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38.

Man kann also sagen, daß das Auge durch ein Vergrößrungsglas die Farbenerscheinung nach eben dem Gesche wie durch parallele Mittel erblickt. (§ 31)

39.

Neunzehnter Versuch.

Nimmt man dagegen ein concaves Glas und be

trachtet jene Karten dadurch, so wird die Erscheinung Fig. 19. umgekehrt sein, der weiße Kreis ist gelb, der schwarze blau eingefaßt.

40.

Wir sehen aus diesen Erfahrungen, daß die Er= scheinung der Farben sich immer in einem Gegensahe zeigt, daß sie sehr beweglich ist, ja daß fie völlig umgewendet werden kann. Wir fragen jetzt noch nicht nach nähern Ursachen, ob wir gleich wohl künftig, wenn wir alle Erscheinungen vor uns haben und die 15 Berechnung uns zu Hülfe kommt, erwünschte Aufschlüsse hoffen dürfen.

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41.

Wir schreiten nun zu denen vorzüglich sogenannten prismatischen Erfahrungen und Versuchen, welche mit denen erst erzählten völlig übereinstimmend sind.

42.

Man kann ein Prisma als ein Stück einer con- Fig. 20. caven oder converen Linse ansehen, und wir werden

also durch die Prismen nur diejenigen Erscheinungen.

sehen, die uns schon bekannt sind, nur müssen wir
uns, wenn wir ein Prisma vor die Augen nehmen,
in die Mitte einer großen auf die Erde gemahlten
schwarzen oder weißen Fläche denken, und alsdann
werden wir uns die Identität der prismatischen Ver- 5
suche mit denjenigen welche wir schon kennen leicht
anschaulich machen.

43.

Es ist nöthig, daß man diese ersten Versuche durch spitwinklichte Prismen anstelle, welche kein Beobachter künftig entbehren kann, wenn er meiner 10 vorzutragenden Lehre mit Überzeugung beitreten, oder fie mit Gewicht bestreiten will.

44.

Zwanzigster Versuch.

Man stelle sich also in die Mitte einer runden Fig. 21. schwarzen Fläche, die auf der Erde gemahlt und von 15 Weiß begränzt ist (e), und nehme das spigwinklichte Prisma dergestalt vor die Augen, daß der spize Winkel nach außen zugekehrt ist, so wird der schwarze Kreis gelb umgränzt erscheinen, und zwar deßwegen, weil er nach dem Gesetz des converen Glases erscheint: denn indem die Schärfe des Prismas nach außen gewendet ist, so sieht mein Auge die Farben eben so, als wenn ich in der Mitte einer ungeheuern Linse stehen könnte, und durch den Rand derselben die Gränze des Schwarzen und Weißen anschaute. Stelle ich mich in die Mitte 25

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eines weißen Cirkels, so seh' ich den mit Schwarz ab= wechselnden Rand alsdenn nach den Gesetzen blau

gefärbt.

45.

Zweiundzwanzigster Versuch.

Wende ich nun mein spitwinkliges Prisma nach innen, und stelle mich wieder in den Mittelpunct des schwarzen oder weißen Kreises, so werde ich die Er scheinung nach den Gesehen des concaven Glases sehen: denn es ist nunmehr eben der Fall, als wenn ich in 10 der Mitte eines ungeheuern concaven Glases stehen könnte, und die Gränzen der Kreisbilder durch den Rand deffelben beschaute.

46.

Hiermit wären nun die subjectiven Versuche, die uns bei Gelegenheit der Refraction Farbenerscheinun= 15 gen zeigen, so sehr simplificirt und unter einander verbunden, als es mir vorerst möglich scheinen wollte. Wie nothwendig diese Methode sei, wird demjenigen am besten einleuchten, der einfieht, daß man sich nicht eher an die Erklärung eines Phänomens wagen dürfe, 20 bis man solches auf seine einfachsten Elemente zurückgeführt hat.

47.

Vierundzwanzigster Versuch.

Wir können nunmehr nicht irre werden, wenn wir künftighin schwarz und weiße Tafeln an der Wand

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aufhängen: denn wir dürfen den schwarzen Kreis in dem wir stehen nur in Gedanken in eine ausgehöhlte Halbkugel verwandeln und supponiren, daß dieselbe weiß eingefaßt sei, so werden wir zwischen Schwarz und Weiß durch's Prisma den farbigen Rand nach s obigen Gesezen so gut in der Höhe als vorher auf dem Boden erblicken.

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Die Zweckmäßigkeit und Consequenz des bisherigen Vortrags wird hoffentlich allen Liebhabern einleuchten, 20 welche die nöthigen Werkzeuge zur Hand nehmen und die Versuche genau wiederholen wollen. Sie werden sich mit mir über folgende übereinstimmende Erfahrungen vereinigen :

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1. Die Farbenerscheinung läßt sich nur an Rändern sehen; auf den Flächen, sie seien schwarz oder weiß, sehen wir nicht die mindeste apparente Farbe, sondern sie erscheinen uns nach der Refraction wie vorher. 2. Der eine Rand erscheint jederzeit gelb und gelb= roth, der andere blau.

3. Wir bemerken an dem gelben Rand, daß das Gelbe nach dem Weißen zu, und das Gelbrothe nach dem Schwarzen zu strahlt. An dem blauen Rande 10 bemerken wir bei den ersten Versuchen nur ein reines

Blau, das nach dem Weißen strahlt, die lezteren Versuche durch die Prismen aber, bei welchen die Erschei= nung sich stärker zeigt, zeigen uns mit den übrigen Farben ein Violett, das nach dem Schwarzen strahlt.

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Zweites Capitel.

Unter welchen Bedingungen der Grad der Farbenerscheinung vermehrt wird.

50.

Nachdem wir nun die einfachsten Erscheinungen und ihre Bedingungen beobachtet haben, so dürfen 20 wir wagen zu complicirteren Phänomenen überzugehen, und zwar nehmen wir zuerst die Vermehrung des Grades der Erscheinung vor.

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