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Jahres 1814 ihre besondern neuen Verfassun gen; allein es verzog sich bis zum 7. Aug. 1815, bevor der Bundesvertrag feierlich beschworen ward, weil in der Zwischenzeit zwischen der Abschließung (am 8. Sept. 1814) und der Beschwörung (am 7. Aug. 1815) theils drei neue Cantone Genf, Wallis und das preußische Fürstenthum Neuenburg - mit der Eidsgenossenschaft verbunden' wurden, theils, nach der Ankunft der schweizerischen Abgeordneten in Wien, am 20. März 1815 die Erklärung des Wiener Congresses über die Ans gelegenheiten der Schweiz, so wie am 29. März 1815 die eidgenössische Beitrittsurkunde zu der Erklärung des Wiener Congresses erfolgte *). In der Wiener Cons greßacte vom 9. Jun. 1815 betreffen die Artikel 74-84, und 91-95 die Entscheidung der Angelegenheiten der Schweiz. Später erkannten zu Paris am 20. Nov. 1815, in einer förmlichen Urkunde, Destreich, Frankreich, Großbritannien, Rußland, Preußen, Spanien, Portugal und Schweden die immerwå hrende Neutralität der Schweiz und die Unverlezbarkeit ihres Gebietes an.

8) Bundesvertrag zwischen den 22 Cantonen der Schweiz vom 7. August

1815.

Im Namen Gottes des Allmächtigen. 1. Die 22 fouverainen Cantone der Schweiz, als: Zürich, Bern, Lucern, Uri, Schwyz, Unterwals

*) Für alle diese Gegenstände und Urkunden ist das Hauptwerk: (Ufteri's) Handbuch des schweizerischen Staatsrechts. 2te Aufl. Aarau, 1821. 8.

den, Glarus, Zug, Freiburg, Solothurn, Bar sel, Schafhausen, Appenzell beider Rhoden, St. Gallen, Graubündten, Aargau, Thurgau, Tessin, Waadt, Wallis, Neuenburg und Genf, vereinigen sich durch den gegenwärtigen Bund zur Bes hauptung ihrer Freiheit, Unabhängigkeit und Sicherheit gegen alle Angriffe fremder Mächte, und zur Handhabung der Ruhe und Ordnung im Innern. Sie gewährleisten sich gegenseitig ihre Verfassungen, so wie dieselben von den obersten Behörden jedes Cantons, in Uebereinstim mung mit den Grundsäßen des Bundesvertrags, werden angenommen worden seyn. Sie gewährleisten sich gegens seitig ihr Gebiet.

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2. Zu Handhabung dieser Gewährleistung und zu Ber hauptung der Neutralität der Schweiz, wird aus der waffenfähigen Mannschaft eines jeden Cantons, nach dem Verhältniß von 2 Mann auf 100 Seelen Bevölkerung,. ein Contingent gebildet. Die Truppen werden von den Cantonen geliefert, wie folgt:

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Diese vorläufig angenommeye Scala soll von der nächst bevorstehenden ordentlichen Tagsaßung durchgeschen und nach obigem Grundsah berichtiget werden.

3. Die Geldbeiträge, zu Bestreitung der Kriegskosten und anderer Ausgaben des Bundes, werden von den Cans` tonen nach folgendem Verhältniß entrichtet:

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Diese Vertheilung der Geldbeiträge soll ebenfalls durch die nächst bevorstehende ordentliche Tagsaßung durchgeses hen, und mit Rücksicht auf die Beschwerden einiger Cans tone berichtiget werden. Eine ähnliche Revision soll spås terhin, wie für die Mannschaftscontingenter, von 20 zu 20 Jahren Statt haben.

Zu Bestreitung der Kriegskosten soll überdies eine ges meincidsgenössische Kriegscaffe errichtet werden, deren Ges halt bis auf den Betrag eines doppelten Geldcontingents anwachsen soll.

Diese Kriegscasse soll ausschließlich nur zu Militairs kosten bei eidsgenössischen Auszügen angewendet, und in sich ergebenden Fällen die eine Hälfte der Ausgaben durch Einziehung eines Geldcontingents nach der Scala bestrits ten, und die andere Hälfte aus der Kriegscaffe bezahlt

werden.

Zu Bildung dieser Kriegscaffe soll eine Eingangsges bühr auf Waaren gelegt werden, die nicht zu den nothwendigsten Bedürfnissen gehören.

Diese Gebühren werden die Gränzcantone beziehen, und der Tagsaßung alljährlich darüber Rechnung ablegen.

Der Tagsakung wird überlassen, sowohl den Tarif dieser Eingangsgebühr festzusehen, als auch die Art der Rechnungsführung darüber, und die Maaßnahmen zur -Verwahrung der bezogenen Gelder, zu bestimmen.

