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Reichs-Gefeß-Blatt

für das

Kaiserthum Oesterreich.

Jahrgang 1858.

XVII. Stück.

Ausgegeben und versendet am 5. Mai 1858.

66.

Erlaß des Finanzministeriums vom 29. April 1858,

giltig für alle Kronländer, auf welche sich das Gesetz vom 9. Februar 1850 erstrect, hinsichtlich der Stämpelbehandlung der Handels- und Gewerbebücher, wenn das Flächenmaß des Bogens 126 Quadratzoll übersteigt.

Zur Herstellung einer Gleichmäßigkeit wird, mit Bezug auf den Erlaß vom 9. April 1850 (XL. Stück, Nr. 137 des Reichs-Geseß-Blattes) und den §. 30 des Geseßes vom 2. August 1850 bekannt gegeben, daß die Gebühr von 3 kr. für den Bogen, welche für die, nach Tarifpost 59 des Gesezes vom 9. Februar 1850 in der Regel der Stämpelgebühr von 1 kr. pr. Bogen unterworfenen Handels- und Gewerbsbücher dann zu entrichten ist, wenn das Flächenmaß des Bogens 504 Quadratzoll überschreitet, in dem Falle nicht genügt, wenn das Flächenmaß des Bogens sogar 726 Quadratzoll übersteigt.

Es hat in diesem Falle die höhere Stämpelclasse von 6 kr. in Anwendung zu kommen.
Freiherr von Bruck m. p.

67.

Erlaß des Finanzminißteriums vom 30. April 1858,

giltig für den ganzen Umfang des Reiches,

womit die Einberufung mehrerer Münzen und Scheidemünzen verfügt wird.

In Vollziehung des Allerhöchsten Patentes vom 27. April 1858 (Nr. 63 des

Reichs-Geseß-Blattes), wird Nachstehendes zur allgemeinen Kenntniß gebracht:

1. Folgende Silbermünzen und Scheidemünzen werden mit Ende October des laufenden Jahres 1858 außer Umlauf geseßt.

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12 Stücke zu 10 polnischen Groschen (10 Groszy) oder % polnischen Gulden

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2. Die unter A und B angeführten Silbermünzen und Silberscheidemünzen können bis einschließlich 31. October 1858 zu ihrem bisherigen Werthe in Conventions-Münze zu allen Zahlungen bei öffentlichen Cassen verwendet werden; vom 1. November 1858 an werden dieselben jedoch nur als Silbermaterial durch die kaiserlichen Einlösungsämter angenommen werden.

3. Um den Besitzern der einberufenen Scheidemünzen deren Verausgabung vor Ablauf der, in dem §. 1 festgesetten Frist zu erleichtern, wird gestattet, daß diese Münzen bis 31. October 1858 bei Zahlungen an öffentlichen Caffen bis zu dem Betrage von zwei Gulden C.M. zu ihrem bisherigen Werthe verwendet werden dürfen.

4. Nach Ablauf des Monates October 1858 sind die, nach §. 1 einberufenen Kupfermünzen außer Umlauf gesezt und es werden dieselben nur als Kupfermateriale nach dem Gewichte zu dem hiefür besonders festzuseßenden Preise bei folgenden Aemtern und Caffen angenommen werden:

a) bei dem t. f. Hauptmünzamte in Wien;

b) bei der k. k. vereinten Salz-Erzeugungs- und Berggefällen-Casse, zugleich Verschleißfactorie in Hall;

c) bei der k. t. Factorie- und Forst-Casse in Neusohl;

d) bei der k. k. Berg-, Forst- und Güter-Directions-Caffe zu Nagybanya, und

e) bei dem k. k. Münzamte in Karlsburg.

Freiherr von Bruck m. p.

Reichs-Geseß-Blatt

für dak

Kaiserthum Desterreich.

Jahrgang 1858.

XVIII. Stüď.

Ausgegeben und versendet am 6. Mai 1858.

68.

Kaiserliche Verordnung vom 3. Mai 1858,

wirksam für alle Kronländer, mit Ausnahme der Militärgränze,

wodurch die Strafproceß-Ordnung vom 29. Juli 1853 in einigen Puncten abgeändert wird.

