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verhehle er sich die grossen Schwierigkeiten nicht, die entgegenstehen und überwunden werden müssen. Vom Doppelbürgerrecht sprechend, anerkannte er die aus ihm resultierenden Nachteile, namentlich auf militärischem Gebiet. Da gelte es nun einfach abzuwägen, ob diese Nachteile grösser seien als die Gefahren, die sich aus der Ueberfremdung ergeben. Er verneinte dies. Man werde natürlich bestrebt sein, die Folgen des Doppelbürgerrechts durch Verträge soviel als möglich auszuschalten. Uebertriebenen Illusionen über das Entgegenkommen der Staaten dürfe man sich aber nicht hingeben, denn der Krieg habe hier ungünstige Verhältnisse geschaffen. Auf alle Fälle müssten wir uns darüber klar sein, dass die Zwangseinbürgerung eine unbedingte Voraussetzung einer befriedigenden Lösung des Ueberfremdungsproblems sei. Die Beendigung der in Angriff genommenen Botschaft an die Bundesversammlung über die Einbürgerungsfrage stellte der Sprecher des Bundesrates auf den Zeitpunkt des Wiedereintrittes normaler Verhältnisse in Aussicht.

Die Veröffentlichung des ersten Bandes der Ergebnisse der eidgen. Volkszählung vom 1. Dezember 1910 durch das eidgen. statistische Bureau lenkte das Interesse ganz besonders auf die Zahlen, die in drastischer Weise die Gefahr der Ueberfremdung für unser Land vor Augen führen. In einem Artikel der « Züricher Post >> knüpfte Ingenieur Härry in Zürich an diese Ziffern an, um die unverzügliche Aufnahme des. Kampfes gegen die Ueberfremdung zu postulieren und zur Gründung einer « Schweizerischen Liga gegen die Ueberfremdung» aufzurufen. Nachdem er die Zwangseinbürgerung besprochen, die sich grundsätzlich gegen die Folgen der Ueberfremdung richte, mahnte er, die Massnahmen gegen ihre Ur

sachen nicht zu vergessen. Die Zwangseinbürgerung mit ihrer mehr negativen Wirkung des geringern Zustromes von Ausländern sei wohl geeignet, das Uebel zu verzögern, nicht aber es zu heilen. Dazu komme, dass wir im Kampfe gegen die Ursachen der Ueberfremdung nicht auf Verhandlungen mit dem Ausland und seinen guten Willen angewiesen seien.

Als Massnahmen gegen die Ursachen der Ueberfremdung nennt der Verfasser in erster Linie die Verminderung der Auswanderung aus der Schweiz. Jeder auswandernde Schweizer werde durch die Ausländer ersetzt; wenn es auch Tatsache sei, dass manche Auslandschweizer Förderer unserer Exportindustrien sind, so fristeten anderseits Zehntausende als Ackerbauer auf den Steppen Nord- und Südamerikas ein kümmerliches Leben. Hand in Hand mit dem Kampf gegen die Auswanderung müsse die innere Kolonisation gehen; gegen die betrübende Erscheinung, dass Handelsgeschäfte in der Schweiz grundsätzlich nur Ausländer anstellen, müsse entschieden Front gemacht werden.

Weiter sollten wir gegen die schlechten aus ländischen Elemente strenger vorgehen und sie dauernd von unserm Lande fernhalten, und schliesslich tue die Schweiz des Guten zu viel für Unterstützung ausländischer Armer und Kranker, da eine materielle Gleichberechtigung der Schweiz in den Vertragsländern nicht bestehe. Es sei mit aller Entschiedenheit zu verlangen, dass die für uns ungünstigen und geradezu gefährlichen Niederlassungsverträge mit den Nachbarstaaten auf den nächsten Termin gekündigt werden. Unser kleines Land könne solche Gegenseitigkeitsverträge einfach nicht ertragen, sie fielen unabweislich zu unsern Ungunsten aus.

Härry bezeichnet zum Schlusse die Bildung einer <<< Liga gegen die Ueberfremdung » als ein dringend notwendiges, echt vaterländisches Unternehmen, das auf weitgehende Unterstützung seitens der Behörden und Privater Anspruch machen dürfe. Wesentlich sei, dass an der Spitze dieser Organisation ein tüchtiger Ausschuss stehe, der mit vielen Kompetenzen ausgestattet sei und der vor allem praktische Arbeit leiste. Diese Organisation habe die Oeffentlichkeit nicht zu scheuen. Wenn wir in der Schweiz nationale Verbindungen von Angehörigen unserer Nachbarstaaten duldeten, so dürften wir doch gewiss mit aller Ruhe und Gelassenheit an die Bildung einer schweizerischen nationalen Organisation in der Schweiz herantreten.

Nachdem die «Neue Helvetische Gesellschaft » für das Studium des Ueberfremdungsproblems eine besondere Kommission eingesetzt, gab der Initiant für diese << Liga » die Erklärung ab, einstweilen seine Propaganda nicht weiter zu verfolgen.

