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nahme an der Berathung zu enthalten genöthiget war oder aus einer anderen Ursache Menderungen in den Personen der Stimmführer eingetreten sind, muß dieses ersichtlich gemacht werden. §. 150.

Die Abstimmung und Schlußfassung ist mit Anführung des Tages der Berathung und der Gegenwärtigen auf den Referatsbögen ersichtlich zu machen.

Bei einhellig gefaßten Beschlüssen geschieht dieses nur durch die Beifügung des Wortes „Einhellig" und der Fertigung des Protokollisten.

Bei Geschäftsstücken aber, bei welchen in der Hauptsache oder in Nebenpuncten oder auch nur in Ansehung der Förmlichkeiten oder der Entscheidungsgründe verschiedene Meinungen vorgekommen sind, ist auf dem Referatsbogen nach dem Auffage des Referenten, und wenn der Raum nicht hinreicht, auf einem abgesonderten halbgebrochenen Bogen ohne Wiederholung der, von dem Referenten bereits angeführten Gründe, und ohne unnüße Weitläufigkeit, jedoch klar und bestimmt darzustellen, welcher Meinung jeder der Stimmführer war, mit welchen Gründen er dieselbe unterstüßte, welchem Antrage allenfalls der Vorsizende beitrat, und wie die Mehrheit der Stimmen berechnet wurde. Fallen dem Protokollisten hierüber Zweifel auf, so hat er sich von dem Vorsitzenden oder dem Stimmführenden noch während der Berathung die nöthige Aufklärung zu erbitten. Die etwa vorgenommene wiederholte Umfrage und Abstimmung, die Zuziehung von mehreren Stimmführern und der ganze Vorgang bei der Berathung, Abstimmung und Schlußfassung überhaupt ist genau auseinander zu sehen.

S. 151.

Endlich ist der gefaßte Beschluß anzuführen, und mit Hinweisung auf die Begründung der einzelnen Meinungen zu bemerken, welche der angeführten Entscheidungsgründe von der Mehrheit der Stimmen angenommen worden sind.

Jedem Stimmführer steht frei, die Gründe seiner Meinung schriftlich zn verfassen und zu begehren, daß dieser Aufsatz der Aufzeichnung der Abstimmung beigefügt werde.

S. 152.

Der Protokollführer hat diejenigen Geschäftsstücke, zu welchen die Ausfertigungen bereits verfaßt und von dem Referenten als richtig bestätiget sind, sammt dem Sigungsprotokolle, wo möglich binnen 24 Stunden, dem Vorsitzenden; die übrigen Geschäftsstücke aber Demjenigen zu überschicken, welcher die Ausfertigungen zu entwerfen hat; übrigens gleich nach geendigter Sigung ein Verzeichniß der erledigten Geschäftszahlen dem Vorsteher des Expedites und des Einreichungsprotokolles mitzutheilen.

S. 153.

Der Vorsitzende hat die Aufzeichnungen des Protokollführers über die Abstimmungen und gefaßten Beschlüsse auf den Referaten und das Sigungsprotokoll genau zu prüfen, wenn er sie unrichtig oder unvollständig findet, nöthigen Falles nach vorläufiger Rücksprache mit den Stimmführenden, berichtigen zu lassen und zur Bestätigung seine Unterschrift beizufügen.

Die Sigungsprotokolle sind in der Registratur zu verwahren und in angemessenen Zeitabschnitten einzubinden.

S. 154.

Die für den obersten Gerichtshof in Beziehung auf die Führung des Rathsprotokolles erflossenen besonderen Bestimmungen haben auch für das oberste Urbarialgericht zu gelten.

Viertes Hauptstück.

Von der Behandlung der Urbarialprocesse.

S. 155.

Jedes Urbarialgericht erster Instanz hat sogleich nach Beginn seiner Wirksamkeit den vormaligen Grundherrschaften und Unterthanen seines Sprengels durch Edict bekannt zu machen, daß es sowohl der einen, als der anderen dieser Parteien, welcher daran gelegen ist, daß die Commassation ihrer Grundstücke vorgenommen werde, die Ausscheidung des Besizes der ehemaligen Grundherren von jenem der gewesenen Unterthanen und der Besißthümer der leß- . teren untereinander, soferne es noch nicht geschehen wäre, stattfinde, bevorstehe zu diesem Ende, dem §. 58 des Allerhöchsten Patentes vom 21. Juni 1854, Nr. 151 des Reichs-Geseß-Blattes gemäß, bis Ende Juni 1859 ihr Begehren in Form einer Klage anzubringen, widrigen Falles die Commassation oder Besihausscheidung in der Folge nur auf gemeinschaftliches Ansuchen beider Theile nach den Bestimmungen des erwähnten Patentes vorgenommen werden würde.

