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schlusse wider die Absicht der Allerhöchsten Paciscenten auferlegten Last, zu erhalten, und zu der ihr billig zugedachten Entschädigung zu gelangen, bisher unerfüllt sehen, so eröffnet sich doch dermal die frohe Aussicht, nicht allein für die Zukunft in den Genuß der Renten, nach Abzug dessen, was dem Herrn Grafen von Stadion und dem Grafen von Salm-Reifferscheid - Dyk vorbehalten ist (§. 6.), zu gelangen, sondern auch Ersah für das in den verflossenen Jahren Entbehrte, oder für die Rückstånde zu erhalten. Für die Bezahlung der Rückstände spricht besonders, daß auf der einen Seite die Einnahme der Octroigebühren, welche seit der Wiederoberung des linken Rheinufers durch eine besonders angeordnete Bes hörde verwaltet worden, leicht Mittel darbietet, und daß auf der andern Seite die Stadt, die Zinsen von der, baar an die Herren Grafen von Stadion und von Salm, bezahlten Ablösungs - Summe von 600,000 fl., ebenwohl hat berichtigen müssen.

§. 13.

Nach allen diesem, darf die freie Stadt Frankfurt hoffen, daß ihr die oben gedachten Renten im GesammtBetrag von jährlich 34,000 fl., zu Fünf Sechstheilen werden zugesprochen, somit jeht zur wirklichen Beziehung werden angewiesen, wie nicht weniger, daß auf Berichtigung des Rückstandes, für die verflossenen Jahre, Bes dacht werde genommen werden.

Wien den 13. Mai 1815.

Danz.

XXI.

Unterthänige Vorstellung und Bittschrift

der israelitischen Gemeinde zu Frankfurt am Main, an den hohen Congreß zu Wien. Mit drei Beilagen. (Uebergeben daselbst am 10. Oct. 1814.)

In dem vierten Artikel der bei Eichenberg erschienenen Constitution der freien Stadt Frankfurt am Main, findet sich in Ansehung der dortigen jüdischen Gemeinde folgende merkwürdige Verfügung:

,,Wegen der bürgerlichen Gemeinheits Verhält ,,nisse der israelitischen Glaubensverwandten und ,,der Behandlung der zu den lehtern gehören= ,,den Gegenstände bleibt die Bestimmung vors ,,behalten“.

Dieser Artikel der neuen frankfurter Staatsverfassung mußte der dortigen israelitischen Gemeinde (zu deren Bevollmächtigten wir uns hiermit durch die Anlage unterthänigst legitimiren) um so be= fremdender seyn, als dieselbe gegen den in der Anlage*) hier kopeilich angefügten feierlichen Vertrag anstößt, welchen unsere Gemeinde bereits am 28. Dec. 1811 mit dem damaligen souverainen Fürsten des Großherzogthums öffentlich abgeschlossen, und auch ihrer seits in vollem Maase laut Anlage **) ers füllt hat.

Es ist in der That nicht wohl begreiflich, wie Laut dieses Artikels, unsere unter den Augen der ganzen Bürgerschaft wohlerworbenen Rechte zu Frank

*) Num. 1. **) Rum. 2.

furt, von neuem in Frage gestellt, und anderweitigen willkührlichen Verfügungen unterworfen werden follten.

Niemand wird in Zweifel ziehen wollen, daß der Fürst Primas als damaliger Souverain des Großherzogthums Frankfurt, der dortigen Ju denschaft das Bürgerrecht zu ertheilen, vollkommen befugt war, ohne daß Er dadurch in die ehemaligen Gemeinderechte der christlichen Bürger im geringsten eingegriffen habe. Selbst nach den alten Reich 8gesehen, war die Judenschaft, ehe noch von einem feierlichen Vertrage über das Bürgerrecht für dieselbe die Rede war, in Ansehung ihrer politischen Verhältnisse, niemals von dem städtischen Magistrate abhängig. Sie stand vielmehr, vermöge der im Jahr 1616 von dem Reichsoberhaupt erhaltenen Stätigkeit, unter dem unmittelbaren Schuhe Sr. Kaiserlichen Majeståt; wie sie dann auch bei jeder neuen Thronbesteigung die allerhöchste Bestätigung jener ihr verwilligten Stätigkeit erhielt, und Kaiserlicher Majestät fortdauernd, ausser Verbindung mit der übrigen Bürgerschaft, zu Frankfurt besonders huldigte. Sie hatte demnach selbst in dies sem ehemaligen Zustande, eine von den besondern Rechten der christlichen Gemeinde zu Frankfurt ganz abgesonderte Existenz, und war vielmehr von dem überdieß verfassungsmåßig nicht jure proprio, sondern nur als Administrator des Gemeinwesens regierenden Senat politisch vollkommen unabhån gig *).

