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S. 29.

Gesellschafter, welche nicht ausdrücklich als stille bezeichnet sind, werden dritten Personen gegenüber als öffentliche, und Verträge, über deren Dauer nichts bestimmt ist, bis zur Bekanntmachung ihrer Auflösung als wirksam behandelt.

S. 30.

In der Firma der Gesellschaft müssen die öffentlichen Gesellschafter namentlich oder durch den Ausdruck und Compagnie" angeführt werden. Der stillen Gesellschafter darf darin weder mit Namen noch durch die lettere Bezeichnung Erwähnung geschehen.

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S. 31.

Die Führung der Firma kann einem oder mehreren Mitgliedern der Gesellschaft und im lezteren Falle jedem besonders oder mehreren gemeinschaftlich übertragen werden. Wird sie einem Bevollmächtigten übertragen, welcher nicht Mitglied ist, so soll diese Eigenschaft aus der Unterzeichnung erhellen; die Handzüge jedes zur Unterschrift Berechtigten müssen dem Gerichte vorgelegt werden.

S. 32.

Die Firma darf keine unrichtigen Angaben enthalten, daher, wenn ein in derselben genanntes Mitglied austritt, auch die Firma verändert, oder wenn kein öffentlicher Gesellschafter mehr übrig ist, der Beisaß und Compagnie" hinweggelassen werden muß. Nur in dem Falle, daß bei Austritt eines in der Firma genannten Mitgliedes anstatt desselben ein anderer öffentricher Gesellschafter eintritt, findet der §. 17 Anwendung.

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S. 33.

Das Vermögen jeder Gesellschaft macht ein besonderes Ganzes aus (S. 1202 des allgemeinen bürgerlichen Gesezbuches), welches den Gläubigern dieser Gesellschaft vorzugsweise verhaftet ist; wobei jedoch bezüglich der zu einem Gränzcommunions-Verbande gehörigen Gesell= schafter die Bestimmungen des §. 16 zu berücksichtigen sind.

Persönliche Gläubiger eines einzelnen Mitgliedes können daher nur dasjenige davon in Anspruch nehmen, was diesem nach Abzug der Schulden der Gesellschaft an seinem Beitrage und Gewinne nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages noch gebührt.

S. 34.

Die Gesellschaftsgläubiger können ihre Befriedigung auch aus dem übrigen Vermögen der öffentlichen Mitglieder gleich anderen persönlichen Gläubigern derselben verlangen; GränzHauscommunionen aber dürfen dabei nur in soweit in Anspruch genommen werden, als ihre Haftungspflicht nicht durch die Bestimmungen des §. 16 beschränkt ist. In Hinsicht der Forderungen der Ehegattinen öffentlicher Handlungsgesellschafter aus den Ehepacten gilt, den Gesellschaftsgläubigern gegenüber, die im §. 42 gegebene Vorschrift.

S. 35.

Ein stiller Gesellschafter kann den, nach dem protokollirten Gesellschaftsvertrage schuldigen Beitrag, zum Nachtheile der Gesellschaftsgläubiger weder vor der bedungenen Zeit zurückziehen, noch sich von der Verbindlichkeit zu dessen Entrichtung durch bloßes Uebereinkommen mit den übrigen Mitgliedern oder durch Abtretung seines Antheiles an Andere entledigen. Nur für den, im guten Glauben bezogenen Gewinn über seine Einlage ist er Niemand verantwort

lich, er darf aber, wenn sich ein Verlust an dieser ergiebt, vor ihrer Wiederergänzung auch keinen Gewinn beziehen.

S. 36.

Neue Mitglieder, welche einer schon bestehenden Handlungsgesellschaft ohne vorhergegangene Verrechnung mit den Gläubigern beitreten, übernehmen diesen gegenüber auch alle schon bestehenden Gesellschaftsschulden so, als wenn sie schon ursprünglich Mitglieder gewesen wären, es möge durch ihren Beitritt die Firma eine Veränderung erlitten haben oder nicht.

S. 37.

Die Kundmachung des Eintrittes neuer oder des Austrittes alter Mitglieder der Gesellschaft, der Auflösung dieser Lezteren vor der festgesetzten Zeit oder der Verlängerung über dieselbe, sowie jeder anderen Veränderung, welche die Rechte dritter Personen berührt, hat nach den oben gegebenen Vorschriften zu geschehen.

Zur Eintragung in das Handlungsprotokoll find die Urkunden vorzulegen, welche die eingetretenen Veränderungen beweisen.

S. 38.

Eine zwar bestrittene, aber in der Folge für rechtmäßig erklärte Aufkündigung oder Ausschließung eines Gesellschafters wirkt, soweit es sich um dritte Personen handelt, nur in soferne auf die Zeit zurück, wo sie geschehen ist, als die Kundmachung derselben gehörig erfolgt ist.

S. 39.

Bei Todesfällen öffentlicher Gesellschafter sind in Rücksicht ihres Antheiles an der Handlung die, in den S§. 23 und 25 gegebenen Vorschriften zu beobachten.

