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sche Reich, ist in Polen vom ehernen Tritte des Krieges unbarmherzig zerstampft. Ströme von Blut sind durch das Schwert diesem unglücklichen Lande entzogen worden, dessen Söhne in drei feindlichen Heeren zugleich kämpfen müssen. Die Kriegsglut hat Städte und Dörfer verzehrt. Menschenarbeit ruht allerorts, und über den ungeheuren Strecken vom Njemen bis zu den Karpathen breitet das Gespenst des Hungers seine Fittiche aus. Der Arbeiter hat die Hände in den Schoss gelegt, denn es gibt keine Werkstätte mehr in Polen. Den Pflug frisst der Rost, denn dem Bauern ist das Korn zur Aussaat weggenommen. Der Händler verkauft seine Ware nicht mehr, da sie keiner bezahlen kann. Greise und Frauen irren im strengen Winter ohne Dach über ihren Häuptern umher. Epidemische Krankheiten mehren sich. Erloschen ist das Feuer des häuslichen Herdes. Und wenn Kinder ihre abgezehrten Hände zu den Müttern erheben mit der Bitte um ein Stück Brot, da antworten ihnen die Mütter nur mit Tränen. Und solcher Darbenden, nach Hilfe Dürstenden, höret es, ihr christlichen Nationen, sind hier in Polen Millionen und abermal Millionen.

Aber hat denn Polen ein Recht auf Eure Hilfe? Ein solches Recht gebührt im Namen der Menschenliebe einem jeden Volke, und um so mehr dem polnischen, das selbst nach der Teilung des Vaterlandes sich vom Unglück nicht hat beugen lassen, seinen Namen nie verleugnet und durch einen mächtig hervorquellenden Lebenswillen sich eine Existenz für immerdar gesichert hat. Es besitzt ein solches Recht kraft seiner historischen Vergangenheit als Vormauer der Christenheit in jahrhundertelangem Ringen gegen den Halbmond, als Schützer der Bedrängten und Schild der europäischen Gesittung im Osten. Die Namen Sobieskis und Kosziuskos haben sich der dankbaren Erinnerung der Menschheit eingeprägt bis auf die spätesten Zeiten. Den Opfern jeglicher ungerechten Bedrückung und Verfolgung standen die Pforten unseres Vaterlandes stets weit offen. Wo es nur irgend galt, für Freiheit zu kämpfen, da floss auch unser Blut. Wo nur irgend Menschen unter Naturereignissen litten,

da floss auch unsere Spende. Im Chore der Nationen fehlte auch unsere Stimme nicht und mischte sich darein mit einem edlen Klang. Zu dem allgemeinen zivilisatorischen Erwerb haben auch unsere besten Geister das Ihrige beigesteuert, unsere Gedankenarbeit, unsere Schaffenskraft.

Also im Namen dieses unseres Anteils am Leben der Menschheit, in dem aus solcher Teilnahme entspringenden Rechte, im Namen der Lehre Christi, im Namen unserer alten und unserer frischen Leiden wende ich mich an Euch, gesittete Nationen, und rufe Eure Hilfe an für mein Volk. Mögen die polnischen Städte und Dörfer aus ihren Ruinen wieder auferstehen. Möge es dem polnischen Bauern nicht an Kraft mangeln, zur Pflugschar zu greifen und nicht an Korn zur Aussaat in seine Scholle. Möge das polnische Herz auch andere Gefühle wecken als die des Mitleids. Möge die Stimme Polens nicht immer als Schmerzensschrei ertönen. Mögen die polnischen Mütter ihren Kindern etwas mehr als Tränen bieten können: Brot und Dach für das polnische Volk, auf dass es den Frühling der Auferstehung erleben kann!

Henryk Sienkiewicz.

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Der Bürgermeister von Lyon richtet an die Redaktion des « Bund » folgendes

Dankschreiben.

Monsieur le Directeur,

J'ai eu l'occasion de constater avec quel dévouement, avec quel noble souci d'humanité, les Autorités Suisses avaient collaboré à l'œuvre si touchante du rapatriement des internés civils français. En adoptant cette attitude, la Suisse, une fois de plus, s'est montrée fidèle à sa tradition nationale qui lui vaut une place si haute dans l'estime de tous les êtres épris de progrès moral et de civilisation.

Sachant que plusieurs Français, appartenant à la région que j'ai l'honneur de représenter, ont été l'objet

de ces soins, dont je suis touché, je vous prie de bien vouloir faire parvenir l'expression cordiale de ma reconnaissance aux Autorités et à toutes les personnes qui les secondent avec tant d'activité et de désintéressement.

Veuillez recevoir, Monsieur le Directeur, l'expression de mes sentiments de haute considération. Le maire de Lyon: Herriot.

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8. Februar 1915.

