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dieser Beziehung überreichte der Herr Cardinal Confalvi dem Herrn Fürsten von Metternich eine Note, datirt vom 17. Nov. 1814. Noch hat diese Note in gegenwärtiger Sammlung nicht können ge= liefert werden, und es gewinnt fast das Ansehen, daß sie absichtlich geheim gehalten werde. Inzwischen erfährt man das Wesentliche ihres Inhalts, aus einer spåtern Note desselben Herrn Cardinals vom 14. Jun. 1815, noch mehr aber aus der von demselben mit dieser Note zugleich übergebenen ProtestationsUrkunde von demselben Datum, welche beide unten, unmittelbar nach gegenwärtiger Uebersicht, gedruckt erscheinen.

In der ProteftationsUrkunde, drückt sich der Legat über den Inhalt seiner Note vom 17. Nov. 1814 folgendermaßen aus. ,,Darin habe ich mich beschwert über alle Veränderungen, welche in den verflossenen Jahren, unter Mißbilligung wie aus öffentlichen Urkunden (publicis (publicis documentis)

nichts zu vergeben, mit welchem ihr, katholische Kirchen Teutschlands vereinbarer scheinen, als eine katholische Kirche Teutschlands, wie eine Gesammtheit be trachtet. Dagegen trugen die, welche als Oratoren für diese lezte auf dem Congreß auftraten, überall kein Bedenken, sich des Ausdrucks „katholische Kirche Teutschlands" zu bedienen. Vergl. oben, Bd. I, Heft 2, G. 28. ff., Bd. II, S. 255 ff., Bd. IV, S. 290 ff. 295 ff. Auch der Herr GeneralVicar des Bisthum Constanz, Frhr. von Beffenberg, sprach, in seinen Eingaben auf dem Congreß, von der „teutschen Kirche“ und von der,,katholischen Kirche in Teutschland.“ Oben, Bd. IV, S. 300, 301 u. 308. In den legten Entwürfen der teutschen BundesActe, bediente man sich zuerst des Ausdrucks,,die katholische Kirche in Teutschland," nachher der Worte:,,die katholische Kirche in den teutschen Bundesstaaten." Oben, Bd. II, S. 321, 476 u. 490.

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erhellet unseres allerheiligsten Vaters, in Teutschland statt gehabt haben, deren viele auch durch die Sanction mehrerer Verträge, besonders der Reichsversammlung im Jahr 1803 *), bekräftigt worden find, zum Nachtheil der Kirchen (Teutschlands), der (geistlichen) Derter und Institute, und selbst auch des römischen Reichs; aus welchen so viel verderblicher Schaden, auch über die geistlichen Verhältnisse der Kirche, und über das Heil der Seelen gekommen ift; durch welche auch den Rechten des heiligen Stuhls groffer Nachtheil zugefügt worden ist, die so viele Jahrhunderte hindurch, von den Kaisern selbst, und von den übrigen Fürsten des Reichs anerkannt worden sind. Hierauf habe ich, im Namen Sr. Heiligkeit, den Antrag gemacht, daß man, gemåß der Gerechtigkeit und Weisheit der erlauchten Regenten, solchem grossen Uebel abhelfen möge.“

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Nåher noch entwickelt der Herr Cardinal, unmittelbar nachher, in derselben ProtestationsUrkunde, die Beschwerden des heiligen Stuhls. ,,Was die geistlichen Angelegenheiten betrifft," sagt er, ,,fo läßt der öfters erklärte geneigte Wille der teuts schen Fürsten hoffen, daß solche nächstens, nach Vorschrift der Kirchengesehe, werden beigelegt und geordnet werden können." Ein Theil der Rechte und Vorzüge der Kirchen Teutschlands," fügt der Cardinal in seiner Note vom 14. Jun. 1815 noch hinzu,,,gehört, nach seinem inneren Gehalt, zu der allgemeinen Verfassung der (römischkatholischen) Kirche: ein anderer Theil dersel= ben, ist gegründet auf den rechtmäßigen und canonischen Besihstand der teutschen Kirchen."

*) Der Reichs Deputations Hauptschluß von 1803.

,,Anlangend hingegen" heißt es weiter in der ProtestationsUrkunde,,,die weltlichen Befihungen der Kirchen Teutschlands, so hat der Congreß Mehreres entweder festgesest, oder bestehen lassen, welches das Gemüth Sr. Heiligkeit mit grossem Schmerz ergreifen wird. Denn 1)

1) find die weltlichen Fürstenthümer*), deren man in Teutschland die Kirche beraubt hat, nicht wies der hergestellt worden, ja man hat solche sogar weltlichen Fürsten, katholischen und nicht kas tholischen, zugetheilt. 2) Werden die Güter und Einkünfte der Geistlichkeit, sowohl der welts geistlichen als auch der regulåren, beiderlei Geschlechtes, welche Eigenthum der Kirche sind, theils ihren neuen Besitzern, ohne irgend eine Bewilligung der rechtmäßigen Behörde, gelassen, theils wird gestattet, daß solche demjenigen Gebrauch, wozu sie verordnet waren, entzogen und entwendet bleiben. 3) Endlich ist auch das heilige römische Reich, welches für einen Mittelpunct der politischen Einheit mit Recht gehalten, und durch die Heiligkeit der Religion consecrirt ward, keineswegs wieder aufgerichtet worden." So lautet wort lich die dreifache Beschwerde des römischen Hofes, in Beziehung auf Teutschland.

