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THE TECHNOLOGIST

MITTEILUNGEN

DES DEUTSCH-AMERIKANISCHEN

TECHNIKER-VERBANDES

VOL. XVII

SEPTEMBER UND OKTOBER, 1912. Nos. 9 und 10.

Rückblick auf den 28. Technikertag.

Philadelphia, Pa.-Cape May, N. J.

30. August bis 2. September 1912.

"Und wenn es köstlich gewesen, so ist es Mühe und Arbeit gewesen!" Köstlich ist es allerdings gewesen, auch wenn gerade nicht viel Mühe und Arbeit für die Veranstalter und Teilnehmer damit verbunden war. Die Hauptarbeit machte sicher die Vorbereitung des Einzelnen für die Reise, denn nachdem die Sache einmal angefangen hatte, ging sie auch ihren natürlichen Gang. Das Amüsement beruht ja nie ganz auf äusserlichen Umständen, sondern es kommt eben auf die Stimmung an, und die ist mehr oder weniger Sache des Individuums. Jedenfalls wir hatten sie alle, und wer es nicht glaubt, der fahre mal im Laufe der nächsten Jahre nach Cape May und lasse sich von den Einwohnern. über den Technikertag berichten; er wird staunen was wir alles geleistet haben, in geschäftlicher und geselliger Richtung.

Von der geschäftlichen Seite verstehe ich nun leider nichts und will es daher einer berufeneren Feder überlassen, einen Bericht abzufassen, aber diejenigen, die sich wie ich mehr für den geselligen Teil interessieren, möchte ich einladen, einen kleinen Ausflug mit mir nach Philadelphia und Cape May zu machen, um nochmals Erinnerungen auszutauschen oder neue Eindrücke zu gewinnen, wie es dort in den Tagen vom 30. August bis 2. Septe vber zugegangen ist.

Eine Nacht im Schlafwagen trägt ja im allgemeinen nicht zur Erhöhung der Stimmung bei; jedenfalls bei demjenigen nicht, dem eben dieser Schlafwagen nicht zur zweiten Heimat geworden ist, und da nun noch, wider alle Abmachung, die Pennsylvania Bahn über zwei Stunden Verspätung hatte, so hegten wir schon Groll im Herzen, als wir am Freitag Morgen unsern ersten Bestimmungsort erreichten. Jedoch Philadelphia zeigte sich von der besten Seite, die Sonne lachte. Die Leute "eilten" zur Tagesarl eit; da tat es uns wohl, dass wir gemütlich durch die Strassen bummeln und die Arbeit für einige Zeit den andern überlassen konnten.

Im Hotel Colonnade zu Philadelphia war der erste Sammelplatz, und diejenigen, die berufen waren, als Delegaten über die Geschicke des Verbandes zu wachen, begaben sich gleich zum

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Gruppenbild der Teilnehmer am 28. Technikertag in Cape May, N. J.

Rückblick auf den 28. Technikertag

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schon zu früher Morgenstunde mit Eifer ernster Arbeit hingaben. Wir Schlachtenbummler betrachteten das Clubhaus lediglich als Erholungsstätte und fanden uns daher pünktlich zum Mittagessen ein, das im festgeschmückten Garten eingenommen wurde. Hier trafen sich nun zuerst wieder alte Freunde und Bekannte und die Mittagstafel vereinte schon eine beträchtliche Anzahl der Teilnehmer. Der Nachmittag war wieder teils der Arbeit, teils dem Vergnügen, und ich glaube, teils der Ruhe gewidmet, und gegen Abend fanden sich alle Vorzügler des Festes zum offiziellen Empfange im Garten ein, um in fröhlicher Runde die kommenden Ereignisse zu besprechen. Herr A. Kellner, Präsident des T. V. Philadelphia, begrüsste die Gäste, und die Kapelle in Gestalt eines Klaviers und einer grossen Tro nmel spielte den obligaten Tusch. Hier sah man nun Gäste von aller Herren Länder. Besonders stark war schon der T. V. Pittsburgh vertreten, und auch hier zeigte sich wieder die Wahrheit des alten Pittsburgher Wahlspruches: "Komme früh und gehe spät, so kann Dir nichts entgehen." An diesem ersten Abend sind die meisten Teilnehmer erst am frühen Morgen nach Hause gekommen.

