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Die entscheidenden Stellen der angeführten Urkunden sind von einem der übrigen Räthe vorzulesen, welcher zu diesem Ende die Acten zur Hand zu nehmen hat. Auf Verlangen des Vorsitzenden oder eines Stimmführers müssen die leßteren ihrem vollen Inhalte nach abgelesen

werden.

S. 135.

Weder der Vorsigende noch ein anderer Stimmführer darf den Referenten in seinem Vortrage unterbrechen, oder, ehe die Reihe an ihn kommt, seine Meinung äußern. Wenn ein Stimmführer das Sachverhältniß nicht ganz verstanden hat, steht ihm frei, die nöthige Aufklärung von dem Referenten zu verlangen.

S. 136.

Nach beendigtem Vortrage hat der Vorsitzende die Stimmführer, von dem ältesten Rathe anzufangen, nach ihrem Range zur Aeußerung ihrer Meinung aufzufordern. Ist ein Coreferent bestellt, so hat dieser unmittelbar nach dem Referenten sein Gutachten abzugeben.

S. 137.

In besonders wichtigen oder verwickelten Fällen kann der Vorsigende eine allgemeine Discussion der Abstimmung vorausgehen lassen. Auch kann er in Angelegenheiten, worüber einer der Stimmführer vorzüglich nähere Aufklärung zu geben im Stande ist, diesen nach dem Referenten und Coreferenten zuerst vernehmen.

§. 138.

Die Stimmführenden haben ihre Aufmerksamkeit ungetheilt auf den Gegenstand der Berathschlagung zu richten, während derselben keine anderen Geschäfte vorzunehmen, ihre Meinung nach Gewissen und eigener Ueberzeugung, ohne Uebereilung, Leidenschaft oder Neben= absicht, freimüthig abzugeben, anzügliche Bemerkungen über die Anträge anderer Stimmführer, und Wiederholungen bereits angeführter Gründe zu vermeiden, und auf einer von einem anderen Rathe oder dem Vorsigenden widerlegten Behauptung gegen eigene bessere Ueberzeugung nicht zu verharren.

S. 139.

Die Stimmführer dürfen in der Ausführung der Gründe für ihre Meinung nicht unterbrochen werden. Nur über irrige thatsächliche Voraussetzungen ist der Referent verpflichtet, sogleich die erforderliche Aufklärung aus den Acten zu ertheilen.}

S. 140.

Der Vorsitzende darf die Freiheit der Meinung nicht beschränken, und seine Ansicht erst nach geendigter Abstimmung aussprechen. Er hat Uebereilung eben so wenig, als zwecklose Weitläufigkeit zu dulden; zum Vortrage nicht gehörig vorbereitete oder mit den nöthigen Actenstücken nicht versehene Referate zurückzuweisen, und für Ordnung, Ernst und Anstand in der Berathung zu sorgen. Sind bei der Berathschlagung Thatumstände, die er entscheidend findet, übergangen oder unrichtig dargestellt worden, so hat er seine Bemerkungen darüber den Stimmführenden mitzutheilen und nöthigen Falles die Umfrage zu erneuern.

Außer diesem Falle soll er die Räthe, die bereits ihre Meinung mit Bestimmtheit geäußert haben, zu einer neuerlichen Abstimmung nicht auffordern. Es steht ihm jedoch frei, die Gründe, aus welchen nach seiner Meinung ein anderer Beschluß hätte gefaßt werden sollen, zu Protokoll zu geben.

S. 141.

Ist eine Rechtssache so verwickelt oder ihre Beurtheilung so schwierig, daß einer oder mehrere der Stimmführer sich nicht augenblicklich zu entscheiden getrauen, so ist ihnen zu längerer Ueberlegung und eigener Durchlesung der Acten die nöthige Zeit zu gönnen und bei einer der folgenden Sizungen die Berathung in Gegenwart der nämlichen Räthe zu erneuern und zu beendigen.

S. 142.

fassung.

Den Beschluß hat der Vorsigende nach der Meinung zu fassen, über welche alle Stimm- Art der Schlußführer oder die größere Zahl derselben vollkommen einig sind.

Vereiniget sich nicht die größere Zahl der Stimmführer über eine Meinung, so ist der

Beschluß nach folgenden Bestimmungen zu fassen:

a) hat unter mehreren Meinungen eine die Hälfte der sämmtlichen Stimmführer für sich, so kann der Vorsitzende durch seinen Beitritt für dieselbe den Ausschlag geben;

b) find die Stimmen zwischen zwei Meinungen gleich getheilt, so hat der Vorsigende das Recht, mit seiner Stimme für die eine oder die andere zu entscheiden.