Um das strafgerichtliche Verfahren, so weit es ohne Abbruch an dessen Gründlichkeit geschehen kann, zu vereinfachen, habe Ich einigen Abänderungen der Strafproceß-Ordnung vom 29. Juli 1853 Meine Genehmigung zu ertheilen befunden, und verordne hiernach über Vernehmung Meiner Minister und nach Anhörung Meines Reichsrathes, wie folgt:

S. 1.

Die dem Gerichtshofe, bei welchem eine Untersuchung wegen eines Verbrechens oder Vergehens anhängig ist, zu Folge der §§. 38 und 40 der Strafproceß-Ordnung zukommende Gerichtsbarkeit über alle Personen, welche daran Theil genommen haben, wird dahin erweitert, daß dieser Gerichtshof, wenn er es für zweckmäßig findet, seine Gerichtsbarkeit auch auf diejenigen Personen ausdehnen kann,

a) welche zwar an dem Verbrechen oder Vergehen nicht wirklich Theil genommen, sich aber aus Anlaß desselben oder in Beziehung darauf einer anderen strafbaren Handlung schuldig gemacht haben, welche sich jedoch nur als eine Uebertretung darstellt, wie z. B. wenn Jemand eine Sache, zwar ohne zu wissen, daß sie von einem verbrecherischen Diebstahle herrühre, aber unter Umständen an sich bringt, welche den Verdacht erwecken, daß sie entwendet sei (SS. 476, 477 des Strafgesezbuches);

b) welche, im Falle dem Beschuldigten nebst dem Verbrechen oder Vergehen zugleich eine Uebertretung zur Last fällt, sich an der leßteren auf eine strafbare Weise betheiliget haben.

Dem Gerichtshofe steht aber in beiden Fällen lit. a) und b) auch frei, das Verfahren dem competenten Bezirksgerichte zu überlassen. Auch ist der Gerichtshof nicht mehr berechtiget, das Verfahren in diesen Fällen an sich zu ziehen, wenn das Bezirksgericht bereits ein Enderkenntniß darüber geschöpft hat.

Gegen die dießfälligen Beschlüsse des Gerichtshofes findet kein weiterer Rechtszug Statt.

S. 2.

Die Vernehmungen des Staatsanwaltes im Strafverfahren und die Verständigungen desselben von den gefaßten Beschlüssen und ergangenen Verfügungen, haben nicht nur in der durch die Strafproceß-Ordnung bereits bezeichneten, sondern auch in allen übrigen Fällen nur im kurzen Wege, d. i. durch die Mittheilung des Actes zur Antragstellung oder Einsicht, ohne eigene Ausfertigung zu geschehen; daher dem Staatsanwalte insbesondere auch die Enderkenntnisse des Gerichtshofes und alle Entscheidungen des Obergerichtes und obersten Gerichtshofes über Berufungen und Beschwerden nur auf diese Art mitzutheilen sind.

Zugleich wird jedoch den Gerichtshöfen in Ansehung derjenigen Untersuchungen, welche bei ihnen selbst geführt werden, zur Pflicht gemacht, im Falle Amtshandlungen oder Beschlüsse der, in den §§. 77, 104, 110, 145, 148, 150, 151, 153, 156, 186 und 190 der Strafproceß-Ordnung bezeichneten Art wegen ihrer Dringlichkeit ohne vorläufiges Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft vorgenommen oder gefaßt werden müssen, die leßtere doch stets nachträglich auf die oben angeführte Weise davon ohne Verzug in Kenntniß zu seßen.

§. 3.

Der §. 65 der Strafproceß-Ordnung wird dahin abgeändert, daß künftig nur gegen diejenigen Beschlüsse des Gerichtshofes erster Instanz im Untersuchungsverfahren, wobei es sich um die Verhängung oder Aufhebung der Untersuchungshaft handelt (§§. 157 und 161) eine besondere Berufung zulässig ist. Beschwerden gegen Beschlüsse anderer Art find entweder mit der Berufung gegen den Ablassungs- oder Anklagebeschluß zu verbinden, soferne gegen den Legteren für die Zukunft eine solche überhaupt stattfindet (§. 7), oder es sind, wenn es sich um eine von dem Gerichtshofe im Untersuchungsverfahren verweigerte Zeugenvernehmung oder andere Erhebung handelt, die darauf bezüglichen Anträge in der Schlußverhandlung wiederholt zu stellen.

Beschwerden über Verzögerungen des Untersuchungsverfahrens oder über gesezwidrige Behandlung des Beschuldigten von Seite des Untersuchungsrichters oder im Untersuchungsgefängnisse können, wenn von dem Gerichtshofe keine Abhilfe dagegen geleistet wird, zu jeder Zeit und ohne Beschränkung auf eine bestimmte Frist auch an die höheren Justizbehörden ergriffen werden.

