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sich gehörig ausweisen kann, hat zu allen geistlichen und weltlichen Stellen und Aemtern den Zutritt.

54. Jeder Cantonsbürger kann ebenfalls, gemäß den gesetzlichen Bestimmungen, das Burgerrecht der Haupt stadt sowohl, als jenes der Municipalorte und jeder Ge meinde des Cantons, an sich bringen.

55. Die Verfassung sichert die Befugniß zu, Zehnten und Grundzinse loszukaufen.

Gegenwärtige Cantonsverfassung soll, von Unserm Amtsschultheiß und Staatsschreiber unterzeichnet, und mit dem Staatssiegel versehen, durch den täglichen Nath in das Staatsarchiv niedergelegt werden, welcher für dersel ben öffentliche Bekanntmachung zu sorgen hat.

Gegeben in unserer Versammlung von Ráth und Huns dert, Lucern den 29. Märzmonat 1814.

Namens derselben:

Der Amtsschultheiß, Vincenz Rüttimann.

Für dieselben:

Der Staatsschreiber, X. Mohr.

e) Verfassung der Stadt und Republik Freiburg vom 4-10. Mai 1814.

Wir Schultheiß, klein und große Räthe der Stadt und Republik Freiburg haben, auf den Vorschlag der von uns niedergeseßten hohen Standescommission, nachstehende Revision der Staatsverfassung Unsers Cantons beschlossen:

Erster Abschnitt.

Eintheilung des Cantons.

1. Der Canton Freiburg ist in zwölf Amtsbezirke eingetheilt, nåmlich: Freiburg, Murten, Gryers, Cor:

bers, Boll, Castels, Remont, Ruw, Favernach, Mons tenach, Ueberstein, Stäfis.

Das Gesch bestimmt die nähere Eintheilung der Ges meinden in den Aemtern.

3weiter Abschnitt. Oeffentliche Gewalten.

A. Untergeordnete Behörden.

2. In jedem Amtsbezirke ist ein Oberamtmann mit der Vollziehung der Geseze beauftragt. Ihm kommen ferner Befugnisse zu, die in das Richteramt und in das Verwaltungsfach einschlagen. Die nähere. Bestimmung seiner Verrichtungen ist dem Geseße überlassen.

3. In jeder Pfarrs oder Ortsgemeinde wird, nach Bedürfniß, ein Ammann durch den Staatsrath erwähle und dem Oberamtmann untergeordnet. Dieser bildet mit seinen Beigeordneten, deren Zahl nach Verhältniß der Bevölkerung bestimmt wird, die Gemeindeverwaltung.

Das Gesch bestimmt die Verrichtungen dieser Behdrs den in Betreff

a) der drtlichen Polizei;

b) der besondern Verwaltung des Armenguts, so wie der untergeordneten Gegenstände der allgemeinen Bers

waltung, mit denen sie beauftragt werden können. 4. Für die bürgerliche und peinliche Rechtspflege giebt es Gerichte erster Instanz, in welchen der Oberamtmann oder sein Amtsstatthalter den Vorsiß führt.

Die Anzahl dieser Gerichte, ihre Einrichtung und Coms petenz, wird das Gesetz bestimmen.

B. Von dem großen Rathe.

5. Die höchste souveraine Gewalt beruht auf acht und zwanzig Mitgliedern des kleinen, und hundert und sechss zehn Mitgliedern des großen Raths, deren Stellen les benslänglich sind, präsidirt durch einen Schultheißen, wels che man nennt Schultheiß, klein und große Rås the der Stadt und Republik Freiburg.

Bierter Band.

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6. Der große Rath wird aus hundert und acht Mit: gliedern aus der großen oder sogenannten patricischen Burgerschaft der Stadt Freiburg, und aus sechs und dreißig Mitgliedern ab den Städten und der Landschaft zusaminengeseßt. Die Mitglieder des großen Raths ger nießen alle, ohne Unterschied, gleiche Rechte und Vors theile.

7. Der große Rath bestätigt oder verwirft die Ge: sches oder Decretsvorschläge, die ihm von dem kleinen Rathe oder von dem Staatsrathe gemacht werden,

Er untersucht die alljährlich abzulegenden Staatsrech: nungen, und ertheilt denselben, wenn sie von ihm wohl aufgestellt und richtig befunden worden, seine Geneh migung.

Er ernennt die beiden Schultheißen aus den Mits gliedern des kleinen Raths.

Er ernennt die Gesandtschaften auf die eidsgenössischen Tagsahungen, und ertheilt ihnen, auf den Vorschlag des Staatsraths, die nöthigen Instrüctionen.

Er bewilliget, die Erhebung von Auflagen und Abgas ben, welche zur Bestreitung der Staatsbedürfnisse erforders. lich werden, so wie den Ankauf und Verkauf von Staats: gütern.

Er übt das Begnadigungsrecht und alle andere Hands lungen der höchsten souverainen Gewalt aus.

