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31. Kriegserklärungen und Friedens, oder Allianzvors träge gehen von der Tagfahung aus; aber die Zustimmung von drei Viertheilen der Cantons ist nothwendig.

32. Sie allein schließt die Handelsverträge und Capis tulationen für fremden Dienst. Sie ermächtigt die Cans tons in vorkommenden Fällen, über andre Gegenstände mit einer fremden Macht für sich zu verhandeln.

33. Es kann ohne ihre Zustimmung in keinem Canton für eine fremde Macht recrutirt werden.

34. Die Tagsahung bestimmt das für jeden im zweiten Artikel festgeschte Truppencontingent. Sie ernennt den General, der sie commandiren soll, und nimmt sonst alle für die Sicherheit der Schweiz und für die andern Vers ordnungen des ersten Artikels nöthigen Maaßregeln. Sie hat dasselbe Recht, wenn Unruhen in einem Canton die Ruhe der übrigen Cantons bedrohen.

35. Sie ernennt und sendet außerordentliche Both: schafter ab.

36. Sie entscheidet über Streitigkeiten, welche zwi schen den Cantons ausbrechen, wenn sie durch Schieds richter nicht beendigt worden sind. Zu diesem Behuse bildet sie sich zu Ende ihrer ordentlichen Arbeiten in ein Syndicat; allein dann besißt jeder Deputirte eine Stimme und kann ihm in dieser Rücksicht keine Instruction geges ben werden.

37. Die Protocolle der Tagsaßungen werden in das Register eingetragen, deren eines dem Vororte verbleibt, und das andre, mit dem Staatssiegel bedruckt, zu Ende Decembers an den Hauptort des Vorortes gebracht wird.

38. Ein Kanzler und ein Schreiber, welche von der Tagsatzung für zwei Jahre ernannt und vom Vororte in Gemäßheit der Verordnung der Tagsaßung bezahlt wer: den, begleitet beständig das Siegel und die Register.

39. Die Verfassung jedes Cantons, auf Pergament geschrieben, und mit dem Cantonssiegel bedruckt, wird in den Archiven der Tagsagung niedergelegt.

40. Gegenwärtige Bundesacte, so wie die besondern Verfassungen der 19 Cantons, machen alle frühern Vers

ordnungen ungültig, die ihnen entgegen seyn könnten; und es kann kein Recht in Hinsicht auf die innere Re gierung der Cantons, und ihre gegenseitigen Verhältnisse auf den vormaligen politischen Zustand der Schweiz gez gründet werden.

In Ungemessenheit zu dieser Vermittelungsacte hielt die bisherige Centralregierung der Schweiz am 5. März 1803 ihre lehte Sißung, und am 10. März trat der für das erste Jahr ernannte Landamman d'Affry die Regierung an. Die ersten Cantonsregierungen wurden bis zu Ende des Aprils gebildet, ohne daß bedeutende Unruhen entstanden, obgleich beide Partheien, noch nicht versöhnt waren, und man auch in den meisten Cantonen zu den alten Formen sich hinneigte. So hatten in Bern die patricischen Familien die Wahl ausschließend auf Männer ihrer Parthei zu leiten gewußt; in Freiburg war die Mehrheit der Gewählten aristokratisch; in Solothurn, dem Alten treu ergeben, war doch ein Landbürger Schultheiß geworden; in Lucern zeigte fich Vorliebe für das demokratische System, und Rüttis mann, der für das Haupt der Republikaner galt, war einer der beiden Schultheißen; in Zürich äußerte sich der Partheigeist am lebhaftesten; die Aristokraten sieg= ten; doch fanden sich auch Demokraten im großen Raz the, und Usteri war Mitglied des kleinen Naths. In Basel bestand eine Mischung beider Partheien; in Glarus hielt man ziemlich die Mittelstraße; in St. Gallen und Thurgau regierten gemäßigte Republikaner; allein in Schwyz, Uri, Unterwalden, Zug, Appenzell, und im Waadtlande siegte die demokratische Parthei. Im Aargau war, unter Berns Einflusse, die Wahl zur Regierung auf Aristokraten

gefallen; und in Bündten blieb man bei den alten Formen.

Mit Frankreich ward (27. Sept. 1803) ein Defens fivbündniß und eine Militaircapitulation ab geschlossen. Ein Jahrzehend hindurch blieben die Partheien im Innern der Schweiz beruhigt. Sie regten sich aber von neuem, als Napoleon, nach der Völkerschlacht von Leipzig, den Boden Teutschlands verlassen mußte, und die Verbündeten, die von der Schweiz am 18. Nov. 1813 beschlossene, und von Napoleon aner kannte, Neutralität der Schweiz nicht zugestanden.