Eine offizielle Mitteilung über die

führt aus:

Heimschaffung der Zivilinter nierten

Die Heimschaffung der Zivilinternierten ist bis jetzt befriedigend verlaufen, weil die Transporte mit der nötigen Ruhe und ohne Aufsehen sich vollzogen. Dies sollte bis zum Schlusse des Monats so bleiben. Um dies zu erreichen, musste infolge einzelner Vorkommnisse der Zutritt zu den Perrons bei den Nachtzügen, die solche Internierte befördern, jedermann untersagt werden. Das muss auch für Zürich gelten, wo sich für die Internierten, und zwar unterschiedslos für die deutschen und österreichischen, wie für die französischen, warme Sympathie kundgab, die sich in sehr wertvollen Spenden äusserte. Allein diese Gaben kommen am richtigsten zur Verwendung, wenn sie nicht bei der kurzen Durchfahrt wahllos abgegeben, sondern wenn sie bei längerem Aufenthalt in Schaffhausen und Genf zur Verteilung gelangen. Es werden daher die Hilfsbereiten gebeten, ihre Sendungen an Kleidern und Viktualien an die Kommissare in Schaffhausen und in Genf zu senden. Nachdem die Internierten von den Etappenkommissionen gehörig genährt und verpflegt wurden, ist im Interesse ihrer eine plötzliche Ueberernährung nicht duldenden Gesundheit und der nötigen Nachtruhe, sowie zum Zwecke der Sicherheit und Vermeidung von Unfällen jede Störung oder Demonstration bei der Durchfahrt von ihnen fernzuhalten. Unser sonst SO

verständiges Publikum wird diese Anordnung in der Durchführung eines schweizerischen und durchaus neutralen Werkes sicherlich begreifen.

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12. Februar 1915.

Der Bundesrat fasst Beschluss über das

Wiederaufgebot der 2. und 4. Division

zur Ablösung im Dienste stehender Truppen (1., 3. und 5. Division).

Die 2. Division hat am 1. und 2. März, die 4. Division am 11. und 12. März einzurücken.

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16. Februar 1915.

Die Zentralkommission der kantonalen Hilfskomitees für notleidende Schweizer in den krieg führenden Staaten erlässt folgenden

Aufruf:

Werte Eidgenossen!

Von dem Elend, welches der Krieg über die ganze Welt gebracht, werden nicht zuletzt auch unsere Landsleute, die Schweizer im Ausland, betroffen. Sie waren meist auf den Verdienst ihrer Hände angewiesen und viele von ihnen sind nun arbeitslos geworden. Wenn auch in einigen Gegenden des Auslandes die dortigen Schweizer Hilfsvereine der herrschenden Not einstweilen noch zu steuern vermögen, so ist dagegen in gewissen Teilen Belgiens und Frankreichs laut offiziellen Berichten das Elend um so grösser. Bereits hat der schweizerische Bundesrat eingreifen und provisorische Hilfeleistungen gewähren müssen. In Paris aber leben zweitausend unterstützungsbedürftige Schweizer, Männer, Frauen und Kinder, die infolge des Krieges ihres Unterhaltes beraubt sind. Unter dieser Zahl sind die Familien der schweizerischen Wehrmänner nicht eingerechnet. Diese erhalten die gesetzliche Bundesunter

stützung, während sie denen, welche nicht als Soldaten zum Schutz ihres lieben Vaterlandes herbeieilen konnten, versagt bleibt. Würden diese Leute in ihre schweizerische Heimat zurückkehren, so wäre ihnen wohl jede Aussicht benommen, später einmal draussen ihre Arbeit wieder aufnehmen zu können. In andern Städten und Gegenden Europas können von einem Tag zum andern ähnliche Verhältnisse eintreten und sind zum Teil bereits eingetreten. Um den Hilfsgesuchen einigermassen zu genügen, wird eine Ausgabe von vierzigbis fünfzigtausend Franken monatlich nötig sein, eine Summe, die sich bei längerer Dauer des Krieges in starkem Masse erhöhen wird.

Eidgenossen! Unsere Brüder im Ausland blicken auf uns. Sie hoffen auf unsere Hilfe. Ihre wehrpflichtige Mannschaft ist von weither zum Schutz unserer Grenzen heimgeeilt und hat Verdienst und Familie dahinten gelassen. Wie oft schon hat die Schweiz Unglücklichen, vom Krieg und Elend Heimgesuchten, Zuflucht und Hilfe gewährt. Was sie den Fremden erwies, das möge sie jetzt an ihren eigenen Kindern tun. Wenn irgendeinmal, so tut es gegenwärtig not, das Band fest zu knüpfen, das uns Schweizer miteinander verbindet. Es sei unsere heilige Pflicht, in dieser ernsten Stunde durch eine Tat opferwilliger Solidarität unsere nationale Einigkeit und Unabhängigkeit zu bekunden. So tue denn jeder Schweizer, was ihm sein Herz und seine Liebe zum Vaterland befiehlt!

Niemand weiss, wie lange dieser Krieg noch währt. Darum mag es manchem praktischer erscheinen, seinen Beitrag auf einen gewissen Zeitraum zu verteilen. So sind uns monatliche Gaben, auch von ganz geringem Betrage, willkommen.

Basel, Bern, den 16. Februar 1915.

Die Zentralkommission der Hilfskomitees für notleidende Schweizer in den kriegführenden Staaten.

ein

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Der Bundesrat richtet an die Kantonsregierungen

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