partement mit Rücksicht auf unsere militärische, politische und sanitäre Lage dafür, den Transport dieser Evakuierten militärisch zu organisieren. Zugleich wurde dem veränderten Charakter dieser Transporte dadurch Rechnung getragen, dass der Heimatstaat der Abgeschobenen, also Frankreich, nicht bloss die Transportkosten, sondern auch die Auslagen für deren Verpflegung übernahm. Die Durchleitung der Evakuierten durch die Schweiz wurde dem Herrn Oberst v. Tscharner in Bern unterstellten Territorialdienst zur Besorgung übertragen; als ausübende Organe amteten für die Uebernahme an der Ostgrenze Herr Kreisinstruktor Oberst Isler in Zürich, für die Uebergabe an der Westgrenze Herr Oberst Ribordi in Genf. In Schaffhausen und Genf wurden von den Militärs in Anbetracht des Umstandes, dass die Transporte sich aus Frauen, Kindern und Greisen zusammensetzten, die Hülfe unserer frühern Zivilorganisation nachgesucht und dazu noch eine besondere Organisation in Zürich geschaffen, um täglich zwei Transporte zu je ca. 500 Personen abgehen lassen zu können. So begannen am 5. März 1915 die Rückschübe dieser Evakuierten und dauerten in der Hauptsache mit Ausnahme von 7 Tagen bis zum 18. Mai, also 68 Tage. Dabei wurden im ganzen 64,473 Personen von Schaffhausen über Genf nach Annemasse geführt. Vom 23. Mai bis 30. September fanden dann noch 38 Beförderungen (5 offizielle und 33 private) statt, in denen 1066 Evakuierte den gleichen Weg zurücklegten. Die genaue Zahl der vom 5. März bis 1. Oktober 1915, also während 208 Tagen in 173 Transporten (wovon 40 nicht offiziellen, privaten) heimbeförderten Franzosen betrug 65,539, worunter 11,704 Männer, 31,012 Frauen, 22,823 Kinder (s. die einzelnen interessanten Zahlen in der statistischen, von Herrn Audeoud veranstalteten Zusammenstellung hiernach S. 154/5). Diese Massentransporte brachten viele Unzukömmlichkeiten mit sich. Es mussten breitere Schichten zur Bewältigung herbeigezogen werden, was einer vermehrten Presstätigkeit rief, und so blieben Añsammlungen von Neugierigen und damit Kundgebungen, die vorher vermieden worden waren, Auflehnungen gegen die Perronsperre, Proteste wegen Nichtanhalten von Zügen, ja sehr wenig neutrale Szenen auf gewissen Bahnhöfen nicht aus. Der Verfasser dieser Skizze mahnte denn auch im « Bund» wegen des ausserordentlich harten Geschickes dieser Evakuierten zum Aufsehen: «Ist diese Abschiebung oder diese Verfrachtung von Menschenmassen wirklich eine unvermeidliche Massnahme?» so frug er. << Glaubt man, das Schauspiel, das dadurch den Augen gar vieler geboten wird, die sonst das Elend des Krieges nicht aus der Nähe kennen würden, übe gar keinen Einfluss auf die Volksstimmung hüben und drüben und überall aus? >> Dieser Wahrnehmung konnte sich kein wirklich unparteiischer Zuschauer verschliessen. Glücklicherweise für die Schweiz verfügten die deutschen Behörden die Einstellung dieser Leute-Verpflanzung, und hoffentlich ist diese düstere Episode des Weltkrieges damit nun endgültig abgeschlossen. Noch andere Heimtransporte hatte und hat die Schweiz zu besorgen. Einmal diejenige des Sanitätspersonals, das bei den besiegten Truppen seiner Armee ausharrt, mit denselben in die Gewalt des Siegers fällt und nun von ihm zurückgehalten wird. Nach der ausdrücklichen Bestimmung der revidierten Genfer Konvention von 1906 wird diese ausharrende Sanitätsmannschaft nicht kriegsgefangen, sondern soll, der Schonung und des Schutzes teilhaftig, mit ihrem Material zu ihrem Heere zurückgesandt werden, sobald ihre Dienste nicht mehr nötig sind. Dazu wurde nun verschiedentlich von deutscher und französischer Seite der Weg durch die Schweiz gewählt, weil er sich mit den militärischen operativen Rücksichten am besten vereinen liess. Das zurückkehrende Personal erhielt gewöhnlich in der Schweiz einen Rasttag und besondere Verpflegung durch den Territorialdienst. Dieser beförderte derart für sich allein 1887 Personen. Im Juli und September 1915 jedoch reiste das zurückgeschickte Sanitätspersonal mit den Invalidenzügen (s. unten) durch und zwar in der Stärke von 4771 Mann. Im ganzen durchquerten auf ihrer Heimreise 6658 Sanitätspersonen, Deutsche, Franzosen und Belgier, die Schweiz, und zwar befanden sich darunter 960 Offiziere (s. die genauen Zahlen in der statistischen