S. 40.

Wenn bei Auflösung einer Gesellschaft ein oder mehrere Bevollmächtigte zur Auseiandersegung des Vermögens bestellt werden, so ist die ihnen dazu übertragene Vollmacht ́und Firma bei dem Gerichte zu protokolliren. Diese Vollmacht schließt, wenn nichts anderes bestimmt wird, das Recht in sich, die hängenden Geschäfte zu beendigen, die Verpflichtungen der Gesellschaft zu erfüllen, die Forderungen derselben einzubringen, gestellte Forderungen anzuerkennen oder zu bestreiten, Vergleiche zu schließen, und das Vermögen zu veräußern.

Außerdem hat die Theilung des Vermögens nach den Vorschriften des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches zu geschehen.

S. 41.

Nach gänzlicher Beendigung der Geschäfte ist die Gesellschaft nebst der eingetragenen Firma in dem Handlungsprotokolle zu löschen.

S. 42.

Die Ehepacten jedes protokollirten Handelsmannes und öffentlichen Handelsgesellschafters sind in Ansehung der, seiner Ehegattin darin eingeräumten Rechte den Handelsgläubigern gegenüber erst von dem Zeitpuncte ihrer Eintragung in das Handlungsprotokoll wirksam, alle Forderungen der Ehegattin aus denselben stehen, im Falle eines Concurses, den vor der Protokollirung schon bestandenen Handelsgläubigern ihres Ehegatten in Beziehung auf das sämmtliche Vermögen desselben nach, die Ehepacten mögen schon vor oder erst nach der Errichtung der Handlung geschlossen worden seyn.

S. 43.

Handelsleute, welche die Führung ihrer Firma einer andern Person übertragen, haben dieses dem Gerichte unter Vorlage der eigenhändigen Unterzeichnungsart des Bevollmächtigten anzuzeigen. Die Unterzeichnung muß die Firma der Handlung unter Beifügung des Namens des Bestellten auf eine Weise enthalten, daß dessen Eigenschaft als Bevollmächtigter daraus erhelle.

S. 44.

Die Uebertragung der Firma (Procura) ertheilt ohne nähere Bestimmung dem Bestellten die Vollmacht zur unbeschränkten Verwaltung der Handlung. Sie begreift in Angelegenheiten derselben auch das Befugniß zu Geschäften, welche nach der Vorschrift des §. 1008 des allge= meinen bürgerlichen Gesezbuches eine besondere auf die Gattung derselben lautende Vollmacht erfordern, und das Recht in sich, zur Entscheidung der Handlungsstreitigkeiten einen Schiedsrichter zu erwählen.

S. 45.

Soll der Gebrauch der Vollmacht beschränkt seyn, so müssen die Beschränkungen ausdrücklich angeführt werden. Dunkle und auf solche Fälle und Zeitbestimmungen beschränkte Vollmachten, welche leicht zu Zweifeln Anlaß geben könnten, sind von den Gerichten nicht anzunehmen.

S..46.

Durch den Tod des Inhabers oder eines Theilnehmers der Handlung wird die Vollmacht des Firmaführers, soferne bei seiner Bestellung darüber keine Bestimmung getroffen worden ist, nicht aufgehoben.

S. 47.

Handelsleute, welche ihre Handlung nicht selbst verwalten, sich auf längere Zeit von derselben entfernen, oder an einem andern Orte eine auch nur untergeordnete Niederlassung errichten, welche zur Ausstellung verbindlicher Urkunden Anlaß geben kann, find verpflichtet, einen gerichtlich protokollirten Firmaführer aufzustellen, und sind durch die im §. 22 bestimmten Mittel hiezu anzuhalten.

S. 48.

Handelsleute, welche dieser Vorschrift zuwider eine Person, welcher sie die Leitung ihrer Handlung übertragen, anzuzeigen unterlassen, oder selbst nur die Verwaltung eines einzelnen Geschäftszweiges in oder außer der Handlung anderen Personen einräumen, ohne sie mit einer ausdrücklichen Vollmacht zu versehen, sind für alle, selbst Borggeschäfte derselben, ohne Rücksicht, ob sie schon in der Natur der Verwaltung gelegen und gewöhnlich damit verbunden seyn mögen (§. 1028 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches) verantwortlich, in soferne der Bestellte nach der ihm fortgesezt gestatteten Ausübung von dritten Personen hiezu mit Grund für bevollmächtigt angesehen werden konnte, und Lettere hierauf die Geschäfte redlicher Weise mit ihm abgeschlossen haben.

Bei Handelsleuten, welche im Verbande einer Gränz-Hauscommunion leben, erstreckt sich jedoch die Verantwortlichkeit der Lezteren nur auf das Maß der durch den §. 16 beschränkten Haftungspflicht.

S. 49.

Gegen Verfügungen und Entscheidungen der zur Ausübung der Handelsgerichtsbarkeit in ' erster Instanz berufenen Regiments-, Bataillons- und Communitäts-Gerichte, welche die Protokollirung und Löschung der Firmen, Gesellschaftsverträge, Procuren und Ehepacten, dann die Bestrafung der Uebertretungen der hierauf bezüglichen Vorschriften zum Gegenstande haben, ist der weitere Instanzenzug an die politische Landesbehörde (Landes-General-Commando in Agram und Temesvár) und an das Armee-Ober-Commando binnen 14 Tagen von Zustellung der recurrirten Entscheidung zu ergreifen. Gegen zwei gleichlautende Entscheidungen findet aber ein weiterer Recurs nicht Statt.

