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aber wir dürfen mit aller Zuversicht feststellen, dass auch für die kommenden schweren Zeiten die Fleischversorgung der Schweiz durch die inländische Produktion gesichert ist. Dies ist um so wichtiger, als die Beschaffung von Schlachtvieh oder von frischem Fleische aus dem Auslande während des Krieges als unmöglich angesehen werden muss. Getreide hat der Bund kaufen und auch ins Land transportieren können. An einen Ankauf von Schlachtvieh im Grossen und gar an dessen Transport zu Wasser und zu Lande nach der Schweiz kann zurzeit gar nicht gedacht werden. Wir sind also vollständig von der inländischen Produktion abhängig, die seit Kriegsausbruch das etwas reduzierte Bedürfnis der Bevölkerung zu normalen Preisen gedeckt hat. Ueberdies hat der Stand der schweizerischen Tierzucht noch erlaubt, Rassenvieh zu exportieren und dadurch der schweizerischen Volkswirtschaft, die durch die starke Reduktion des industriellen Exportes schwer geschädigt ist, viele Millionen baren Geldes zuzuführen.

Wir sind keineswegs der Meinung, dass in normalen Zeiten der schweizerische Tierbestand den Bedürfnissen des Landes an Fleisch vollständig genügen könne, und haben auch keineswegs das Bestreben, die Einfuhr fremden Schlachtviehes zu verhindern....

Der Teil des schweizerischen Fleischkonsums, der, in normalen Zeiten und unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Fremdenverkehrs, durch die Einfuhr gedeckt werden muss, dürfte mit ungefähr 25 Prozent des Gesamtverbrauchs richtig veranschlagt sein. So sehr wir wünschen müssen, dass die Mastviehproduktion im eigenen Lande gehoben werde, so berechtigt doch nichts zum Schlusse, dass in dieser Beziehung bald nach dem Friedensschlusse wesentlich andere Verhältnisse eintreten werden, als sie vor dem Kriege bestanden. . . . »

Als die Vorlage des Bundesrates über die Revision der Viehseuchenpolizeigesetzgebung erschien, stand Italien noch nicht im Krieg. War allerdings auch schon vorher der Viehimport aus diesem Lande

auf ein Minimum herabgesunken, so bedeutete der Eintritt Italiens in das europäische Ringen die vollständige Schliessung der Grenze für die Schlachtviehausfuhr.

Die Fleischpreise haben auch in unserm Lande eine starke Erhöhung erfahren, aber im grossen und ganzen sind die Verhältnisse in dieser Beziehung doch leidliche geblieben.

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Nach einer Anfangs Oktober d. J. vom allgemeischweizerischen Konsumverein veröffentlichten Preiszusammenstellung über Lebensmittel (Preisbewegung von Juni 1914 bis 1915) ist seit dem Kriegsausbruch in unserm Lande eine Gesamtsteigerung von 20,3 % zu verzeichnen. Die Preiserhöhungen verteilen sich folgendermassen :

a) unter 10 Prozent: bei Milch, Schokolade, Kaffee, Wein, Briketts;

b) von 10-20 Prozent: bei Butter (Tafel), Käse, Sesamöl, Schweinefleisch, Tee, Seife, Anthrazit;

c) von 20-30 Prozent: bei Butter (Stock), Kokosfett, Schweinefett, Kalb-, Rind- und Schaffleisch, Zwetschgen, Zichorie, Brennsprit;

d) von 30-60 Prozent: bei Nierenfett, Brot, Vollmehl, Reis, Zucker, Kakao, Maisgries, Eier, Teigwaren;

e) von über 60 Prozent: bei Gries, Gerste, Haferprodukten, Bohnen, Erbsen, Linsen, Sauerkraut, Petrol. Die Aufschläge schwanken zwischen 4 (Schokolade) und 207 Prozent (Gerste).

Gewiss lastet die Lebensmittelteuerung schwer auf der unbemittelten Bevölkerung und die Behörden haben die Pflicht, alles zu tun, um die Situation wenigstens erträglich zu gestalten. Es ist aber ein beklagenswertes Beginnen, zumal in einer Zeit, die mehr als je den Zusammenschluss aller Kräfte verlangt, die Unvoll

kommenheit menschlichen Tuns und Handelns, der schliesslich auch behördliche Massnahmen unterworfen sind, zu benutzen, um den Hass zwischen den Bevölkerungsklassen zu schüren, die Stadt gegen das Land aufzuhetzen und den politischen Kampf ohne alle Rücksicht auf den furchtbaren Ernst der allgemeinen Lage führen zu wollen. Wir haben im Schweizerlande einen mächtigen Gesamtwillen nötig, um die schweren Schläge zu überwinden, die der Krieg unserm Geistesleben und die er uns auf politischem und wirtschaftlichem Gebiete zugefügt hat.

Beilagen.

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