Jedoch steht ihm frei, wenn es thunlich ist, die Sache in einem verstärkten Senate vortragen zu lassen. Weichen die, zwischen zwei Meinungen getheilten Stimmen nur im Ausmaße der Beträge ab, so kann der Vorsißende eine Mittelzahl annehmen.

c) Sind die Stimmen zwischen drei oder mehreren Meinungen dergestalt getheilt, daß über keinen Antrag die Mehrzahl aller Stimmführer vollkommen einig ist, mithin jede der verschiedenen Meinungen mehr als die Hälfte sämmtlicher Stimmführer gegen sich hat, oder glaubt der Vorsigende einer Meinung, für welche die Hälfte der Stimmführer sich ausgesprochen hat, nicht beitreten zu können, so ist, in soferne es sich thun läßt, die Berathschlagung nach den einzelnen Säßen, worüber ein Beschluß gefaßt werden soll, abzutheilen, die Vorfrage von der Hauptsache, die Form von dem Wesentlichen der Entscheidung abzusondern. Es ist über die Rechtsgiltigkeit der Forderung im Allgemeinen und über den Betrag derselben, über die zur Erörterung der Sache allenfalls nothwendige weitere Verhandlung, über das Erkenntniß in der Hauptsache, und über die Form der Entscheidung selbst, besonders abzustimmen;

d) die verschiedenen Streitfragen sind in solchen Fällen, sowie es ihre natürliche Ordnung mit sich bringt, zu erörtern.

Der über einen Punct gefaßte Beschluß ist der Berathschlagung über die übrigen zu Grunde zu legen, und auch diejenigen Stimmführer, welche dem Beschlusse nicht beigetreten sind, müssen denselben als eine rechtsbeständige Entscheidung ansehen, und ihre Stimmen auf dieser Grundlage abgeben.

e) Sollte auch auf diese Art keine Stimmenmehrheit zu Stande kommen, so ist der Gegenstand, soferne nicht schon die erste Berathung in voller Rathsversammlung zu pflegen war, in der leßteren vorzunehmen und bei dieser jedenfalls derjenige Antrag, welcher die meisten Stimmen für sich hat, als Beschluß anzusehen.

S. 143.

Mittheilung der

Der Vorsißende kann, wenn ihm die gründliche Entscheidung einer Angelegenheit acten an die Längere Ueberlegung zu fordern scheint, sämmtliche Acten und die Ausarbeitung des

Stimmführer.

Erledigung durch

schriftliche Ab

stimmung.

Berichtigung der entworfenen Er

Referenten vor der Berathschlagung denjenigen Stimmführern, welche dabei zugegen seyn sollen, mit dem Auftrage mittheilen lassen, sich vorläufig zur künftigen Berathung darüber vorzubereiten, oder, wenn sich die Schwierigkeiten erst in der Berathung zeigen, die Sigung zu diesem Ende aufschieben.

S. 144.

Könnte zur Erledigung einer Eingabe die ordentliche Rathssizung ohne Nachtheil oder Gefahr nicht abgewartet werden, so ist dieses von dem Referenten dem Vorsteher sogleich anzuzeigen, welcher die Anstalt zu treffen hat, daß entweder eine außerordentliche Sigung gehalten oder von der erforderlichen Anzahl von Räthen sogleich schriftlich abgestimmt werde.

S. 145.

Von der über was immer für eine Rechtsangelegenheit bereits abgegebenen Meinung zurückzutreten und eine neue abzugeben, oder einer anderen schon abgegebenen Meinung beizupflichten, ist jeder Stimmführer nur im Laufe der nämlichen Sigung befugt, daher nach Been= digung der Sigung der Beschluß nicht mehr geändert werden darf.

S. 146.

Die entworfenen Bescheide, Erkenntnisse, Entscheidungsgründe und andere Ausfertigungen ledigungen. find, in soferne es nur auf geringe Abänderungen ankommt, von dem Referenten nach dem Beschlusse zu berichtigen. Ist aber in der Hauptsache gegen den Referenten entschieden worden, oder soll der Aufsag desselben ganz umgearbeitet werden, so ist die Ausarbeitung des Beschlusses und der Entscheidungsgründe von demjenigen Rathe zu besorgen, welcher zuerst darauf angetragen hat.

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S. 147.

