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Auch fragt es sich bei unserm Falle nicht: ob im Verlauf großer Staatsumwälzungen es jemals Ges set trauriger Nothwendigkeit werden könne, die, eis nem Theil der Staatsbürger widerrechtlich confiscirten, und unter der NationalGarantie verkauften BestBungen nicht zu erstatten, und ob es dann Pflicht der Beschädigten sey, sich als dem Wohl des ganzen Vas terlands hingegebene Opfer anzusehen? Wir können weder in dem Ursprung der Confisca, noch in den Aeusserungen der cisalpinischen Behörden, jene StaatsGarantie erkennen, mit welcher man solche Auftritte über den Rang gemeiner PrivatRäubereien erheben will. Wir Bündner standen mit dem Volke, das unser Eigenthum verschlungen hat, nicht im innern, mitbürs gerlichen Verhältniß; nicht als fehlbare Individuen, sondern als Bündner, als Mitglieder eines andern Staats, griff man uns an; es war gegen einen Staat gerichtete Verlegung, und deßwegen unterhandelte man auch von Staat zu Staat darüber.

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Hier

ist also wohl eher die Frage, ob der Saß gelten soll: daß ein Volk Forderungen, die es gegen einen andern, mit ihm nicht im Kriegsstand befindlichen Staat zu machen gesonnen ist, schon vorläufig durch Beraubung einzelner Mitbürger desselben eintreiben dürs fe? ein Saß, der höchstens im Rechte der Corsaren, nie in demjenigen geseßlich lebender Völker, seine Stelle finden könnte *), und doch factisch in jener

*) Wollte man, um der Confiscation eine rechtliche Farbe zu leihen, sie unter die Represalien zählen, so ist es doch allgemeine Regel im gesitteten Europa, daß auch Ansprüche der Völker zuerst bewiesen werden müssen und daß erst nach verweigerter Genugthuung, Represalien Statt finden dürfen (Grotius droit de la guerActen d. Congr. V. Bd. 3. Heft.

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Confisca ausgesprochen ist, die uns nun bereits siebenzehn Jahre lang das rechtmäßigste Eigenthum vorenthält, und uns zum Theil in die drückendste Lage verseßt hat.

Am Altare der Gerechtigkeit verbündeten sich in unfern Lagen Europens erhabene, rechtmäßige Monarchen. Das System der Präpotenz, dessen Opfer wir wurden, ist eben jenes, gegen das Sie Ihre siegreichen Waffen vereinigt haben. Zu Ihnen erheben wir getrost den Blick. Nicht wir allein, das ganze Bündniß freier Völker dem wir angehören, und das sich, ein Denkmahl Ihrer Huld, jezt neu gestaltet, wird mit brüderlicher Wärme- wir wissen es auch dießmal `unsre Bitte zu der seinigen machen: Daß voller Ersat für den Raub, den rohe Willkühr an uns und an unserm Vaterlande beging, die Wiederkehr rechtlicher Verhältnisse bezeichne. Unser Eigenthumsrecht sind wir bereit auf das unwidersprechlichste zu erweisen, und nichts zu fordern, als was die strengste Gerechtigkeit uns nicht versagen kann. Nur diese verlangen wir; hier oder nirgens werden wir sie finden. Dest reichs erlauchter Kaiser, der Vater seiner Länder, ges denkt wohlwollend des erbvereinten Volks. Der wür dige Regent der edeln Britten, welche anvertrautes Eigenthum selbst dem Feinde im Kriege treu bewahren, wird nach solchen gerechten Grundsäßen auch unsere Klage beurtheilen. Schon einmal sprach Preußens edelmüthiger Monarch für uns und Ihm, dem glor

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re etc. L. III. c. 2. §. IV. Martens Einleitung in das Völkerrecht §. 247 und 252, u. a. m.); hier aber gingen sie sogar der Forderung voran!

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reichen Beherrscher aller Neufsen, dem was gerecht, was menschlich, in welcher Zone es sey, doch nahe liegt auch Ihm ist kein Bedrängter fremd; die Thräs nen des Dankes, die im Schooße der Alpen Ihm fliess fen werden, sind Seinem grossen Herzen nicht zu gering!

Noten
en und Beilagen.