Weiters hat dieses Edict den Beisaß zu enthalten, daß es im Grunde des §. 3 des Allerhöchsten Patentes vom 21. Juni 1854 den ehemaligen Grundherren frei stehe, binnen drei Jahren, d. i. vom 30. Jänner 1858 als dem Zeitpuncte der Activirung der Urbarialgerichte bis 30. Jänner 1861 vor dem betreffenden Urbarialgerichte den Beweis zu führen, daß ein am 1. Jänner 1848 in Händen eines vormaligen Unterthans befindlicher Grund ein Allodialgrund sei. Ebenso bleibe den gewesenen Unterthanen binnen eben dieser Zeit die Beweisführung offen, daß ein am 1. Jänner 1848 in Händen der ehemaligen Grundherren befindlicher Grund ein Urbarialgrund sei.

Dem Edicte ist zugleich beizuseßen, daß für derlei Klagen das Jahr 1819 in der Art als Epoche zu gelten habe, daß mit Ausnahme der im §. 6 des Allerhöchsten Patentes vom 21. Juni 1854 erwähnten famuli conventionati und des im §. 20 desselben Allerhöchsten Patentes erwähnten Falles gegen einen bereits am 1. Jänner 1819 bestandenen Besit, soweit es die Frage betrifft, ob der Grund allodial oder urbarial sei, keine Klage mehr angestrengt werden kann.

S. 156.

Dieses Edict ist nicht nur bei dem Urbarialgerichte selbst und bei allen Bezirksämtern seines Sprengels anzuschlagen, sondern auch durch die letteren in allen denselben unterstehenden Gemeinden kund zu machen und die Bezirksämter sind verpflichtet, dem Urbarialgerichte bis längster:s Ende des Monates April 1858 die Ausweise über die in allen Gemeinden ihres Bezirkes erfolgte Kundmachung vorzulegen. Auch wird von dem Ministerium des Innern eine allgemeine Edictal-Aufforderung mit Bestimmung der Frist bis Ende des Monates Juni 1859 und beziehungsweise bis 30. Jänner 1861 durch die Wiener Zeitung sowohl, als durch die Landes-Zeitungsblätter erlassen werden.

Ein hinsichtlich der Kundmachung des Edictes durch die Zeitungsblätter oder durch die Anschlagung bei den Urbarialgerichten und Bezirksämtern unterlaufenes Versehen ändert zwar an der Wirksamkeit des Edictes nichts. Wenn sich jedoch zeigen sollte, daß die Kundmachung

des Edictes in einer einzelnen Gemeinde nicht längstens bis Ende des Monates Juni 1858 erfolgt ist, so läuft die im §. 58 des kaiserlichen Patentes vom 17. Juni 1854 und beziehungsweise im §. 3 desselben Patentes festgesezte Frist als eine einjährige und beziehungsweise dreijährige in Rücksicht dieser Gemeinde nur von dem Tage der nachträglich in derselben erfolgten Kundmachung.

S. 157.

Nebst den Anzeigen über die Kundmachung des Edictes haben die Urbarialgerichte erster Instanz von den Bezirksämtern auch Ausweise darüber abzufordern, bei welchen Gemeinden die Absonderung der Hutweiden und die Regelung der Waldnuzungen bereits erfolgt, und bei welchen dieses noch nicht geschehen ist. Mit Benügung dieser Ausweise hat jedes Urbarialgericht ein tabellarisches Verzeichniß nach dem Formulare Nr. 11 anzulegen, in welches die einlaufenden Klagen und die bereits anhängigen Processe betreffend die Commassation, Besißausscheidung, Absonderung der Hútweiden und Regelung der Waldnuzungen einzutragen sind, um rücksichtlich derjenigen Gemeinden, bei welchen im Laufe der in dem §. 66 des Allerhöchsten Patentes vom 21. Juni 1854 festgeseßten weiteren Frist die Absonderung und Regelung angesucht werden sollte, die Vornahme derselben auf Gefahr und Kosten der säumigen Grundherrschaft von Amtswegen einleiten zu können.

S. 158.

Jeder auf Vornahme einer der im §. 155 aufgeführten Besißregelungsacte angebrachten Klage muß in der Regel das Zeugniß des Bezirksamtes beigelegt werden, daß die Vornahme der Commassation oder Ausscheidung der Besigthümer nach §. 59 des Allerhöchsten Patentes vom 21. Juni 1854, Reichs-Geseß-Blatt Nr. 151 von der Gesammtheit der Betheiligten begehrt werde, oder der Grundbesiß Derjenigen, welche die Besißregelung verlangen, wenigstens zwei Drittheile des Flächenmaßes der Gemarkung umfasse.

