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und gebogen sein: an verticalen läßt sich keine Farbe bemerken, und nur bei genauer Beobachtung wird man finden, daß zwei verticale Parallel-Linien unterwärts sich ein wenig gegen einander zuneigen.

§ 41.

Man betrachte den reinen blauen Himmel durch 5 das Prisma, man wird denselben blau sehen und nicht die mindeste Farbenspielung an demselben wahrnehmen. Eben so betrachte man reine einfärbige oder schwarze und weiße Flächen, und man wird sie, wenn das Prisma rein ist, kaum ein wenig dunkler als mit 10 bloßen Augen sehen, übrigens aber gleichfalls keine Farbenspielung bemerken.

§ 42.

Sobald an dem reinen blauen Himmel sich nur das mindeste Wölkchen zeigt, so wird man auch so= gleich Farben erblicken. Ein Stern am Abendhimmel 15 wird sich sogleich als ein buntes Flämmchen, und jeder bemerkliche Flecken auf irgend einer farbigen Fläche sogleich bunte Farben durch das Prisma zei= gen. Eben deßwegen ist der vorstehende Versuch mit großer Vorsicht anzustellen, weil eine schwarze und 20 weiße, wie auch jede gefärbte Fläche selten so rein ist, daß nicht z. B. in dem weißen Papiere ein Knötchen, oder eine Faser, an einer einförmigen Wand irgend eine Erhobenheit sich befinden sollte, wodurch

eine geringe Veränderung von Licht und Schatten hervor= gebracht wird, bei der sogleich Farben sichtbar werden.

§ 43.

Um sich davon zu überzeugen, nehme man die Karte Nr. 1. vor das Prisma, und man wird sehen, 5 wie die Farben sich an die wurmförmig gezogenen Linien anschmiegen. Man wird ein übereinstimmendes aber ein verworrenes und zum Theil undeutliches Farbenspiel bemerken.

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Um sogleich einen Schritt weiter zu gehen und sich 10 zu überzeugen, daß eine regelmäßige Abwechselung von Licht und Schatten auch regelmäßige Farben durch's Prisma hervorbringe; so betrachte man Nr. 2, worauf schwarze und weiße Vierecke regelmäßig abwechseln. Man wird mit Vergnügen ein Viereck wie 15 das andere gefärbt sehen, und es wird noch mehr Aufmerksamkeit erregen, wenn man die Karte dergestalt vor das Prisma hält, daß die Seiten der Vierecke mit der Achse des Prisma parallel laufen. Man wird durch die bloße veränderte Richtung ein verändertes 20 Farbenspiel auf der Karte entstehen sehen.

Man halte ferner die Karten Nr. 20 und 21 der= gestalt vor das Prisma, daß die Linien parallel mit der Achse laufen; man nehme Nr. 22 horizontal, per= pendicular, diagonal vor das Glas, und man wird 25 immer veränderte Farben erblicken, wenn gleich die

Karten nur schwarze und weiße Flächen zeigen, ja sogar wenn nur die Richtung derselben gegen das Prisma verändert wird.

§ 45.

Um diese wunderbare Erscheinungen näher zu analysiren, nehmen wir die Karte Nr. 3 vor das Glas, 5 und zwar so daß der weiße Streifen derselben parallel mit der Achse gerichtet sei; wir bemerken alsdann, wenn das Blatt ohngefähr eine Elle vom Prisma entfernt steht, einen reinen, wenig gebogenen Regenbogen= streifen und zwar die Farben völlig in der Ordnung 10 wie wir sie am Himmel gewahr werden, oben Roth, dann herunterwärts Gelb, Grün, Blau, Violett. Wir finden in gedachter Entfernung den weißen Streifen ganz aufgehoben, gebogen, farbig und verbreitert. Die Karte Nr. 5 zeigt die Farbenordnung und Gestalt 15 dieser Erscheinung.

§ 46.

An die Stelle jener Karte nehmen wir die fol= gende Nr. 4, und es wird uns in derselben Lage der schwarze Streif eine ähnliche farbige Erscheinung zei= gen; nur werden die Farben an derselben gewisser= 20 maßen umgekehrt sein. Wir sehen zu unterst Gelb, dann folgt hinaufwärts Roth, sodann Violett, sodann Blau. Der schwarze Streifen ist eben so gut wie der weiße gebogen, verbreitet und von strahlenden Farben völlig aufgehoben. Die Karte Nr. 6 zeigt ohngefähr 25 wie er sich dem Auge darstellt.

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Wir haben bei den vorigen Experimenten gesehen, daß sich die Ordnungen der Farben gewissermaßen umkehren; wir müssen diesem Geseze weiter nachspüren.

Wir nehmen deßwegen die Karte Nr. 7 vor das Prisma 5 und zwar dergestalt, daß der schwarze Theil oben, der weiße Theil unten befindlich ist; und wir werden sogleich an dem Rande zwischen beiden einen rothen und gelben Streifen erblicken, ohne daß sich an diesem Rande eine Spur von Blau, Grün oder Violett finden 10 ließe. Die Karte Nr. 8 zeigt uns diesen farbigen Rand gemahlt.

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Höchstmerkwürdig ist es nun, wenn wir die Karte Nr. 7 umkehren, dergestalt, daß das Schwarze unten und das Weiße sich oben befindet: in diesem Augen= 15 blicke zeigt uns das Prisma an dem Rande, der uns vorhin gelb und roth erschien, einen blau- und violetten Streifen, wie die Karte Nr. 9 denselben zeigt.

§ 49.

Besonders auffallend ist es, wenn wir die Karte Nr. 7 dergestalt vor das Prisma bringen, daß der 20 Rand zwischen Schwarz und Weiß vertical vor uns

steht. Wir werden denselben alsdann ungefärbt erblicken; wir dürfen aber nur mit der geringsten Bewegung ihn hin und wieder neigen, so werden wir bald Roth bald Blau in dem Augenblicke sehen, wenn

das Schwarze oder das Weiße bald oben bald unten sich befindet. Diese Erfahrungen führen uns natürlich zu den folgenden Versuchen.

§ 50.

Auf der Karte Nr. 10 find zwei schwarze und zwei weiße Vierecke kreuzweise angebracht: so daß 5 sich Schwarz und Weiß wechselsweise über einander befindet. Die Wirkung des Prisma bleibt auch hier, wie bei den vorigen Beobachtungen, sich gleich, und wir sehen nunmehr die verschieden farbigen Streifen nebeneinander auf Einer Linie, wie sie Nr. 11 zeigt, und der Begriff von dem Gegensahe wird uns immer einleuchtender.

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Um diesen völlig zur Klarheit zu bringen, nehmen wir die Karte Nr. 3 wieder vor das Prisma und halten sie dergestalt daß der darauf befindliche weiße 15 Streifen vertical vor uns steht. Wir werden sogleich die rothe und gelbe Farbe oben, die blaue und violette unten erblicken, und der Zwischenraum des Streifens wird weiß erscheinen, so wie es die Karte Nr. 12 angibt.

§ 52.

Betrachten wir auf eben die Weise die Karte Nr. 4, so sehen wir die Erscheinung abermals umgekehrt, indem an dem schwarzen Streifen das Blaue und Violette sich oben, das Roth und Gelbe sich

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