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Vielleicht ist es dem Mangel an Holz zuzufchreiben, daß die Seife in diesen Gegenden überhaupt rar und selten ist; denn an Dehl und Talg fehlt es nicht. Die Hornvieh- und besonders die Schaf Zucht ist hinreichend für die Konsumtion der Landesbewohner; aber um so rarer ist das Holz, und zu ihrer Feurung brauchen sie eben so, wie in Spanien, nur Steinkohlen.

§. 20.

Die Zerstörung der Mahlmühlen vergrößerte die allgemeine Noth. In einem Umkreise von 20 Meilen was ren allenthalben, wo wir uns auch befanden, die Mühlen unbrauchbar gemacht. Wer dann auch in dem Besiße von einigen Früchten war, der konnte sie nicht anwenden, nicht benußen. Man bot freilich alle Kråfte auf, um in den Ges genden, welche die Armee besetzt hatte, die zerstörten Müh len wieder herzustellen. Die Zerstörung war aber so vollständig, daß man vorerst nur Steine brechen, sie behauen, und dann mit vieler Mühe transportiren musste, und wenn auch diese vorhanden oder vielmehr herbeygeschafft wurden, so fehlte es an Rådern, die entweder ausgebessert oder ganz neu gemacht werden mussten, oder sonst an irgend etwas Anź derm. Vor Allem aber mangelte es an dèm dazu nöthigen Handwerksgeschirre; daher sah man auch die Büchsenmacher, eher mit Verfertigung von dergleichen Instrumenten beschäftigt, als mit Ausbesserung der Waffen.

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Wenn dann so eine Mühle hergestellt und im Gange war; dann drängte sich Alles zu ihr hin, und auf allen Seiten wurde um das Recht ihres Gebrauchs gestritten. Regiment verdrängte das andre, eine Compagnie die andre; durch Gewalt segte sich immer das stärkste Detaschement in Besih. Dabey ging es dem isolirten Offizier von dem Generalstab', da er keine Bayonette zu kommandiren hatte, immer am schlimmsten, so zwar, daß er es oft als eine Gnade ansehen musste, wenn ihm das fiegreiche Detaschement unter

feiner Aegide ein Säckchen Frucht oder Welschkorn zu mahlen erlaubte.

Vorzüglich übel erging es hier den Kriegskommissairs' und den bey dem Pflegamte angestellten Personen, da ihnen der Soldat jeden kleinen Gefallen versagte und abschlug, um fich jest, in dem Zustande ihrer Unthätigkeit, für die frü hern Verkürzungen an ihnen zu råchen.

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Manchmal war ich Zeuge von unangenehmen Auftrit= ten, welche die Unzufriedenheit der Soldaten gegen die Verpflegungs Beamte und die Rache gegen diese herbey, führte. Gewöhnlich war ich mit dem Kriegskommissair uns fers Hauptquartiers in dem nåmlichen Orte einquartirt. Eines Tages, als eben in der Nacht ein heftiger Regen fiel, kamen einige Soldaten an unsere Hütte, und verlangten eingelaffen zu werden. Ich öffnete die Thüre und sie verlang= ten nichts als Obdach. Als sie aber den Kriegskommissair erkannten, fingen sie sogleich an, über das Verpflegungs-Perfonale zu schimpfen;,,hier liegt auch so ein Mehlwurm, rief Einer, der uns sonst verhungern ließ, im Trocknen ruhig in seinem Bette, während dessen wir Andere im Wasser versaufen." Der Kommissair musste sich flüchtig machen, gewann aber schnell die Hauptwache, die dann gleich ein Detasches ment schickte, und die erhißten Soldaten in das Lager verwies. Kaum aber hatte sich jener wieder auf sein Strohla ger auf der Erde niedergelegt, als diese die Steine des Daches, gerade über seinem Haupte, auf sein Lager herabstieBen; den Kopf würden sie ihm zerschmettert haben, wenn er nicht schnell sich geflüchtet hätte. Aus Furcht wollte er sich nicht wieder niederlegen. Ich bot ihm meine Lagerståtte an, und legte mich ruhig auf die seinige. Aber noch war keine Viertelstunde verflossen, als ich über mir neuen Lermen, und bald darauf wieder Steine auf sein Lager herab regnen hörte. Um sicher zu seyn, musste er dann die ganze Nacht über auf. bleiben; ich aber schlief ruhig an seiner Stelle.

S. 21.

So lebten wir, bis alle mühsam aufgefundene, und mühsam bereitete Vorråthe aufgezehrt waren; dann rückten wir über Azenbuga, wo wir nur acht Tage verweilten, nach Santarem vor, dessen pittoreske Lage mir unge mein wohlgefiel. Der in seinen hohen Felsen-Ufern einges fchloffene Tago ist hier weniger breit, aber sehr reißend, und die Stadt schien mir reich und bevölkert zu seyn, und einen beträchtlichen Handel zu haben.