4. Im Fall außerer oder innerer Gefahr hat jeder Canton das Recht, die Mitstände zu getreuem Aufschen

aufzufordern. Wenn in einem Canton Unruhen ausbre chen; so mag die Regierung andere Cantone zur Hülfe mahnen, doch soll sogleich das Vorort davon benachrich tiget werden; bei fortdauernder Gefahr wird die Tag: saßung, auf Ansuchen der Regierung, die weitern Maaßs regeln treffen.

Im Fall einer plöhlichen Gefahr von Außen, mag zwar der bedrohte Canton andere Cantone zur Hülfe mahnen, doch soll sogleich das Vorort davon in Kenntniß gesezt werden; diesem liegt ob, die Tagsaßung zu verz sammeln, welcher alle Verfügungen zur Sicherheit der Eidsgenossenschaft zustehen.

Der oder die gemahnten Cantone haben die Pflicht, dem Mahnenden Hülfe zu leisten.

Im Fall äußerer Gefahr, werden die Kosten von der Eidsgenossenschaft getragen; bei innern Unruhen liegen dieselben auf dem mahnenden Canton, es wäre denn Sache, daß die Tagsaßung, wegen besonderer Umstände, eine andere Bestimmung treffen würde.

5. Alle Ansprüche und Streitigkeiten zwischen den Cantonen über Gegenstände, die nicht durch den Bundes vertrag gewährleistet sind, werden an das eidsgendssische Recht gewiesen. Der Gang und die Form dieser Rechtss handlung sind folgendermaßen festgesetzt:

Jeder der zwei streitenden Cantone wählt aus den Magistratspersonen anderer Cantone zwei, oder, wenn die Cantone darüber einig fallen, einen Schiedsrichter.

Wenn die Streitsache zwischen mehr als zwei Canto: nen obwaltet; so wird die bestimmte Zahl von jeder Pars thei gewählt.

Diese Schiedsrichter vereint, trachten den Streit in der Minne und auf den Pfad der Vermittelung beizus legen.

Kann dieses nicht erreicht werden; so wählen die Schiedsrichter einen Obmann aus den Magistratspersonen eines in der Sache unpartheiischen Cantons, und aus welchem nicht bereits einer der Schiedsrichter gezogen ist.

Sollten die Schiedsrichter sich über die Wahl des Obmanns nicht vereinigen können, und einer der Cantone

darüber Beschwerde führen; so wird der Obmann von der Tagsatzung geseht, wobei aber die im Streit stehen. den Cantone kein Stimmrecht haben; der Obmann und die Schiedsrichter versuchen nochmals, den Streit durch Bermittelung auszugleichen, oder entscheiden, im Fall all seitiger Uebergabe, durch Compromißspruch. Geschichet aber keines von beiden; so sprechen sie über die Streit: sache, nach den Rechten, endlich ab.

Der Spruch kann nicht weiter gezogen werden, und wird erforderlichen Falls durch Verfügung der Tagsazung in Vollziehung gescht.

zu gleicher Zeit mit der Hauptsache, soll auch über die Kosten, bestehend in den Auslagen der Schiedsrichter und des Obmanns, entschieden werden.

Die nach obigen Bestimmungen gewählten Schieds richter und Obmänner werden von ihren Regierungen desEides für ihren Canton, in der obwaltenden Streitsache, entlassen.

Bei allen vorfallenden Streitigkeiten, sollen die betref fenden Cantone sich jeder gewaltsamen Maaßregel, oder sogar Bewaffnung enthalten, den in diesem Artikel festz beschten Rechtspfad genau befolgen, und dem Spruch in allen Theilen Statt thun.

6. Es sollen unter den einzelnen Cantonen keine, dem allgemeinen Bund oder den Rechten anderer Cantone nach: theilige, Verbindungen geschlossen werden.

Die Eidsgenossenschaft huldiget dem Grundsaß, daß, so wie es, nach Anerkennung der 22 Cantone, keine Uns terthanenlande mehr in der Schweiz giebt; so könne auch der Genuß der politischen Rechte nie das ausschließliche Privilegium einer Classe der Cantonsbürger seyn.

8. Die Tagsaßung besorgt, nach den Vorschriften des Bundesvertrags, die ihr von den souverainen Stånden übertragenen Angelegenheiten des Bundes. Sie besteht aus den Gesandten der 22 Cantone, welche nach ihren Instructionen stimmen. Jeder Canton hat eine Stimme, welche von einem Gesandten eröffnet wird. Sie versam melt sich in der Hauptstadt des jeweiligen Vororts, or dentlicher Weise alle Jahre am ersten Montag im Heu;

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