Das Heer des Fürsten von Schwarzenberg ging durch die Schweiz über den Rhein, nachdem die Vers bündeten am 21. Dec. 1813 aus Freiburg in einer Erklärung über die Angelegenheiten der Schweiz dahin sich ausgesprochen hatten:,,Der Zweck der verbündeten Souveraine ist, der Schweiz in Ansehung ihrer auswårtigen Verhältnisse, dieselbe freie und vortheilhafte Stellung zu sichern, in welcher sie sich vor den Revolutionsstürmen befand, die vollkommenste Unabhängigkeit dieses Landes. Mit ihr ist aber der gegenwärtige Zustand der Dinge, in welchem die Schweiz aus einem freien Vereine für sich selbst bestehende Republiken, zu einem unmächtigen, leidenden Werkzeuge französischer Herr schaft herabgewürdigt war, durchaus unverträglich. Wenn diesem Uebel gründlich abgeholfen, wenn die Integrität des schweizerischen Gebiets in seinen alten Gränzen auf allen Seiten wieder hergestellt und die Schweiz in eine Lage verseht seyn wird, die es ihr möglich macht, die Grundlage ihres künftigen Föderativsys stems und der von ihr selbst zu wählenden Form, ohne alle Rücksicht auf fremden Eins fluß, anzuordnen; dann werden die verbündeten

Die in

Mächte ihr Werk als vollendet betrachten. nere Verfassung und Gesetzgebung der einzelnen Cantone, und die Bestimmung ihrer wechfelseitigen Verhältnisse, ist eine reine Nationalangelegenheit der Schweizer, die ihrer eignen Gerechtigkeit und Weisheit überlassen werden muß."

Bald, nach dieser Erklärung, am 29. Dec. 1813, sprachen die zu Zürich versammelten Gesandten der Cantons Zürich, Lucern, Basel, Glarus, Uri, Schwyz, Zug, Freiburg, Schafhausen und Appenzell, die Aufs lösung der Vermittelungs acte aus.

7) Uebereinkunft vom 29. Dec. 1813.

Die in Zürich versammelten Gesandten der alts cidss gendssischen Stände Uri, Schwyz, Lucern, Zürich, Glarus, Zug, Freiburg, Basel, Schafhausen und Appenzell beider Rhoden haben, bei reifer Bes rathung über die dermalige bedenkliche Lage des gemeins samen Vaterlandes, sich einmüthig überzeugt, daß von Außen her, und nach den im Innern der Schweiz vor gefallenen Ereignissen, die gegenwärtige Bundesverfas fung, so wie sie in der Mediationsacte enthalten ist, keis nen weitern Bestand haben könne; daß aber für die Wohlfahrt des Vaterlandes hohe Nothwendigkeit sey, den alten eidsgenössischen Verband nicht nur beizubehal ten, sondern neu zu befestigen; zu welchem Ende ihren sämmtlichen Committenten folgende Uebereinkunft zu mögs lichst beschleunigter Ratification vorgeschlagen wird:

1. Die beitretenden Cantone sichern sich im Geiste der alten Bünde und der seit Jahrhunderten unter den Eids: genossen bestandenen glücklichen Berhältnisse brüderlichen Rath, Unterstügung und treue Hülfe neuerdings zu.

2. Sowohl die übrigen alt: cidsgenössischen Stände, als auch diejenigen, welche bereits seit einer langen Reihe

von Jahren Bundesglieder gewesen sind, werden zu dies sem erneuerten Verband förmlich eingeladen.

3. Zu Beibehaltung der Eintracht und Ruhe im Va terlande vereinigen sich die beitretenden Cantone zu dem Grundsahe, daß keine mit den Rechten eines freien Vol tes unperträglichen Unterthanen Verhältnisse hergestellt werden sollen.

4. Bis die Verhältnisse der Stände unter sich und die Leitung der allgemeinen Bundesangelegenheiten näher und fester bestimmt sind, ist das alt; eidgendssische Vor: ort Zürich ersucht, diese Leitung zu besorgen.

5. Zum Gefühl der Dringlichkeit, auf die Erklärun gen der hohen alliirten Mächte vom 20. Decbr. dieses Jahres, welche auf die Stellung der Schweiz bis zu ei nem allgemeinen Frieden Bezug haben, eine angemessene Antwort zu ertheilen, sind die bestimmenden Stände ber reit, hierüber in Unterhandlungen zu treten.

Actum in Zürich, den 29. Decbr. 1813.

Gemeineidsgenössische Tanzlei.

Während der Kampf der Verbündeten gegen Napos leon auf französischem Boden. fortdauerte, wachten in der Schweiz die verschiedenen Partheien von neuem auf, um ihre Intereffen geltend zu machen; besonders beab sichtigte die eine Parthei die völlige Wiederherstellung der alten Verhältnisse. Da traten die Abgeordneten der verbündeten Mächte vermittelnd auf, und behaup teten einen wesentlichen Einfluß auf die neue politische Gestaltung der Schweiz in ihrem Innern, bis die endliche Entscheidung ihres Schicksals auf dem Congresse zu Wien erfolgte.

Zwar schlossen bereits die 19 Cantone der Schweiz am 8. Sept. 1814 zu Zürich einen Bundesvertrag; ~auch gaben sich die meisten einzelnen Cantone im Laufe des

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