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6) Königreich Hannover.

Der Churstaat Hannover, der während des Revolutionskrieges, im letzten Jahrzehend des achtzehnten, und in den ersten 13 Jahren des neunzehnten Jahrhunderts, die abwechselndsten politischen Schicksale erfuhr, trat, nach der Wiederherstellung des guelphischen Regentenhauses im Spátjahre 1813, aus allen bestandenen Ges fahren und Leiden, mit einem bedeutenden Länderzuwachse und mit der königlichen Würde heraus.

Obgleich die wiederhergestellte Regierung sogleich die Erneuerung der vormaligen landständischen Vers fassung aussprach; so ward doch durch das Patent des damaligen Prinz - Regenten von Großbritannien vom 7. Dec. 1819 eine zeitgemäße Gestaltung derselben, nach vorhergegangener Rücksprache mit den zusammenberufenen Stånden, angeordnet, welche hauptsächlich in der Bereinigung der Stände aller einzelnen Provinzen des Königreiches zu einer Gesammtvertretung, und in der Abtheilung der Stånde in zwei Kammern nach dem Muster des brittischen Parlaments - bestand.

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Dieser neuen Gestaltung ward bereits im dritten Theile dieser Sammlung S. 337 ff. gedacht, wo sich das Patent vom 7. Dec. 1819 in Beziehung auf die Verfassung der allgemeinen Ståndeversammlung des

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Königreiches, und die Rede des Herzogs von Cambridge befindet, womit er am 28. Dec. 1819 die neue Ständeversammlung eröffnete.

Das Patent vom 7. Dec. 1819 enthielt nur die allgemeinsten Grundzüge der neuen ständischen Verfas= sung. Es folgten daher in den Jahren 1822 und 1823 mehrere königliche Edicte, in welchen die gesammte Staatsverwaltung - doch mit durchgängiger Berücksichtigung der geschichtlichen Unterlage der früher bestandenen politischen Formen umgestaltet ward. Von diesen Edicten, welche zunächst in der zu Hanno ver erscheinenden Gefeßsammlung bekannt gemacht wurden, und sich in keiner andern Urkundensammlung befinden, gehören vier hierher: a) das Edict vom 12. Dec. 1822 die Bildung der künftigen Staatsverwaltung betreffend; b) die Verordnung vom 18. Apr., 1823 wegen der neuerrichteten Lands drosteien; c) das Reglement vom 18. Apr. 1823 über die künftige Verwaltung der Domainen; und d) die Amtsordnung vom 18. Apr. 1823.

a) Edict vom 12. Oct. 1822, die Bil Bung der künftigen Staatsverwal tung betreffend.

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Georg der Vierte,, von Gottes Gnaden Konig des vereinigten Reichs Großbritannien und Irland ., auch König von Hannover, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg ic. c.

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Da es uns nicht unbemerkt bleiben konnte, daß die früher unter ganz andern Umständen angeordnete und ausz gebildete Landesverwaltung in unsern teutschen Staaten

bei den wichtigen Veränderungen, welche durch die neues sten Ereignisse, wie durch die in Folge derselben Statt. gefundenen Verhandlungen und Friedensschlüsse in Anses hung des Umfangs und der Verhältnisse derselben herbeis geführt waren, nicht mehr zweckmäßig blicb; so ließen Wir, nachdem die Ruhe in Leutschland wieder hergestellt und gesichert, und die für Unser Königreich Hannover getroffenen Bestimmungen größtentheils zur Ausführung gebracht waren, es eine Unserer ersten Sorgen und Ge schäfte seyn, Namens und von wegen Unseres nunmehro in Gett ruhenden Herrn Vaters Majestät, mehrere sehr wesentliche Abänderungen und neue Einrichtungen in Ans schung der Verwaltung, wie der Vertheilung und Bes handlung der Geschäfte in den verschiedenen Verwaltungss behörden anzuordnen.

Nachdem sich nun solche, so weit sie bis jest zur Aus: führung gebracht sind, im Ganzen als zweckmäßig und wohlthätig bewährt haben; so ist es doch von Uns wahrs genommen worden, daß dadurch dasjenige nicht völlig ers reicht worden ist, was Wir, nach den Uns beiwohnenden landesväterlichen Absichten, dadurch zu erreichen bezweck ten. Wir haben daher, um den Geschäftskreis einer jez den Unserer Landes Verwaltungsbehörden dergestalt auss zubilden, daß solcher deren eigentlichen Bestimmung ents sprechend und für sämmtliche Provinzen Unsers Königs reichs Hannover gleichmäßig sey, wie auch, um den Ges schaftsgang allenthalben einfacher und rascher, und die obert Leitung sämmtlicher Verwaltungszweige aus einem mit der gehörigen Uebersicht des Ganzen verschenen Cens tralpuncte leichter und kräftiger zu machen, in Ansehung der Geschäftskreise, des Geschäftsganges und der Vers hältnisse der verschiedenen Verwaltungsbehörden, mehrere wesentliche Veränderungen und neue Einrichtungen ans zuordnen beschlossen, und machen demnach mittelst dies ses Edicts dasjenige vorläufig bekannt, was Unsern ge treuen Unterthanen zur künftigen Nachachtung zu wissen nöthig ist.

