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§. V. Eigenthumsbeschränkungen im Allgemeinen.

§. 1. Die Beschränkungen des Eigenthums sind entweder demselben gemeinsam mit den Rechten überhaupt, oder dem Eigenthume insbesondere ange= hörig. Zu jenen gehören die Erfordernisse der Rechtsfähigkeit des Subjekts und des Objekts, sowie der Rechtmäßigkeit des zwischen beiden stattfindenden Verhältnisses.

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Lediglich rechtspolitisch dagegen ist der Sag: Male nostro jure uti non debemus. Selbst wer ihn als Rechtsregel auffaßt – wie z. B. Gesterding Eigenth. 1817 S. 11. 12. (vgl. indeß S. 18) mit Berufung auf die bekannte §. 2 I. de his qui sui v. al. j. 1, 8, welche unsere Auffassung vollkommen bestätigt — wird zugeben müssen, daß dann zwar eine persönliche Verpflichtung zum Unterlassen darin liegt, aber nicht zum Unterlassen an sich, sondern nur zu gewissen Zwecken, aus gewissen rein subjektiven Bestimmungsgründen, 1) - und eben hierdurch ist jene Verpflichtung nicht im Stande, das betreffende subjektive Recht zu beschränken. Nicht die Ausübung ist unerlaubt, sondern die ihr unterliegende Gesinnung. Die lettere zieht die erstere nach sich, wo das Interesse Dritter oder das Interesse der Gesellschaft in Frage steht. Der Handelnde übt dann, dem Sinne seiner That nach, nicht sein Recht aus, sondern mißbraucht dasselbe als Werkzeug der Ausführung seiner unerlaubten Gesinnung. So allgemein äußert sich unter den drei großen neuern Landesgesetzbüchern nur das preuß. L.-R. I, 8 §. 27:,,Niemand darf sein Eigenthum zur

1) Siehe von Vangerow §. 297. Anm. Nr. 1: man dürfe seine Eigenthumsbefugnisse nicht zur bloßen Chikane eines Andern gebrauchen (z. B. sog. Neidbau). L. 3 pr. op. publ. 50, 10 übrigens gehört ins Staatsrecht. Ueberhaupt wird man das richtige Prinzip wol nur in der klassischen Jurisprudenz des Civilrechts finden, was gegen Nov. 63 gesagt sein foll. Außerdem vgl. man Friß Erläuter. zu Wening 1833, I, Buch 2. Cap. 1 Nr. 2. S. 49. 50. Ueber die aquae pluviae arcendae actio, sowie über das Recht des gutgläubigen Besizers bei der Vindikation, die Lurusverwendungen wegzunehmen, wird später besonders die Rede sein. Wir läugnen ja nicht, daß jene Billigkeit im Einzelnen Recht erzeugt habe.

Kränkung oder Beschädigung Anderer mißbrauchen." Doch ist ihm der Mißbrauch eine Art Gebrauch; vgl. §. 28: „Mißbrauch heißt ein solcher Gebrauch des Eigenthums, welcher vermöge seiner Natur nur die Kränkung eines Anderen zur Absicht haben kann“ (richtiger wäre: „enthält“). Diese Absicht ist der sittliche Gehalt der That; das Sittengesez ist hier also Rechtsgesetz geworden. Zu unterscheiden von jenem Sage ist die allerdings positive Rechtsregel, daß ein mit Recht und Sittlichkeit im Einklang stehendes Interesse zum Erwerbe jedes Rechts nothwendig sei. Die Verwandtschaft beider Säße zeigt genugsam der Umstand, daß Zuneigungsintereffe, trog Unmöglichkeit seiner juristischen Werthschäßung, ausreichen soll.

§. 2. Die dem Eigenthume besonderen Beschränkungen wurzeln entweder in der subjektiven Rechtsbestimmung (Privatwillkühr, Servituten u. s. w. schaffend), oder im objektiven Rechte. Die leßtern, in ihrer Entstehung also stets unabhängig von Privatwillen, können in ihrem Fortbestande der Privatdisposition unterliegen oder nicht unterliegen.

Daneben gilt die Vermuthung der Unbeschränktheit von Rechtssubjekt und Rechtsobjekt auch dahin, daß jenes die Bestimmfähigkeit, dieses die Bestimmbarkeit als ein je ihrer Natur und ihrem Gegensage Zukommendes habe und beide in jedes gewollte Verhältniß zu einander zu treten vermögen.

