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fis derselben zu äussern *). Worauf der Congreß ihm seine gütigen Gesinnungen verdankte, und sich auf die Entschließung bezog, die von den Gemeinden in diesem wichtigen Geschäft würden genommen werden **).

S. 10.

Einen vielleicht nicht unabsichtlichen Verstoß im Memoire S. 3, als hätten erst nach diesen Conferenzen die Provinzen sich für unabhängig erklärt, werden unsre Leser von selbst bemerkt haben. Eben so wenig kann es ihnen schwer fallen, sich in die Stimmung der bünds nerischen Gemeinden zu denken, welche zwar mittlerweis le zu einer förmlichern Gesandtschaft nach Mailand den Herrn von Planta bestätigt und ihm noch drei Gefähr ten zugeordnet hatten, aber erst nach dieser Ernennung die Anzeige erhielten, daß keine andere Wahl übrig sey, als Einverleibung oder gänzlicher Verlust der Unterthanen ***). Was auch in diesem Ausschreiben von den Vortheilen der erstern und von den Gefahren des lestern gesagt wurde, konnte ben gerechten, mit jedem Lage durch neue Beleidigungen von den Abtrünnigen genährten Widerwillen nicht überwiegen. Oder waren es etwa die in ihren Proklamationen und Flugschriften stromweise ausgegossenen Verläumdungen und Beschimpfungen Bündens; waren es die Drohungen, sein Gebiet feindselig anzufallen; war es die Auslegung eines starken Wein und ViehZolles, wodurch die Unterthanen ihre Aufnahme in den Bund zu verdienen glaubten? -Oder sollte der geäusserte Gedanke einer Res

* S. obiges Schreiben vom 2. Juli.

གྲུལཆེན་བསྟནས་སུ

**) Antwortschreiben an den Obergeneral vom 10. Juli.
***) Extra Ausschreiben vom 10. Juli.

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volutionirung unserer eigenen Verfassung uns reizten, fle ganz unentgeltlich dem herrschenden Lande einzuverleiben *)? Wirklich muß der französische Resident Comeyras dieser Meynung gewesen seyn, da er den Bündnern zumuthen durfte: sie sollen den Unterthanen eine Einverleibung mit völliger Gleichheit der Rechte antragen **); wobei er', aus Uebermaaß von Delitatesse, dieses sein Schreiben den Deputirten der Rebellen mittheilte, noch ehe es in Chur angekommen seyn konnte ). Wiewohl nun die Sachwalter des Aufs stands damals alle. Ausdrücke der Sprache erschöpften um die Unthunlichkeit dieser von ihnen, wie sie sagten, verabscheuten Einverleibung zu schildern †), so mußte nachher die Ablehnung derselben dennoch zu einem Klagpunkt gegen Bünden dienen ††).

S. 11.

Wirklich fielen die Vota der bündnerischen Gemeinden so wenig günstig für die Einverleibung aus,

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*) S. das oft citirte Risultato p. 8. Unione colla Repubblica de' Grigioni, il di cui Governo istesso pero doveva assere cangiato e ridotto secondo le circostanze de tempi. Und in der Relation der Elevner: Nel caso che la Rep. Reta pensasse di sottoporre l'unione federativa a condizioni onerosi, le avrebbe la Francia unite alla Lombardia.

**) Schreiben vom 3. Juli 1797.

***), das Risultato etc. S. 10. und Relation der Clevner, denen er sogar eine Abschrift des Briefes gab.

t) S. das Risultato p. 7 und 9. Noch stärker in der Dichiarazione p 30. L'incorporazione della Valtellina alla Rezia sarebbe un vero mostro four 'di natura, un aborto politico incapace di esistenza. fi

††) S. das ConfiskationsDekret vom 28. Oktober 1797.

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daß bei ihrer Classification nur 21 ausdrücklich bewilli gende gegen 16 verweigernde und 26 unbestimmte oder ausbleibende Stimmen gefunden wurden *). Der Congreß sah sich demnach veranlaßt die Frage noch einmal auszuschreiben, und eine Instruktion aufzuseßen (7. August), welche zur Unterhandlung auf Einverleibung keis ne unbeschränkte Vollmacht enthielt. Dennoch bes liebte es bald darauf dem Obergeneral eine solche Vollmacht und die Absendung der Deputirten spätestens auf den 20. Sept. zur neuen Bedingung seiner Mes diation zu machen, wenn Bünden nicht der Einverleis bung auf immer verlustig werden wolle ). In dem Compte rendu des französischen Residenten erkennt man leicht, wie eifrig Bonaparte gegen die damaligen Mitglieder der Regierung Bündens aufgeheßt wurde. In dem Wunsche, die etwanige Vergrösserung Cisalpiniens durch Veltlin 2c. dem bevorstehenden Friedensschluß vorangehen, und sie in demselben anerkennen zu lassen, mag ein zweiter Grund zur Eile gelegen haben.

