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B. Dieser Bundesbeschluss ist der Abstimmung des Volkes und der Stände zu unterbreiten.

C. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung beauftragt.

D. Nach Erhebung der Kriegssteuer tritt dieser Verfassungsartikel wieder ausser Kraft.

Die Volksabstimmung fand am 6. Juni statt. Alle Parteien traten einmütig für die Annahme des Verfassungsartikels ein, fünf Mitglieder des Bundesrates referierten in stark besuchten Volksversammlungen über die Vorlage, wobei sie namentlich auch die Wirtschaftslage der Schweiz beleuchteten. Die freisinnig-demokratische Partei, die konservative Volkspartei, die liberal-demokratische Partei und die demokratische Partei der Schweiz erliessen folgenden Aufruf:

<< An das Schweizer volk!
Eidgenossen!

gemeinsamen

Anfangs August 1914 ist der europäische Krieg, das blutigste Völkerringen aller Zeiten, ausgebrochen.. Zum Schutze unseres Landes hat der Bundesrat am 1. August 1914 die ganze Wehrmacht aufgeboten. In der denkwürdigen Sitzung vom 3. August 1914 hat die Bundesversammlung dem Bundesrate die ganze militärische und ökonomische Macht des Landes zur Verfügung gestellt und die Landesregierung ermächtigt, alle Massnahmen zu treffen, welche die Sicherheit und Wahrung der Unabhängigkeit unseres Staatswesens erheischen. Mit Geschick und Umsicht hat der Bundesrat in schwerer Zeit seine verantwortungsvolle Aufgabe erfüllt.

In jenen unvergesslichen Tagen, als unsere Truppen auszogen, um als treue Wacht die Landesgrenzen zu beschützen, da gelobte sich wohl jeder Schweizer in seinem Innersten, freudig alle seine Kräfte und Mittel einzusetzen, um unsere nationale Existenz zu sichern. Dieses Gelöbnis gilts heute einzulösen.

Dank einem gütigen Geschick und dank unserer militärischen Bereitschaft ist unser Vaterland bis heute in die verheerenden Kriegsgreuel nicht hineingezogen worden. Währenddem ringsherum die Blüte der Männer ins Grab sinkt, Tausende von Familien von ihrer heimatlichen Scholle vertrieben, heimatlos werden und ungemessene Werte in Trümmer fallen, erfreuen wir uns des Friedens. Wir haben Ursache, unsere Lage dankbar als eine wohltätige Fügung der Vorsehung hinzunehmen.

Indirekt fordert der Krieg aber auch von uns schwere Opfer. Der Grenzschutz ist mit gewaltigen finanziellen Lasten verbunden. Jetzt schon erreicht die Vermehrung der Staatsschuld den sehr bedeutenden Betrag von nahezu 200 Millionen Franken. Ein Ende der tragischen Ereignisse ist noch nicht abzusehen. Für das Schweizervolk von heute entsteht die ernste Pflicht, die durch die Grenzbesetzung verursachte Schuld ratenweise abzutragen. Zu diesem Behufe beantragen der Bundesrat und die Bundesversammlung einstimmig die Erhebung einer einmaligen Kriegssteuer. Deren Ertrag soll eine erste Abschlagszahlung sein an die finanziellen Aufwendungen, die unvermeidlich sind, um das Land vor unberechenbarem Schaden zu bewahren.

In den vorberatenden Behörden ist die Vorlage, die den sozialen Verhältnissen Rechnung trägt, gründlich erwogen worden. Die Einwände und Vorbehalte, die in besten Treuen gegen diese und jene Einzelbestimmung angebracht werden können, müssen in dieser ernsten Stunde hinter die Gesamtinteressen des Vaterlandes zurücktreten. Das fordert auch der ausserordentliche Charakter der einmaligen Massnahme. « Wer den Blick aufs Ganze hält gerichtet, dem ist der Streit in seiner Brust geschlichtet »>, das sei uns Losung und Mahnung zugleich für die Beurteilung der hochwichtigen Vorlage.

<< Grosse Teile des Schweizervolkes werden es, wir sind davon überzeugt, als eine patriotische Pflicht ansehen und werden gerne dazu bereit sein, durch ein

Opfer auf den Altar des Vaterlandes ihren Dank für die Bewahrung der Schweiz vor den Schrecken des Krieges mit der Tat zu beweisen. Wenn wir sehen, wie in so vielen Staaten weite Landesgegenden der Verheerung und der Zerstörung preisgegeben sind, so wird niemand im Schweizerlande zögern, nach Massgabe seiner Mittel die dem Bunde aus der schrecklichen Gegenwart erwachsenen Lasten mitzutragen und vorzusorgen, dass nicht unsere Nachkommen auf lange Jahrzehnte sie an unserer Statt tragen müssen. »> So spricht sich der Bundesrat in seiner Botschaft aus.

