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so lange die factische Verbindung mit der Hauptsache besteht, und kann selbst dem gutgläubigen Erwerber der Pertinenzsache entgegengehalten werden.

Besteht Gefahr, daß die Pertinenzsache von der Hauptfache entfernt wird, so kann der Hypothekengläubiger auf dem Wege des Arrestes Beschlag legen lassen; durch den Beschlag werden die Hypothekenrechte gewahrt.

Es wäre zu erfüllen

Das Postulat 2 muß noch erfüllt werden. durch einen Zusatz zu § 1067 3. 3, welcher so lautete:

Die Pertinenzen des Grundstückes, auch diejenigen, welche nur noch factisch mit dem Grundstück in wirthschaftlicher Verbindung stehen.

Sind wir auf diese Weise mit dem Entwurf in verschiedenen Bezie= hungen pari passu gegangen, so müssen wir eine bedeutende Erweiterung der Pertinenzwirkung befürworten, nämlich dahin, daß die Pertinenzen nicht selbständig, sondern nur mit der Hauptsache zusammen Gegenstand der Vollstreckung sein können; m. a. W. wir empfehlen die Aufnahme einer Bestimmung nach Analogie des a. 592 des C. de proc. Die Gründe liegen in der socialen Bestimmung der Pertinenzsache und sind bereits Jahrb. S. 91 f. entwickelt. Sie treten mit besonderer Schärfe entgegen, wenn man die vielen Verwickelungen und Streitigkeiten ins Auge faßt, welche sich zwischen solchen Mobiliarpfändungsgläubigern und den Hypothekengläubigern entspinnen, indem diese Hypothekengläubiger der Mobiliarexecution entgegentreten und entgegentreten müssen.

Es entwickeln sich hier oft die kostspieligsten und unerquicklichsten Einsprachsprocesse. Es giebt Creditinstitute, welche in dieser Beziehung immer auf der Umschau stehen und von einem Einsprachsprocesse zum andern schreiten müssen.

Um meine legislativen Vorschläge zusammenzufassen, so würde ich vorschlagen, in erster Reihe den § 789 ganz zu streichen und die Definition der Wissenschaft zu überlassen. Subsidiär wäre folgende Fassung zu wählen:

Pertinenz ist eine bewegliche Sache, welche zu einer Immobilie, ohne ihr Bestandtheil zu werden, in eine derartige Beziehung gesezt wird, daß das Ganze eine wirthschaftliche Einheit bildet; vorausgesezt, daß diese Verbindung durch den Eigenthümer der Immobilie oder für denselben erfolgt.

Auch eine Mobilie kann Pertinenzen haben, sofern sie in der

wirthschaftlichen Zweckerfüllung eine ausschlaggebende Bedeutung hat.

An Stelle des § 790 wäre zu setzen:

Rechtsschicksale, welche die Sache betreffen, betreffen (im Zweifel) auch die Pertinenzen.

Pertinenzen können nur zugleich mit der Hauptsache Gegenstand der Vollstreckung sein.

§ 791 wäre dahin zu ändern:

Pertinenzen sind namentlich

1. die zu einem gewerblichen Gebäude, insbesondere einer Mühle, einem Brauhause, einer Schmiede, einer Fabrik, einer Badeanstalt, einem Theater gehörigen, dem gewerblichen Zwecke dienenden Maschinen und Geräthschaften;

2. das zum Wirthschaftsbetriebe eines Landgutes be= stimmte Geräthe und Vieh, sowie die zum Betrieb gehörigen landwirthschaftlichen Erzeugnisse, Stroh und Dünger;

3. Ausrüstungen und Zierstücke eines Wohnhauses, sofern das Haus und die Sache einander speciell angepaßt sind. § 1067 3. 3 wäre dahin zu ändern:

Die Hypothek ergreift 3. die Pertinenzen des Grundstückes, die gegenwärtigen wie die zukünftigen, auch diejenigen, welche nur noch factisch mit dem Grundstück in wirthschaftlicher Verbindung stehen.

