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geworden: Vorausbezahlung, Bürgschaft, Cautions-Einstellung, Verzicht des Pächters auf Compensation und Retention u. f. w. 112)

Schließlich ist zu betonen, daß, wie früher ausgeführt ist, die im Entwurf enthaltene Ausschließung der unpfändbaren Sachen dem geset= lichen Pfandrecht sowohl bei der Miethe wie besonders bei der Pacht einen großen Theil seines praktischen Werths nimmt. Diese Ausschließung muß und wird zweifelsohne trotz aller Angriffe gesetzlich sanctionirt werden. Damit schmilzt das Interesse an der Beibehaltung des ganzen Instituts sehr zusammen.

Man sieht also, daß in der That der Streit um die Beibehaltung des gesetzlichen Pfandrechts bei Weitem nicht die Wichtigkeit für die Vermiether und Verpächter hat, welche man gewöhnlich damit verbindet. Gleichwohl ist es zu erwarten, daß gegen den Antrag auf radicale Abschaffung des ganzen Rechtsinstituts viele Stimmen aus interessirten und nicht interessirten Kreisen sich erheben werden, und daß ein dahin gehendes Votum des deutschen Juristentages manche Angriffe erfahren, manchen Sturm erregen würde. Sollte aber der deutsche Juristentag in diesem Gutachten den Ausdruck seiner eigenen Ansicht wiederfinden, so wird zu hoffen sein, daß auch hier, wie schon sonst bei noch größeren „Neuerungen" seinem Votum der Gesetzgeber zustimmende Berücksichtigung ge= währen werde.

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Es würde doch wie eine eigenthümliche Ironie des Schicksals" erscheinen, wenn bei der grundsäßlichen Beseitigung des Instituts der Mobiliarhypothek resp. der gesetzlichen Hypothek, bei der Wiederherstellung der altrömischen und deutschen Regel des Faustpfandrechts an Mobilien gerade diejenigen gefeßlichen Mobiliarhypotheken erhalten bleiben sollten, bei welchen einst im römischen Recht die erste Bresche im System des Faustpfandrechts gemacht, resp. der Anfang der gesetzlichen Mobiliarhypothek genommen wurde. Entgegen dem römischen Recht mit der übermäßigen Position des Vermiethers und Verpächters hat das neuere Recht möglichst in allen Beziehungen sonst den Miether dem Vermiether, den Pächter dem Verpächter rechtlich gleichgestellt, jezt handelt es sich um nichts Anderes, als um die Beseitigung des letzten Restes der Rechtsungleichheit, um die consequente Durchführung und Vollendung der rechtlichen Pächter- und Miether-Emancipation.

In Gemäßheit des Gutachtens schlage ich unmaßgeblich vor:

112) Gesterding, Ausbeute S. 14. Blomeyer, Pachtrecht S. 41, 214.

Der deutsche Juristentag wolle als seine Ueberzeugung aussprechen: „Es empfiehlt sich nicht, im Deutschen Bürgerlichen Gesetzbuche ein gesetzliches Pfandrecht oder ein sonstiges Vorrecht des Vermiethers und Verpächters beizubehalten",

eventuell:

Es empfiehlt sich, im Deutschen Bürgerlichen Gesetzbuche das gefeßliche Pfandrecht des Vermiethers und Verpächters zwar beizubehalten, aber mit den im § 521 des Entwurfs bestimmten Beschränkungen, insbesondere mit der Beschränkung auf pfändbare Sachen."

XXVII.

Gutachten des Herrn Gerichtsassessor Lewinsohn in Berlin

über die Frage:

Ist das gesetzliche Pfandrecht des Vermiethers in seiner gegenwärtigen Gestalt beizubehalten oder abzuändern?1)

Die von der Ständigen Deputation des Deutschen Juristentages gestellte Frage erwähnt zwar nicht ausdrücklich den Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches, dieselbe kann indessen doch nur im Hinblick auf den Entwurf beantwortet werden. Denn der bestehende Rechtszustand in Ansehung des Pfandrechts des Vermiethers ist, mag man denselben auch im Ganzen oder im Einzelnen für verbesserungsbedürftig halten, kein solcher, daß eine alsbaldige Neuordnung dieser Specialfrage vor der Entscheidung über den Entwurf und außerhalb des Rahmens der Codification ernstlich in Betracht gezogen werden dürfte. Es kann sich vielmehr zur Zeit nur darum handeln, zu erörtern, wie der Gegenstand im Bürgerlichen Gesetzbuch zu ordnen ist, und Stellung zu nehmen zu der Behandlung, die er im Entwurf gefunden hat.

Das Gutachten wird daher zunächst das bestehende Recht darzulegen haben; dann wird zu betrachten sein, wie der Entwurf die Frage behandelt; auf der Grundlage des Entwurfs wird dann zu erörtern sein, welche Gestaltung des in Rede stehenden Rechts als die zweckmäßigste zu empfehlen ist.

1) Die oben stehende Abhandlung über eine von der Ständigen Deputation des Deutschen Juristentages aufgestellte Frage ist zunächst von mir aus eigenem Antriebe verfaßt, dann aber von der Deputation als Gutachten für den Juristentag angenommen worden.

Erster Abschnitt.

Das geltende Recht.

Das Pfandrecht des Vermiethers an den eingebrachten Sachen des Miethers ist im Deutschen Reich nicht einheitlich geregelt, sondern in den Einzelstaaten, wenn auch die leitenden Grundsäte meist dieselben sind, sehr verschiedenartig ausgestaltet. Die folgende Uebersicht stellt den Rechtszustand dar, zunächst ohne Berücksichtigung des Einflusses der Reichsgefeßgebung.

