbarkeit, authorisirte. Es wurde geantwortet, daß die Appellation wegen einer Nullität einer der unveränderlichsten Puncte der alten französischen Juris, prudenz gewesen sey, und daß niemals weder der Pabst noch die Bischöffe von unsern Königen eine strenge Festseßung des

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58. Der Legat a latere fann ohne die ausdrückliche Betfimmung des Königs keine Vicare oder Subdelegirte zur Ausübung seiner Legatenwürde abordnen.

59 Und wenn es geschicht, so kann er keine Macht gebraus chen, die Beneficien dieses Königreichs zu ertbeilen, wenn er in einem Lande sich befindet, das nicht im Gehorsam des Königs if.

60. Und bei seiner Abreise ist er gehalten, in Frankreich das Brotocol über die während der Zeit seiner Legation gemachten Expeditionen zu lassen 14.

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Fälle erhalten hätten, in welchen dieser Recurs Statt habent follte. Die Verfasser der Verordnung von 1667 haben an. erkannt: daß nichts den Gesetzen des Königreichs widerspres „chender wäre, als die Appellationen wegen widerrechtlicher Handlungen auf gewisse Fälle zu beschränken; daß die Geists lichen dieses oft verlangt, daß man ihnen aber immer geant. wortet habe, daß man diese Materien nicht anders definiren könne, als so, daß alles, was den Freiheiten der gallicani. schen Kirche, den heiligen, in Frankreich angenommenen Ca „nones, den Gefeßen des Königreichs und dem Ansehen des „Königs zuwider wäre, Veranlassung zu Mißbräuchen seye; daß diese allgemeinen Regeln alles enthielten; daß man aber, wenn man sich ins Einzelne einließe, nicht im Sinn der großen Männer, die darüber unterhandelten, handele, und, wenn » man gewisse Fälle bestimmen wollte, den Geistlichen Gelegen. heit geben würde zu behaupten, daß man eine unendliche Menge von Fällen nicht darunter begriffen hätte, die täglich " entstehen und die schlechterdings erfordern, daß dabei das ,, königliche Ansehen einschreite." Die Fälle der gesezwidrigen Handlungen können also nicht besser bestimmt werden, als e in dein organischen Geseß von 1802 bestimmt wurden, welches besagt: "Die Usurpation oder Ueberschreitung der Gewalt, das "Zuwiderhandeln gegen die Gefeße und Verordnungen des "Staats, die Uebertretung der durch die in Frankreich anger "nommenen Canones geheiligten Regeln, die strafbaren Eins griffe in die Freiheiten, Gerechtsame und Gewohnheiten der gallicanischen Kirche, und jedes Unternehmen oder jedes Wers fahren, welches, in der Ausübung des Cultes, die Ehre der „Bürger gefährden, ihre Gewissen willkührlich beunruhigen, gegen sie in Unterdrückung, oder Beleidigung, oder in öffent. liches Vergeruiß ausarten kann." Beinahe mit den nämlichert Werten hatte Pithou den 79. Artikel der gallicanischen Freiheis ten abgefaßt: Viertens, durch Appellationen genau angege

ben als gegen widerrechtiche Handlungen; als solche erklärten "unsre Bäter jeden Eingriff in die Gerichtsbarkeit, oder frevek

haftes Unternehmen gegen die heiligen in diesem Reiche an. » genommenen Decrete und Canones, gegen die Rechte, Be freiungen, Freiheiten und Vorrechte der gallicanischen Kirche, Concordate, Edicte und Verordnungen des Königs, Ber schlüsse seines Parlaments; kurz: gegen das, was nicht nur das gemeine, göttliche oder natürliche Recht, sondern auch die Borzüge des französischen Reichs und der französischen Kirche „geschicht.“

5) Der römische Hof mißbilligte ferner die Artikel, welche erklärten, daß der katholische Cult unter der Leitung der Erz bischöffe, der Bischöffe und der Pfarrer sollte ausgeübt werden, und daß jedes eine Befreiung von der bischöfflichen Gewalt oder eine Verleihung derselben enthaltende Privilegium abgeschafft bleiben soll. Der Pabst wollie allgemeiner Bischoff, unmittels barer Pfarrer jeder Diocese, jeder Pfarrei seyn. Er scheute sich nicht, die Wiederherstellung dieser Privilegien, dieser miß. bräuchlichen Eremtionen vorzuschlagen, welche, nach Fleury *), blos eine Quelle der Trennungen in der Kirche gewesen sind.

6) Der heilige Vater behauptete, kein Mönchsorden hätte in Frankreich aufgehoben werden können, ohne Mitwirkung des heil. Stuhls, und er seßte diese unbegreifliche Pretention dem Artikel entgegen, welcher ausspricht, daß die Stiftungen dieser Art im französischen Reiche für immer aufgehoben sind. Mag es der kirchlichen Gewalt zustehen, einen religiösen Orden in der Kirche zu errichten, man könnte diese Meinung ver. theidigen; aber dieser Orden kann doch sicherlich nur durch die weltliche Macht, und durch diese allein, im Staate existiren;

* Ste Rede über die Kirchengeschichte, No. 4.

So viel kann man in dieser Hinsicht mit Wahrheit sagen, daß kein Klouter, Kirche, Collegium, oder anderes geißlichies Corpus von seinem gewöhnlichen Bischoff kann extmirt seyn, üm ich als unmittelbar vom heil. Stuhl abhängig zu nennen, obne Erlaubniß des Königs. (Pithou, Libertés de l'église gallicane, art 71.