Die letzte Beschwerde wird, in der Note vom 14. Junius, noch mehr hervorgehoben, mit folgen= den Worten:,,das heilige römische Reich, dieser Mittelpunct der politischen Einheit, dieses ehrwürdige Werk des Alterthums, conse= crirt durch den erhabenen Character der Relis

•) In Teutschland gewöhnlich, obwohl nicht ganz schicklich geistliche Fürstenthümer gendunt, auch geistliche Wahlstaaten.

gion, und dessen Umsturz eine der beklagenswerthes ften Berstörungen der Revolution war, ist aus seis nen Ruinen nicht wieder aufgerichtet worden." Was der påpstliche Hof unter dieser Heiligkeit des römischen Reichs, und unter dem Mittelpunkt der politischen Einheit (aller christlichen Staaten) vers stehe, ist in des Herausgebers Uebersicht der diplomatischen Verhandlungen des Wiener Congresses" (Frankf. 1816, gr. 8, Abth. III, Num. X) erörtert worden.

In der Note vom 17. Nov. 1814, soll zugleich der CardinalLegat, nach Versicherung der für die katholische Kirche Teutschlands" auf dem Congreß aufgetretenen Oratoren), eine ihren Bemühungen bestimmende Aeusserung gethan haben.

Nicht bloß in der genannten Note, auch mindlich empfahl und betrieb. der, påpstliche Herr Bes vollmächtigte das Interesse seines Hofes, mit nie ers müdendem Eifer. Ich habe," so drückt er sich hiers über in der ProtestationsUrkunde aus,,,nicht aufs gehört, die Gesandten der teutschen Regenten zu beschwören, daß sie, bei der neuen Einrichtung der teuts schen Staatsangelegenheiten, womit sie sich zu bes schäftigen hatten, auf die katholische Religion, das Heil der Seelen, und die Rechte der teutschen Kirchen und des apostolischen Stuhls vorzügliche Rücksicht nehmen möchten."

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Was hierauf, in dieser Beziehung, von den Herren Gesandten, in den Sihungen, welche im Mai und Junius wegen Errichtung und Einrichtung des teutschen Bundes gehalten wurden, verhandelt. und beschlossen worden, kommt zerstreut vor, in den

*) Oben, Bd. II, S. 255.

über jene Sitzungen gehaltenen Protocollen, und ist, im Zusammenhang, anderswo *) von dem Herausgeber berichtet worden.

Die Wünsche des heiligen Vaters wurden nicht er: füllt, seine Forderungen nicht bewilliget, die eifrigen Bemühungen seines Legaten blieben ohne Erfolg. Die teutsche Bundes Acte, und eben so die SchlußActe des Congresses, übergeht diesen Gegenstand mit überlegtem Stillschweigen. Demnach trat der påpstliche Bevollmächtigte, auch in dieser Hinsicht, mit einer feierlichen Protestation auf.

In der BegleitungsNote (vom 14. Juni 1815) beruft er sich deßhalb auf die Pflichten, welche mit der Eigenschaft eines sichtbaren Oberhauptes der Kirche verbunden seyen, und auf die feierlichen Eidschwüre welche der heilige Vater bei seiner Erhebung zu dem souverainen Apostelamt gethan habe. Auch habe der heilige Vater, fügt er hinzu, „vor Augen, das Beispiel so vieler seiner erlauchten Vorfahren, welche, selbst in Fällen von minderer Wichtigkeit, die größte Sorgfalt angewandt håts ten, die Rechte der Religion und des heiligen Stuhls zu wahren. So habe, um nicht eine Reihe ålterer Thatsachen anzuführen, Innocenz X. im Jahr 1649 nach dem westphälischen Congreß und Friedensschluß, Clemens XI. im Jahr 1707 nach dem altranstådter Frieden, und im Jahr 1714 nach dem badener Frieden, und Benedict XIV. im Jahr 1744 **), so wie die Stellvertreter dieser Påp

•) In seiner Uebersicht der diplomatischen Verhandlungen des Wiener Congresses, Abth. III. Num. VIII.

**) Im Jahr 1742, unter dem 22. Jänner, protestirte zu Frankfurt auf dem Wahl- und Krönungstage, der päpstliche Nuntius wider die kaiserliche Wahlcapitulation.

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