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gabe zu erschliessen. Die wachsende Erschwerung in der Zufuhr von Lebensmitteln, die der des Importes von Rohstoffen für unsere Industrie zur Seite ging, hat begreiflicherweise dem Streben nach einer Hebung und Förderung der eigenen landwirtschaftlichen Produktion einen bisher unbekannten Impuls verliehen. Das grosse und unendlich schwierige Froblem einer wirtschaftlichen Neuorientierung beschränkt sich durchaus nicht auf Handel, Industrie und Gewerbe, sondern hat in ebenso starkem Masse auch eine landwirtschaftliche Seite.

Dass eine Hebung der Landwirtschaft durch eine intensivere Ausnutzung des Bodens bis zu einem gewissen Grade möglich ist, dürfte nicht zu bestreiten sein. Schon heute ist zu konstatieren, dass, dank dem allseitigen Eingreifen der staatlichen Behörden (Bund, Kantone und Gemeinden) sowie privater Organisationen auf dem Wege der finanziellen Unterstützung besonders hervorgehoben seien die von der St. Galler Regierung gewährten Anbauprämien, der Belehrung und Aufklärung durch Vorträge, Kurse usw. die Produktion vermehrt worden ist; ein rationelles Vorwärtsschreiten auf diesem Wege dürfte noch manchen nennenswerten Vorteil für die Selbstversorgung des Landes zu sichern im stande sein. Anderseits ist aber eine Auffassung abzulehnen, die dahin ginge, es werde durch staatliches Eingreifen möglich sein, die landwirtschaftliche Produktion in einem Umfange zu fördern, dass wir uns mit der Zeit in der Erzeugung der wichtigsten landwirtschaftlichen Produkte und damit in der Lebensmittelversorgung überhaupt vom Ausland vollständig unabhängig machen könnten. Wie unbegründet eine solche Auffassung wäre, hat im be

sondern die Diskussion der Frage unserer Getreideversorgung dargetan.

Unsere Brotversorgung zu sichern, muss stets eine der Hauptaufgaben des Staates sein. Da unser Getreidebau immer mehr zurückging, drängte sich ganz natürlich die Frage auf, ob und auf welche Weise er wieder gefördert werden könne. Die Erörterung dieses Problems im Schosse des Nationalrates in der Aprilsession d. J. lehrte, dass wir es hier im wesentlichen mit einer Finanzfrage zu tun haben. Nicht ausschliesslich, denn auch eine Reihe anderer als finanzieller Mittel werden, wie schon angedeutet, zur Mehrung und Hebung des Getreide- und auch des Karfoffelbaues beitragen können. Allein das steht fest, dass in erster Linie die stetige Abnahme der Rendite den Rückgang dieser Kulturen in unserem Lande verursacht hat. Um der Rendite willen hat der Bauer die Pflege des Futterbaues vorgezogen. Gelingt es, die Rentabilität des Getreide- und Kartoffelbaues nachhaltig wieder zu heben, so wird sich zweifellos der Schweizerbauer nicht mehr in so einseitiger Weise andern Produktionszweigen zuwenden. Die Wünschbarkeit einer kräftigen Förderung des einheimischen Getreide- und Kartoffelbaues ergibt sich schon von allgemeinen Gesichtspunkten aus, wogleich an die Möglichkeit einer Befriedigung des Landesbedarfs durch die Eigenproduktion niemals zu denken ist.

Bei dieser Tatsache setzt nun die Forderung nach dem Getreidemonopol ein. In durchaus objektiver Weise erörterte in der erwähnten Sitzung des Nationalrates der Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements, Bundesrat Schulthess, die Frage, um zu dem Schlusse zu kommen, dass nur mit einem staatlichen

Monopol der inländische Getreidebau wirksam gefördert werden könne. Wo sollte sonst der Bund die Mittel für eine solche Unterstützung hernehmen? Wie der Kartoffelbau wesentlich gehoben werden könnte durch die Bezahlung höherer Preise und die Abnahme noch grösserer Quantitäten inländischer Kartoffeln als bisher durch die Alkoholverwaltung, so werde sich der Getreidebau zweifellos rasch und namhaft heben, wenn der Bund die Rentabilität kräftig zu beeinflussen in der Lage sei. Ohne sich von vorneherein auf eine bestimmte Formulierung zu verpflichten, befürwortete der Vertreter des Bundesrates ein auf die Einfuhr beschränktes Getreidemonopol. Der Bund soll das nötige Quantum Getreide jederzeit sichern, er soll die vorsorglichen Ankäufe vornehmen, im übrigen aber das Getreide an jedermann im Lande in bestimmten Quantitäten abgeben.