Wir schliessen uns diesen Worten aus voller Ueberzeugung und bedingungslos an. Angesichts der hochbedeutsamen, vaterländischen Aufgabe haben sich die obgenannten politischen Parteien zusammengefunden, um gemeinsam dem Schweizervolke die Annahme des neuen Artikels der Bundesverfassung zu empfehlen. Das Schweizervolk soll es als Ehrenpflicht ansehen, der Vorlage seiner Behörden zu einer ehrenvollen Annahme zu verhelfen. An die Angehörigen aller Stände und Berufe und aller politischen, wirtschaftlichen und konfessionellen Richtungen, an die gesamte stimmfähige Bürgerschaft der Schweiz richten wir den Aufruf, der Kriegssteuer als einer politisch und wirtschaftlich notwendigen Massnahme zuzustimmen und durch einen geschlossenen Aufmarsch an den Urnen mitzuhelfen, die Volksabstimmung zu einer wirkungsvollen Kundgebung des nationalen Gedankens zu gestalten.

Wir empfehlen Euch, für die Vorlage einzustehen und am 6. Juni 1915 Eure Zustimmung zu den Anträgen der Behörden zu bekunden durch ein überzeugtes

Ja!

Die Vorlage wurde bei einer Beteiligung von 62 Prozent der Stimmberechtigten mit 452,117 Ja gegen 27,461 Nein, und von allen Ständen angenommen.

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Wir waren sagt der Bundesrat in seiner Botschaft vom 17. August 1915 betr. die eidgen. Kriegssteuer über das Ergebnis der Abstimmung erfreut; es hat uns gezeigt, dass wir recht hatten, als wir in unserer Botschaft vom 12. Februar 1915 sagten, grosse Teile unseres Volkes werden es als eine patriotische Pflicht erachten und werden gerne dazu bereit sein, durch ein Opfer auf dem Altar des Vaterlandes ihren Dank für die Bewahrung der Schweiz vor den Schrecken des Krieges mit der Tat zu beweisen. Die Abstimmung vom 6. Juni legte nicht nur ein glänzendes Zeugnis ab von der Opferwilligkeit des Schwei

zervolkes, sondern sie war zugleich eine kraftvolle Kundgebung des eidgen. Sinnes und des vaterländischen Gedankens.

Gewiss hat man guten Grund, sich über das Ergebnis dieser Abstimmung zu freuen, nur darf es nicht als eine Heldentat der Nachwelt überliefert werden. In einer Zeit, wo andere Völker Gut und Blut, ihr Alles opfern, genügt ein bescheidener Kranz der Anerkennung für die Annahme einer Kriegssteuervorlage, die siebzig und mehr Prozent der Bevölkerung nicht in Kontribution setzt.

Wie wir mitteilten, hatte der Bundesrat gleichzeitig mit dem Verfassungsartikel den Entwurf zu einem Ausführungsbeschluss eingebracht. Die Kommissionen der beiden Räte unterzogen ihn einer vorläufigen Beratung. Nach der Volksabstimmung vom 6. Juni war die Ausführungsvorlage vor allem in Einklang mit dem Verfassungsartikel zu bringen, wie er von den eidgen. Räten formuliert worden war. Ferner berücksichtigte der Bundesrat die Aenderungen und Ergänzungen, die die Kommissionen angeregt hatten. Daraufhin fand eine Beratung des Ausführungsbeschlusses durch eine Expertenkommission statt. Am 17. Aug. erschien sodann, begleitet von der bereits erwähnten Botschaft, der Entwurf des Bundesrates zu einem Bundesbeschluss über die eid gen. Kriegssteuer (Bbl. III, 111). Der Ständerat behandelte die Vorlage in der Herbsttagung, der Nationalrat wird sie in der Dezembersession beraten.

Im Herbst d. J. inszenierte der Schweizerische Gemeinnützige Frauenverein die Sammlung für die Frauenspende an die Kriegssteuer. Ende November war der Ertrag einer Million Franken bereits überschritten.

Die Beratung der Vorlage über die Revision

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