An Stelle des § 1068 wäre (was die Pertinenzen betrifft) zu sehen:

Das Hypothekenrecht an den Pertinenzen bleibt bestehen, folange die factische Verbindung mit der Hauptsache besteht, und kann selbst dem gutgläubigen Erwerber der Pertinenzfache entgegengehalten werden.

Besteht Gefahr, daß die Pertinenzsache von der Hauptsache entfernt wird, so kann der Hypothekengläubiger auf dem Wege des Arrestes Beschlag legen lassen; durch den Beschlag werden die Hypothekenrechte gewahrt.

XXVI.

Gutachten des Herrn Oberlandesgerichtsrath Thomsen zu

Stettin

über die Frage:

Ist das gesetzliche Pfandrecht des Vermiethers und Verpächters beizubehalten?

„Es erben sich Gesetz' und Rechte Wie eine ew'ge Krankheit fort."

Im Entwurfe eines bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich ist bestimmt:

§ 521.

Der Vermiether eines Grundstückes hat wegen seiner Forderungen aus dem Miethvertrage ein gesetzliches Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Miethers. Das Pfandrecht besteht nicht in Ansehung derjenigen Sachen, welche der Pfändung nicht unterworfen sind. Es erlischt mit der Entfernung der Sachen von dem Grundstücke, auf welches das Miethverhältniß sich bezieht, es sei denn, daß die Entfernung heimlich oder gegen den Widerspruch des Vermiethers erfolgt ist.

Der Vermiether kann der Entfernung derjenigen Sachen nicht widersprechen, zu deren Entfernung der Miether im regelmäßigen Betriebe seines Geschäftes oder dadurch veranlaßt wird, daß die gewöhnlichen Lebensverhältnisse die Entfernung mit sich bringen. Er ist berechtigt, auch ohne Anrufung des Gerichtes die Entfernung aller anderen seinem Pfandrechte unterliegenden Sachen zu hindern und, wenn der Miether das Grundstück räumt, dieselben in seine Inhabung zu nehmen.

Der Vermiether ist berechtigt, von dem Miether die Zurückschaffung der heimlich oder gegen seinen Widerspruch entfernten Sachen, deren

Entfernung er zu widersprechen befugt war, und nach bereits erfolgter Räumung des Grundstückes die Ueberlassung der Inhabung derselben zu fordern.

Die Ausübung des gesetzlichen Pfandrechtes des Vermiethers kann durch Sicherheitsleistung für die Forderung und in Ansehung jeder einzelnen diesem Rechte unterliegenden Sache durch Sicherheitsleistung bis zur Höhe des Werthes der Sache abgewendet werden. Die Sicherheitsleistung durch Bürgen ist ausgeschlossen.

Wird eine dem Pfandrechte des Vermiethers unterliegende Sache für einen anderen Gläubiger gepfändet, so kann diesem gegenüber das Pfandrecht wegen desjenigen Miethzinses nicht geltend gemacht werden, welcher auf eine frühere Zeit als das lezte Jahr vor der Pfändung entfällt.

§ 543.

Der Verpächter eines landwirthschaftlichen Grundstückes hat wegen feiner Forderungen aus dem Pachtvertrage ein gefeßliches Pfandrecht sowohl an den eingebrachten Sachen des Pächters als auch an den Früchten des Grundstückes. Auf dieses Pfandrecht finden die Vorschriften des § 521 Abs. 1 bis 4 entsprechende Anwendung.

Die Frage, ob die Beibehaltung dieser Bestimmungen sich legislatorisch empfiehlt oder nicht, hat nicht bloß eine juristische, sondern auch eine volkswirthschaftliche oder, wenn man es lieber so ausdrücken will, soziale Bedeutung.

Beide Seiten sind hier von jeher in der Gesetzgebung wie im praktischen Leben so eng mit einander verbunden gewesen, daß jede bei der Erörterung der Frage einer gleichen Berücksichtigung bedarf.

