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6. Die Armenanstalten für die Unterstützung von gen fer, französischer und teutscher Abstammung, sind unter der Aufsicht des Staatsraths beibehalten; und wenn je mals der Fall eintreten sollte, daß beide Ráthe solche für entbehrlich ansähen; so soll ihr Vermögen dem Spital von Genf zufallen. Der wohlthätige Verein ist beis behalten; derselbe steht unter der Aufsicht des Staats raths, bei dem er alljährlich die Bewilligung einer freis willigen Steuersammlung ansucht, welche ihm bewilligt oder verweigert werden kann. Seine Mitglieder werden für fünf Jahre ernannt und sind wieder wählbar; die Ernennungen derselben bedürfen der Bestätigung des Staatsraths.

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7. Die vormundschaftliche Kammer ist beibehalten; die zur Zeit ihrer Errichtung entworfenen Verordnungen treten wieder in Kraft; der Staatsrath, unter dessen Bes fehlen sie steht, kann solche abåndern.

Zwei Mitglieder des Staatsraths, die der lettere ers nennt, sind Mitglieder und Vorsißer der Kammer.

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8. Das Gesch vom J. 1635, welches durch den fünf ten Titel des zweiten Buchs der Verfassungsurkunde von 1791 hergestellt und bekräftigt wird, in Betreff der Cor: respondenzen und fremden Pensionen, wird beibehalten. Kein Staatsrath darf von einer fremden Macht ertheilte Ehrenzeichen tragen.

Nachträgliche Verfassungsgeseße der Republik und des Cantons Genf.

a) Verfassungsgeseß über einige Puncte der Rechtspflege.

(Am 7. Hornung 1816 durch den Repräsentantenrath angenommen und in beiden Räthen durch zwei Drits theile der Stimmen beschlossen.)

Erster Titel.

Von den untern Gerichten.

1. Es werden zwei untere Gerichte aufgestellt; das Audienzgericht; das Handelsgericht.

Ihre Gerichtsbarkeit dehnt sich über den ganzen Can ton aus.

§. 1. Von dem Audienzgericht.

2. Das Audienzgericht soll bestehen :

1) aus einem Civil; und einem Polizeilieutenant, wels che dessen Präsident sind und aus dem Staatsrath gewählt werden;

2) aus zwölf Richtern, die ohne Unterschied in oder außer dem Repräsentantenrathe gewählt werden; 3) der Civillieutenant bleibt lebenslänglich an seiner Stelle;

4) der Polizeilieutenant wird für ein Jahr gewählt, und ist nach dem Zwischenraum eines Jahres wieder wählbar;

5) die sechs ersten Richter des Audienzgerichts müssen das dreißigste Jahr zurückgelegt haben. Sie werden auf Lebenszeit gewählt;

6) die sechs lehten Richter des Audienzgerichts heißen Auditoren. Sie müssen das sieben und zwanzigste Jahr zurückgelegt haben. Sie werden für drei Jahre gewählt, und sind für drei andere Jahre einzig wies der wählbar;

7) das Gesetz wird die Befugnisse des Audienzgerichts, in erster und lehter Instanz, als Civilgericht und als Polizeigericht festschen.

Dasselbe wird hinwieder auch seine gerichtlich-polizeis lichen und administrativ polizeilichen Befugnisse, so wie seine Trennung in Kammern oder Sectionen anordnen.

Es wird dasselbe die besondere Vollmacht der zwei Lieutenants, so wie seiner übrigen Mitglieder, und ders selben Gehalte bestimmen.

§. 2. Vom Handelsgericht.

3. Das Gesetz wird die Bildung und die Befugnisse des Handelsgerichts festseßen.

4. Die Glieder des Handelsgerichts werden, mit Aus: nahme des Präsidenten, durch eine Versammlung von Handelsleuten gewählt, deren Zusammenseßung das Ges seh bestimmen wird. Die Wahlen bedürfen der Gench; migung des Staatsraths.

3weiter Titel.

Von der Oeffentlichkeit der Criminalverhand lungen vor dem Obergericht.

