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Anhang

1.

Verfassung des Herzogthums Sachsen
Coburg Meiningen vom 4. Sept.

1824.

Von den fünf Staaten des Hauses Sachfen Ernefti nischer Linie erhielten drei, seit dem Jahre 1816, neue ständische Verfassungen, und zwar so, daß die von dem Regenten ausgegangenen Verfassungsentwürfe den Stän den zur Prüfung und Annahme vorgelegt wurden. So trat am 5. Mai 1816 das Grundgeset über die Tandständische Verfassung des Großherzogthums Weimar-Eisenach, am 19. März 1818 das Grundgeset über die landständische Verfassung des Herzogthums Hildburghausen, und am 8. Aug. 1821 das Gesek, die ständische Verfassung des Herzogthums Coburg-Saalfeld betreffend, ins öffentliche Staatzleben. Dagegen dauert in den unter Einer Regierung vereinigten Fürstenthümern Gotha und Altenburg die frühere landständische Verfassung fort, wie sie seit dem sechszehnten Jahrhunderte bestand, was bei den, nach dem Erlöschen dieses Regentenhauses, bevorstehen den Veränderungen in dem Territorialbestande dieser Lånder nicht befremden darf. Allein. selbst in diesen beis den Fürstenthümern ist die ständische Verfassung vers

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schieben. Im Fürstenthume Gotha bestehen die Ständ aus drei Collegiis: den Grafen und Herren, den Rit tern, und den zwei kanzleimäßigen Städten: Gotha und Waltershausen; im Fürstenthume Altenburg aber wird die Landschaft nur aus zwei Classen, der Ritters schaft und den neun Städten (Altenburg, Kahla, Eisenberg, Schmöllen, Ronneburg, Roda, Drlamünde, Cam: burg und Lucca) gebildet. In der ständischen Verfas= sung des Fürstenthumes Altenburg wurden auf dern Landtage vom Jahre 1818 einige Veränderungen eingeführt, wodurch die ganze Kameralverwaltung unter die Aufsicht der Landschaft gestellt ward.

In dem Staate des Herzogs von Meiningen bestanden in dem sogenannten Oberlande und in dem Antheile an dem, mit Gotha gemeinschaftlichen, Amte Römhild keine Landstände; denn diese waren im Oberlande, seit feiner Trennung von Coburg (vgl. v. Hoff s geographischstatistischen Abriß der Länder des Hauses Sachsen, Ernestinischer Linie. Weimar, 1819.8. S. 185), eingegangen; und in Rómhild hielten sich zum Theil die Rittergutsbesiger vor dem Jahre 1806 zur Reichsritterschaft. Allein in dem größern Theile des Staates, in dem Unterlande, dauerten die Landstånde fort, und wurden in Ritter schaft und Städte getheilt, von welchen jeder Thei sechs Deputirte zum Landtage ernannte, auf welchem die Steuern berathen und bewilligt wurden.

An die Stelle dieser aus früherer Zeit fortdauernden ständischen Landtagsform ist nun am 4. Sept. 1824 ein neues, vom regierenden Herzoge gegebenes, Grundgesek bekannt gemacht worden, das unter allen neuern Verfassungen mit der Weimarifchen die meiste Aehnlichkeit hat, die man als den Grundtypus desselben bez trachten kann.

Grundgefeß über die landständische Ver. fassung des Herzogthums SachsenCoburg-Meiningen.

Wir Bernhard, von Gottes Gnaden Herzog zu Sachsen, Jülich, Cleve und Berg, auch Engern und Westphalen, Landgraf in Thüringen, Markgraf zu Meißen, gefürsteter Graf zu Henneberg, Graf zu der Mark und Ravensberg, Herr zu Ravenstein ›c.

Es ist uns nicht entgangen, daß die Zusammensetzung Unserer bisherigen Unterländischen Landschaft keineswegs für eine, den Erfordernissen der Zeit entsprechende, volls tommene Repräsentation aller Stände geachtet werden konnte, und daß es in vielen Fällen an genauer Bestims mung der landschaftlichen Rechte und Pflichten fehlte.

Um diesen Mängeln abzuhelfen und zugleich, der teutschen Bundesacte gemäß, die Wohlthaten einer lands ständischen Einrichtung auf Unsere sämmtlichen Landess theile zu erstrecken, haben Wir beschlossen, nachfolgende Bestimmungen, als

Grundgeset über die landschaftliche Verfass fung des Herzogthums Sachsen-CoburgMeiningen

eintreten zu lassen.

Erster Abschnitt.

Allgemeine Bestimmungen.