Die objektivrechtlichen, „geseßlichen“, Eigenthumsbeschränkungen bezeichnete man früher allgemein als „servitutes legales"; der code Napoléon stellt sie, damit konsequent, in die Lehre von den Realservituten, natürliche, gesegliche und gewillkührte Servituten in den 3 Capiteln des betreffenden Titels unterscheidend. Diese Ausdrucksweise ist den Römern indeß nie geläufig gewesen. 1)

1) Bei Pomponius 1. 3, 2 aq. quot. 43, 20 heißt nicht der Umstand „servitus", daß der öffentliche Fluß Jedem sein Wasser gestatten muß, sondern es handelt sich um das Recht der Leitung dieses Wassers über fremdes Grundstück, und Letzteres ist ächte Servitut. Nur Ulpian der auch z. B. von Naturalobligation ad remunerandum redet gebraucht den Ausdruck „servitus“ in l. 1, 22 aq. arc. 39, 3, wo übrigens nicht einmal Geset, sondern natürliche Lage der Grund ist: „semper hanc esse servitutem

In der That verwirrt sie öffentliches und Privat-Recht. Wit gleich richtigem Takte kann man die Unterordnung des Bürgers unter das Rechtsgesetz eine gesetzliche Sklaverei, die seitens des Staates verlangten positiven Leistungen, wie im Kriegsheere zu dienen, Geschworner zu sein, geseßliche Obligationen nennen. Eine richtige Erkenntniß kann hier nur durch uranfängliche Unterscheidung gehofft werden. Das öffentliche Recht geht von der Machtvollkommenheit des Staates, das Privatrecht dagegen von der Freiheit des Einzelnen aus; beide gleichen sich aus im Rechtsgeset. Nun ist, da erst im Staate und durch dessen absolute Macht die Freiheit des Einzelnen Rechtsfähigkeit wird, die Privatfreiheit im Staate als eine rechtliche nur innerhalb des Staatsgesetzes vor-= handen; dasselbe gilt von den Rechtsobjekten hinsichtlich ihrer Fähigkeit, beherrscht zu werden. Hieraus folgt, daß jedes Recht von vornherein nur soweit als Recht entsteht und gedacht werden kann, als diese Uebereinstimmung mit dem Rechtsgesez statthat. So ist das subjektive Necht von vornherein gegeben, nicht eigentlich geschmälert, denn die Freiheit ohne diese Schranken war nie Recht. Dennoch ist der Ausdruck „gesegliche Eigenthums b e s ch rä nkungen" darum nicht unrichtig, da wir festhalten müssen, daß Eigenthum kein Recht im zu spezialisirenden Sinne, rechtliche Begränzung seiner Natur fremd ist. — Insbesondere fehlt den sog. Legalservituten der doch dem Ausdrucke gemäß nothwendige dritte Berechtigte; den Staat, das Gesez da der Fiskus hier nicht in's Spiel kommt -- wird Niemand als solchen privatrechtlich auffaffen. Zwar daß die sog. Legalservitut einer Privatperson zu Gute kommen kann, ist nicht zu läugnen, und gehört hierher insbesondere das sog. Nachbarrecht. Aber einmal ist dieser Vortheil zufällig; kann doch das Gesez das Interesse des beschränkten Eigenthümers selbst im Auge haben man denke an die Verordnungen wegen Mißhandlung der Sklaven durch ihre Herren: 1. 2 de his qui sui v. al. j. 1, 6 und sicher vermag Niemandem die eigene Sache zu dienen. Ferner beruht er auf Gegenseitigkeit, gerade wie die öffentlichrechtlichen Schranken persönlicher Freiheit.

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inferiorum praediorum, ut natura profluentem aquam excipiant“ (daher hier die aq. pluv. arc. a. ausgeschloffen sein soll). Cf. §. 23 ibid. und auch Paul. 1. 2, pr. ibid.

Endlich gewinnt er eben dadurch, im Nachbarrecht vorzugsweise, die Natur einer Verstärkung des gegenüberstehenden Eigenthums, was sich dadurch technisch bewährt, daß er nie durch confessoria, sondern nur durch negatoria actio, freilich auch durch Spezialklagen, zu realisiren ist.

§. VI. Fähigkeit der Person.