Die Ausweisung der Schweizer aus Frankreich, die nicht den Besitz genügender Subsistenzmittel dartun konnten, veranlasste einen Einsender, im Einsender, im «Oltener Tagblatt »>, zu energischen Massnahmen gegenüber << lästigen » Ausländern in der Schweiz aufzufordern. Es seien allzu viele Fremde bei uns, die teilweise von unserer Wohltätigkeit lebten. Dafür könnten wir uns um so mehr Mühe geben, tüchtige Fremde, welche für unser Land einen Gewinn bedeuten, indem sie ihr Handwerk, ihren Beruf oder eine Spezialität sehr gut kennen, bei uns zu behalten. Wir hätten uns vieles vorzuwerfen in bezug auf die Fremdenfrage; wir müssten zugeben, dass es bei uns unheimlich aussehe, und müssten begreifen, warum viele tüchtige und einsichtige Leute, die an leitender Stelle stehen, ver

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zweifelt in die Zukunft blickten. Unsere Sorglosigkeit habe uns mit der Zeit in ein gefährliches Fahrwasser geführt, aus dem uns nur Energie und Tatkraft erretten könnten. Der Einsender glaubt nicht, dass das Schweizervolk je einmal seine Zustimmung dazu geben werde, jene minderwertigen und ungern gesehenen Elemente als Schweizerbürger aufzunehmen, welche einem sehr grossen Teile uns fern sind. Säubere man noch gewisse Städte der Ost- und Westschweiz ganz, gemäss Gesetz und den Niederlassungsverträgen, und kündige man gleichzeitig diese verhängnisvollen Verträge, welche uns schwere Belastung und moralischen Schaden, den Nachbarn schadenfrohes Frohlocken eintrügen nebst bedeutendem materiellem Profit, so sei ein grosser Schritt zur Lösung der Fremdenfrage, die für uns eine Lebensfrage sei, getan und es sei eine Erledigung derselben angebahnt, welche dem Schweizervolk genehm sein werde, wenigstens seiner patriotisch denkenden Mehrheit.

Interessant ist die Diskussion, die sich in der Presse an die Debatte anschloss, die im Frühjahr in der bürgerlichen Abteilung des Zürcher Grossen Stadtrates über die Frage der Einbürgerung bezw. Nichteinbürgerung von Deserteuren und Refraktären waltete. Die mit Mehrheit beschlossene Verweigerung der Einbürgerung von Refraktären fand vielfach lebhafte Zustimmung, doch fehlte es auch nicht an Mahnungen, es habe die Schweiz auch auf dem Gebiete der Einbürgerung in diesen Kriegszeiten gewisse historische Traditionen hochzuhalten, unbeschadet der gründlichen Nachprüfung der Verhältnisse der Bürgerrechtskandidaten von Fall zu Fall.

Gegenüber einer Reihe von Gemeinden wurde der schwere Vorwurf erhoben, dass sie mit der Einbürgerung Schacher trieben.

Eine originelle Anregung, die Schaffung eines dreiundzwanzigsten Kantons, machte ein Auslandschweizer, Herr Otto Welti, in der «N. Z. Z.». Er wies hin auf die Art, wie unsere Auslandschweizer in dieser schweren Zeit ihre Anhänglichkeit an das Vaterland beweisen. Im Auslande lebten etwa 400,000 Schweizer. Jeder sei gerne bereit, auch im Auslande sein Opfer auf den Altar des geliebten Vaterlandes zu legen. Sei es nun irgendwelche regelmässige, jährliche Kontribution oder Steuer, die ihm das Heimatland auferlege der Auslandschweizer werde sie gerne bezahlen, und wenn ihm sein Heimatland, als Gegenleistung dafür, auch im Auslande gewisse politische Rechte einräume, die er bisher nicht kannte, SO wäre dadurch ein festes und unzerreissbares Band zwischen der Heimat und den Auslandschweizern

auf dem ganzen Erdenrund hergestellt, und von allen Nationen hätte unser liebes Heimatland die allerschönsten Kolonien. << Aber worin könnte die Gegenleistung bestehen? Gebt den Auslandschweizern eine Vertretung in der Bundesversammlung. Sie sollen den dreiundzwanzigsten Kanton bilden, den Kanton der Auslandschweizer. Wir wollen keine neuen fremden Ländereien, aber wir wollen trotzdem ein << Grösseres Schweizerland ». Die andern Nationen haben sich fremde Ländereien als Kolonien angeeignet, wir aber wollen unsere Kolonien in den Herzen unserer Auslandschweizer haben!»>

Verfassungsrevisionen.

Von den beiden Initiativbegehren über die Einführung der Verhältniswahl für die Nationalratswahlen und die Unterstellung von Staatsverträgen unter das

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