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37. Nach jeder Stimmenzählung werden die Wahls zettel vernichtet.

Dritter Titel.

Allgemeine Verfügungen.

38. Die austretenden Abgeordneten sehen ihre Verrichs tungen nicht weiter fort, sobald die Wahlen beendigt sind. 39. In der ersten Sizung nach den Wahlen ernennt der Repräsentantenrath eine Commission, welche die Geschlichkeit der Wahl der neuen Abgeordneten untersus chen und in möglichst kurzer Frist darüber Bericht erstats ten soll.

40. Auf den Bericht dieser Commission wird der Res präsentantenrath alsogleich die geseßlich erwählten neuen Abgeordneten zur Eidleistung zulassen, und die Ausschlies Bung derjenigen erklären, deren Wahl als ungeseßlich wäre erkannt worden.

41. Die erledigten Stellen, welche im Repräsentans tenrath eintreten können, sey es zwischen der Zichung des Looses und der Wahl, sey es in Folge der erklärten Ges schwidrigkeit einiger der neuen Wahlen, werden in das Verzeichniß der erledigten Stellen des folgenden Jahres aufgenommen.

42. Die Abgeordneten in den Repräsentantenrath, wels che zufolge des Art. 4. des Verfassungsgesehes vom 18. Nov. 1816 gewählt worden sind, sollen nicht als zur ers sten Bildung des Raths gehdrend angesehen werden.

Vierter Titel.

Verfügungen, welche auf die nächste Wahl -beschränkt sind.

43. Die Bildung des Verzeichnisses der erledigten Stel: len der Abgeordneten, von welcher im ersten Artikel dies ses Gesches die Rede ist, die Zichung des Looses, wos fern solches Statt findet, und die Wahlhandlungen, sols len alsogleich nach Annahme des gegenwärtigen Gesezes vor sich gehen.

Fünfter Titel.

Entkräftende Klausel.

44. Das Gesetz vom 23. Nov. 1816 über die Wahl der Abgeordneten in den Repräsentantenrath ist aufge hoben.

Der Staatsrath ist beauftragt, Gegenwärtiges in vor: geschriebener Art und Weise kund zu machen.

Gegeben in Genf am 22. Sept. 1819, unter dem Siegel der Republik und mit der Unterschrift eines der Staatssecretaire.

Lullin, Staatssecretair.

ε) Verfassung des Cantons St. Gallen vom 31. August 1814.

Erster Titel.

Allgemeine Bestimmungen und Gewährlei stungen.

1. Die Verfassung sichert die freie und uneingeschränkte Ausübung des katholischen und evangelischen Glaubens: bekenntnisses und Gottesdienstes.

2. Jede Religionsparthei besorgt gesöndert, unter der hdhern Aufsicht und der Sanction des Staats, ihre re ligidsen, matrimoniellen, kirchlichen und klösterlichen Vers waltungs und Erziehungsangelegenheiten. Das Gesch wird diese Aufsicht bestimmen und die Fälle für die Sans ction festseßen.

3. Es giebt im Canton keine Vorrechte des Orts, der Geburt, der Personen und der Familien.

4. Die Verfassung sichert den Zehnts und Grundzins loskauf nach den bestehenden Gesehen des Cantons.

5. Nicht nur der Bürger, jondern jeder im Canton St. Gallen wohnende Schweizer kann zu Militairdiensten angehalten werden.

3weiter Titel.

Eintheilung des Gebiets.

6. Der Canton St. Gallen ist in acht Bezirke abges theilt, nämlich:

1) Stadt St. Gallen, 2) Rorschach, 3) Goßau, 4) Ober:Toggenburg, 5) UntersToggenburg, 6) Rhein: thal, 7) Sargans, 8) Uznach.

St. Gallen ist der Hauptort des Cantons.

Das Gesch wird die Hauptorte der Bezirke bestimmen. 7. Die acht Bezirke sind in vier und zwanzig Kreise, und diese in politische und Ortsgemeinden abgetheilt.

Dritter Titel.

Politischer Stand der Bürger.

8. Wer nach dem Gesetze das Bürgerrecht in einer Gemeinde des Cantons St. Gallen besiht, ist auch Bürs ger des Cantons.

9. Man wird Bürger des Cantons durch eheliche Ab stammung von einem Bürger. Uneheliche erhalten das Bürgerrecht nur nach den Bestimmungen des Gesetzes.

10. Man erwirbt das Bürgerrecht des Cantons durch ein Decret des großen Raths. Der Verlangende muß sich aber vorläufig ausweisen, daß ihm auf den Ertheis lungsfall ein Gemeindsbürgerrecht zugesichert sey. Hins gegen kann keine Gemeinde ihr Bürgerrecht an einen Nicht: Cantonsbürger schon wirklich ertheilen.

