lichen Leben kein zu solchen Verunglimpfungen der Armee berechtigender Anlass gegeben wird und die Zeitungen nur die nackte Wahrheit berichten ! Nicht selten kommt es jetzt vor, dass die den Zeitungen zugetragenen Geschichten vollständig frei erfunden sind, in sehr vielen Fällen wird durch die Art der Darstellung aus einem harmlosen Vorkommnis ein strafbares, verächtliches Vergehen gemacht und kein einziger Fall ist mir bekannt, in dem objektiv, einfach und schlicht das Vorkommis so berichtet wird, wie es sich zugetragen hat. Dies alles haben wir selbst verschuldet, indem wir dienstlich wenn immer möglich solchen Publikationen keine Beachtung schenkten oder daun, wenn das Aufsehen, das die Publikation hervorgerufen, dazu zwang, nicht auf die richtige Art. Das muss anders werden; es ist unsere Pflicht, die Kriegszuverlässigkeit unserer Armee vor Zersetzung zu beschützen! Ich habe daher befohlen: Jede derartige Anschuldigung wird zum Gegenstand einer gewissenhaften Untersuchung gemacht. Stellt sich hierbei die Darstellung als richtig heraus, so hat das Geeignete zu geschehen, damit der Wiederholung ähnlicher Vorkommnisse ein Riegel gestossen ist; der betreffenden Zeitungsredaktion wird hiervon Mitteilung gemacht. Stellt die Untersuchung dagegen heraus, dass die Mitteilung glatt erfunden oder dass einem unbedeutenden Ereignis eine wahrheitswidrige Darstellung gegeben worden ist, weil nur auf diese Art der Zweck der Einsendung, den Betrieb des Dienstes in unserem Heere in der öffentlichen Achtung herabzusetzen und die Vorgesetzten-Autorität zu erschüttern, erreicht werden kann, so ist das Vorgehen dieser Zeitung den Militärgerichten zur Beurteilung zu überweisen. Obgleich eine auch nur ganz oberflächliche Nachforschung nach den Motiven des Einsenders oder Gewährsmannes in den meisten Fällen grosse Zweifel an der objektiven Richtigkeit der Mitteilung hervor rufen könnte, so stehe ich doch grundsätzlich auf dem Standpunkte, dass keine unserer Zeitungen eine derartige, unser Heerwesen in der öffentlichen Achtung herabsetzende und die Vorgesetzten-Autorität erschütternde Mitteilung in ihre Spalten aufnimmt, ohne an die absolute Richtigkeit des ihr Zugetragenen zu glauben. Als im eigenen Interesse der Zeitungsredaktionen liegend erachte ich daher, sich an kompetenter Stelle über die Richtigkeit zu erkundigen, bevor sie die Mitteilung publizieren. Die Truppenkommandanten und andere berufene Stellen sind angewiesen, auf solche Anfragen eingehend und gewissenhaft, aber unter Wahrung des militärischen Standpunktes, die objektive Wahrheit mitzuteilen. Einen höheren Respekt vor der Presse als der Hüterin der öffentlichen Interessen ist unmöglich ihr zu bezeigen. Dieser Respekt verlangt dann aber auch gebieterisch, dass gegen solche Kundgebungen der Presse, die leichtfertige oder wissentlich durch falsche Nachrichten die in jetziger schwerer Zeit wichtigste Institution des Landes, das Wehrwesen, diskreditieren, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln vorgegangen wird. Das Pressebureau des Armeestabes wird beauftragt, das Vorstehende den Zeitungsredaktionen mitzuteilen und ihnen gleichzeitig meine Bitte auszusprechen, ihre grundsätzliche Bekämpfung des sogenannten Militarismus nur so lange zu suspendieren, bis sich sicher herausgestellt hat, dass wir unsere Armee nicht zum Schutze unserer Unabhängigkeit und Selbständigkeit und damit auch der politischen und sozialen Prinzipien unserer demokratischen Republik brauchen in dem gegenwärtigen grossen Krieg zwischen den Völkern Europas. An die Truppenkommandanten habe ich das hier beiliegende Schreiben gerichtet, das den Zeitungsredaktionen zu ihrer Orientierung mitgeteilt werden kann. * Wortlaut des Schreibens an die Truppenkommandanten. Ein Teil unserer Presse hat aus ruhigen Friedenszeiten, in denen man das Militär mehr nur als einen dekorativen Bestandteil des Staatsgebäudes ansehen kann, die Gewohnheit wieder aufgenommen, ihren Lesern alles dem Dienstbetrieb im Heer nicht Ehrenhafte zu berichten, das ihr, und zwar nicht immer aus edlen Motiven, zugetragen wird. Wir handeln frivol und pflichtvergessen, wenn wir dem gleichgültig gegenüberstehen oder den grundsätzlichen Standpunkt einnehmen, es sei unter der Würde, auf solche Anrempelungen zu reagieren. Im Gegenteil, es ist viel richtiger, die Wirkung derselben auf die Militärfreundlichkeit des souveränen Volkes und auf die soldatische Pflichtfreudigkeit der