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haben werde, sondern staatlicher und gemeinwirtschaftlicher Mechanisierung weichen müsse, daran können wir kaum glauben. Gerade der Krieg hat gezeigt, zu welcher gigantischen Kraftleistung das kapitalistische Wirtschaftssystem die Menschheit befähigte; dass sie so unselige Verwendung fand, dafür ist nicht die Wirtschaftsordnung verantwortlich zu machen; da, wo diese am kräftigsten zur Entwicklung kam, zeigte sich auch die grösste Stärke. Will man nach kräftemürbendem Krieg wieder erstarken, so wird man auf die bisherige Form der Gütergewinnung, des Verkehrsausbaues etc. nicht verzichten können und am allerwenigsten wird man den erzieherischen Einfluss des bisherigen Wirtschaftssystems auf das Individuum, seine Auslösung persönlicher Werte und Energien vermissen dürfen. Auch unsere Bauern werden kaum nach einem System gelüsten, bei dem ihnen irgend ein Bureaukrat befiehlt, ob sie die Milch verkäsen dürfen oder in die Stadt zu liefern haben, so wie man ihnen neulichst gedroht hat. Anderseits wird man in gesunder Sozialpolitik fortfahren müssen, darauf bedacht zu sein, schädlichen Auswüchsen bisherigen Wirtschaftssystems. zu wehren, so wie sich dies in rührender Uebereinstimmung alle politischen Parteien wenigstens ihrem Programm gemäss zur Aufgabe gemacht haben.

Was die Neugestaltung des Wirtschaftssystems unserer schweizerischen Landwirtschaft im besondern anbetrifft, so können wir auch da an keine allzu durchgreifenden Umwälzungen glauben. In demjenigen Teil der schweizerischen Hochebene, der zu den Voralpen ansteigt, mit 1100 bis 1200 mm. und mehr jährlicher Niederschlagsmenge dem Bauer empfehlen zu wollen, baumbesetzte Dauerwiesen umzubrechen und im Schatten der Bäume Getreide und Kartoffeln zu pflanzen,

wäre ein Unsinn. Ueberhaupt kann hier der Bauer nicht im Marktfruchtbau seine Geldeinnahme suchen. Was auf den Aeckern der Flusstäler unseres Flachlandes noch möglich ist, kann hier oben nicht mehr in gleichem Masse angebracht sein.

Aber das dürfte auch hier jedem Bauer im allgemeinen rückhaltlos zu empfehlen sein, sich einen Kartoffelacker anzulegen, der für die Selbstversorgung reichlich genügt; und es ginge in einem zu, auch dem Feldgemüse ein Stück dieses Ackers einzuräumen, den Rüben, dem Kabis, den Bohnen usw. Es ist in der Tat bedauerlich, dass in dieser Gegend ein grosser Teil der Landwirte in geschilderter Weise die Selbstversorgung mit Gemüsen preisgegeben hat. Darüber hat der Krieg sattsam belehrt.

Wie sehr im übrigen die Betriebsgestaltung in der Landwirtschaft mit den natürlichen Produktionsbedingungen rechnen muss und wie sehr sogar gering erscheinende lokale Modifikatoren massgebend sein müssen, das hat, wie oben bereits dargetan, das Berichtsjahr mit besonderer Deutlichkeit gezeigt.

Auch wollen wir hoffen und erwarten und müssen demnach damit rechnen, dass in einer nicht zu fernen Zukunft friedliche Völker den Segen ihrer Arbeit und die Güter ihrer Scholle durch das Mittel weiter erreichbarer Verkehrserleichterungen wieder austauschen werden, wobei das Prinzip zur Geltung kommt, dass an jedem Ort zum Segen der Menschheit nach Massgabe der Gunst natürlicher Bedingungen produziert wird.

Schätzen wir uns glücklich und seien wir dankbar, dass es unserer Landwirtschaft im Kriegsjahr 1915

dank dem Segen des Himmels, der unsern Fluren zu Teil geworden, möglich war, bei freilich weitgehendem sozialwirtschaftlichem Regime der Behörden und Organisationen dem ganzen Volke und damit dem lieben Vaterlande die grössten Dienste zu leisten!

Quelques chiffres et considérations sur la situation économique de la Suisse pendant la guerre européenne.

Par

Alfred Georg,

Président de la Chambre de commerce de Genève.

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