ser internationaler Linien wäre nicht viel zu hoffen 1); vielleicht gestattet uns die drahtlose Telegraphie, uns von der Bevormundung der andern Staaten zu befreien. II. Der wirtschaftliche Krieg. Dass ein Staat, der alle seine Kräfte aufbietet, um seinen Gegner zu bezwingen, auch den auswärtigen Handel des Gegners zu treffen sucht, ist selbstverständlich. Manchem Theoretiker hat die Beschränkung des Kampfes auf das rein militärische Gebiet als das Ideal des « zivilisierten » Krieges der Zukunft vorgeschwebt: das Privateigentum sollte zur See wie zu Lande sicher sein, der private Warenaustausch auch unter den Kriegführenden sollte fortfahren; der Krieg sollte nur unter den Staaten durch die bewaffnete Land- und Seemacht geführt werden, nicht unter den Bürgern der feindlichen Staaten. Heute hat dieses Ideal wohl keine Anhänger mehr, nicht weil es zu weit von der rauhen Wirklichkeit entfernt ist, sondern weil es sich als künstlich, ja unnatürlich erwiesen hat. Nicht nur wird der Handel zwischen aneinanderstossenden oder benachbarten Staaten unter allen Umständen durch die kriegerischen Ereignisse schon schwer getroffen, es wäre auch höchst widerspruchsvoll, wenn ein Staat den Handelsverkehr des Feindes rücksichtsvoll scho 1) Vgl. Annuaire des Instituts de droit international, VIII, 217; Lamatabois, p. 89. Auch die Idee, die Kabel zwischen Kriegführenden und Neutralen unverletzlich zu erklären, sofern der neutrale Staat die Zensur über den Verkehr übernimmt, scheint mir nicht viel praktischer; vgl. Cybichowski in der Zeitschr. für internat. Recht von Niemeyer, 1907, S. 197; Posse, ibid. 1911. S. 270. nen müsste, während er die feindliche Jugend massenhaft dahinmäht, wenn er seinen eigenen Untertanen gestatten müsste, dem Feind Waren zuzuführen, während er seine Häfen beschiesst und sein Gebiet besetzt. Die Vernichtung des Handels ist im Grunde ein humaneres Kampfmittel als die Vernichtung der Personen, und die Besiegung der militärischen Macht des Feindes hätte schliesslich (wie Dupuis, Le droit de la guerre maritime, 1911, p. 61, bemerkt) keinen Zweck, wenn nicht die Beherrschung der wirtschaftlichen Lebensquellen des Landes die feindliche Regierung zum Nachgeben zwingen würde. Deshalb ist es nur begreiflich, dass jeder Kriegführende sich dieses Ziel setzt; es ist aber nicht gleichgiltig, mit welchen Mitteln er es verfolgt. Die Mittel, die dazu führen, können völkerrechtlich zulässig oder unzulässig sein; sie können auch die Interessen der Neutralen mehr oder weniger in Mitleidenschaft ziehen. Jeder Krieg hat sein eigenes Gesicht, und der grosse Krieg von 1914 unterscheidet sich von den andern u. a. dadurch, dass er es einer Partei ermöglicht hat, die andere vom Welthandel abzuschneiden; während sonst jeder Kriegführende die Möglichkeit hatte, durch die Vermittlung Neutraler mit der Aussenwelt in Verkehr zu bleiben, hat es der Vierverband erreicht 1), allerdings mit einer starken Umbiegung des Prisenrechts, den Welthandel mit Deutschland und Oesterreich-Ungarn sozusagen vollständig zu unterdrücken. Das umgestaltete Seerecht gestattet, die Zufuhr und Ausfuhr aus und nach neutralen Staaten 1) Er wiederholt im Grossen, was vor Zeiten die Städtekantone den Ländern zufügten: die Verschliessung des Marktes, die Frucht- und Salzsperre. auf dem Seeweg zu verhindern; das Ausfuhrverbot hält die Waren der kriegführenden Staaten selbst zurück; das Handelsverbot mit der Zwangsverwaltung: verbietet ausserdem den Angehörigen des feindlichen Wirtschaftsgebietes, ihre Unternehmen und ihr Vermögen im gegnerischen Gebiete zu nutzen und dadurch ihre wirtschaftliche Kraft zu erhalten. Die militärische Widerstandskraft eines Staates: ist so sehr mit seiner wirtschaftlichen Stärke verknüpft, dass die volkswirtschaftlichen Funktionen dem Staate ebenso unentbehrlich sind für die Fortsetzung: des Krieges, wie das Atmen den Kämpfenden; man kann es daher dem Kriegführenden nicht verbieten, auch die wirtschaftlichen Mittel des Gegners anzugreifen. 