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auf die Bereitwilligkeit des Volkes für die Bewilligung auch anderer Steuern schliessen zu dürfen, unbegreiflich deshalb, weil, wie schon hervorgehoben wurde, siebzig und mehr Prozent der Bevölkerung von der Kriegssteuer eben nicht betroffen werden. Die bevorstehende Beratung des Budgets für 1916 durch die eidg. Räte wird zweifellos die bisher gewonnene Erfahrung bestätigen, dass gerade über die Finanzreform die Ansichten weit auseinander gehen; bei dieser Tatsache wäre unseres Erachtens eine frühzeitige umfassende Abklärung der Reform statt einer Versteifung auf vornehmlich eine einzige Steuer ein Gebot politischer Klugheit gewesen.

Es fehlt uns der Raum, um der zahlreichen Vorschläge über die Finanzreform zu erwähnen, die im Laufe des Berichtsjahres wiederum in Versammlungen, in der Presse und in Broschüren aufgetaucht sind. Wir heben aus dieser Literatur hervor die Artikel Prof. Steigers in den << Basler Nachrichten » (inzwischen erweitert als Broschüre « Zur Herstellung des finanziellen Gleichgewichtes des Bundes » erschienen) und die Broschüre Dr. F. Hausers « Die ReichsFinanzreform und die Probleme der Reform des schweizerischen Bundeshaushaltes », in der die von sozialdemokratischer Seite geplante Initiative für eine dauernde direkte Bundessteuer näher beleuchtet wird. Als neu in Vorschlag gebrachte Steuern seien erwähnt die dauernde Wehrsteuer und die Kriegsgewinnsteuer.

Die eidg. Staatsrechnung für das Jahr 1914 zeigt in der Verwaltungsrechnung einen Ausgabenüberschuss von Fr. 22,533,117. 61, in der Kapitalrechnung einen Rückschlag von Fr. 1,436,036. 48. Die Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben findet der Leser unter den Beilagen zum Jahresbericht.

Für die Mobilisation der Armee und den aktiven Dienst wurden bis Ende 1914 Fr. 108,891,634. 37 ausgegeben. Die Bestreitung dieser Ausgaben erfolgte aus einem Vorschusskredit auf Kapitalrechnung, d. h. direkt aus dem Vermögen, dessen Bestand an verfügbaren Geldern durch die Aufnahme der beiden Anleihen im Betrage von 30 und 50 Millionen und durch die Diskontierung von Schatzanweisungen bei der Nationalbank ergänzt wurde.

Die Zolleinnahmen gingen vom 1. August bis Ende des Jahres 1914 um die Hälfte, die Einnahmen der Postverwaltung um rund 40 Prozent zurück. Gegenüber Fr. 85,142,151. 24 im Jahre 1913 war das Erträgnis aus den Zöllen im Jahre 1914 nur Fr. 65,080,410. 96, und die Posteinnahmen sanken von Fr. 66,433,846. 79 auf Fr. 56,647,107. 98 herab.

Der Bericht des Bundesrates über die Staatsrechnung konstatiert, dass das Gebäude unseres Finanzhaushaltes auf einem zu schwachen Fundament ruhe. Es erscheine deshalb notwendiger als je, dieses Fundament wesentlich zu verstärken. «Nur die Erschliessung einer ausgiebigen neuen Hauptfinanzquelle kann dem ganzen bittern Ernst der Lage wirklich entsprechen. Was dem Bunde Not tut, ist eine durchgreifende Finanzreform...»

Die Monate, die zwischen der Abfassung dieses Berichtes und der der Botschaft zum Büdget für das Jahr 1916 liegen, mussten den Bundesrat überzeugen, dass er im Frühjahr die finanzielle Zukunft noch zu wenig pessimistisch beurteilt hatte. Vollends anders würdigt heute die Behörde unsere Finanzlage, als dies in der letztjährigen Büdgetbotschaft geschehen war. Damals rechnete der Bundesrat noch mit der Möglichkeit, dass der Krieg höchstens ein ganzes weiteres

Jahr dauern werde. Heute erklärt er, nichts berechtige zu Voraussagungen darüber, es dürfte der Krieg im nächsten Jahre beendigt sein. Bei dieser Auffassung der Dinge und im Hinblick auf die Einnahmen des Bundes im laufenden Jahre werden im Büdget für 1916 die Zolleinnahmen auf nur Fr. 55,000,000 veranschlagt, also Fr. 4,520,000 niedriger als im Voranschlag für 1915. Auch bei der Post sind die Zahlen noch unerfreulichere als im vorjährigen Büdget. Statt des dort vorgesehenen Ausfalls von Fr. 7,982,000 beträgt das Defizit im Voranschlag für 1916 Fr. 9,375,000 trotz der erfolgten Taxerhöhungen und weitestgehender Beschränkung der Ausgaben. Zu bemerken ist hierzu, dass das Rechnungsergebnis sich allerdings wesentlich besser gestalten dürfte. Die Telephon- und Telegraphenverwaltung, die für 1915 ein Defizit von Fr. 4,413,150 büdgetierte, sieht für 1916 einen Fehlbetrag von Fr. 821,000 vor. Der Posten, der bei den Ausgaben die bedeutendste Vermehrung aufweist, ist die « Amortisation und Verzinsung ». Von Fr. 8,496,680 im Büdget 1915 wächst er im Voranschlag 1916 auf Fr. 21,649,300 an. Die beiden 1914 und das im laufenden Jahr aufgenommene Mobilisationsanleihen1) fordern einen Zins von Fr. 8,500,000. Dazu kommen