Die subjektive Rechtsfähigkeit steht bei der Person. Die Eigenthumsfähigkeit der juristischen Person insbesondere unterliegt keinen gemeinrechtlichen Beschränkungen. Physische Person und eigenthumsfähig ist h. z. T. jeder physische Mensch, da erstens die Sklaverei, abgesehen davon, daß die Deutschen nie eine absolute Rechtsunfähigkeit damit verbanden, aus dem gemeinen Recht verschwunden ist; zweitens die väterliche Gewalt im deutschen Rechte lediglich eine Art Schußrecht ist, eine Gewalt mit entsprechenden Pflichten, so daß nicht das Interesse des Hausvaters dasjenige der Hauskinder absorbirt, insbesondere den legteren die eigene Vermögensfähigkeit nicht abgesprochen werden kann, höchstens ein väterlicher Nießbrauch stattfindet. Diesen würdigeren Gesichtspunkt hat die Aufnahme des römischen Rechts um so weniger zu verrücken vermocht, als das entgegengesezte Prinzip. des letteren bei Justinian bereits auf ein so schmales Herrschaftsgebiet eingeengt war, daß es der praktisch-modernen Auffassung der väterlichen Gewalt gegenüber als eine in verständigen Schranken sich haltende Ausnahme erscheinen mag.

S.

§. VII. Fähigkeit der Sache.

§. 1. Eigenthumsgegenstand ist nur die körperliche Sache.

Die klassische Jurisprudenz

1. 1, 3 bis 1. 3 pr. r. v. 6, 1 läßt auch an Heerden und Allem, was sonst heerdeweise gehalten wird, die Vindikation zu, und redet insofern von einem ,,nostrum esse gregem." Puchta, Kursus der Inst. §. 231 erweitert dieß einmal auf alle s. g. universitates rerum distantium, und nimmt zweitens ein besonderes Eigenthum über die Begriffs

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einheit an, so sehr er mit Recht (ebend. §. 222) deren Unkörperlichkeit erkennt. Wir hätten also eine juristische Sache als Gegenbild zu der juristischen Person damit gewonnen. Indessen läßt sich aus der Einräumung der rei vindicatio nicht mit Sicherheit auf ächtes Eigenthum zurückschließen, und kennt der Römer z. B. auch ein hereditatem nostram esse." Die r. v. war praktisch nothwendig, wenn z. B. eine Heerde per vindicationem vermacht war, vgl. §. 18 I. leg. 2, 20. Für alle anderen Fälle bot sie eine praktische Erleichterung dar, gegen welche theoretische Bedenken um so mehr schweigen mußten, als eine volksmäßige Anschauung sogar an eine Sichtbarkeit und damit Körperlichkeit der Heerde stets glauben wird.

S. 2. Extra commercium esse, von der körperlichen Sache gebraucht, schließt an sich nicht die Fähigkeit derselben aus, im Eigenthum zu stehen, 1) sondern nothwendig nur deren Unfähigkeit ein, Gegenstand eines Rechtsgeschäfts, also auch einer Eigenthumsübertragung, zu sein.

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Umgekehrt ist Eigenthumsunfähiges stets auch extra comm. Die Unveräußerlichkeit ist das Kriterium der res e. c. Vgl. §. 7 I. r. d. 2, 1. l. 9, 5 ibid. 1, 8. 1 6 pr. contrah. e. 18, 1. 1. 39, 9. 10 leg. 1. 1. 9 u. et u. 41, 3. Aber diese Unveräußerlichkeit ist in dem besonders prägnanten Sinne zu verstehen, daß jene Sachen nicht einmal aestimationem recipiunt, und unterscheidet sich so von der durch ein Specialgeset gewissen Sachen, die dennoch in commercio bleiben, beigelegten Unveräußerlichkeit, über deren positive Gründe später zu handeln ist. Es ist die res e. c. Es ist die res e. c. somit die res quae emi vendive nequit; was vom emere vendere, dasselbe gilt von jedem alienare, also auch vom Ersigen: 1 9 u. et u. 41, 3, cf. c. 22 Th. op. publ. 15 1 = c. 6 Just. ib. 8, 12:,,Alle Verjährung ist juris privati und vermag also dem öffentlichen Rechte

1) Diese Consequenz liegt z. B. in der Puchta 'schen (Kursus d. Inst. §. 223) Definition als eine gebotene. Doch sagt er hernach gelegentlich: „Ist ein... Staatsgut für unveräußerlich erklärt, so ist dadurch allerdings . . die unveräußerliche Sache . . . dem Commercium entzogen.“ Vgl. auch ebend. Not. bb.

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