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des Gesetzes über die Militärsteuer, wenn sie im Sinne und Geiste des Artikels 42 der Bundesverfassung durchgeführt werden soll, nicht etwa dazu dienen, auf einem Umwege einer ständigen direkten Bundessteuer Eingang zu verschaffen. Schon zu verschiedenen Malen, namentlich in unserer Botschaft über die Kriegssteuer, haben wir zu der Frage einer dauernden direkten eidgenössischen Steuer Stellung genommen. Wir haben unsere Meinung hierüber nicht geändert und behalten uns vor, in der Botschaft betreffend die Aufnahme eines Artikels in die Bundesverfassung über das Tabakmonopol hierauf zurückzukommen.

Es erübrigt uns noch. in einigen Worten unsere Stellungnahme zu derjenigen Finanzreform zu präzisieren, die darin bestehen würde, uns durch die Erhöhung des Eingangszolls auf Zucker, Wein, Kaffee, Petrol und ähnliche Gegenstände die notwendigen Gelder zu verschaffen. Es liegt auf der Hand, dass, wenn die vorerwähnten, die Festigung unserer durch den Krieg erschütterten Finanzen bezweckenden Bestrebungen fehlschlagen sollten, die Erhöhung unserer Einfuhrzölle oder vielmehr die Umgestaltung unseres Zolltarifs in ein fiskalisches Werkzeug mit ausgesprochenen Tendenzen nicht zu vermeiden wäre. Sie würde gewissermassen die ultima ratio bilden. So lange dies aber nicht unumgänglich notwendig ist, werden wir uns weigern, diesen Weg zu gehen. Es ist möglich, sogar wahrscheinlich, dass gewisse Zölle, z. B. derjenige auf Wein, werden erhöht werden. Es wird dies von der Gestaltung unserer wirtschaftlichen Verhältnisse und von den Umständen, unter welchen die Verhandlungen über die zukünftigen Handelsverträge stattfinden werden, sowie von den Wegen, die die Weltwirtschaft nach der gegenwärtigen Katastrophe einschlagen wird, abhängen. Aber wir möchten das Land und alle diejenigen, die sich um sein Wohl und Wehe bekümmern, davor warnen, die Zukunft unserer Finanzwirtschaft auf eine einzige Karte zu setzen und die grossen, schon so oft gerügten Fehler unseres Finanzsystems noch zu verschärfen und die Fiskalität als ausschliessliche Herrscherin über unser Zollwesen ein

zusetzen. Es wäre dies einer der verhängnisvollsten Fehler, der die schwersten Folgen nach sich ziehen würde. Unser Zolltarif sollte bleiben, was er bis jetzt gewesen ist, d. h. vor allem ein wirtschaftliches Hilfsmittel, das erst in zweiter Linie fiskalischen Zwecken dienen darf.

Mit einem Wort, die Entwicklung, der das eidgenössische Finanzwesen entgegengeht, wird unser Volk vor drei Alternativen stellen. Unser Staatshaushalt bedarf per Jahr ausser den bereits bewilligten Mitteln ungefähr 25 Millionen Franken, um das finanzielle Gleichgewicht wiederherzustellen, und ferner 5 Millionen Franken, um unserm Büdget wiederum die nötige Dehnbarkeit zu verschaffen. Drei Wege führen zu diesem Ziele. Der erste heisst: Tabakmonopol, unterstützt durch eine Biersteuer; der zweite: Erhöhung der Einfuhrzölle; der dritte: eidgenössische direkte Steuer.

Die Wahl, die das Volk zu treffen haben wird, sollte ihm nicht schwer fallen. Bei der Stellung unserer Anträge werden wir uns weder durch Eigenliebe, noch durch Unversöhnlichkeit oder durch das Beharren auf einer einmal ausgesprochenen Meinung leiten lassen, sondern nur durch das Gefühl der auf uns lastenden schweren Verantwortlichkeit. Wir zählen denn auch auf die Einsicht und den Opfersinn unseres Volkes und hoffen, dass die politischen Parteien sich die Hände zu einer erspriesslichen Arbeit reichen werden und dass ferner die grossen wirtschaftlichen Verbände, die sich schon öfters bedeutende Verdienste um das Land erworben haben, sich zweimal besinnen werden, bevor sie sich auf einen Widerstand versteifen, der unvereinbar ist mit unsern Vorschlägen. >>

Man wird diesem Finanzprogramm kaum nachrühmen können, dass es die Frage der vom Bundesrat selbst postulierten durchgreifenden Finanzreform auch nur entfernt erschöpfend behandle. Dazu hätte sich die Botschaft mit einer ganzen Reihe Vorschläge über die Vermehrung der Einnahmen des Bundes we