Wird ein von dem Gerichte beschlossener Auftrag, über dessen Vollziehung dasselbe von Amtswegen zu wachen verpflichtet ist, binnen der festgeseßten Frist von der Partei oder Demjenigen, an welchen er sonst ergangen ist, nicht befolgt, oder dem in solchen Angelegenheiten an eine andere Behörde gestellten Ansuchen binnen einer angemessenen Frist nicht entsprochen, so hat der Referent unter eigener Verantwortung sogleich die weitere der Lage der Sache ange= messene Verfügung in Antrag zu bringen, und zu diesem Ende über alle solche in sein Referat einschlagende Anordnungen ein genaues Verzeichniß zu führen.

S. 148.

Ueber jede Sigung ist ein Protokoll aufzunehmen. Im Eingange desselben ist zu bemerken, bei welchem Gerichte, und an welchem Tage die Sizung gehalten worden ist; wer den Vorsit geführt hat, welche stimmführenden Mitglieder des Gerichtes gegenwärtig waren, und wer von den untergeordneten Beamten zur Führung des Protokolles und zur Abfassung der Ausfertigungsentwürfe beigezogen worden ist.

S. 149.

Die in der Situng etwa vorgenommenen Beeidigungen und andere Vorfälle, welche nicht die Berathung über die in Vortrag gebrachten Gegenstände betreffen, sind in dem Protokolle ersichtlich zu machen; die vorgetragenen Geschäftsstücke aber mit den Einreichungsprotokollszahlen in der Ordnung anzumerken, in welcher sie vorgekommen sind, und zu selben die Personen, welche der Gegenstand betrifft, und der lettere selbst in Kürze anzuführen. Bei Geschäftsstücken jedoch, bei deren Vortrag sich ein Rathsglied wegen eines geseglichen Hindernisses der Theil

nahme an der Berathung zu enthalten genöthiget war oder aus einer anderen Ursache Menderungen in den Personen der Stimmführer eingetreten sind, muß dieses ersichtlich gemacht werden. S. 150.

Die Abstimmung und Schlußfaffung ist mit Anführung des Tages der Berathung und der Gegenwärtigen auf den Referatsbögen ersichtlich zu machen.

Bei einhellig gefaßten Beschlüssen geschieht dieses nur durch die Beifügung des Wortes „Einhellig" und der Fertigung des Protokollisten.

Bei Geschäftsstücken aber, bei welchen in der Hauptsache oder in Nebenpuncten oder auch nur in Ansehung der Förmlichkeiten oder der Entscheidungsgründe verschiedene Meinungen vorgekommen sind, ist auf dem Referatsbogen nach dem Auffage des Referenten, und wenn der Raum nicht hinreicht, auf einem abgesonderten halbgebrochenen Bogen ohne Wiederholung der, von dem Referenten bereits angeführten Gründe, und ohne unnüße Weitläufigkeit, jedoch klar und bestimmt darzustellen, welcher Meinung jeder der Stimmführer war, mit welchen Gründen er dieselbe unterstüßte, welchem Antrage allenfalls der Vorsigende beitrat, und wie die Mehrheit der Stimmen berechnet wurde. Fallen dem Protokollisten hierüber Zweifel auf, so hat er sich von dem Vorsigenden oder dem Stimmführenden noch während der Berathung die nöthige Aufklärung zu erbitten. Die etwa vorgenommene wiederholte Umfrage und Abstimmung, die Zuziehung von mehreren Stimmführern und der ganze Vorgang bei der Berathung, Abstimmung und Schlußfassung überhaupt ist genau auseinander zu seßen.

S. 151.

Endlich ist der gefaßte Beschluß anzuführen, und mit Hinweisung auf die Begründung der einzelnen Meinungen zu bemerken, welche der angeführten Entscheidungsgründe von der Mehrheit der Stimmen angenommen worden sind.

Jedem Stimmführer steht frei, die Gründe seiner Meinung schriftlich zn verfassen und zu begehren, daß dieser Aufsaß der Aufzeichnung der Abstimmung beigefügt werde.

S. 152.

Der Protokollsführer hat diejenigen Geschäftsstücke, zu welchen die Ausfertigungen bereits verfaßt und von dem Referenten als richtig bestätiget sind, sammt dem Sigungsprotokolle, wo möglich binnen 24 Stunden, dem Vorsißenden; die übrigen Geschäftsstücke aber Demjenigen zu überschicken, welcher die Ausfertigungen zu entwerfen hat; übrigens gleich nach geendigter Sizung ein Verzeichniß der erledigten Geschäftszahlen dem Vorsteher des Expedites und des Einreichungsprotokolles mitzutheilen.