Sollte dieses Zeugniß in einzelnen Fällen nicht beigebracht werden können, so kann der Beweis über die im §. 59 festgeseßte Bedingung auch auf andere glaubwürdige Weise vor dem Urbarialgerichte unmittelbar geführt werden. Zur Nachtragung des im §. 59 des Patentes vom 21. Juni 1854 nothwendig erklärten Nachweises kann erforderlichen Falles eine weitere ange= messene Frist ertheilt werden, es darf jedoch damit nie die im §. 66 desselben Patentes festgesezte Frist überschritten werden.

S. 159.

Da die rechtliche Austragung aller Arten von Besiß-Regelungsprocessen durch ämtliche Untersuchung und Erhebung zu bewirken ist, so kann die Klage auch ohne alle Behelfe außer dem oben (§. 158) erwähnten Zeugnisse überreicht werden. Die Zustellung derselben ist zwar nach den Bestimmungen der Civilproceß-Ordnung vorzunehmen; doch genügt es, in soferne die Klage gegen die Unterthanen gerichtet ist, wenn dieselbe dem Vorsteher der Gemeinde zuge= stellt wird.

Klagen wider vormalige Grundherrschaften, bei welchen ein Compossessorat obwaltet, sind in drei Exemplaren zu überreichen. Ein Exemplar bleibt bei Gericht, das zweite sammt den Abschriften der allfälligen Beilagen ist dem vorzüglichsten Theilhaber, oder wenn dieser nicht bekannt wäre, demjenigen zuzustellen, welcher in der Klage der erste genannt ist, und die übrigen sind davon mit dem Auftrage zu verständigen, daß sie bei der Tagsagung so gewiß einen

gemeinschaftlichen Bevollmächtigten zur Empfangnahme der Zustellungen zu bestellen haben, widrigen Falles die Zustellung der weiteren Verordnungen nach den Bestimmungen der Civilproceß-Ordnung über das Verfahren wider mehrere Streitgenossen erfolgen würde; das dritte Exemplar der Klage ist dem Kläger zurückzustellen (§. 68 der Civilproceß-Ordnung).

Tritt bei Compossessoraten nur ein Compoffessor, oder nur ein Theil der Compossessoren als Kläger auf, so sind doch auch die übrigen dem Streite beizuziehen, und daher durch Rubriken von der Klage zu verständigen.

Sollte als Kläger oder Beklagter ein Compossessorat betheiliget seyn, bei welchem die gesegliche Proportion noch nicht eingeführt ist, so hat das Gericht im ersten Falle, ehe die Klage in Verhandlung genommen wird, im zweiten Falle aber zugleich mit deren Erledigung den im §. 63 des Allerhöchsten Patentes vom 21. Juni 1854 erwähnten Vergleichsversuch zur Erzielung eines Einverständnisses unter den Compossessoren einzuleiten, im Falle aber kein Vergleich zu Stande kommt, ein entsprechendes Provisorium mit der Wirkung festzusehen, daß durch die Amtshandlungen des Urbarialgerichtes zwar den Rechten der Grundherren und deren Austragung durch den Proportional-Proceß nicht vorgegriffen, jedoch die Verhältnisse der Com- · possessoren ihren ehemaligen Unterthanen und Grundholden gegenüber definitiv festgestellt werden. S. 160.

Die Tagsagung über die Klage ist dem §. 67 des Allerhöchsten Patentes vom 21. Juni 1854 gemäß, auf längstens 30 Tage anzuordnen.

Erscheint der Kläger oder Geklagte bei dieser Tagsaßung nicht, oder bleibt eine der Parteien bei den späteren Verhandlungen aus, so hat das Gericht entweder sogleich, oder doch nach vorausgegangener Warnung und fruchtlos versuchter wiederholter Vorladung auf Gefahr und Kosten des Ausbleibenden einen aus dem siebenbürgischen Rechte censurirten und des Urbarialverfahrens kundigen Rechtsverständigen als Vertreter zu bestellen, mit welchem das weitere Verfahren zu pflegen ist.

Den gewesenen Unterthanen kann, im Falle sie zur eigenen Vertretung durch ihre Vorstände nicht befähiget und zur Bezahlung eines ordentlichen Rechtsfreundes nicht hinlänglich bemittelt sind, zur Austragung ihrer Rechte ein unentgeltlicher Vertreter in der Person eines gerichtlichen oder politischen Beamten bestellt werden.

Zugleich ist der säumigen Partei der Ersaß der mit der Verzögerung verbundenen Kosten aufzulegen.