Bürger im Wehrkleid zu überschätzen. Es ist unser aller heilige Pflicht, alles uns Mögliche zu tun, um solcher Untergrabung der Fundamente kriegerischer Brauchbarkeit eines Heeres zu begegnen. Es stehen uns dafür zwei Mittel zur Verfügung. Das erste Mittel ist, keinen Anlass zu geben, der berechtigt, den Dienstbetrieb in unserer Armee und die militärischen Vorgesetzten an den Pranger zu stellen und die Soldaten widerwillig zu machen, so zu gehorchen und sich unterzuordnen, wie Bedingung der Kriegsbrauchbarkeit ist. Es ist elementare Pflicht jedes Truppenkommandanten, dafür zu sorgen, dass kein Anlass dazu gegeben wird. Ich habe aber ausdrücklich gesagt, « der berechtigt ». Nur um solche handelt es sich; Vorkommnissen, die als Vorwand gebraucht werden können, vorbeugen wollen, hiesse die Disziplin zugrunde richten und in der Truppe Anschauungen züchten, die allen Erfordernissen der Kriegsbrauchbarkeit hohnsprechen. Wir finden leider in manchen Truppeneinheiten eine sehr hochgradige Empfindlichkeit gegenüber den Vorgesetzten, die vielfach den Eindruck macht, als ob der Soldat nur auf eine Inkorrektheit seines Offiziers lauert, um sich zu beschweren und, wenn die Erledigung der Beschwerde nicht befriedigt, die Angelegenheit in eine Zeitung zu bringen. Dem kann man nicht vorbeugen dadurch, dass man auf diese Empfindlichkeit ängstlich Rücksicht nimmt, sondern ganz allein dadurch, dass man sich durch sie nicht beeinflussen lässt, im übrigen aber die Leute belehrt, warum ihre Gesinnung verwerflich und warum auf dieselbe gar keine Rücksicht genommen werden dürfe! Das andere Mittel ist, dass wir jede Anklage und Anschuldigung in einer Zeitung zum Gegenstand sorgfältiger, gewissenhafter Untersuchung machen. Stellt diese heraus, dass nur die einfache Wahrheit berichtet worden ist und dass tatsächlich ein strafwürdiges Vergehen vorliegt, so werden die Schuldigen bestraft. Ist diese Mitteilung aber nicht wahr, oder wird ein unbedeutendes Vorkommnis mit Hilfe von Zutaten und von Verschweigen auf eine Art dargestellt, die zu dem Glauben veranlasst, es liege eine gemeine und verächtliche Handlungsweise oder anderweitige Pflichtverletzung seitens militärischer Vorgesetzter vor, so werde ich die betreffende Zeitung dem Militärstrafgericht überweisen. Ich habe dies den Zeitungsredaktionen durch die beiliegenden Darlegungen mitteilen lassen. Sie wollen den Zeitungen auf Begehr die in diesen Darlegungen erwähnte Auskunft eingehend und gewissenhaft erteilen, aber nur durch Mitteilung des Befundes der Untersuchung, niemals aber durch Vorlegung der Akten. Auch wenn Zeitungsredaktionen Sie nicht um diese Auskunft angehen, sondern die Sache gleich und ohne weiteres in die Zeitung gebracht haben, haben Sie sofort, sowie Sie davon erfahren, eine Untersuchung anzuordnen. In dem einen wie dem andern Falle sind mir die Akten der Untersuchung einzusenden, ich werde dann über das weitere entscheiden und Ihnen diese Entscheidung auf dem Dienstwege zukommen lassen. * 12. Oktober 1915. In der Tagespresse erscheint folgender, von Männern der Politik, der Wissenschaft und der Kirche unterzeichneter Aufruf an das Schweizervolk. Während der Krieg die Aufmerksamkeit der ganzen Welt beschäftigt und alle Kräfte der europäischen Grossmächte in Anspruch nimmt, gehen in der Türkei Dinge vor sich, die selbst in unserer an das Schreckliche gewöhnten Zeit furchtbar sind und das, was früher schon dort geschah, noch hinter sich lassen. Es handelt sich um nichts weniger als die systematische Ausrottung eines ganzen christlichen Volkes, der Armenier welche jetzt ins Werk gesetzt wird, weil die vollständige Herrschaft des Islam im türkischen Reich durchgeführt werden soll. Schon Hunderttausende von Armeniern sind ente weder hingemordet worden, oder müssen, aus ihrer Heimat verschleppt, in den Steppen Mesopotamiens oder anderer Gegenden elend verderben. Eine grosse Zahl namentlich von Frauen und Kindern ist gezwungen worden, den Islam anzunehmen. Diese Tatsachen sind festgestellt durch bestimmte Aussagen und Berichte von in jeder Hinsicht einwandfreien Personen, welche ihre Kenntnisse aus eigener Anschauung haben. Die Unterzeichneten wollen nicht nur das Schweizervolk um Gewährung tatkräftiger Hilfe bitten zur Linderung der Not, welche unter den Ueberlebenden des unglücklichen armenischen Volkes herrscht. Sie fühlen sich auch verpflichtet, vor aller Welt auf diese Vorgänge aufmerksam zu machen und sich an die |