S. 153.

Der Vorsißende hat die Aufzeichnungen des Protokollführers über die Abstimmungen und gefaßten Beschlüsse auf den Referaten und das Sigungsprotokoll genau zu prüfen, wenn er sie unrichtig oder unvollständig findet, nöthigen Falles nach vorläufiger Rücksprache mit den Stimmführenden, berichtigen zu lassen und zur Bestätigung seine Unterschrift beizufügen.

Die Sigungsprotokolle sind in der Registratur zu verwahren und in angemessenen Zeitabschnitten einzubinden.

S. 154.

Die für den obersten Gerichtshof in Beziehung auf die Führung des Rathsprotokolles erflossenen besonderen Bestimmungen haben auch für das oberste Urbarialgericht zu gelten,

Viertes Hauptstück.

Von der Behandlung der Urbarialprocesse.

S. 155.

Jed:8 Urbarialgericht erster Instanz hat sogleich nach Beginn seiner Wirksamkeit den vormaligen Grundherrschaften und Unterthanen seines Sprengels durch Edict bekannt zu machen, daß es sowohl der einen, als der anderen dieser Parteien, welcher daran gelegen ist, daß die Commassation ihrer Grundstücke vorgenommen, oder der Hotter, soferne es noch nicht geschehen wäre, urbarialmäßig regulirt werde, bevorstehe, zu diesem Ende, den §§. 13 und 16 des Allerhöchsten Patentes vom 17. Mai 1857, Nr. 98 des Reichs-Gesez-Blattes gemäß, bis Ende Juni 1859 ihre Klage anzubringen, widrigen Falles die Commassation oder Regulirung in der Folge nur auf gemeinschaftliches Ansuchen beider Theile nach den Bestimmungen des erwähnten Patentes vorgenommen werden würde.

S. 156.

Dieses Edict ist nicht nur bei dem Urbarialgerichte selbst und bei allen Bezirksämtern seines Sprengels anzuschlagen, sondern auch durch die leßteren in allen denselben unterstehenden Gemeinden kund zu machen und die Bezirksämter sind verpflichtet, dem Urbarialgerichte bis Längstens Ende des Monates April 1858 die Ausweise über die in allen Gemeinden ihres Bezirkes erfolgte Kundmachung vorzulegen. Auch wird von dem Ministerium des Innern eine allgemeine Edictal-Aufforderung mit Bestimmung der Frist bis Ende des Monates Juni 1859 durch die Wiener Zeitung sowohl, als durch die Landes-Zeitungsblätter erlassen werden.

Ein hinsichtlich der Kundmachung des Edictes durch die Zeitungsblätter oder durch die Anschlagung bei den Urbarialgerichten und Bezirksämtern unterlaufenes Versehen ändert zwar an der Wirksamkeit des Edictes nichts. Wenn sich jedoch zeigen sollte, daß die Kundmachung des Edictes in einer einzelnen Gemeinde nicht längstens bis Ende des Monates Juni 1858 erfolgt ist, so läuft die festgesezte Einjährige Frist in Rücksicht dieser Gemeinde nur von dem Tage der nachträglich in derselben erfolgten Kundmachung.

S. 157.

Nebst den Anzeigen über die Kundmachung des Edictes haben die Urbarialgerichte erster Instanz von den Bezirksämtern auch Ausweise darüber abzufordern, bei welchen Gemeinden die Absonderung der Hutweiden und die Regelung der Waldnugungen bereits erfolgt, und bei welchen dieses noch nicht geschehen ist. Mit Benüßung dieser Ausweise hat jedes Urbarialgericht ein tabellarisches Verzeichniß nach dem Formulare Nr. 11 anzulegen, in welches die einlaufenden Klagen und die bereits anhängigen Processe einzutragen sind, um rücksichtlich derjenigen Gemeinden, bei welchen im Laufe der in den §§. 1, 13 und 17 des Allerhöchsten Patentes vom 17. Mai 1857 festgesetten Frist von zwei Jahren die Ausscheidung und Regulirung nicht angesucht werden sollte, die Vornahme derselben auf Gefahr und Kosten der fäumigen Grundherrschaft von Amtswegen einleiten zu können.

S. 158.

Jeder von den Unterthanen angebrachten Klage muß das Zeugniß des Bezirksamtes beigelegt werden, daß die Vornahme der Commassation oder Regulirung des Hotters von der

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