Obschon niemand im Rate der Ueberweisung der Monopolfrage an den Bundesrat zur nähern Prüfung Opposition machte, wird es einer bezüglichen Vorlage zweifellos doch nicht an lebhafter Gegnerschaft fehlen. Erfreulicherweise sorgt aber die Erfahrung mit dem heute provisorisch bestehenden Getreidemonopol dafür, dass die Opposition mit den Waffen der Theorie und des starren Grundsatzes nicht übermächtig werden wird. Man dürfte sich dannzumal daran erinnern, wohin es mit unserer Getreideversorgung gekommen wäre, wenn nicht schon in den ersten Wochen nach dem Kriegsausbruch mit der Errichtung eines Getreidebureaus faktisch auch das Getreidemonopol (die formelle Einführung erfolgte bekanntlich durch den Bundesratsbeschlusses vom 9. Januar d. J.) Eingang gefunden hätte.

An der Jahresversammlung der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft stellte der Referent << Ueber die Lehren des Krieges für unsere Volkswirtschaft» die These auf, es sei das Problem der Getreideversorgung staatlich zu lösen. Die technisch beste Lösung biete das Getreidemonopol, das aber schwere politische Schattenseiten habe.

Im Anschlusse mögen auch noch die beiden andern Thesen, die der Nahrungsmittelversorgung und dem Bauernstande galten, hier Erwähnung finden. Die Nahrungsmittel-Versorgung soll verbessert werden: 1. durch Steigerung der Produktion: Landkultivierung, Hebung der Fischzucht, Förderung der landwirtschaftlichen Nebenbetriebe. 2. Durch Aenderung der Produktionsart: Begünstigung von Getreide- und Kartoffelbau, Viehmast.

Die Erhaltung und Kräftigung des Bauernstandes ist eine absolute Notwendigkeit. Die Aenderung der Produktionsarten erfordert staatliche Unterstützung. Mittel hiezu sind: a) Subventionen. Das bisherige System ist reformbedürftig. b) Reform der Bodenpreispolitik durch: aa) Ausschaltung des Güterhandels. bb) Beschränkung der Belastungsmöglichkeit und Einführung der obligatorischen Amortisation. cc) Verbesserung der Hypothekarverhältnisse durch Einführung des Pfandbriefes.

Die parteipolitische Fruktifizierung der Schwierigkeiten namentlich in der Milchversorgung verlieh der Diskussion über diese Frage einen in diesen Kriegszeiten besonders hässlichen Charakter. Tatsache ist, dass die Behörden sich die grösste Mühe gaben und auch erreichten, dass ein stets genügendes Quantum Konsummilch im ganzen Lande vorhanden war und ist, und ferner, dass mit dem Maximalpreis von 26 Rp. der Liter in verschiedenen Städten ein Preis bezahlt wird, der auch schon in Friedenszeiten, beispielsweise

1912 und 1913, bezahlt worden ist. Die im Anhang wiedergegebenen bezüglichen behördlichen Beschlüsse und Kundgebungen orientieren des nähern über das Eingreifen des Bundesrates in die Milchversorgungsfrage. Mit der Vorlage des Entwurfes zu einem Bundesgesetz über die Bekämpfung der Tierseuchen vom 15. März 1915 (Bbl. I, 344) kam der Bundesrat mehrfachen Anregungen, Postulaten und Motionen betreffend die Revision des bestehenden Viehseuchengesetzes und der bezüglichen polizeilichen Massregeln nach. Der neue Entwurf bezweckt vor allem eine intensive Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche, die namentlich bei der Ausdehnung in den Jahren 1911-1913 zu einer schweren Schädigung der Landwirtschaft, ja unserer gesamten Volkswirtschaft geführt hat. Eine wichtige Aufgabe der Vorlage besteht darin, die Einschleppung der Seuche aus dem Auslande zu verhindern. Dies soll aber nicht geschehen durch eine Verhinderung der Einfuhr fremden Schlachtviehes, sondern durch eine Organisation des Importes, der den Konsumenten gutes, gesundes Fleisch im Inlande geschlachteter Tiere sichert, ohne dass der schweizerische Tierbestand der Gefahr der Seucheneinschleppung ausgesetzt ist.

Ein im gegenwärtigen Zeitpunkt besonders interessantes Kapitel bringt die bundesrätliche Botschaft über den Entwurf in ihren Ausführungen über den schweizerischen Tierbestand, die einheimische Fleischproduktion und die Einfuhr von Schlachtvieh.

<< Der schweizerische Viehstand liest man u. a. hat in diesen kritischen Zeiten direkt und indirekt, im letzten Fall auf dem Wege des Austausches mit Italien, den Fleischkonsum des Landes sozusagen ausschliesslich gedeckt. Noch ist der Krieg nicht zu Ende,

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