*) Diese Behauptung, welche dem vormaligen teutschen Staatsrecht fremd ist, hätte streng sollen erwiesen werden. In allen Reichsstädten ward, einem alten auch nach Ausbildung der reichsstädtischen Landeshoheit beibehaltenen Herkommen gemäß, dem neu erwählten und

Durch diese unbestreitbaren Gründe, hat sich denn auch die erste, zu Entwerfung einer neuen

gekrönten Kaiser gehuldigt. In Frankfurt geschah es jedesmal von dem Magistrat, von der Bürgerschaft, und von der Judenschaft. Nie ist, meines Wissens, ein Publicist auf den Einfall gerathen zu behaupten, daß die Bürgerschaft oder gar die Judenschaft der Stadt Frankfurt, oder einer andern Reichsstadt, darum weil sie dem Kaiser gehuldigt, von dem Senat, als der verfassungsmäßigen höchsten obrig= keitlichen Behörde der Stadt, politisch vollkom= men unabhängig" gewesen sey.

Ganz gegen Geschichte und Staatsrecht der ehemaligen Reichsstadt Frankfurt, wird solches hier gleichwohl, im Angesicht des Congresses, von den Deputirten der frankfurter Judenschaft behauptet. Diese Deputirten hätten sich erinnern sollen, daß die frankfurter Judenschaft zu der Huldigung jedesmal von Bürgermeister und Nath vorbeschieden ward, daß ihr, damit sie dieser Feierlichkeit keine verfassungswidrige Deutung geben möchte, in dem deshalb an sie erlassenen MagistratsBefehl, zugleich erklärt ward,,,wie es damit nicht die Absicht habe, hicfiger Stadt und Bürgerschaft ,,an ihren auf der Juden Personen und Wohuungen hergebrachten Rechten, noch ihren dem Rath geleisteten Pflichten, Etwas zu entziehen“; ferner daß zu dem Act der Huldigung jedesmal zwei Rathsglieder abgeordnet wurden; endlich, daß vor und nach dem Act, wobei die Juden dem Kaiser „als dessen treue und

gehorsame Knechte" huldigten, jederzeit die Rechte der frankfurter Stadt und Bürgerschaft über die Juden, verwahrt, und dagegen von den kaiserlichen HuldigungsCommissarien die Versicherung ertheilt ward: ,,daß die von Sr. Kaiserlichen Majestät verlangte Hul,,digung der Juden, deren Pflichten gegen den „Magistrat nicht entgegen, sondern mit densel,,ben gar wohl zu vereinigen sey.“ Diarium der Wahl- und Krönung K. Leopolds II. (Frankf. 1791.

Staatsform für Frankfurt berufene, aus den wahren Repråsentanten aller Stände der Bürgerschaft zu= sammengesetzte Organsations Commission I der Dreizehn (welche nachher durch eine bloß magistratische Commission verdrängt wurde) bewogen ge= funden, das unferer Gemeinde ertheilte Bürgerrecht, in dessen Besitz wir uns bereits seit mehreren Jahren befinden, so wie auch die vollkommene Gültigkeit des darüber errichteten Vertrages, förmlich anzuerkennen. Eine Anerkennung, welche überdieß auch durch die Zustimmung des achtbaren bürgerlichen Collegiums der Herren Ein und Funfziger, neue Bekräftigung erhalten hat.

Auf solche Gründe gestüßt, legten wir daher bei Sr. Excellenz dem russischen Herrn Staatsminister Freiherrn von Stein, als Chef des obersten Verwaltungs Departements, gegen diese unser auf einem förmlichen Vertrage beruhendes Recht hart verlegende Verfügung des vierten Artikels der neuen frankfurter Staatsverfassung, eine angemessene Vorstellung und Protestation ein.

Wir bemühten uns darin, besonders auf zwei Punkte aufmerksam zu machen, und zu zeigen:

1) daß, wenn man alle Handlungen des von allen übrigen hohen Souverainen und Mächten anerkannt gewefenen souverainen Fürsten des Großherzogthums Frankfurt ohne Unterschied annulliren und vernichten wollte, dadurch eine grenzenlose Verwirrung und Zerrüttung in dem politischen und moralischen Zustande des Gemeinwesens, ja auch die nachtheiligsten und unglücklichsten Folgen selbst für das Privatwohl unzähliger Familien entstehen

Fol.), S. 346. f. Des röm. Kaisers Franz I. KröuungsDiarium (Franks. 1746. Fol.), S. 170 f.

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