Die Motive zum § 521 sagen (II S. 402):

„Im Hinblick auf das geltende Recht kann kein Zweifel darüber bestehen, daß dem Vermiether zur Sicherung wegen seiner Forderungen aus dem Miethvertrage gegen den Miether ein besonderes Recht an den von dem Miether eingebrachten Sachen einzuräumen ist.

Zweifelhaft kann nur sein, in welchem Umfange ein solches Recht anerkannt, und wie das juristische Wesen desselben bestimmt werden soll, da in dieser Beziehung die bestehenden Rechte weit auseinandergehen.

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Der § 521 räumt dem Vermiether an den von dem Miether eingebrachten Sachen ein gesetzliches Pfandrecht ein, da eine solche Regelung allein geeignet ist, einfaches und klares Recht zu schaffen, während sie auf der anderen Seite zu praktischen Unzuträglichkeiten nicht führt."

Beim § 543 wird nur auf § 521 verwiesen.

Dies ist die ganze Motivirung für die Einführung bzw. Beibehaltung des gefeßlichen Pfandrechts, die Antwort auf die Frage nach der legislatorischen Existenz - Berechtigung dieses Instituts überhaupt. Das historisch-gegenwärtige Dasein eines besonderen Rechts in den geltenden deutschen Gesehen wird als Grund für die Berechtigung zum Weiterleben angeführt. Wie hochwichtig dieser Grund nun auch an und für sich sein mag, so wird andererseits doch anzuerkennen sein, daß für die Würdigung seiner Tragweite die Untersuchung bedeutungsvoll ist, ob denn die Eristenz des Instituts überhaupt von vorneherein gerechtfertigt gewesen.

Vor Allem ist es also von Wichtigkeit, einen Einblick in die Geschichte des Rechtsinstituts, in seinen historischen Grund und Zweck zu gewinnen, soweit die aus dem Dunkel ferner Zeiten überlieferten Nachrichten die Möglichkeit der Aufklärung gewähren. Damit wird ein erheblicher Stützpunkt geschaffen für die ausschlaggebenden legislativen Erwägungen, als welche hier anzusehen sind: „einerseits die Rücksicht, bestehenden Verhältnissen den vorzugsweisen Schuß, welchen sie jetzt genießen, nach den praktischen Bedürfnissen des Lebens fernerhin zu erhalten, andererseits das Verlangen, veraltete Rechtsinstitutionen aus dem Verkehrsleben zu beseitigen." 1)

In den älteren Zeiten Roms gab es nur zwei Formen, unter welchen im Privatrecht pfandrechtliche Sicherheit für Forderungen bestellt wurde: fiducia d. h. Uebertragung des Eigenthums und pignus d. h. Ueber= tragung des Besites. Die fiducia war ein Institut des jus civile, konnte nur durch eine civilrechtliche Art des Eigenthumserwerbes: in jure cessio oder mancipatio, vermittelt werden und nur zwischen römischen cives stattfinden.

Das pignus war prätorischen Ursprungs, gehörte dem jus gentium an, wurde durch formlose (vertragsmäßige) Einhändigung einer Sache bewirkt und war zwischen Peregrinen wie Römern zulässig. Das Verkaufsrecht, dieser ökonomische Kern des ganzen Rechtsinstituts, mußte bis in das erste Jahrhundert der Kaiserzeit durch eine besondere Clausel ausdrücklich gewährt werden und bildete sich erst später als eine selbst= verständliche Befugniß des Pfandgläubigers heraus. Wie nach dem eigenthümlichen Geiste des älteren römischen Rechts ein directer Angriff auf das Vermögen des Schuldners principmäßig ausgeschlossen war, und der Gläubiger nur durch Zwang gegen die Person des Schuldners mittel

1) Mot. z. Einf.-Ges. z. d. Konk.-D. § 11.

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