5. Die Criminalprocesse vor dem Obergericht sollen öffentlich verhandelt werden.

6. Diese Oeffentlichkeit wird jedoch durch die zwei nachs folgenden Bestimmungen beschränkt:

1) der Eintritt in den Gerichtssaal bleibt Weibern und Kindern, ohne besondere Bewilligung des Präsidens ten, untersagt;

2) die Hälfte der für Zuhörer bestimmten Pläße wird den Gliedern des Repräsentantenraths, den Richtern und andern Magistratspersonen des Cantons vors behalten.

Das Gesetz wird die übrigen Personen bezeichnen, welche auf die vorbehaltenen Plähe Anspruch machen können.

Dritter Titel.

Bon den aus dem Staatsrathe gewählten Richtern.

6. Der Civilpräsident und die aus dem Staatsrathe gewählten Glieder des Obergerichts, so wie auch der Cis vil und der Polizeilieutenant, behalten ihren Rang im Staatsrathe. Sie haben in demselben nicht weiter Sih und Stimme. Sie werden aber dennoch in den durch das Gesetz zu bestimmenden Fällen zum Beisite mit bez rathender Stimme berufen.

Rücknahmebestimmung.

In Folge der in den cilf vorstehenden Artikeln enthaltenen Bestimmungen sind aufgehoben:

Die Titel vier und fünf der Verfassung.

Der 5. Art. des sechsten Titels von den Worten an: „Und es werden zu dem Ende,“ bis zum Schlusse des Artikels.

Der 7. Art. des sechsten Titels.
Der 8. Art. des cilften Titels.

6) Verfassungsgesetz über einige auf die Wahlen Bezug habende Puncte.

(Am 18. November 1816 durch den Repräsentantenrath angenommen.)

Wir Syndics und Räthe der Republik und des Cantons Genf thun kund, daß der souveraine Repräsens tantenrath, auf den Vorschlag des Staatsraths, und mit zwei Drittheil Stimmen in beiden Räthen;

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Nach Ansicht des §. 9. des 3. Art. des Protocolls des Wiener Congresses vom 29. März 1815, welcher besagt: Die Einwohner des abgetretenen Gebiets stehen in Hinsicht auf bürgerliche und politische Rechte den Ein wohnern der Stadt Genf völlig gleich; sie üben solche mit ihnen gemeinschaftlich aus, u. s. w.“; —

Vierter Band.

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Nach Ansicht des Turiner Vertrags vom 16. März lehthin, welcher besagt:,,Auf alle jene Gegenstände, wors über durch das Wiener Protocoll vom 29. März 1815 Fürsorge getroffen ist, sollen die eventuellen Gesche der Verfassung von Genf nicht anwendbar seyn;

In Betrachtung, daß zufolge der oberwähnten Verfü gungen des Protocolls des Wiener Congresses und des Turiner Vertrags, welche der Repräsentantenrath anger rommen und ratificirt hat, die Artikel fünf bis eilf ein: schließlich der eventuellen Geseße nicht weiter anwend bar sind;

In Betrachtung, daß es billig ist, die katholische Geist lichkeit der Rechte theilhaft zu machen, welche der Art. 8. des ersten Titels, und die Art. 6. und 7. des zwäten Titels der Verfassung einigen Classen der Wahlmänner ertheilen;

In Betrachtung, daß es, um der Wichtigkeit ihrer Verrichtungen willen, schicklich ist, den Meiern der Ges meinden die nämlichen Rechte einzuräumen ;

In Betrachtung endlich, daß der Zutritt zum Repräs sentantenrath den neuen Genfern baldmöglichst geöffnet werden soll, und daß bei den wirklich erledigten Stellen in diesem Rathe, so wie bei den im Staatsrathe zu bes seßenden, jener Zweck, ohne Ueberschreitung der im ers sten Artikel des zweiten Titels der Verfassung festgesch: ten Zahl erreicht werden kann; —

Hat beschlossen, was folgt:

Erster Titel.

Bleibende Verfügungen.

1. Die Einwohner des durch den Vertrag von Paris vom 20. Novbr. 1815 und durch denjenigen von Turin vom 16. März 1816 abgetretenen Gebiets, welche als Genfer anerkannt sind, sollen der Wahl und Wählbar keitsrechte theilhaftig seyn, und solche gemeinschaftlich mit den Genfern des alten Gebiets und unter den glei: chen Bestimmungen ausüben.

2. Die wirklichen und ausgedienten Pfarrer der ka tholischen Kirchspiele des Cantons, welche sich im Fall

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