Bei den Rathsversammlungen steht jedem Mitgliede des großen Nathes zu, von sich aus Anträge und Vors schläge zu thun, wenn es zuvor dem Amtsschultheißen davon die Anzeige gemacht hat; dieselben werden aber erst dannzumal dem kleinen Rathe zur Prüfung und Bes richterstattung zugewiesen, wenn, nach vorläufiger Bera: thung vom großen Rathe, ihre Ueberweisung förmlich beschlossen wird.

C. Bon dem kleinen Rathe.

8. Die höchste vollziehende, verwaltende und richters liche Gewalt übt ein kleiner Rath aus. Dieser besteht aus acht und zwanzig Mitgliedern, die zwei Schultheißen einbegriffen.

9. Der kleine Rath sondert sich in zwei Abtheilungen, die eine, aus dreizehn Mitgliedern, unter dem Vorsize des regierenden Schultheißen, bildet den Staatsrath; die andere, unter dem Vorsiße des Altschultheißen, bildet den Appellationsrath.

10. Der Staatsrath ist mit der Vollziehung der Ges seße und Verordnungen, so wie auch mit der Aufsicht über die untern Behörden, beauftragt. Er erläßt die zu diesem Ende sowohl als zur Handhabung der Polizei und zum Bchuf der übrigen in das Staatsverwaltungs fach einschlagenden Gegenstände erforderlichen Verordnun gen und Beschlüsse. Er legt dem großen Rathe jährs lich über alle Theile der ihm obliegenden Staatsverwal tung Rechenschaft ab. Er urtheilt in lehter Instanz über alle Streitigkeiten, welche in das Verwaltungsfach ein: schlagen, so wie über Polizeivergehen. Er schlägt dem großen Rathe die nöthig findenden Gefeße, Decrete und Verordnungen über Polizei; und Verwaltungsgegenstände

vor.

Wenn es aber um andere Gefeße und Verordnungen zu thun ist; so muß der Vorschlag von dem ganzen Eleis nen Rathe ausgehen. Gleichfalls wird der ganze kleine Rath zusammenberufen, wenn es um Ernennungen zu Aemtern und Stellen aller Art zu thun seyn wird, deren Bestellung dem kleinen Rathe übertragen ist.

11. Der Appellationsrath beurtheilt in leßter Instanz alle bürgerliche und peinliche Rechtsfälle, mit Ausnahme der Klagen über Verbrechen, welche die Todesstrafe nach sich ziehen. In diesem Falle wird durch den ganzen kleis nen Rath über den Beklagten das Urtheil gefällt. Das Gesez bestimmt sowohl die Befugnisse, die dem Appellas tionsrathe über Gegenstände der obergerichtlichen Verwals tung gebühren, als die Aufsicht, die ihm über unterges richtliche Behörden und. Beamten zukommt.

12. Zwei Schultheißen, welche vom großen Rathe aus der Mitte des kleinen Rathes gewählt werden, füh ren abwechselnd, jeder ein Jahr lang, den Vorsit, sos wohl im großen als auch im kleinen Rathe.

Detjenige, der nicht im Amte ist, vertritt nöthigen Falls die Stelle des andern.

D. Von den Censurgerichten.

13. Ein Censurgericht, bestehend aus sieben Mitglies dern von verschiedenen Geschlechtsnamen, die man Heim licher nennt, wird von dem großen Rathe, aus seiner Mitte, unter denjenigen gewählt, die durch hervorstechende Tugenden und persönliches Anschen ausgezeichnet sind; wohl verstanden, daß darunter wenigstens immer cins aus jeder Abtheilung des kleinen Rathes stehen soll.

Dieser Behörde erhabener Beruf ist Aufrechthaltung der Constitution und der guten Sitten.

Jedem Eingriffe in dieselbe, so wie jedem Mißbraus che der Gewalt zu wehren, ist unerläßliche Pflicht für die Heimlicher; und sobald dem einen oder dem andern ein solcher bekannt oder verleidet wird, ist er durch seinen Eid gebunden, denselben dem Censurgerichte zu hinterbringen, welches ungesäumt um dessen Abhelfung bedacht seyn, und zu diesem Ende das Zweckmäßige entweder durch Ans finnen an die betreffende obere Behörde, oder, nöthigen Falls, durch eigene Dazwischenkunft vorkehren wird.

Das Censurgericht versammelt sich ordentlich jedes Jahr am Tage der Murtner Schlacht, um die öffentliche sos wohl als Privataufführung eines jeden Mitglieds des gros Ben Raths, das nicht zugleich Mitglied des kleinen Raths ist, zu würdigen und zu pütteln. Es hat die Befugniß, dieselben einzustellen oder zu entsehen; muß aber dazu einhellig seyn.

Bor demselben legitimiren sich die neuerwählten Mits glieder des großen Raths über die erforderten Wahlber dingnisse, und es hat über die fortgesette Erfüllung ders felben durch die wirklichen Mitglieder zu wachen.

Um die Stelle eines Heimlichers zu bekleiden, muß man wenigstens das vierzigste Jahr seines Alters zurücks gelegt haben.

Ferner können im Censurgerichte niemals Verwandte im ersten und zweiten Grade der Blutsverwandtschaft und im ersten Grade der Sippschaft zugleich stehen.

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