S. 161.

Wird bei der Tagfahung eingewendet, daß die Besizregulirung, Commassation, Besihausscheidung bereits stattgefunden habe, oder ergeben sich andere Zweifel gegen die Zulässigkeit derselben, so ist die Verhandlung über diese Frage nach §. 67 des Allerhöchsten Patentes vom 21. Juni 1854 zu pflegen und für die ämtliche Herbeischaffung der hiezu nöthigen Behelfe zu forgen; daher insbesondere, wenn sich die Beibringung von Acten aus dem Archive der bestandenen Comitate und Stühle oder des früheren Guberniums oder eine Erhebung an Ort und Stelle über die Frage der schon erfolgten Regulirung und Absonderung nothwendig zeigen sollte, von dem Urbarialgerichte im ersten Falle die Behörde, welcher das Archiv untersteht, um die Uebersendung der Acten, im zweiten Falle aber das betreffende Bezirksamt um die Vornahme der Localerhebungen unter Beiziehung der Parteien und Vernehmung der etwa erforderlichen

beeideten Kunstverständigen und Zeugen zu ersuchen, im Falle endlich der Nothwendigkeit einer Constatirung des zur Durchführung der Commassation berechtigenden Besiges von wenigstens zwei Drittheilen des Flächenmaßes der Gemarkungen ist auf die den Umständeu angemessene Weise vorzugehen, bis zur Einlangung dieser Behelfe aber mit der Verhandlung inne zu halten.

S. 162.

Ueber die nach Einlangung aller Behelfe gepflogene Verhandlung ist, im Falle kein Vergleich zu Stande kommen sollte, hinsichtlich der Zulässigkeit des Begehrens durch Urtheil zu erkennen, und in dem legteren, falls der Vornahme der Commassation und der gleichzeitig vorzunehmenden Absonderung der Hutweide oder Regelung der Waldnuzungen (§. 60 des Allerhöchsten Patentes vom 21. Juni 1854) stattgegeben wird, zugleich auszudrücken, daß nach eingetretener Rechtskraft desselben das betreffende Bezirksamt um die Vornahme der erforder= lichen Vorerhebungen zu ersuchen seyn werde.

Auf gleiche Weise ist vorzugehen, wenn die Absonderung der Hutweiden und Regelung der Waldnugungen von dem hiezu berufenen Theile, nach Zulaß des §. 66 des Allerhöchsten Patentes vom 21. Juni 1854 erst nach Ablauf der Frist des §. 58 des vorgenannten Patentes verlangt (eingeklagt) worden wäre.

S. 163.

Gegen das ergangene Urtheil steht beiden Theilen die Berufung an das Urbarial-Obergericht frei, welche nach den Bestimmungen der Civilproceß-Ordnung bei dem Urbarialgerichte erster Instanz zu überreichen und von diesem dem Urbarial-Obergerichte vorzulegen ist.

Gegen die Entscheidung des Urbarial-Obergerichtes findet, dem S. 67 des Allerhöchsten Patentes vom 21. Juni 1854 gemäß, in dieser Frage keine weitere Beschwerde Statt.

S. 164.

Sobald die Vornahme der Regulirung, Commassation, Besigausscheidung, Absonderung der Hutweiden u. s. w. rechtskräftig bewilliget ist, ersucht das Urbarialgericht erster Instanz das Bezirksamt und an den Sißen der Gerichtshöfe das städtisch-delegirte Bezirksgericht, um mit Zuziehung eines Ingenieurs, dann der anwesenden Parteien oder ihrer Vertreter die zur Instruirung des Processes erforderlichen Belege und Hilfsmittel behufs der weiteren Verhandlung des Processes vorzubereiten und dem Urbarialgerichte erster Instanz vorzulegen.

Hiebei hat das Urbarialgericht nach vorläufiger Vernehmung der Parteien bei einer Tagsagung, mit Rücksicht auf die bereits vorliegenden Behelfe und etwa schon vorhandenen Vorarbeiten dem Bezirksamte die Puncte, auf welche die Erhebung sich zu erstrecken hat und die Richtung, in welcher dieselbe vorzunehmen ist, mit möglichster Genauigkeit zu bezeichnen, ohne daß jedoch hinsichtlich dieser Anordnung einer förmlichen Verhandlung oder abgesonderten Beschwerde führung von Seite der Parteien stattzugeben wäre. Auch versteht es sich von selbst, daß die dem Bezirksamte ertheilte Instruction demselben nur in soferne zur Richtschnur zu dienen hat, als sich nicht bei der Ausführung nach Beschaffenheit der Sache und der von den Betheiligten gestellten Anträge, Abweichungen von derselben oder ausgedehntere Erhebungen nothwendig zeigen.

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