Die Etentionen, fagte Lalon im Jahr 1670, kind der heili gen Freiheit der Canones der wirche zuwider. Man sehe auch Févret, traité de l'abus L. III. c. 1. No. 12, etc.

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und wenn er darin gegen ihren Willen erhalten werden könnte, so würde sie in der That selbst aufhören zu eristiren. Ueber dieß sprach der Artikel, wevon die Rede ist, mehr ein Factum als eine gesit gebende Anordnung aus, denn die Mönchsorden waren seit 10 Jahren in Frankreich erloschen.

Endlich niidersetzte sich Pius VII. mit aller seiner Kraft "Der Unterweisung der 4 Artikel von 1682, dig durch eine Ver. ordnung des das Concordat begleitenden organischen Gefeßes befohlen war; und diese leßtere Reclamation war die, auf wel; cher man am lebhaftesten im Namen des heil. Vaters bestand. Er brachte sie selbst unter allen Umständen, die ihm günstig schienen diese 4 Artikel aufzuheben oder um ihr Ansehen zu bringen, wieder vor.

Während seines Aufenthalts in Paris forderte er vor allem zwei Dinge: die Wiedervereinigung von Romagna mit den Etaaten des heil. Stuhls und den Widerruf der durch die Geists lichkeit von Frankreich im Jahr 1682 erklärten Marimen. Um diesen zweiten Punct zu erlangen, hatte er sich mit dem Briefe versehen, welchen Ludwig XIV. im Jahr 1693 an Innocenz XII. geschrieben *), und er schien an dem Erselg gar nicht zu zweifeln. Er hoffte, bei femer Rückkunft nach Rom sich als Gesetzgeber der gallicanischen Kirche, als das einzige und un, fehlbare Orakel der allgemeinen Kirche, als den Überherrn der Concilien, und den Souverän der Könige ausrüfen zu können. Denn dieses waren eben die Titel, die ihm die Declaration von 1682 verweigerte; er wollte diese abschaffen, um jène wieder anzunehmen.

Da er weder Romagna noch die Abschaffung der vier Ars tikel erlangt hatte, so tröstete sich der Pabst durch eine öffent, liche Protestation gegen die Aufrechthaltung dieser Maximen. Nach seiner Rückkehr nach Rem, sprach er am 26. Juni eine

*) Er findet sich in Essay historique sur la puissance temporelle des Papes T. II. p. 194 (4. Edit. 1818), und macht dem großen Ludwig wenig Ebre.

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Allocution, worin er zuerst dem Kaiser der Franzosen zwar Lobs sprüche ertheilte *), dann gerieth er in eine dem Gegenstand dieser Rede ganz fremde Abschweifung, die aber, unter einer leichten Hülle, eine wirkliche Verdammung der Lehre von 1682 enthielt. In der That gab er der angeblichen Reue eines Bi scheffs lange Lobsprüche, der sich, sagte der Pabst, nicht nur den Constitutionen des apostolischen Stuhls gegen die Irrthü. mer des Baïus, des Jansenius und Quesnel **) unterworfen hätte, fondern auch vorzüglich der dogmatischen Bulle Auctorem fidei, welche 85 Säge des Conciliums zu Pistoja vers damit. Seine Heiligkeit lobt diesen Bischoff besonders darum, weil er alle diese Säße und einen jeden derselben unter den Qualificationen und in dem Sinn, den jene Bulle ausdrückt, berwerfe ***). Nun aber weiß inan, daß eine der Verdams

* Potentissimum Francorum imperatorem ; cui religionis.. in Gallia efflorescentis gloria debetur... cujus nomen fines terrarum pervasit, et cujus operâ Deus usus est, ut catholica religio in Galliis publicam rursus in lucem einergeret. ... Atque ble sine gratissimi animi sensu commemorare non possumus hilaritudinem illani, comitatem, benevolentiam, animique propensionem, qua nos apostolica libertate desideria nostra expromentes audivit et nostras... petitiones excepit.

**) Es inì sehr schwer geworden, jemand zu finden, der es der Mühe werth hält, noch zu wissen, worin diese Frrthümer bestanden, und man mußte eine sehr große Begterde baben, ihrer Erwäh. nung zu thun, um davon so bet demi Anlaß der feierlichen Krö nung des Kaisers zu sprechen.

*** Formulam per venerabilem fratrem nostrum archiepiscopum Philippensem ei missan legit, admisit, suaque manu signavit. Hac ergo fotinulà, quam reparando scandalo publicam in cognitionem deduci concupivit, declaravit se pure et Simpliciter, omninoque ex animo recipere et venerari constitutiones a sede apostolica factas, quibus Baji, Jansenii, Quesnelli, et illorum, qui eos sectati sunt, errores proscribuntur, praesertim vero bullam dogma ticam Auctorem fidei qua 85 propositiones damnantur, e synodo Pistoriensi, quam ipse coëgerat et publicari jusserat, excerptae: has propterea propositiones om nes et singulas se reprobare et damnare iisque sensibus, quae in praefata hulla expressint, denique in sanctae ecclesiae catholicae apostolicae Romanae, inque omnimoda subjectione veraque obedientia nobis, nostrisque successoribus, tanquam in Petri cathedra sedentibus et Jesu Christi vicariis, velle se vivere et mori,

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