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Der königlich-wirtembergische Herr Bevollmächtigte erwiederte hierauf, daß auf den in der vorigen teutschen Neichsverfassung gegründeten, Rang keine Rück- sicht zu nehmen sey, weil dermalen eine neue Ordnung der Dinge eintrete.

Der Herr Fürst Staatskanzler von Hardenberg, als erster königlich-preussischer Herr Bevollmächtigter, erklärte, daß er, sofern Hannover und Wirtemberg als teutsche Staaten betrachtet würden, den Vorrang Hannovers vor Leßterem als nicht zweifelhaft ansehe.

Der Herr Fürst von Metternich, als erster kais serlich-streichischer Bevollmächtigter, erklärte, daß, so anerkannt auch der Grundsatz der Gleichheit der Könige unter einander in Hinsicht des Ranges sey, die Entschei dung dieses erhobenen PräcedenzStreites auf keine Weise für das hier verfammelte Comité gehören könne, gleich. wohl sehr zu wünschen sey, daß irgend ein Ausweg getroffen würde, um, unbeschadet der Ansprüche beider Theile, die Hemmung eines so wichtigen Geschäftes, als das angefangene, wegen dieses Ceremonialstreites zu ver hüten.

Der königlich-h annsverische erste Bevollmäch. tigte erklärte, daß er bereit sey, zu einem jeden Auswege die Hände zu bieten, wodurch dieser Streit auf eine kei. nem von beiden Theilen pråjudicirende Weise beseitiget werden könne.

Es wurde hierauf in Vorschlag gebracht, entweder 1) eine Erklärung ad protocollum zu geben, nach welcher der in den Protocollen des Comité's und in den Unterschriften derselben beobachtete Rang, keinem Theile zum Nachtheile gereichen, oder (da dieser Vorschlag von dem königlich wirtembergischen Bevollmächtigten nur mit der von dem königlich- hannöverischen Bevollmäch

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tigten nicht zugestandenen Bedingung angenommen wurde, daß er inzwischen in dem von ihm behaup teten Besiß des Vorranges bleibe)

2) daß eine Erklärung der beiden Höfe zu Protocoll gegeben werde, daß, welcher von beiden Theilen in einem der Protocolle zuerst ges nannt werde, oder es zuerst unterschreibe, und wenn der Zufall auf irgend eine Weise veranlaffe, daß der eine Theil in der Sißung emen alshsher angesehenen Plaß einnehme, oder, früher unterzeichne, oder in Rubro oder Inhalt des Protocolls früher genannt werde, daraus auf keine Weise ein Präjudiz für die Ansprüche des andern Theils erwachsen solle; welchen leßtern Vorschlag der königlich - wirtem. bergische Herr Bevollmächtigte zwar für jest noch anzunehmen Bedenken getragen, zumal er, durch eine während der Sißung erhaltene Weisung des Königs seines Herrn, zu Behauptung des von ihm begehrten Ranges nochmals angewiesen worden sey, gleichwohl denselben ad referendum genommen hat.

2.

Diesemnächst wurde der auf die gegenwärtige Sißung verstellte Punct der Beibringung der Vollmachten erörtert, und von den Herren Bevollmächtigten sämmtlich erklärt, daß sie sich diese Beibringung annoch vorbehalten müßten, bis die Expedition der zu fertigenden Abschriften beschafft seyn werde.

3.

Sodann wurde der Punct der in der vorigen Sißung beliebten, an die übrigen Staaten zu erlassenden Declas ration in Anregung gebracht, und nachdem der Herr Fürst von Metternich die Gründe entwickelt hatte, um derentwillen es noch für jeßt nicht rachsam scheine, eine

folche Declaration zu erlassen, worin auf die von vies len Staaten mit den verbündeten Mächten geschlossenen Verträge Beziehung genommen würde, durch welche sie sich zum Voraus den Einrichtun gen zu unterwerfen haben, welche die für die teutsche Freiheit nothwendige neue Ordnung der Dinge erfordern werde, las derselbe eine inzwischen von dem Großherzog von Baden an den fireichisch und preussischen Hof gerichtete Note vor *), worin Baden sich darüber be schwert, daß dasselbe zu dem anzuordnenden Comité nicht mit zugezogen worden, und auf seine Zulassung gedrungen wird.