11. Man verliert das Cantons: und Gemeindsbür: gerrecht

1) durch Verzichtleistung;

2) durch Verjährung;

3) durch Urtheile.

Für alle drei Fälle treten nähere Bestimmungen des Ges sches ein; doch greift der Verlust nie auf jene Kinder zurück, welche vor der Verzichtleistung oder Verwirkung schon erzeugt waren.

12. Jeder Cantonsbürger ist befugt, seinen Wohnsit in eine andere Gemeinde des Cantons zu verlegen und

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feinen Gewerb daselbst frei zu treiben; vorbehalten jene besondern persönlichen Ausschließungsgründe, welche durch das Gesch bestimmt werden.

13. Die politischen Rechte können in Kreis: und Ge: meindsversammlungen nur von Cantonsbürgern ausgeübt werden, die in bürgerlichen Ehren stehen, nicht gerichts lich bevoigtet sind, noch Armenunterstützung genießen, we nigstens zwei hundert Schweizerfranken steuerbares Berr mögen besigen und das ein und zwanzigste Jahr angetre ten haben, und zwar da, wo sie häushäblich angesessen find. Eben diese Eigenschaften, mit Ausnahme des Ver: mögenserfordernisses, werden erfordert, um in einer Ver: waltungsgemeinde stimmfähig zu seyn, allein nur in jener, in welcher er nach den bestehenden Genossenrechten per: sönlicher Nußnießer ist.

Vierter Titel.

Oeffentliche Gewalten.

Gemeinds und Verwaltungsbehörden. 14. Jede politische Gemeinde wählt einen Gemeinder rath, der aus einem Amtmann und wenigstens vier, höch stens acht, oder wenn die Gemeinde über zweitausend vierhundert Seelen zählt, zwölf Mitgliedern besteht, die sechs Jahre im Amte bleiben, und von zwei zu zwei Jahren zum Drittheil austreten, aber wieder gewählt werden können.

15. Jede Ortsgemeinde, und in derselben jeder Relis gionstheil, der ein besonderes Eigenthum besißt, hat eine cigene Verwaltung, welche aus nicht weniger als drei, und aus nicht mehr als neun Mitgliedern bestehen soll, mit Inbegriff des Vorstehers, die von den Antheilhabern gewählt wird. Die Mitglieder dieser Verwaltung bleis ben sechs Jahre im Amte, und treten von zwei zu zwei Jahren zum Drittheil aus, sind aber wieder wählbar.

16. Die aufzustellenden Gesetze bestimmen die Ver richtungen und Befugnisse der Gemeinds: und Verwal tungsrathe, in Bezug auf die drtliche Polizei, Erhebung der Anlagen und alle übrige untergeordnete Gegenstände

der allgemeinen und drtlichen Verwaltung, mit welchen sie beauftragt werden können.

17. Die Stadt St. Gallen wird, in Rücksicht ihrer Lage und besondern Verhältnisse, eine eigene Organisas tion in Verwaltungs und Gerichtssachen erhalten, und die Competenz ihrer Polizei, so wie jene ihres Civilund eines Handelstribunals, soll (den allgemeinen Prins cipien der Verfassung unbeschadet) durch ein Gesetz näher bestimmt und auseinander geseht werden. Das Gesetz mag auch andern Städten oder bedeutenden Marktflecken, deren besondern Verhältnissen es angemessen wäre, etwelche Ausdehnung der polizeilichen und gerichtlichen Competenz gewähren.

Kreisbehörden.

18. Jeder Gerichtskreis hat eine aus einem Kreisam man und vier Richtern bestehende Gerichtsstelle, welche über Civilstreitigkeiten und Straffälle, die nicht in eine höhere Competenz einschlagen, mit oder ohne Weiters ziehung, urtheilt. Die nähere Bestimmung und Organiz sation bleibt dem Gesche vorbehalten.

19. Der Kreisamman führt den Vorsiß und übt die Polizei in den Kreisversammlungen aus. Er ist der Bermittler in bürgerlichen Rechtsfällen und der Unterbes amte der Regierung im Kreise.

20. In jedem Kreise ist ein Hauptort, in welchem die Sizungen abgehalten werden müssen, nach der nähern Bestimmung des Geseķes.

Bezirksstatthalter,

21. In jedem Bezirke wählt die Regierung einen Statthalter, der das Organ derselben ist. Er hat den Boruntersuch in Criminalfällen und die Oberaufsicht über die Gemeindsverwaltungen und Polizeibehörden in seinem Bezirk. Die nähere Bestimmung der Befugnisse dieser beiden Beamten bleibt dem Gesetze überlassen.

Großer Rath.

22. Ein großer Rath von hundert und funfzig Mits gliedern übt die höchste Gewalt aus. Er versammelt sich

Vierter Band.

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