Goethes werke, Part 2, Volume 5, Issue 1

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Page 336 - Vorstehendes war schon lange, aus dichterischer Ahnung und nur im halben Bewußtsein geschrieben, als bei gemäßigtem Licht, vor meinem Fenster auf der Straße, ein schwarzer Pudel vorbei lief, der einen hellen Lichtschein nach sich zog: das undeutliche, im Auge gebliebene Bild seiner vorübereilenden Gestalt. Solche Erscheinungen sind um desto angenehm-überraschender, als sie gerade, wenn wir unser Auge bewußtlos hingeben, am lebhaftesten und schönsten sich anmelden.
Page 441 - Wir müssen einsehen lernen, daß wir dasjenige, was wir im Einfachsten geschaut und erkannt, im Zusammengesetzten supponieren und glauben müssen. Denn das Einfache verbirgt sich im Mannigfaltigen, und da ist's, wo bei mir der Glaube eintritt, der nicht der Anfang, sondern das Ende alles Wissens ist.
Page 326 - Mir aber können sie nichts zerstören, denn ich habe nicht gebaut; aber gesäet habe ich und so weit in die Welt hinaus, daß sie die Saat nicht verderben können und wenn sie noch so viel Unkraut zwischen den Weizen säen.
Page 372 - Interesse sprechen, welches ein so herausgehobenes Urphänomen für uns Philosophen hat, daß wir nämlich ein solches Präparat — mit Ew. «. Erlaubniß — geradezu in den philosophischen Nutzen verwenden können! — Haben wir nämlich endlich " unser zunächst austernhaftes, graues, oder ganz schwarzes — wie Sie wollen — Absolutes doch gegen Luft und Licht hingearbeitet, daß es desselben begehrlich geworden, so brauchen wir Fensterstellen, um es vollends an das Licht des Tages herauszuführen;...
Page 4 - Gelb; leichte hin und wider ziehende Wolken färben sich mannigfaltig, und die Farben des himmlischen Gewölbes teilen sich auf die angenehmste Art dem Boden mit, auf dem wir stehen. Eine blaue Ferne zeigt uns den lieblichsten Übergang des Himmels zur Erde, und durch einen verbreiteten reinen Duft schwebt ein lebhafter Glanz in tausendfachen Spielungen über der Gegend. Ein angenehmes Blau färbt selbst die nächsten Schatten...
Page 5 - Alles, was unser Auge übersieht, ist so harmonisch gefärbt, so klar, so deutlich, und wir vergessen fast, daß auch Licht und Schatten in diesem Bilde sei. Nur selten werden wir in unsern Gegenden an jene paradiesischen Augenblicke erinnert, und ich lasse einen Vorhang über dieses Gemälde fallen, damit es uns nicht an ruhiger Betrachtung störe, die wir nunmehr anzustellen gedenken.
Page 161 - Das Genie, das vorzüglich berufen ist auf jede Weise große Wirkung hervorzubringen, hat seiner » Natur nach den Trieb über die Gegenstände zu gebieten, sie sich zuzueignen, sie seiner Art zu denken und zu sein zu unterwerfen.
Page 444 - Ich habe immer gesucht, das möglichst Erkennbare, Wißbare, Anwendbare zu ergreifen, und habe es zu eigener Zufriedenheit, ja auch zu Billigung anderer darin weit gebracht. Hiedurch bin ich für mich an die Grenze gelangt, dergestalt daß ich da anfange zu glauben, wo andere verzweifeln, und zwar diejenigen, die vom Erkennen zu viel verlangen und, wenn sie nur ein gewisses dem Menschen Beschiedenes erreichen können, die größten Schätze der Menschheit für nichts achten. So wird man aus dem Ganzen...
Page 329 - Jeder Studierende fordere auf seiner Akademie vom Professor der Physik einen Vortrag sämtlicher Phänomene, nach beliebiger Ordnung; fängt dieser aber den bisherigen Bocksbeutel damit an: „Man lasse durch ein kleines Loch einen Lichtstrahl usw." so lache man ihn aus, verlasse die dunkle Kammer, erfreue sich am blauen Himmel und am glühenden Rot der untergehenden Sonne nach unserer Anleitung.
Page 259 - Licht stehen einander uranfänglich entgegen, eins dem ändern ewig fremd, nur die Materie, die in und zwischen beide sich stellt, hat, wenn sie körperhaft undurchsichtig ist, eine beleuchtete und eine finstere Seite; bei schwachem Gegenlicht aber erzeugt sich erst der Schatten. Ist die Materie durchscheinend, so entwickelt sich in ihr, im Helldunklen, Trüben, in bezug aufs Auge das, was wir Farbe nennen.

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