nigstens einigermassen auseinandersetzen müssen. Uns will bedünken, die ganz aussergewöhnlichen Verhältnisse verlangten gerade in dieser Finanzfrage auch ein aussergewöhnliches Vorgehen für ihre Lösung. Wäre es nicht am Platze, aus allen Parteien und unter Zuzug von Vertretern der grossen Berufsverbände einen Ausschuss zu bilden und behördlicherseits mit einem solchen Ausschuss einmal die finanzielle Zwangslage und ihre Ueberwindung zu beraten? Nachdem er in seinen Ausführungen über die Sanierung der Finanzen namentlich auch die Einschränkung der Ausgaben auf den verschiedensten Gebieten betont, schliesst Prof. Steiger seine bereits zitierte Broschüre dahin: << Diese Sparsamkeit vorausgesetzt, kann gesagt werden: die finanzielle Lage der Schweiz ist wohl eine ernste, aber keine verzweifelte. Mit kräftigem Anfassen kann die Situation bemeistert werden, sobald man geneigt ist, auf politische, regionale, persönliche Liebhabereien und Interessen zugunsten der Gesamtheit zu verzichten. Dies aber ist die unerlässliche Voraussetzung, sonst geht die Schweiz finanziell einer Situation entgegen, die nicht mehr zu übersehen sein wird.» Gewiss trifft diese Bemerkung das Richtige. Nicht, weil uns die Kraft fehlte, aus der heutigen Situation herauszukommen, braucht uns bange zu sein um unsere politische und finanzielle Zukunft; es kommt wesentlich nur darauf an, ob wir uns selbst zu bemeistern vermögen, d. h. in diesem Falle, ob wir das staatliche Ganze über die es schädigenden Sonderinteressen verschiedenster Art zu stellen im stande sind. Siegt der nationale Geist, so wird uns geholfen sein und wir werden auch unsere derzeitige prekäre Finanzlage überwinden.

Bei dieser Forderung, in erster Linie an das Ganze, in concreto an den Bund und seine Bedürfnisse zu denken, vergessen wir keineswegs, dass auch die Kantone finanziell heute nicht auf Rosen gebettet sind. Wir sehen denn auch dort die Finanzdoktoren emsig an der Arbeit; Steuergesetzrevisionen werden plötzlich beschleunigt, neue Steuerarten in Erwägung gezogen, Gebühren, Regale usw. müssen bessere Erträgnisse abwerfen, die Sparsamkeit wird noch mehr verehrt als bisher; Not lehrt nicht bloss beten, sie macht auch erfinderisch, zumal die finanzielle Not. Es wird eine Hauptaufgabe sein, bei dem Bestreben nach der Herstellung des gestörten finanziellen Gleichgewichtes des Bundes und der Kantone auseinanderzuhalten, was des Bundes und was der Kantone ist, und nicht zu vergessen, dass ein finanziell starker Bund auch den Kantonen helfend zur Seite stehen kann, ganz abgesehen davon, dass der Landeskredit hierbei eine nicht untergeordnete Rolle spielt.

Nicht ohne einige Ueberraschung ergab eine Vergleichung der Staatsrechnungen für 1914, dass eigentlich nur wenigen Kantonen durch den Krieg bedeutende Schädigungen erwuchsen. Kaum gestört wurde liest man in einem trefflich orientierenden Artikel der Basler « Nationalzeitung »

der Haushalt der vorwiegend landwirtschaftlichen Kantone der Innerschweiz: Schwyz stellt den gleichen Abschluss wie 1913; die Rechnungen Nidwaldens und Luzerns haben sogar eine erhebliche Verbesserung zu verzeichnen; das Gleiche gilt von Glarus, das statt eines Defizites wie 1913, nun einen Vorschlag von Fr. 64,000 ausweist. Keine merkliche Verschlechterung ist auch in Obwalden eingetreten, ebenso in Zug, wo

der Einnahmenüberschuss immerhin von Fr. 169,000 auf Fr. 57,000 zurückging. Aehnlich günstiger Abschlüsse dürfen sich auch Schaffhausen, Graubünden, Thurgau und Appenzell I.-Rh. rühmen.

Empfindlich wurden die drei Grenzkantone Baselstadt, Waadt und Genf betroffen. Baselstadt verzeichnet einen Ausgabenüberschuss von 4,124 Millionen (1913: 442,000 Fr.); in der Waadt hat sich der Voranschlag des Vorjahres (686,000 Fr.) in ein Defizit von 230,000 Fr. verwandelt, und in Genf schliesst die Staatsrechnung mit einem Rückschlag von 3,04 Millionen, der um 2,38 Millionen höher ist als der Ausgabenüberschuss 1913. Neben diesen drei Kantonen sind auch Bern und St. Gallen hart mitgenommen worden; schwere Eisenbahnlasten (Berner Alpenbahn und Bodensee-Toggenburgbahn) verursachten hier die beträchtlichsten Ausfälle. Der Rückschlag der bernischen Staatsrechnung beträgt 2,056 Millionen (1913: 74,742 Fr.); in St. Gallen ist ein Defizit von 1,089 Millionen (1913: 589,300 Fr.) entstanden. Vom Gesamtdefizit der kantonalen Rechnungen von 10,645 Millionen entfallen so auf die genannten fünf Orte rund 8 Millionen; vom Reste trägt Zürich 1 Million, nachdem es 1913 noch einen Vorschlag von 1,25 Millionen ausgewiesen hatte.

In den Büdgets für das laufende Jahr rechnen die Kantone mit einer durchschnittlichen Verminderung ihrer Einnahmen und Ausgaben um rund 10 Prozent, und sie sehen in ihrer Mehrzahl eine weitere Steigerung der Defizite voraus; einzig die Voranschläge der Kantone Schwyz, Appenzell I.-R., Genf und Aargau erwarten einen besseren Abschluss, als er in der letzjährigen Verwaltungsrechnung erzielt wurde. Wiederum sind es die vorwiegend landwirtschaftlichen Kantone, die den ausserordentlichen Verumständungen nur in einem bescheidenen Masse gerecht werden müssen; während die drei Grenzkantone nach wie vor sich auf hohe Einbussen gefasst machen, rechnet doch Baselstadt mit einem Defizit von 3,23 Millionen, die Waadt mit einem Rückschlag von 2,5 Millionen und Genf mit einem solchen von 1,25 Millionen. Die Kantone

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