Page images
PDF
EPUB

8.

Eine gleiche Empfindlichkeit hat das Weiße gegen alle Berührung anderer abfärbender Körper, fie mögen schwarz, grau, oder sonst farbig sein. Der mindeste Strich, der mindeste Flecken wird auf dem Weißen bemerkt. Alles was nicht weiß ist, zeigt sich im Augen= 5 blicke auf dem Weißen, und es bleibt also der Probierstein für alle übrigen Farben und Schattirungen.

9.

Wenn wir nun dagegen das Schwarze aufsuchen, so können wir solches nicht wie das Weiße herleiten. Wir suchen und finden es als einen festen Körper 10 und zwar am häufigsten als einen solchen mit dem eine Halbverbrennung vorgegangen. Die Kohle ist dieser merkwürdige Körper der uns diesen Begriff am strengsten gewährt.

10.

Versehen wir nun durch irgend eine chemische Ope- 15 ration einen erst durchsichtigen Liquor in den Zustand daß wir ihn schwarz nennen, so finden wir, statt daß das Weiße in Durchsichtigkeit überging, gerade die ent= gegengesezte Eigenschaft. Man kann einen schwarzen Liquor verfertigen, der nicht trüb sondern in kleinen 20 Massen durchsichtig genug ist; aber er wird einen weißen Gegenstand, den wir durch ihn anblicken, verdunkeln. Sobald die Masse einigermaßen verstärkt wird, läßt er kein Bild, kein Licht mehr hindurch.

11.

So ist auch die Eigenschaft einer schwarzen Fläche eine gänzliche Unempfindlichkeit gegen das Licht.

Ein schwarzer Körper macht zwar, um mit den Alten zu reden, so gut die Gränze des Lichts, als 5 ein anderer (terminat lucem). Die Lichtstrahlen kehren auch von demselbigen in unser Auge zurück: denn wir sehen einen schwarzen Körper so gut als einen andern. Wenn sie aber von einem weißen Körper in der größten Energie zurückkehren; so kehren sie von 10 einem schwarzen mit der geringsten Energie zurück.

So ist denn auch ein schwarzer Körper unter allen denjenigen, die neben ihm einem gleichen Lichte ausgesetzt werden, der dunkelste, und der Eindruck desselben auf's Auge verschwindet bei successiver Ver15 minderung des Lichtes am geschwindesten.

12.

Nehmen wir nun irgend zwei Körper, die wir für schwarz und weiß erkennen, und mischen sie auf's feinste gerieben unter einander, so nennen wir das daraus entstehende Pulver grau. Haben wir nun 20 vorher gesehen, daß Schwarz und Weiß die strengsten Gegensäge sind, die wir vielleicht kennen, daß Schwarz und Weiß in ihrem höchsten und reinsten Zustande gedacht und dargestellt werden können; so ist offenbar, da wir nun den Zustand eines Körpers, der aus

beiden gemischt ist, Grau nennen, daß das Schwarze und das Weiße aus dem Grauen gesondert werden, niemals aber aus dem Grauen entstehen könne. Denn wenn z. B. die Kreide von dem Magnet angezogen würde; so könnte man sie mit leichter Mühe von der 5 Kohle separiren, und beide Pulver würden nunmehr neben einander in ihrer höchsten Reinheit sich befinden. Wenn ich eine graue Leinwand auf die Bleiche bringe, so entsteht nicht das Weiße aus dem Grauen, sondern die Leinwand wird weiß, wenn alle die fremden, feinen, 10 dem Pflanzenstoff anhängenden farbigen oder graulichen Theile durch Wasser, Licht und Luft hinweg genommen und die leinenen Fäden in der höchsten Reinheit dargestellt werden.

13.

Das Graue muß also die nothwendige Eigenschaft 15 haben; daß es heller als Schwarz und dunkler als Weiß sei. Weiß und Schwarz sind nicht die äußersten Enden Eines Zustandes den wir Grau nennen, sondern Grau entsteht aus Vermischung oder Verbindung jener beiden Gegensäße.

14.

Man vergleicht also billig das Weiße mit dem Lichte, weil es das Hellste ist was wir kennen, und das Schwarze mit der Finsterniß, weil uns nichts Dunkleres bekannt ist, das Graue mit dem Schatten,

20

der, so lange keine völlige Beraubung des Lichts vorgeht, gewöhnlich grau erscheint.

15.

Es ist hier der Ort zu bemerken: daß eine Verminderung des Lichtes, welchem eine Fläche ausgefeht 5 ist, oder eine Beschattung derselben anzusehen ist, als würde die Fläche mehr oder weniger mit einer schwarzen durchsichtigen Tusche überstrichen, daraus denn ein Grau entsteht, wie wir es auch bei Zeichnungen nach= ahmen. Ein weißes Papier das im Schatten liegt, 10 könnte gegen alles was neben ihm liegt noch für weiß gelten; es ist aber in diesem Zustande eigentlich grau und zeigt sich besonders als ein solches gegen ein weißes Papier das dem vollen Lichte ausgesetzt ist. Ein schwarzer Körper den man dem vollen Lichte aus15 sezt, wird eigentlich grau, weil es einerlei ist, ob man

ihm mehr Licht gibt, oder ihn mit einem weißen Körper vermischt. Das Weiße kann nie Schwarz, das Schwarze nie Weiß werden, sind sie im Grauen vermischt, so muß dem Weißen erst der schwarze Theil, dem 20 Schwarzen der weiße Theil genommen werden, als= dann sind beide wieder in ihrem reinen Zustande und das Graue hört auf zu sein, so wie der Knoten aufhört zu sein, wenn man die beiden Enden des Bandes aus denen er geknüpft war wieder von einander lös't.

16.

Schließlich bemerke ich, daß wir alle Körper und Pigmente, welche entweder weiß, schwarz oder grau find, farblos nennen, weil sie uns nur das Helle und Dunkle, gleichsam in Abstracto durch Anstrengen und Abspannen des Auges ohne Nebenbegriff, ohne 5 ein Verhältniß gegen einander als das Verhältniß des strengsten Gegensazes und der gleichgültigsten Vermischung darstellen. Weder Schwarz noch Weiß für sich noch neben einander, noch in Vermischung, Laffen dem Auge die mindeste Spur jenes Reizes em= 10 pfinden, welchen uns farbige Flächen gewähren; so daß vielmehr eine Fläche auf welcher wir Schwarz, Weiß und Grau verbunden sehen, das Traurigste ist, was wir nur erblicken können. Wir gehen nun zu den Körpern und Flächen über, welche wir eigentlich 15 farbig nennen.

Von farbigen Flächen.

17.

Wir kennen nur zwei ganz reine Farben, welche, ohne einen Nebeneindruck zu geben, ohne an etwas anders zu erinnern von uns wahrgenommen werden. 20 Es sind

Gelb und Blau.

« PreviousContinue »