An diesem Morgen versammelte sich die Festschaar, die mittlerweile erheblich angewachsen war, an der Fähre der Reading Eisenbahn, die uns zum Zuge nach Cape May bringen sollte. Die Fahrt war nicht besonders ereignissreich; wir fuhren durch das Flachland dahin, und allmählich nahm der Boden den Charakter der Küste an, wie man es meistens findet, wenn man sich dem Meere nähert. An einer scharfen Kurve sahen wir plötzlich den Ozean vor uns, in der Ferne erschien das stolze Gebäude des Cape May Hotels, das Ziel war erreicht! Es dauerte eine ganze Weile bis alle Teilnehmer im Lafayette Hotel untergebracht waren, und nach kurzer Zeit versammelten wir uns zur gemeinschaftlichen Mittagstafel im Speisesaal, der durch uns ein besonders lebhaftes Gepräge erhielt. Ueber hundert Personen nahmen, um kleine Tische gruppiert, ihr erstes Mahl ein, und die Stimmung war eine allgemeine fröhliche. Herr C. D. Upton, der Vorsitzende der Gewerbekammer von Cape May, begrüsste die Teilnehmer auf das herzlichste und betonte hauptsächlich, dass die kürzlich verbreitete Nachricht, Zusammenkünfte dieser Art würden in Cape May ungern gesehen, durchaus falsch sei; wir würden immer herzlichst willkommen sein und sollten ja recht bald wiederkommen.

Die Sehenswürdigkeiten von Cape May, das heisst der im Bau befindliche Handelshafen, der einmal das für Philadelphia. zu werden verspricht, war jetzt Cuxhaven für Hamburg ist, wurden Nachtmittags besichtigt, daran schloss sich ein Besuch des Vergnügungsparks von Sewell's Point, wo sich die ergötzlichsten Scenen abgespielt haben sollen, die teils durch die Camera verewigt wurden. Andere Teilnehmer hingegen nahmen an

schien, so war es doch ein herrlicher Genuss, sich zum ersten Mal nach Jahren wieder mit den Wellen zu tummeln, ein Genuss, den selbst das "most splendid Natatorium in the world" nicht bieten kann.

Die Opernsaison war leider in Cape May schon geschlossen, darum mussten sich die Damen mit einer Wandelbildervorstellung und ich glaube Karouselfahrt zufrieden geben, während die Herren ihre Freiheit in vollen Zügen bei einem fröhlichen Kommers genossen. Ich will die kleinen Zwischenfälle, dass zum Beispiel das Klavier noch nicht gestimmt war und die "Herren aus Nubierland" versuchten, erst saure Gurken und Oliven zu servieren, vergessen. Cape May ist ja schliesslich nicht der Sitz einer Alma Mater und die Leute kommen ja auch meistens nicht dorthin, um Kommerse zu feiern. Aber was die Hauptsache ist, das Bier war gut und reichlich, und die Stimmung war über jeden Vorwurf erhaben. In launiger und schneidiger Weise wurde der Kommers von Herrn Bausch geleitet; mehr oder weniger gelungene Reden wurden gehalten und die Fidelität schloss erst als absolut kein Tropfen mehr im Fass vorhanden war.

Der Sonntagsmorgen war dementsprechend für einige etwas trübe, aber die Seeluft und der wiederauftauchende Damenflor verscheuchten auch diese Gedanken, und die Wellen des Meeres nahmen manchem den letzten Druck von der Stirne. Während sich so ein geselliges Leben am Strande abspielte, tagte im Hotel die Jahresversammlung, über deren Verlauf hier nicht gesprochen werden soll.

Am Nachmittage trennte sich die Schaar der Teilnehmer und wir fuhren teils per Motorboot durch den wunderschön angelegten Inland-Kanal, teils per Auto, nach Wildwood, wo leider nur eine kurze Rast gemacht werden konnte, denn die Pflicht rief zum Bankett im Hotel Lafayette.