Er stellte hierauf die Fragen in Proposition: ob jene Declaration zu suspendiren sey? und ob und wie die badensche Note, es sey Namens des Comité, oder im Namen der beiden Höfe, zu beant worten sey? Wobei derselbe noch insbesondere bemerk lich machte, daß überhaupt die Zulassung mehrerer Staaten zu dem Comité um so bedenklicher sey, als man ben doppelten Zweck vor Augen haben müsse, so. wohl in politischer Hinsicht Teutschland als eine Macht in Hinsicht der übrigen eurepäischen Mächte zu conftituiren, als auch dessen Constitution im Innern zu begründen, und in Hinsicht des ersten Punctes offenbar die bisher zu dem Comité zugezogenen grösseren Staaten durch ihre mehrere Kenntniß der europäischen Verhältnisse weit eher im Stande seyen, zweckmäßige Vorschläge zu thun, als die mittlern und kleinern Staaten Teutschlands.

Es wurde hierauf concludirt, daß die vorgehabte Declaration noch vorerst zu suspendiren sen, gleichwohl die Mitglieder des Comité eine dieser

*) Diese badisch e Note vom 16. Oct. 1814 findet man oben, Bd. 1. Heft 1, Num. XXI, Seite 97. Anm. d. H.

Declaration gemåse Sprache gegen die übrigen Staaten Leutschlands bei vorkommenden Gelegenheiten zu führen haben, auf die badensche Note aber überall Namens des Comité nicht, sondern nur von den Höfen, an welche die Note gerichtet worden, in einer mündli chen Conferenz eine Erklärung der Gründe zu geben sey, weshalb dem Antrage Badens nicht willfahret werden könne.

Zugleich werd die ausdrückliche Abrede genommen, daß alle Verhandlungen des Comité über die Grundlage der künftigen Verfassung, vorerst keinem der übrigen Staaten mitzutheilen, vielmehr völlig geheim zu halten, und von den Bevollmäch tigten nur ihren Höfen, Behufs deren zu ertheilenden Instructionen, vorzulegen seyen.

4,

Der Herr Fürst von Metternich schritt `hierauf zur Vorlesung des, zwischen Oestreich und Preussen concertirten Entwurfs von zwölf Puncten *), welche den Deliberationen über die künftige Verfassung Teutschlands zur Grundlage dienen sollten; mit dem Bemerken, daß selbige zwar noch keineswegs alg der Entwurf der künftigen BundesUcte selbst angesehen werden könnten, gleichwohl dazu bestimmt seyen, nur wenn man sich erst zunächst über diese vereinigt hätte, sodann, auf dem Grund derselben, in die nåhere Entwickelung der einzelnen Puncte hineinzugehen, deren Bestimmung die künftige BundesActe enthalten müsse.

Bei der Vorlesung dieser Puncte wurden, mit Vorbehalt der fernern Erläuterungen über selbige, vor, Läufig folgende Bemerkungen gemacht.

*) Diese wilf Puncte oder Artikel findet man oben, Bd. 1, Heft 1, Num. IX, Seite 57.

Anm. d. Hi

ad 1) Bemerkte der Herr Fürst von Wrede, daß noch zur Zeit der Ausdruck,, Stånde" und freie Städte" nicht zugelassen werden könne, weil man dermalen und vor dem Eintritt in den Bund, nicht mehr teutsche Reichsstände als existirend an sehen könne, auch die Freiheit der Städte noch zur Zeit nicht ausgesprochen sey. Es ward daher beliebt, statt dessen allgemein den Ausdruck „Sta aten" zu gebrauchen.

ad 2) Erinnert der Herr Fürst von Wrede, das der Ausdruck der Zusicherung der Rechte für eine jede Classe der Nation*) um deßwillen zu weitgehend scheine, weil insonderheit in Hinsicht der Juden gedenkbar sey, daß sie in einem Staate nicht gleiche Rechte wie in den übrigen genossen, bezeigte sich jedoch nachmals mit der gegebenen Erklärung zufrieden, daß hier nur von verfassung små sigen Rechten die Rede sey, mithin, wenn durch die Verfassung für selbige Nichts festgefeßt worden, durch diesen Artikel keinem Landesherrn die Hånde gebunden wåren.

ad 3) Schlng der Herr Faron von Linden zwar vor, daß statt des Ausdrucks „Regierungsrechte“, Souverainetåtsrechte" zu sehen wären, ftand aber für jetzt von diesem Antrage aus den von Preussen angeführten Gründen ab, daß der Gebrauch eines ausländischen Wortes in der Bundes Acte nicht zu empfehlen sey.

ad 4) Ward beliebt, statt Fürsten und Stånde" zu sehen übrigen Stånde", da dieser leßtere

*) Eine wirtembergische Erklärung über diesen Punct, finder man unten in der Aulage C zu dem zweiten Protocoll, und eine öftreichische in §. 2 des zweiten Protocols. Anm. d. H.

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