er

1) Das in der zweiten Hälfte Juni aufgelegte dritte Mobilisationsanleihen von 100 Millionen Franken hatte, wie das zweite vom Monat November 1914 einen glänzenden Erfolg. Es wurden 190,580,300 Franken gezeichnet. Dieses Anleihen stellt den höchsten Betrag dar, den die Eidgenossenschaft je im Inland begeben hat. Während man bei den beiden ersten von 30 und 50 Millionen zum 5% Obligationentyp übergegangen war, erlaubten die gebesserten Verhältnisse auf dem Geldmarkt den Zinsfuss auf 4% % festzusetzen. Bereits waren einige Kantone mit dem vierdreiviertelprozentigen Typus vorausgegangen.

Fr. 3,425,000 für Verzinsung des Anleihens von 15 Millionen Dollars in den Vereinigten Staaten von Nordmerika1) und 5 Millionen für die Zinsen der Schatzanweisungen, die bei der Nationalbank diskontiert werden. Eine Erhöhung der Ausgaben um rund 5 Millionen bedeutet der Beschluss des Bundesrates, dem Verwaltungspersonal vom 1. Januar 1916 an die periodischen Gehaltserhöhungen auszurichten.

Bei Fr. 153,920,000 Einnahmen und Fr. 191,060,000 Ausgaben schliesst das Büdget für 1916 mit einem Fehlbetrag von 37,140,000 Franken ab, gegenüber Fr. 23,420,000 Defizit im Budget für 1915.

Kann der Bundesrat erklären, dass der Kredit des Bundes seine Probe gut bestanden habe, so dass wir mit Bezug auf die Möglichkeit der Beschaffung von Geldmitteln heute der Zukunft viel ruhiger entgegenblicken könnten, so muss er anderseits heute, auf Grund der Erfahrungen in diesem Jahre, sein letztes auch revidieren. «Die düstere Wirklichkeit hat leider unsere Berechnungen zu schanden gemacht. » Der Bundesrat hatte ein jährliches Defizit von mindestens 25 Millionen berechnet und zu seiner Tilgung vorgesehen 1. Ersparnisse im Betrage von 5 Millionen, 2. Erhöhung der Reinerträgnisse der Post, des Telephons und Telegraphen, sowie der Zölle um rund 6 Millionen, 3. Einführung des Tabakmonopols mit einem Nettoertrag von 15 Millionen, 4. Verminderung der Mobilisationsschuld durch Erhebung einer Kriegssteuer, im Sinne der Entlastung des Büdgets um wenigstens 4 Millionen. Statt der berechneten Vermeh

1) Dieses fünfprozentige im Monat März abgeschlossene Anleihen übernahm das Bankhaus Lee, Higginson und Co. in Boston.

rung der Staatsschuld um 200 Millionen werden wir mit einer solchen von 500 Millionen zu rechnen haben.

Heute liegt nun die Sache so, dass wir 39-40 Millionen Franken im Jahr mehr aufbringen müssen.

Im Mittelpunkt der Finanzreform steht für den Bundesrat, wie schon angedeutet, nach wie vor das Tabakmonopol. Die Botschaft ist so offenherzig, zu erklären, es müsse dieses Monopol noch ausgiebiger gestaltet werden, als zuerst in Aussicht genommen war. Ein Abstellen auf ein Erträgnis der Besteuerung das Tabakes von weniger als 15 Millionen wäre ein grosser Irrtum, ja sogar mehr als ein Irrtum, ein sehr grosser Fehler unserer Finanzpolitik. Mit dieser Bemerkung tritt der Bundesrat dem Gedanken entgegen, in einer andern Form als der des erträgnisreichen Monopols an die Besteuerung des Tabakes herantreten zu wollen. Nachdem noch die von zwei Ausländern verlangte Expertise über das Gutachten MillietFrey betreffend das Tabakmonopol eingelangt sein wird, soll die angekündigte Vorlage über dieses Monopol erscheinen.

Zum erstenmal erscheint heuer in der Büdgetbotschaft, wie schon bemerkt, die positive Ankündigung eines Vorschlages für die Einführung einer Biersteuer. Weiter sagt dann der Bundesrat in Bezug auf sein nunmehriges Finanzprogramm :

<< Neben der Biersteuer dürfte sich nach unserer Ansicht der eidgenössische Gesetzgeber mit einer Verbesserung der bestehenden Vorschriften über die Militärpflichtersatzsteuer beschäftigen. Das in Kraft bestehende Gesetz muss den heutigen Verhältnissen angepasst und erweitert werden. Es ist dies eine Aufgabe, die wir an die Hand zu nehmen beabsichtigen, sobald die Umstände es uns erlauben werden. Selbstverständlich soll aber eine Revision

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