Um 8 Uhr Abends war das Hotel der Schauplatz eines festlichen Schauspiels, das heisst, festlich gekleidet waren nur die Damen, denn die Herren hatten sich fast durchweg die Aufforderung zu Nutze gemacht: "Wer seinen Frack lieb hat, der lasse ihn zu Hause." Obwohl keine offiziellen Reden gehalten wurden, hatten wir desto mehr unoffizielle; aber um der Wahrheit die Ehre zu geben, sie trugen sehr zur Erhöhung der Stimmung bei, und besonders die doppelte Damenrede erweckte grosse Begeisterung. Es würde hier zu weit führen, alles das zu wiederholen, was von verschiedenen Rednern, hauptsächlich den alten Semestern über das Entstehen und Gedeihen des Verbandes in schwungvollen Worten ausgesprochen wurde, es möge nur betont werden, dass der Appell nicht ungehört in den Herzen der Zuhörer verklungen ist. Dem Bankette schloss sich, trotzdem es noch Sonntag war, ein Tänzchen an und während es draussen blitzte und donnerte, schwangen sich die Paare

Rückblick auf den 28. Technikertag

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Andere dagegen, die diesem Sport nicht das notwendige Interesse abgewinnen konnten, schaarten sich in trauter Runde umeinander, und noch bis in den frühen Morgen klangen die altgewohnten Lieder in die Nacht hinaus, bis selbst die standhaftesten dem Zwange weichen mussten, denn das elektrische Licht versagte. Andere sagen zwar, es sei von böser Hand abgedreht worden, das glaube ich aber nicht, es war eben "Force Majeure."

Der Montag morgen wurde zu einem Ausflug nach Cape May Point benutzt, um zu konstatieren, wo der Delaware in den Ozean mündet, aber angesichts der Tatsache, dass dieses kein so hervorragendes Schauspiel ist und dass Leuchttürme für den Laien eigentlich nur nachts Interesse bieten, entschloss man sich bald zur Rückfahrt, um noch vor Tisch das beliebte Bad zu nehmen. Es war das reine Familienbad; wohin man schaute, bekannte Gesichter, und zum Schluss war die Sonne doch noch gekommen, obwohl sie uns die ganzen Tage etwas stiefmütterlich behandelt hatte.

Nach der Mittagstafel ging es schon an's erste Abschiednehmen, nur die Glücklichen die noch einen oder mehrere Tage Ferien hatten, hielten einen gemütlichen Kaffeeklatsch mit nachfolgendem Tanzkränzchen ab. Wir anderen schieden traurigen Herzens, warfen noch einen letzten Blick auf das Meer zurück, das uns in den Tagen ein guter Freund geworden war, und viele haben wohl für sich gesagt: "Ich komme wieder." Und darum rufe auch ich Ihnen Allen, die Sie die Tage in Cape May miterlebt haben, auch Ihnen, die Sie aus geschäftlichen oder persönlichen Rücksichten nicht mitmachen konnten, ein fröhliches "Auf Wiedersehen" zu: "Auf Wiedersehen in Fortress Monroe nächstes Jahr!"

A. D. S.

Delegatenversammlung.

Protokoll der 28ten Jahresversammlung der Delegaten des Deutsch-Amerikanischen Techniker-Verbandes, abgehalten am 30. August 1912 im Hause des Technischen Vereins Philadelphia, Pa.

Anwesend: Die Herren Bausch, Washington; Eiselt, Baltimore: Eisenschiml, Chicago; Lindenthal, New York; Obermüller, Newark; Rinald, Philadelphia; Schütte, Pittsburgh (in Vertretung der durch Unfall, respektive Geschäfte verhinderten regelrechten Delegaten Trinks und Kiehnel); Wittel, Brooklyn. Später noch Herr Kälble als Repräsentant der Schriftleitung des Verbandsorgans.

Der Delegat des abtretenden (stellvertretenden) Vororts Washington eröffnet statutengemäss die Sitzung um 11 Uhr Vormittags. Da er aber als Vertreter des antretenden (regelrechten) Vororts Washington statutengemäss als Schriftführer zu

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