(1)

Aus einem Kaufbriefe von 1372 26. Jul. zwischent Zanólus de Oliverio und Rudolphus de Salicibus habitans in loco de Soglio et aliquando in Burgo Clavennae, erhellet, daß Rudolph von Galeaz Visconti ein Privilegium hatte: emendi et acquirendi terras et domos, et res quas ei placuerit, in Episcopatu Cumarum, usque ad quantum contentum in dictis litteris, non obstante Statuto Communis Cumarum in contrarium loquente.

1393 24. Febr. Augustin von Salis aus Soglio wird von Joh. Galeaz Visconti für seine Clevner Güs ter von Auflagen befreit, und darf die Einkünfte derselben unbeschwert beziehen.

Aehnliche Befreiungsbriefe finden sich aus den Jahren 1440 und 1457.

(2)

Johann Galeazzo rühmt in obigem Befreiungsbrief von 1393 24. Febr. für Augustin v. Salis, die Hülfe der ihm (namentlich gegen den Grafen von Armagnac 1391) zugeführten Alpenvölker.

(3)

Im Tractat von Madrid 1621 25. April steht kein Artikel, der die Erstattung des genommenen Eigenthums namentlich bestimmt, allein der erste Artikel sagt:

Que toutes choses soyent remises en leur premier état, tant d'un côté que de l'autre etc.

Im Capitulat vom 15. Jänner 1622, in Ansehung der Grafschaft Eleven meldet der 10. Artikel:

Allen Protestirenden, so in mehr besagter Graffchaft Eleven, deren Ort und Gerechtigkeit, liegend und beständige Güter, Zins, Rennt, Gült oder andere Vers mögen und Einkommen haben, solle erlaubt und zugelassen seyn, daß sie mögen diejenigen Ort, allda fie solche ihre Einkommen haben, dreimal im Jahr, zu Einziehung derselben und damit nach ihrem Gefallen zu handeln und zu walten, besuchen, jedoch zu unterschiedlichen Zeiten 2c.

In Ansehung des Veltlins und der Grafschaft Worms der 7. Artikel: Daß die aus dem Veltlin und der Grafschaft Worms vertriebenen Protestirenden, welche liegende Güter, Zinse, Rennt und Einkommen in besagtem Thal und Grafschaft haben, und nicht katholisch leben wollen, sollen schuldig seyn, selbige innerhalb sechs Jahren gegen katholische Personen zu verwenden, vers kaufen oder vertauschen, inzwischen aber soll ermeldten Personen erlaubt seyn, an selbige Orte zu ziehen und zu wohnen, sie besigen, zwei Monat im Jahr, und nämlich jeden Monat zu unterschiedlicher Zeit. Solche zu verleihen und zu verordnen zu ihrer Wohlfahrt, die Güter zu bauen, und die Früchte und was gewachsen

ist, einzusammeln, mit sich hinwegzuziehen, und damit nach ihrem Belieben zu handeln.

Endlich lautet ein Artikel in dem 1623 am Ende des Jahrs in Rom entworfenen Tractat beinahe wörtlich wie der eben angeführte aus dem Mailändischen Capitulat. Auch im ersten Artikel des Tractats von Monçon zwischen Spanien und Frankreich 1626 5. März, ist den Bündnern der Besißstand wie vor der Rebellion zus gesichert.

(4)

Il Duca di Rohan, Pari di Francia, Locotenente, Generale delle armate del Ré.

Sopra le continue lamentazioni quali giornalmente riceviamo delli enormi eccessi ed abusi, che sono stati commessi nell'administrazione della giustizia tanto nella Valtellina quanto ne'contadi di Chiavenna e Bormio doppo l'anno 1620. Doppo avere il tutto. ponderato con maturo consiglio e giudizio e rico nosciuto chiaramente quanto la passione e vendetta abbi prevaluto al dritto ed equità. Noi ordiniamo per la presente che tutte le sentenze ed atti di giustizia seguite doppo il sudetto anno 1620 sin al presente da giudici della detta Valle e sudetti contadi senza haver udito le parti e per contumacia in pregiudizio de' Grigioni ed altri espulsi della detta valle e sudetti contadi siano invalide e nulle e come non fatte. Li patroni e proprietari restituiti ne' loro ́ beni e facolta senza alcuna contradizione, come ancora quelli che sono stati spoliati per forza senza alcuna formalità di giustizia. Commettendo ai cancellieri, consoli, podestà ed altri Offiziali della detta

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