§ 1.

In den römischen Quellen kommen für das Pfandrecht des Vermiethers besonders folgende Stellen in Betracht:

1. 4 pr. D. de pactis (2, 14). Item quia conventiones etiam tacite valent, placet in urbanis habitationibus locandis invecta illata pignori esse locatori, etiamsi nihil nominatim convenerit.

1. 4 pr. D. in quibus causis (20, 2). Eo iure utimur, ut quae in praedia urbana inducta illata sunt, pignori esse credantur, quasi id tacite convenerit. 1. 6 D. eod. Licet in praediis urbanis tacite solet conventum accipi, ut perinde teneantur invecta et illata, ac si specialiter convenisset 1. 7 C. eod. (8, 14) Sancimus de invectis a conductore rebus et illatis, quae domino pro pensionibus tacite obligantur, non solum in utraque Roma et territorio earum hoc ius locum habere, sed etiam in nostris provinciis.

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Daraus ergiebt sich folgender Rechtszustand: Das Recht, um das es sich handelt, ist ein gefeßliches Pfandrecht2), und zwar ein wirkliches Pfandrecht, kein Retentionsrecht. 3) Es steht zu dem Vermiether eines praedium urbanum, d. h. eines nicht zum Fruchtertrag bestimmten Grundstücks, und zwar nicht nur dem Vermiether einer Wohnung, sondern auch anderer Räume und Pläße) und nicht nur wegen der Forderungen aus dem Miethvertrage, sondern auch wegen anderer mit der actio locati geltend zu machender Ansprüche (wegen Deteriorationen u. dgl.).5)

2) Ueber die Entwickelung des geseßlichen Pfandrechts aus der Gewohnheit, Pfandverträge über die Jllaten abzuschließen, vgl. Glück, Pandekten Bd. 18 S. 407. Dernburg, Pfandrecht Bd. I S. 295. Brinz, Pandekten Bd. II S. 875.

3) Schwarze und Heyne, Untersuchungen praktisch wichtiger Materien u. s. w. S. 131. Dernburg, Pfandrecht I S. 296. H. Wächter, Vorzugsrecht des Vermiethers S. 21 ff.

4) Dernburg, Pfandr. I 297. Windscheid § 231 Anm. 2.

5) 1. 2 D. 20, 2. Sintenis, Pfandrecht S. 294. Schwarze und Heyne S. 133. Holzschuher, Theorie und Casuistik 3. Aufl. Bd. III S. 887. Dern

Nothwendige Vorausseßung ist der Abschluß eines Miethvertrages, die Schadensersatzansprüche aus der unentgeltlichen Benutzung einer Wohnung sind nicht versichert.")

Das Verhältniß des Miethers zum Aftermiether ist in jeder Beziehung das gleiche, wie das des Hauptvermiethers zu seinem Miether. 1. 11 D. de pign. act. (13,7).

Das Pfandrecht umfaßt die invecta et illata; „ea quae in eam habitationem q. d. a. introducta, importata, ibi nata factave sunt" (1. 1 D. de migrando 43, 32). Darunter wurde nun nicht nur buchstäblich Alles, was in die Wohnung hineingebracht ist, verstanden, sondern der Begriff ist zunächst eingeschränkt durch 1. 7 § 1 D. 20, 2: Videndum est, ne non omnia illata vel inducta sed ea sola, quae ut ibi sint illata fuerint, pignori sint; quod magis est. Daraus folgt nicht, daß nur die zu dauerndem Verbleiben, etwa für die ganze Dauer der Miethzeit eingebrachten Gegenstände als verpfändet gelten; es genügt, daß dieselben auch nur zeitweise in den vermietheten Räumen ihren regelmäßigen Standort haben sollen, und ausgenommen ist nur das gelegentlich, vorübergehend, ohne jede innere Beziehung zum vermietheten Raum Eingestellte" (Entsch. des R.O.Handelsgerichts Bd. 6 S. 289). Verkäufliche Waaren sind daher bis zu ihrer Veräußerung verpfändet, doch kann der Pfandnerus die Veräußerung nicht hindern; mit dieser scheiden sie aus der Pfandverbindlichkeit aus.')

Auch baares Geld ist, soweit es nicht in den Miethsräumen aufbewahrt werden soll, nicht verpfändet, ebensowenig Beweisurkunden über Forderungen. )

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Als eingebracht" müssen auch die natürlichen Früchte der in der Wohnung befindlichen Sachen angesehen werden, wobei der Augenblick der Separation als der der Einbringung zu erachten ist; ferner Sachen, welche als nicht dem Miether gehörig vor oder während der Miethzeit eingebracht sind, von dem Augenblick an, wo sie sein Eigenthum werden, endlich Sachen des Miethers, welche sich zur Zeit seines Einzugs bereits in den Räumen befanden, vom Augenblick des Einzugs an.

burg, Pfandr. Bd. I S. 299. Ob darunter auch Nebenforderungen zu begreifen sind, z. B. für Bedienung, Kost und dergl., ist quaestio facti. Vgl. Seuffert, Archiv N. F. Bd. 7 Nr. 186.

6) 1. 5 pr. D. 20, 2. Dernburg, Pfandr. I S. 300. Sintenis, Pfandr. S. 294. Glück S. 414.

7) Dernburg, Pf.-R. I S. 301, 302. Seuffert, Archiv N. F. Bd. 5 No. 8. 8) Dernburg a. a. D. S. 302.

Verhandlg. d. XX. J. Z. B. III.

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