Dem sey wie ihm wolle, so mußte dies neue Ansinnen den Congreß in die peinlichste Verlegenheit bringen, weil die seither eingelangten Mehren der Gemeinden in Ansehung der Einverleibung 24 abschlagende Stimmen gegen 21 bewilligende und 14 verschiebende enthielten (1. Sept.). Auch der Bundstag auf Davos wollte sich mit einem so mißlichen Geschäfte nicht belas den, sondern wies es an den Congreß zurück (9. Sept.), der nun die Anfrage um unbeschränkte Vollmacht

*) Ausschreiben vom 11. August. Die Mehren wurden nachher alle gedruckt (Anhang zum Bundstagsausschreiben vom 15. Sept. 1797), woraus Jedermann sich selbst von ihrer Unbestimmtheit überzeugen kann.

**) Schreiben des Residenten vom 23. August 1797.

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der Deputirten, auf die Gemeinden sandte, wäh rend er dem französischen Residenten die Unmöglichkeit den Termin zu beobachten vorstellte *). Als nachher die Mehren der Gemeinden einkamen, verweigerten 29 derselben die unbeschränkte Vollmacht **) und billigten die von dem Congreß entworfene Instruktion.

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Nicht ohne Grund hatte der französische Obergenes ral anfänglich bezweifelt, ob die Revolutionirung Veltlins wahrhaft entschiedener Wille der Mehrheit, oder nur das Werk einer Faktion sey ***). Die Deputirten der Abtrünnigen wußten ihm diesen Zweifel zu benchmen, ja sogar die Zusage gewaffneten Beistands von ihm zu erhalten †); und seitdem war er freilich an die Aufrechthaltung der revolutionären Parthei gebunden. In Kurzem bedurfte sie wirklich seiner, da die Geistlichkeit und das Volk ein Mißvergnügen an den Tag legten, welches allgemach zum furchtbaren Aufstand anwuchs. Die sogenannten Patrioten ergriffen die Flucht, und es war um ihre Sache geschehen, wäre nicht der General Murat auf Befehl Bonapartes ††) mit einer Colonne mobile an die Grenzen Veltlins geeilt. Eben dahin, nach Edolo, beschied er zugleich die in Mailand befindlichen Deputirten der revolutionären Parthei dieser Provinzen, damit sie, in Einverständniß mit ihm,

* Ausschreiben vom 2. Sept. versandt am 12., und Schreiben an Comeyras vom 5. und 9. Sept.

**) Protocoll des Congresses vom 16. October in seinem Ausschreiben vom 20.

***) Risultato etc. p. 8.

†) Ebendaselbst p. 9.

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i). dessen Proclama am 23. Fruktidor (9. Sept.) 1797.

an Herstellung der Ruhe arbeiten sollten. Sein Brief gab sattsam zu erkennen, was die Gegenparthei zu erwarten habe, wenn sie sich nicht füge *). Noch deutlicher konnte sie es vernehmen, als er selbst, von Reuterei umringt, in Veltlin erschien, die Gegenrevolution (wie man sie nannte) erstickte, und die flüchtigen Patrioten, wieder einseßte. Doch schien es nicht rathsam, sie der Zuneigung ihrer Landsleute anzuvertrauen, sondern war zu ihrer Sicherstellung nothwendig und wie es scheint eine der in Edolo verabredeten Maasregeln, daß der französische General selbst, für den Fall künftiger Aufstände, einen Wachsamkeits Ausschuß ernannte. Diesen beauftragte er: allen Ruhestörungen und jeder Unterbrechung des Justiz gangs vorzubauen und mit ihm hierüber eine Correspondenz zu führen. Andere Vollmacht hatte dies Comite' auf

*) S. Murats Schreiben, Mailand, 1r jour complémentaire an VI. (18. Sept. 1797) an die Deputirten von Veltlin, Eleven und Worms in Mailand. Il (le Général en chef) m'ordonne en conséquence de me rendre sur la frontière de la Valtelline avec une colonne mobile et d'appeler au près de moi les députés des peuples de Sondrio, Bormio et Chiavenne, pour parvenir de concert avec moi à rétablir la tranquillité dans les pays de la Valtelline. Je vous invite en conséquence à vous rendre dans le plus bref à Edolo ou je serai moi-même rendu le 1. Vendemiaire. Je vous prie de prévenir vos concitoyens, que leurs personnes et leurs propriétés seront 194 religieusement respectées. J'espère que je n'aurai pas la douleur de me voir forcé d'employer des mesures de rigueur, qui repugnent à toute ame sensible Que les patriotes fugitifs puissent donc rentrer avec sécurité dans leurs foyers, que tout esprit de vengeance disparoisse. Puisse je à mon arrivée n'y voir qu'une famille de frères.

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