§. 50.

Allen denjenigen Personen, welchen nach §. 10 dieser Verordnung obliegt, ihre Firma protokolliren zu lassen, wird zur Pflicht gemacht, längstens binnen sechs Monaten um die Protokollirung derselben, unter Beibringung der erforderlichen Belege anzusuchen, widrigenfalls mit den im §. 22 festgesezten Strafen gegen dieselben vorzugehen seyn würde.

Erzherzog Wilhelm m. p.,
Feldmarschall-Lieutenant.

105.

Verordnung des Justizminifteriums vom 21. Juli 1858,

wirksam für den ganzen Umfang des Reiches,

womit, in Folge Allerhöchster Entschließung vom 30. Mai 1858, eine Erläuterung des allgemeinen bürgerlichen Gescßbuches in Bezug auf die Verjährungsfrist der, durch rechtskräftiges Urtheil zugesprochenen, oder durch einen, die Execution begründenden, Vergleich oder durch Vertrag anerkannten Forderungen erlassen wird.

Zur Beseitigung vorgekommener Zweifel wird in Folge Allerhöchster Entschließung vom 30. Mai 1858 folgende Geseßeserläuterung erlassen:

Forderungen, welche nach den Vorschriften des allgemeinen bürgl. Geseßbuches in kürzeren, als in den für die ordentliche Verjährung in den §§. 1478, 1485 und 1486 festgefeßten Fristen verjähren, unterliegen, wenn sie durch rechtskräftiges Urtheil zugesprochen oder durch einen, die Execution begründenden Vergleich oder Vertrag anerkannt worden sind, nur der, in den gedachten Paragraphen festgesezten Verjährung. Wenn jedoch in einem Urtheile nicht bloß auf die Zahlung bereits verfallener sondern auch auf jene der künftig verfallenden jährlichen Abgaben, Zinsen, Renten oder Dienstleistungen erkannt wurde, so unterliegen die nach der erreichten Rechtskraft des Urtheils verfallenen Giebigkeiten dieser Art neuerdings der im §. 1480 des bürgerlichen Gesetzbuches festgesezten dreijährigen Verjährung.

Graf Nádasdy m. p.

Reichs-Geseß-Blatt

für das

Kaiserthum Desterreich.

Jahrgang 1858.

XXIX. Stüd.

Ausgegeben und versendet am 3. August 1858.

106.

Verordnung der Ministerien des Innern, der Justiz und der Finanzen vom 30. Juni 1858,

giltig für alle Kronländer mit Ausnahme der Militärgränze,

mit Nachtragsbestimmungen bezüglich der Gebühren für gerichtsärztliche Dienst. leistungen.

Im Nachhange zu der Verordnung vom 17. Februar 1855, Nr. 33 des Reichs-GesezBlattes, betreffend die Gebühren für die, zu gerichtsärztlichen Zwecken verwendeten Sanitätspersonen, werden nachstehende Bestimmungen erlassen:

1. Die Verordnung vom 3. Juli 1854, Nr. 169 des Reichs-Gesez-Blattes, betreffend die Tag- und Meilengelder der Beamten bei den Kreis- (Comitats-) Behörden, bei den Gerichtshöfen erster Instanz und bei den Bezirks- und Stuhlrichterämtern, findet auf die, bei den Gerichtshöfen erster Instanz und bei den selbständigen Bezirksgerichten gegen Bestallung aufgenommenen Sanitätspersonen im Allgemeinen zwar keine Anwendung, es wird jedoch solchen Personen auf den, außer der Postroute gelegenen Nebenstraßen die Aufrechnung der Meilengelder nach der oben bezogenen Verordnung gestattet.

2. Die Vergütung der Reisegebühren dieses Sanitätspersonales erfolgt nach vorausgegangener buchhalterischen Adjustirung aus den betreffenden Amtsverlägen.

In Fällen der Verwendung von Gemeinde- oder Privatärzten zu Commissionen in Gerichts-Angelegenheiten ist jedesmal der Mangel von hierzu verfügbaren öffentlichen, das ist im Staatsdienste stehenden Sanitätspersonen, sowie der Umstand, daß im Commissionsorte selbst keine, zum Vollzuge der Verrichtung, um die es sich handelt, taugliche Sanitätsperson domicilirt, zu constatiren und zu bestätigen.

3. Halbe Commissionstage find rücksichtlich der Gebühr als ganze Commissionstage anzunehmen, und hat eine Berechnung von halben Commissionsgebühren nicht stattzufinden.

Hierdurch bleibt übrigens die Bestimmung im Anhange zu dem Gebührentarife I vom 17. Februar 1855 bezüglich der Beiwohnung bei einer gerichtlichen Hauptverhandlung (Gerichtssigung) unberührt.

Freiherr von Bach m. p. Freiherr von Bruck m. p. Graf Nádasdy m. p.

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