Zusammenstellung, die wir Herrn Oberst von Tscharner verdanken, hienach S. 156). Sodann kam nach langen Verhandlungen, die Herr Bundespräsident Dr. Hoffmann schon im Oktober 1914 anbahnte, endlich im Frühjahr 1915 der Heimtransport der schwerverwundeten oder kranken, in Gefangenschaft geratenen, zum Kampfe nicht mehr fähigen Kriegsinvaliden zustande. Dieser Schwerverwundetenaustausch, zuerst nur zwischen Deutschland und Frankreich vereinbart, gilt nun ausserdem schon in den gegenseitigen Beziehungen zu England, Russland und Belgien. Soweit die Schweiz hier in Betracht fällt, wurde die Heimbeförderung unter der aufopferungsvollen Aegide und Leitung des Rotkreuzchefarztes, Herrn Oberst Bohny, organisiert. Die Auswahl der Heimzubefördernden wird von den Aerzten des feindlichen Landes, wo diese Krüppel oder Kranken liegen, getroffen und zwar ohne Rücksicht auf einen zahlenmässig gleichgestellten Austausch, sondern nach allgemein vereinbarten Grundsätzen. Unter den Gebrechen und Leiden, welche die militärische Verwendung von Soldaten im Heeresdienst dauernd oder doch für absehbare Zeit ausschliessen und daher unbedingt die Entlassung der betreffenden Kriegsopfer bedingen, sind zu nennen: gänzlicher oder teilweiser Verlust eines oder mehrerer Gliedmassen (mindestens Fuss oder Hand), Gebrauchsunfähigkeit eines oder mehrerer Glieder, Steifheit, Schwund oder Verkürzung der Muskeln, falsches Gelenk, Erkrankung des Rückgrates, Pulsadergeschwülste, endgültige erhebliche Lähmungen, sodann die mit schweren Folgen begleiteten Verletzungen des Gehirns oder des Rückenmarks, sowie Brust-, Bauch- und Beckenschüsse; ferner gänzliche Erblindung oder erhebliche Herabsetzung der Sehschärfe auf einem einzigen noch erhaltenen Auge, erhebliche Verstümmelung des Gesichts und schwere Verletzung der Mundhöhle, dauerndes Siechtum infolge Verwundung oder anhaltendes Siechtum infolge anderer innerer Leiden, fortgeschrittene Lungenschwindsucht, unheilbare Geisteskrankheiten. Naturgemäss sind die Bestimmungen strenger für Unteroffiziere und Offiziere als für die gewöhnlichen Soldaten. So gilt der Verlust oder die Lähmung eines Gliedes bei erstern nur dann als Entlassungsgesuch, wenn sie noch mit andern Krankheitszuständen zusammentreffen und dadurch die Verwendung im militärischen Ausbildungs- und Bureaudienst ausgeschlossen ist. Bis jetzt sind in drei verschiedenen Perioden im ganzen 8412 Invalide von Konstanz nach Lyon und umgekehrt übergeführt worden und zwar 6610 Franzosen und 1842 Deutsche. Die Transporte fanden statt v. 2.-10. März (1750 Franzosen, 826 Deutsche; 8 Züge), v. 10.-29. Juli (3409 Franzosen, 702 Deutsche; 13 Züge) und v. 20.-28. September (1411 Franzosen, 314 Deutsche; 8 Züge). Leider erfährt diese Aktion bald wieder eine Fortsetzung, und es ist ihr Abschluss gar nicht abzusehen, so dass hier auf weitere Mitteilungen verzichtet werden muss. Hoffentlich wird auch dieses der Oeffentlichkeit so überaus sympathische und interessante Liebeswerk später zum Gegenstand einer eingehenden fachmännischen Darstellung werden, gerade so wie wir dies mit Bezug auf die Entfaltung grandioser Hilfsmittel im Dienste der Opfer des Krieges durch die eidgenössische Post erwarten. Der Vollständigkeit halber ist hier, wo es sich um Heimschaffungen handelt, noch die Tätigkeit der << Hilfsstelle der Kriegsgeiseln» in Basel, die unter dem Patronate des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes und unter dem Vorsitz von Herrn Dr. Alfred Stückelberg arbeitet, zu erwähnen. Das internationale Recht hat eine bedenkliche Rückbildung dadurch erlitten, dass im jetzigen Krieg Geiseln genommen und in das Innere der Länder verschleppt worden sind. Dadurch ist eine mittelalterliche Einrichtung wieder aufgelebt, die man so sehr aufgegeben glaubte, dass keine modernen internationalen Abkommen diese Geiseln überhaupt mehr erwähnen oder sich mit ihrem Los beschäftigen. Es sei ausdrücklich hervorgehoben, dass hier nicht evakuierte Zivilisten in Frage stehen, sondern Personen, die, obschon gänzlich unschuldig, wegen ihrer besondern Stellung als Post-, Telegraphen-, Bahnbeamte, Förster, Lehrer, Lehrerinnen, Magistrate usw. zur Strafe für Handlungen oder Gesinnungen ganzer Bevölkerungskreise oder als Repressalie ins Innere des Feindeslandes geführt und |