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I. Die oberste, Uns unmittelbar verantwortliche Be hörde für alle Verwaltungszweige, mit Ausnahme der

rein militairischen Angelegenheiten, ist für Unser ganzes Königreich Hannover Unser Staats und Cabinetsminis fterium.

Sämmtliche obere Verwaltungsbehörden sollen dem selben in Zukunft auf eine völlig gleichmäßige Weise un tergeordnet seyn, an dasselbe zu berichten und von dems selben Verhaltungsanweisungen zu empfangen haben, und es sollen mithin keine unmittelbare Berichtserstattungen von irgend einem Landescollegio an Unsere allerhöchste Person Statt finden.

Auf gleiche Weise sollen von den Verfügungen und Entscheidungen sämmtlicher denselben unmittelbar unters geordneten Verwaltungsbehörden Berufungen an Unser Staats und Cabinetsministerium zulässig und dasselbe befugt seyn, darauf nach Befinden zu beschließen und Abänderungen zu treffen. Auch soll Unser Ministerium künftig die Prüfung und Anstellung sämmtlicher zum Cis vildienst sich meldenden Candidaten zu leiten, wie nicht weniger mittelst der anzuordnenden Landdrosteien die Aufs sicht über sämmtliche Beamten zu führen und deren Bes förderung und Versehung, nach vorgängiger Berathung im Geheimen Rathscollegio, zu bestimmen haben.

II. In Unserm Staatss und Cabinetsministerio selbst soll der älteste von Unseen in Hannover anwesenden, den Ministerialsigungen regelmäßig beiwohnenden Staats- und Cabinetsministern ein förmliches Directorialpräsidium, un ter Leitung Unsers Herrn Bruders, des Herzogs von Cambridge Königlichen Hoheit und Liebden, zu führen und über den Geschäftsgang bei Unserm Ministerio in allen seinen Zweigen, so wie solcher in einer besondern Geschäftsordnung regulirt werden wird, wie über die Dienstführung sämmtlicher bei Unserm Ministerio anges stellten Personen die oberste Aufsicht haben, und es soll einer Unserer Geheimen Cabinetsräthe, welcher zugleich Generalfecretair Unsers Ministerii seyn soll, demselben darin zur Beihülfe dienen.

III. Die bei Unserm Staats- und Cabinetsministerio bisher Statt gefundene Vertheilung der Geschäfte in vers schiedene, nach den Gegenständen regulirte Departements

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soll vor der Hand beibehalten, und es sollen auch die Brem und Verdenschen, Osnabrückschen, Bentheimschen,' Lingenschen, Meppen und Emsbührenschen und Ostfrie sischen Landessachen, gleich wie die Sachen der übrigen Provinzen, mit in die Realdepartements. gezogen, und. nicht mehr in befondern Provinzialdepartements bearbeiz tet werden; und es ist demnach auf alle an Unser Minis sterium gerichtete Gesuche, Vorstellungen, Berichte und sonstige schriftliche Eingaben jederzeit sowohl auf der Aus: ßenseite als im Innern zu bemerken, für welches De: partement sie gehören. Bei einem jeden Departement foll ein Hauptreferent und Expedient, und daneben zu deffen Sublevation und Bertretung bei Behinderungsfäls len ein zweiter Arbeiter angestellt werden.

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IV. Um das Departement der Justizsachen bei Unserm. Ministerio in den Stand zu sehen, sich der Gesetzgebung. als seiner Hauptsächlichsten Bestimmung mehr, als bisher hat geschehen können, zu widmen, sollen nicht mehr sämmt liche von Unsern Justizcanzleien ertheilte Erkenntnisse in peinlichen Fällen mit den dazu gehörenden Relationen wie bisher zur Bestätigung eingesandt werden, sondern es soll folches nur in Ansehung derjenigen Strafurtheile Starr finden, welche auf eine höher als fünfjährige öffentliche Arbeits- und Zuchthausstrafe gerichtet sind; es sey denn, daß wegen der Gattung des Verbrechens oder wegen der Person des Verbrechers eine Einsendung der Relation nô thig wird, oder daß sonst ein Grund vorhanden ist, wo durch die Justizbehörde, welche das Straferkenntniß ge sprochen hat, sich verpflichtet oder veranlaßt sicher, dass selbe mit der Relation einzureichen. Dagegen wird künft tig, nach einer zu erlassenden nähern Bestimmung, wo eine Berufung nicht Statt findet, bei einer anderweiten Vertheidigung eine Transmission von einer Justizcanzlei an die andere Statt haben.

V. Unserm Geheimen Rathscollegio soll dadurch eine größere Wirksamkeit verschafft werden, daß neben einer zweckmäßigern Geschäftsordnung demselben noch einige außerordentliche Beisitzer beigegeben werden, um, noch mehr als bis jeht der Fall gewesen, Personen, die mit

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