Uebrigens kann in Zukunft bei Berathungen des Gerichtshofes erster Instanz über Beschwerden gegen Verfügungen des Untersuchungsrichters oder gegen dessen Benehmen überhaupt dieser nicht mehr mit entscheidender, wohl aber über Anordnung des Gerichtsvorstehers oder deffen Stellvertreters mit berathender Stimme anwesend seyn.

S. 4.

In den Fällen, wo nach §. 130 der Strafproceß-Ordnung ein des Schreibens unkundiger Zeuge, dem mit ihm aufgenommenen Protokolle sein Handzeichen beizufügen hat, find in Zukunft zur Bestätigung dieser Unterzeichnung nicht mehr zwei andere Zeugen nothwendig,

sondern es genügt die Beiziehung Eines Zeugen, welcher sich zugleich als Namensfertiger zu unterschreiben hat.

Hiezu kann zwar nicht der Untersuchungsrichter oder Protokollsführer, wohl aber erfor= derlichen Falles jeder andere Angestellte des Gerichtes verwendet werden.

S. 5.

Die Anordnung des §. 188 der Strafproceß-Ordnung, wornach in Fällen, wo der Beschuldigte auf frischer That ergriffen wurde, oder bei seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsrichter oder vor dem Bezirksgerichte, welches dessen Stelle vertritt, ein vollständiges, durch die übrigen Erhebungen unterstüßtes Geständniß abgelegt hat, das Untersuchungsverfahren abzuschließen ist, sobald der Thatbestand der strafbaren Handlung festgestellt ist und die gepflogenen Erhebungen hinreichend erscheinen, um die Anklage zu begründen und alle Umstände zu beurtheilen, welche auf die Bemessung der Strafe und Entschädigung Einfluß nehmen können, ist künftig nicht nur bei Vergehen und denjenigen Verbrechen, worauf nach dem Geseze höchstens fünfjährige Kerkerstrafe gesezt ist, sondern auch bei allen übrigen Verbrechen zu beobachten. §. 6.

Wenn sich aus der wegen eines Verbrechens oder Vergehens geführten Untersuchung ergibt, daß zwar nicht alle wider den Beschuldigten vorgekommenen Verdachtsgründe vollkommen entkräftet sind, die Herstellung des Beweises der Schuld gegen denselben durch die Schlußverhandlung aber mit Grund nicht zu erwarten ist, so hat der Gerichtshof keinen Auklage-, sondern einen Ablassungsbeschluß zu fassen, welcher dahin zu lauten hat, daß von der Untersuchung gegen den Beschuldigten wegen Unzulänglichkeit der Beweismittel abgelassen werde.

Gegen einen solchen Beschluß steht dem Staatsanwalte und Privatankläger die Berufung nach den Bestimmungen der §§. 202-212 der Strafproceß-Ordnung offen. Der Beschuldigte aber ist berechtiget, entweder die Berufung zu ergreifen, oder, wenn er glaubt, daß sich durch die Schlußverhandlung seine völlige Schuldlosigkeit offenbaren werde, anstatt der Berufung innerhalb vierundzwanzig Stunden nach Eröffnung des Beschlusses die Anordnung einer Schlußverhandlung zu begehren, worüber demselben bei der Verkündigung des Ablassungsbeschlusses die erforderliche Belehrung zu ertheilen ist.

Wird von dem Beschuldigten die Abhaltung einer Schlußverhandlung begehrt, so ist dieselbe von dem Gerichtshofe in der Form eines Anklagebeschlusses anzuordnen, ohne daß gegen diese Anordnung ein weiterer Rechtszug stattfindet.

Ein in Rechtskraft erwachsener Ablassungsbeschluß wegen Unzulänglichkeit der Beweismittel hat in jeder Beziehung die nämlichen Rechtswirkungen, welche mit einem nach §. 287 der Strafproceß-Ordnung gefällten Urtheile auf Freisprechung des Angeklagten wegen Unzulänglichkeit der Beweise verbunden sind.

§. 7.

Wenn der eines Verbrechens oder Vergehens Beschuldigte im Untersuchungsverfahren über die ihm zur Last gelegte That und alle erheblichen Umstände derselben ein, mit den geseßlichen Erfordernissen versehenes und durch die übrigen Erhebungen bestätigtes Geständniß (§§. 264 und 265 der Strafproceß-Ordnung) abgelegt hat, und der Gerichtshof die ihm zu Folge S. 191 der Strafproceß-Ordnung zur Beschlußfassung vorgelegte Untersuchung auch in jeder anderen

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