§. 1. In dem Herzogthum Sachsen Coburg Meinins gen besteht eine landständische Verfassung, welche allen Theilen desselben, das gemeinschaftliche Amt Rdmhild, unter Sachsen, Gothaischer Zustimmung, mit eingeschloss sen, gemeinschaftlich ist.

§. 2. Drei Stände sind in dem Herzogthum Sachs sen-Coburg Meiningen, als Landstånde, anerkannt, der

Stand der Rittergutsbefizer, der Stand der Bürger und der Stand der Bauern.

§. 3. Diese drei Stände bilden die Landschaft, aus ihrer Mitte werden Abgeordnete gewählt, und durch diese fämmtliche Staatsbürger vertreten.

§. 4. Alle der Landschaft zukommenden Rechte können nur von den geseßlich bestehenden Volksvertretern in der Art und unter den Bedingungen ausgeübt werden, wie folches in gegenwärtiger Verfassungsurkünde festgefeht ist.

§. 5. Die bisherige, nur auf einen Theil des Her: zogthums, nämlich das Unterland, Bezug habende Lands schaft, wird als aufgelöst betrachtet, sobald dieses Grunds gesetz verkündigt ist.

§. 6. Die ältere landschaftliche Verfassung und das, auf vieljährige Observanz gegründete, Verfahren bei ders felben, behält aber in den Fällen, in welchen dieses Grundgeses keine Auskunft giebt, so lange subsidiarische Gültigkeit, bis eine Abänderung geschlich verordnet seyn wird.

3weiter Abschnitt.

Rechte des Regenten, in Bezug auf die lands ständische Verfassung.

§. 7. Der Regent beruft und eröffnet den Landtag. Ohne des Regenten ausdrückliche Genehmigung können die Landstände sich nie zu einem Landtag vereinigen.

§. 8. Die Eröffnung des Landtags kann der Regent durch einen hierzu bevollmächtigten Commissarius bewerks stelligen lassen.

§. 9. Der Regent, schließt den Landtag und vertagt denselben.

§. 10. Der Schluß des Landtags wird durch einen Landtagsabschied bewirkt, die Vertagung geschicht, - nach dem Ermessen des Regenten, oder auf Antrag des Lands tags' selbst: Ohne landesherrliche Genehmigung darf der Landtag nicht auseinander gehen.

Die Bertagung erfolgt durch ein an die gesammte Lands schaft gerichtetes, vom Regenten, nach vorgängiger Cons

trasignatur seines geheimen Ministeriums, vollzogenes Re: script. Nach dessen Eingang sind alle weiteren Verhands lungen des Landtags ungefeßlich.

§. 11. Aus jedem der drei Landstände, nämlich aus den Rittergutsbesißern, aus den Bürgern und aus den Bauern ernennt der Regent einen Abgeordneten zum Lands tag. Derjenige, welcher vom Regenten hierzu aus dem Stande der Rittergutsbesitzer erwählt wird, ist Landmars schall und verliert diese Stelle nur dann, wenn zwei Drits tel der gesammten Landschaft beim Regenten darauf ans tragen und ihren Antrag mit triftigen Gründen unters stüßen.

ཞུས ཞུམ་

§. 12. Die Wahlen der, landschaftlichen Vorstandsund Ausschußmitglieder, so wie die der sonstigen lands schaftlichen Beamten, bedürfen der landesherrlichen Be: stätigung; diese Bestätigung wird jedoch nur, unter Ans führung der Gründe, versagt.

§. 13. Zu den landschaftlichen Sißungen können vom Landesherrn ein bis zwei Commissarien abgeordnet wers den, die in denselben Antheil an den Deliberationen neh men, aber kein wirkliches Stimmrecht und sich, während der Abstimmung, zu entfernen haben.

Dritter Abschnitt.

Rechte der Landstände.

§. 14. Es stehen den Landständen zur Ausübung durch ihre Vertreter (§. 4.) folgende Rechte zu:

1) das Recht, gemeinschaftlich mit dem Landesfürsten und den von Ihm dazu beauftragten Behörden, die Staatsbedürfnisse, soweit dieselben aus landschaftlis chen Caffen und aus dem Vermögen der Staatsbürs ger zu bestreiten sind, zu prüfen, und die zu ihrer Deckung erforderlichen Einnahmen und Ausgaben fests zusehen; (Bestimmung des Etats.)

2) das Recht, über jede Besteuerung und andere Bes lastung der Staatsbürger, so wie über jede, allges meine Anordnung, welche darauf Einfluß haben möchte, ehe sie zur Ausführung kommt, gehört zu werden, dergestalt, daß ohne der Landstände auss

Bierter Banb.

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