1) Wenn die Verproviantierung eines der Kriegführenden von seinem Gegner abhängt, so kann man diesen nicht verpflichten, dem Feinde Lebensmittel zu liefern; kein Staat kann erwarten, während des Krieges von seinem Gegner ernährt zu werden. Die Aushungerung des Gegners ist als solche, so hart sie ist, m. E. kein unerlaubtes Kriegsmittel ?), und so wird man es auch als erlaubt ansehen müssen, die Volkswirtschaft des Gegners zu schädigen. Der Feind ist zur Rücksicht gegenüber dem Feinde nicht verpflichtet; es fragt sich nur, mit welchen Mitteln er vorgehen, d. h. vor allem, welche Rücksichten er auf Neutrale zu nehmen hat. Die Rechte der Neutralen sollen 1) Wie empfindlich ein Staat darin getroffen werden kann, wissen wir am besten in der Schweiz; unser Land könnte in wenigen Monaten bezwungen werden, ohne dass. ein feindlicher Soldat die Grenze überschritte, wenn die uns umgebenden Staaten die Einfuhr abschnitten. 2) Vgl. Perels, Das internationale öffentliche Seerecht. 2. A. 1903, S. 248. die Nachteile des Krieges für sie auf ein gewisses Mass. beschränken; sie bieten zugleich auch den Kriegführenden eine gewisse Garantie gegen willkürliche Schädigung durch den Feind, namentlich gegen wirtschaftliche Isolierung, woraus je nach den Umständen jeder Vorteil ziehen kann. Sie bilden eine Art stille Konvention über das, was unter Kriegführenden zulässig sein soll, auf die beide Teile sich sollten verlassen können. Die Grundsätze über den Handel zwischen Neutralen und Kriegführenden sollten daher klar formuliert und während des Krieges unabänderlich sein; denn wenn die Neutralen sich während des Krieges im Interesse eines Teiles zu einer Beschränkung ihrer Rechte herbeilassen, so empfindet das die andere: Partei nicht ohne Recht als eine Begünstigung des Gegners. Der Neutrale verfügt in der Tat nicht nur über seine Interessen, indem er das Neutralitätsrecht modifiziert, sondern auch über die Interessen der benachteiligten Kriegspartei. Die Unbestimmtheit und die Umgestaltung des Neutralitätsrechtes durante bello hat viel zur Erbitterung der Kämpfenden und zur Ver-schärfung der Kampfweise zur See beigetragen. Die Rechte des neutralen Handels zur See waren von jeher unsicher. Der Handelsverkehr zwischen Neutralen und Kriegführenden zu Land hatte dagegen bisher dem Juristen keine Schwierigkeiten gemacht: den Bewohnern des neutralen Staates war jeder Handel mit den Kriegführenden erlaubt, auch der Handel mit Kriegsmaterial; nur der Staat selbst durfte die Kriegführenden nicht mit Geld oder Kriegsmaterial unterstützen; wollte ein Kriegführender den Warenaustausch zwischen Neutralen und seinem Gegner hindern, so musste er ihn durch militärische Besetzung verun-möglichen. Im gegenwärtigen Krieg hat diese Freiheit des wirtschaftlichen Verkehrs eine ungeahnte Anfechtung erfahren. Es sind hauptsächlich vier Kampfmittel, die, obschon rechtlich verschieden, doch alle zu einem Ergebnis zusammenwirken, nämlich : 1. das Verbot, mit dem Gegner Handel zu treiben; 2. die Beschlagnahme feindlichen Gutes im eigenen Land; 3. die Ausfuhrverbote; 4. das Prisenrecht. 1. Das Handelsverbot. Jeder Staat ist befugt, seinen Untertanen zu verbieten, mit den Untertanen des Feindes Handel zu treiben; das ist eine Sache des Landesrechts und berührt zunächst das Völkerrecht gar nicht. Dagegen berührt es das Völkerrecht und speziell die Interessen der Neutralen, wie das Verbot des nähern umschrieben wird, namentlich wem und mit wem der Handel verboten sein soll, welche Geschäfte verboten sein sollen und ob sich das Verbot nur auf die zu schliessenden oder auch auf die beim Ausbruch des Krieges schon geschlossenen Geschäfte beziehe. In England und in den Vereinigten Staaten Nordamerikas ist es feste Praxis, dass mit dem Ausbruch des Krieges der Handel mit feindlichen Ausländern ohne weiteres verboten ist, mit gewissen Ausnahmen immerhin und unter Vorbehalt besonderer Bewilligungen (licences) der Krone; während des Krieges abgeschlossene Verträge sind in der Regel nichtig. Was die vor dem Kriegsausbruch abgeschlossenen Verträge anbelangt, so verlieren sie, nach den von der Gerichtspraxis beifolgten Grundsätzen, ihre Wirksamkeit während des |