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denn überhaupt meiner Arbeit schon die Ehre anthut sie hie und da zu benußen, ohne gerade meiner dabei zu gedenken.

Als Materialien zur Geschichte der Farbenlehre ist alles was ich deßhalb gesammelt, was ich dabei s gedacht und wie es mir vorgekommen, den Jahren nach zusammengereiht. Auch hier findet der Freund des Wahren gar mancherlei Beschäftigung: er wird, wie ich seit jener Zeit auch selbst gethan, gar manches übersehene nachtragen, Lücken ausfüllen, die Meinung aufklären und in Gang und Schritt dieser geschichtlichen Wanderung mehr Gleichheit bringen; auch da= durch wird er mich verbinden und kann, indem er mich unterrichtet und belehrt, niemals mein Gegner werden.

Was nun aber zuleht die Anhänger Newtons be- 15 trifft, so sind auch diese nicht meine Gegner, ich aber bin der ihrige. Ich behaupte, daß ihr altes Castell, schon durch die Zeit sehr angegriffen, nicht lange mehr bestehen kann, und ich bekenne, daß ich alles beizu= tragen Lust habe, damit es je eher je lieber zusammen- 20 stürze. Mir aber können sie nichts zerstören, denn ich habe nicht gebaut; aber gefäet habe ich und so weit in die Welt hinaus, daß sie die Saat nicht verderben können und wenn sie noch so viel Unkraut zwischen den Weizen säen.

Was man jedoch mit mehr Grund von mir fordern könnte und was ich wohl noch zu leisten wünschte, wäre ein dritter, ein Supplementarband, in welchem

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als Nachtrag erschiene alles was mir zeither von ältern und neuern Erfahrungen noch bekannt geworden, sodann, in wiefern ich meine Vorstellung über diese Dinge erprobt gefunden, oder verändert.

Hiezu würde die Geschichte der Farbenlehre, vom Anfang des Jahrhunderts bis auf den letzten Tag, vor allen Dingen erforderlich sein, wobei ich versuchen würde meine Widersacher so zu behandeln, als wenn wir sämmtlich, aus der Region des Blinzens und 10 Meinens, schon lange in die Regionen des Schauens und Erkennens übergegangen wären. Hieran würde sich schließen die Anwendung meiner einfachen Darstellung, um nicht zu sagen Grundsäge, auf complicirtere Phänomene, deren Erwähnung ich bisher mit 15 Fleiß vermieden; besonders eine neue Entwicklung des Regenbogens. Dieses ist gerade das Phänomen, wor= auf sich die mathematische Physik am meisten zu Gute thut. Hier, versichert man, treffe die Rechnung mit der Theorie vollkommen zusammen.

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Es ist belehrend, daß so viele tief- und scharffinnige Männer nicht einsahen, wie eine Berechnung mit dem Phänomen vollkommen übereinstimmen kann und deßwegen gleichwohl die das Phänomen erklärende Theorie falsch sein dürfte. Im Praktischen gewahren 25 wir's jeden Tag, doch in der Wissenschaft sollten auf der Höhe der Philosophie, auf der wir stehen und, obgleich mit einigem Schwanken, gegründet find, der= gleichen Verwechslungen nicht mehr vorkommen.

Jener Supplementband, den ich selbst an mich fordere, aber leider nicht verspreche, sollte nun ferner enthalten das Verzeichniß eines vollkommenen Appa= rats, den jeder nicht allein besigen, sondern jederzeit zu eigenem und fremdem Gebrauch benutzen könnte. 5 Denn es ist nichts jammervoller als die akademischoptischen Apparate, welche das Jahr über verstauben und verblinden, bis das Capitel an die Reihe kommt, wo der Lehrer kümmerliche Versuche von Licht und Farben gerne darstellen möchte, wenn nur die Sonne 10 bei der Hand wäre. Es kann sein, daß irgendwo etwas einigermaßen Hinreichendes vorgezeigt werde, immer geschicht's aber nur nach dem kümmerlichen Anlaß der Compendien, in welchen sich die Newtonische Lehre, die doch anfangs wenigstens ein Abracadabra war, 15 zu unzusammenhängenden Trivialitäten verschlechtert. Die Zeugnisse hievon stehen schon im zweiten Bande des Werkes Zur Farbenlehre, und in den Sessionsberichten des künftigen Gerichts wird bei dieser Ge= legenheit öfters stehen: man lacht!

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Ein solches Verzeichniß des nothwendigen Apparats wird ausführlich aufzusehen sein, da meine sämmtlichen Vorrichtungen mit den Büttnerschen und älteren fürstlichen Instrumenten vereinigt, in Jena aufgestellt, einen vollständigen Vortrag der Farbenlehre 25 möglich machen werden. Jeder Studirende fordere auf seiner Akademie vom Professor der Physik einen Vortrag sämmtlicher Phänomene, nach beliebiger Ordnung;

fängt dieser aber den bisherigen Bocksbeutel damit an: „Man laffe durch ein kleines Loch einen Licht= strahl u. s. w." so lache man ihn aus, verlasse die dunkle Kammer, erfreue sich am blauen Himmel und 5 am glühenden Roth der untergehenden Sonne nach unserer Anleitung.

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Auch würde jener intentirte Supplementband noch manches andere nachbringen, was einem verzichen wird, der nicht viel Zeit hat, das was ihm zu sagen wichtig ist in leserliche Phrasen einzukleiden.

Neuere Einleitung.

Nach abgeschlossenem entoptischen Vortrag, dessen Bearbeitung uns mehrere Jahre beschäftigt, nach dem frischen Beweis, daß an unsere Farbenlehre sich jede neu entdeckte Erscheinung freundlich anschließt, in's 5 Ganze fügt und keiner besondern theoretischen Erklä= rung bedarf, finden wir der Sache gerathen, manches Einzelne was sich bisher gesammelt hier gleichfalls darzulegen und in jene Einheit zu verschlingen. Den Hauptfinn unseres ganzen Vorhabens wiederholen wir 10 daher, weil das meiste was bis jezt über Farbe öffentlich gesagt worden, auf das deutlichste zeigt, daß man meine Bemühungen entweder nicht kennt oder ignorirt, nicht versteht oder nicht verstehen will.

Und so wird es nicht zu weit ausgeholt sein, wenn 15 wir sagen: daß unsere ältesten Vorfahren, bei ihrer Naturbeschauung, sich mit dem Phänomen begnügt, dasselbe wohl zu kennen getrachtet, aber an Versuche, wodurch es wiederholt würde, wodurch sein Allge= meineres zu Tage käme, nicht gedacht. Sie beschauten 20 die Natur, besuchten Handwerker und Fabrikanten und

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