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Einleitung.

Die französische Revolution und der lezte Reichskrieg mit Frankreich, wirkten in ihren Folgen theils ändernd theils zerstörend auf das katholische Kirchenwesen weit des grössern Theils von Leutschland. Was der Friede von CampoFormio und der rastatter Congreß schon zugegeben hatten, das sanctionirte der Friede von Lünéville; Abtretung der teutschen Länder auf der linken Rheinseite an Frankreich, und Entschädigung der erblichen Reichsstånde, für den hiedurch erlittenen Verlust, durch zu secularisirendes katholisches Kirchengut auf der rechten Seite des Rheins.

Die Anwendung und Ausführung des Entschädigungsgrundsages geschah, unter gebietendem Einfluß der vermittelnden Mächte Frankreich und Rußland, besonders der ersten, in dem regensburger Reichsdepus tations Hauptschluß vom 25. Febr. 1803. Hatte vorhin schon Frankreich auf der linken Rheinseite alles Kirchengut secularisirt, so traf nun dasselbe Loos auf der rech ten Seite nicht nur alle erzbischöflichen und bischöflichen, alle reichsabteilichen Länder, welche Siß und Stimme auf der allgemeinen Reichsversammlung gaben, bloß mit einziger Ausnahme der kurfürstlichen reichserzkanz

lerischen, sondern auch eine Reihe von reichsmittelbaren Abteien und Klöstern; alle Güter der Domcapitel und ihrer Dignitarien, wurden den Domainen der Bischöfe für einverleibt erklärt, und giengen so mit diesen als Entschädigungs Gegenstände auf weltliche Regenten über.

Ja, es ward sogar den Landesherren allgemeine SecularisationsBefugniß ertheilt, in Absicht auf alle Güter der fundirten Stifte, Abteien und Kldster, in den alten sowohl als in den neuen landesherrlichen Bes sigungen, der katholischen sowohl als der A. C. vers wandten, der mittelbaren und unmittelbaren, deren Verwendung der ReichsdeputationsSchluß nicht ausdrücklich festgesezt hatte. Diese Güter wurden zur freien und vollen Verfügung der Landesherren gestellt, sowohl zu Bestreitung des Aufwandes für Gottesverehrung, öffentlichen Unterricht, und andere gemeinnüßige Anstalten, als auch zu Erleichterung der landesherrlichen Finanzen; doch unter dem bestimmten Vorbehalt der festen und bleibenden Ausstattung derjenigen Domkirchen, welche würden beibehalten werden, und der Pensionen für die aufgehobene Geistlichkeit *).

Eine so weit greifende, diese fast allgemeine Verweltlichung des teutschen Kirchenguts, hatte auch der kühnste politische Seher nicht vorausgesehen. Vergebens forschte man nach Rechtsgründen zu ihrer Vertheidigung. Die allgemeine Reichsversammlung, in ihrem an den Kaiser erlassenen Reichsgutachten vom 24. März 1803, erklärte dieselbe «für das einzige Mittel, den für das « Wohl des gesammten teutschen Vaterlandes, und die «Erhaltung des Reichsverbandes selbst, so nothwendi*gen Ruhestand zu befestigen, und eine gute Ordnung

*) R. D. Hauptschluß, §. 35.

«im Reiche herzustellen». Der westphälische Friede hatte für secularísirt erkannt, was für die katholische Kirche durch die Kirchen Reformation ohnehin schon verloren war. Dießmal erfolgte eine ungleich bedeutendere Ses cularisation ohne Kirchenänderung, und die Haupturheber sammt ihren Helfern, die zu Paris und Res gensburg zu Markt sassen, waren selbst Katholiken.

Was ausserhalb der zu Teutschland gehörigen Staas ten Destreichs und etlicher preussischen Provinzen gerettet ward, und doch nur für kurze Zeit, bestand in dem, kleinen Rest von alten und in den neuen Besitzungen des Kurfürsten Reichserzkanzlers, dann in den Besißungen der beiden geistlichen Ritterorden. Der Stuhl zu Mainz, den Innocenz III. in der katholischen Christenheit für den nächsten nach dem heiligen Stuhl zu Rom erklärt hatte, ward übertragen auf die Domkirche zu Regensburg. Als ob das Oberhaupt der katholischen Kirche dabei unbetheiligt und unberechtigt sey, und es seiner Sanction nicht bedürfe, verfügte die Reichsdeputation, wörtlich nach der von den vermittelnden Mächten erhals tenen Vorschrift, daß « die Würden eines Metropolis tanErzbischofs und Primas von Leutschland auf ewige Zeiten mit dem Stuhl zu Regensburg vereinigt bleiben» sollten. Sie verfügte, daß « der KurfürstErzkanzler nach den Statuten seiner alten MetropolitanKirche solle gewählt werden »; ferner, daß « seine MetropolitanGerichtbarkeit sich über alle auf der rechten Rheinseite liegenden Theile der ehemaligen geistlichen Provinzen von Mainz, Trier und Cöln, erstrecken solle, jedoch mit Ausnahme der königlich-preussischen Staaten; ingleichen für die salzburgische Provinz, so weit sich dieselbe über die mit Pfalzbaiern vereinigten Länder ausdehnt ». Zugleich ward die Aus stattung des KurErzkanzlers begründet auf die Für

stenthümer Aschaffenburg und Regensburg, mit Inbegriff der in der Stadt Regensburg befindlichen mittelbaren und unmittelbaren Stifte, Abteien und Klöster, auf die Reichsstadt Wezlar, das Haus Compostell zu Frankfurt, und auf eine Jahrrente von 350,000 Gulden von dem Ertrag des RheinschifffahrtOctroi.

Unterdessen hatte der heilige Vater am 10. Sept. 1801 das französische Concordat geschlossen, und, die durch den lúnéviller Frieden von Leutschland an Frankreich geschehenen TerritorialAbtretungen stillschweigend berücksichtigend, durch eine Bulle vom 1. Dec. 1801 verordnet, daß nicht nur in dem alten Frankreich, sondern auch in den neu hinzugekommenen Låndern, eine neue Eintheilung der Diócesen statt haben solle. Bei dieser ward, unter Anderem, mit Aufhebung der zeitherigen mainzer, cölnischen und trierischen MetropolitanGerechtsame auf der linken Rheinseite, so wie der erzbis schöflich - cölnischen DiocesanGerechtsame auf derselben Seite, ein neues Bisthum, das von Aachen, errichtet, und dem Erzbisthum Mainz widerfuhr, nach tausendjähriger Dauer, eine wesentliche Veränderung.

Durch den lúnéviller Frieden waren die teutschen Staaten auf der linken Rheinseite an Frankreich gekom men. Nicht nur die Provinz oder der Metropolitan Sprengel des Erzbischofs von Mainz, sondern auch die Dióces oder der bischöfliche Sprengel desselben, hatte sich auf beide Seiten des Rheins erstreckt. Dieses konnte bei der scharfen politischen Abgrenzung zwischen Leutschland und Frankreich fernerhin nicht bestehen. In der neuen kirchlich geographischen Eintheilung, ward der uralte Siz des heiligen Bonifacius, dieses Apostels von Teutschland, aus einem erzbischöflichen in einen bloß bischöflichen verwandelt, die Domkirche zu Mainz

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