Da fand sich denn auch so mancher angenehme Vorrath von Lebensmitteln. Einer meiner Freunde, der schon långer da war, machte mir hier ein Fäßchen englisches Sauerkraut und englische Butter zum Geschenke, das meinem deuts schen Magen wohl zu Statten kam; ach! wie lebhaft erins nerte mich dieses an die so weit entfernte, liebe Heimath! Hier war es auch, wo ich den besten Wein getrunken habe; ich hatte Madera: Wein und von der Lachryma Christi gekostet; aber beyde fand ich nicht so wohlschweckend und vors trefflich als diesen.

Wir blieben indessen nur einen Tag in dieser Stadt, weil sie für das Korps des Generals Regniers bestimmt war, und marschirten weiter, nach Thomar, wo unser Hauptquartier aufgeschlagen ward.

$. 22.

Zwischen dem Fürsten von Eßling und dem Herzog von Elchingen (Marschall Massena und Ney) bemerkte man schon långere Zeit ein gewisses Misverständniß, das schon von der Schlacht von Busako herzurühren schien ; nun aber wurde es bemerkbarer und auffallender.

Man sagte sich in der Armee darüber: der Marschall Ney, als er die unübersteiglichen Linien vor Lissabon ge= fehen, den Muth der einstimmigen Nation, und ihre großen, zu unsrer Vernichtung gebrachten, Opfer kennen gelernt, die Hülfsmittel des Landes mit den Bedürfnissen unsrer Armee

verglichen, und weil er der Desorgarnisation und Immora= litåt derselben Einhalt zu thun jest schon für unmöglich hielt, habe in dem Kriegsrathe für einen schnellen Rückzug gestimmt, um auf den Grenzen die Armee wieder zu orga= nifïren und zu discipliniren, Spanien zu decken, während die Festungen Almeida, Ciudad - Rodrigo und Badayoz, dessen Ergebung an die mittågliche Armee wir aus dem Nachlassen des Kanorenfeuers vermutheten, und bald auch auf direktem Wege mit Bestimmtheit erfuhren, uns in den Stand seßten, jeder Invasion mit Kraft zu begegnen, und uns so der Herrschaft Spaniens zu versichern. Marschall Massena aber, deffen fester Sinn für Ausdauer schon bey der Belagerung von Genua sich bewährte, habe auch jezt für die Ausdauer gestimmt, und sey mit der Kraft eines en Chef kommandirenden Generals auf seiner Meiz nung beharrt.

Der

Von dieser Zeit an sahen sich die beyden Marschålle äußerst felten, und beynahe gar nicht mehr. Der einzige Vortheil aber, den wir von diesem Mißverständnisse zogen, war dieser, daß die Kantonirungen unsers Armeekorps jest die beffern waren, mehr im Lande lagen, nåher gegen Coim=" bra zu, und an ein Thal stießen, wo noch die meisten Hülfsmittel für unsre Verpflegung oder Lebsucht zu hoffen waren. S. 23.

Gewiß, wenn die Engländer ihre Vortheile håtten be nugen wollen, so waren wir in diesem Zeitpunkte aus ganz Pors tugall um so leichter zu vertreiben, als eben die Demoraliz sirung der Armee den höchsten Grad erreichte, die Unzufries denheit in derselben laut ertönte, und das angezeigte Miße verständniß ihnen auf keine Weise schädlich seyn konnte,

Dieses Mißverständniß soll sogar sich soweit erstreckt haben, daß, wie man sich in der Armee sagte, die Komman= deurs der übrigen Armeekorps in einem geheimen Conseildahin übereingekommen waren, das Oberkommando dem

Marschall Massena abzunehmen, und es dem Marschall Ney, der es jedoch nicht angenommen habe, zu übertragen. Allein die trockenen, nur mit mathematischer Gewißheit spekulirenden, Engländer begnügten sich, langsam unsern Bewegungen zu folgen. Möglichkeit, Wahrscheinlichkeit reizt und verführt sie niemals. Da, wo der Franzose bey: nahe alle seine Siege dem Zufalle, der schnellen Benutzung eines flüchtigen Augenblicks verdankt, berechnet der Englån: der zuerst kaltblütig in seinem Kabinet, und lässt den günstigen Augenblick verfliegen, kömmt aber mit Wejle desto fiche: rer, wenn långst schon der muthige Ungestüm des Franzosen wieder verraucht ist. Ich bemerkte dies nachher mehrmals noch deutlicher, als wir auf den hohen Pyrenåen auf Frank reichs Grenzen einander gegenüber standen; denn hier wufften wir es oft schon 5-6, ja 8 Tage vorher, daß wir an: gegriffen werden sollten. Muthvoll waren dann unsre Krie ger die ersten 3 Tage gefafft und auf ihrer Hut; allmählig er: losch dann das Feuer, das långere Warten ließ den Muth vergehen, und an ihre Stelle kehrten Unglaube und Kleins müthigkeit zurück, nachdem sie lange genug über die Langfamkeit der Engländer geschimpft hatten.

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Der Englånder kann freylich nichts dem Zufall überlaffen. Dort, wo der Franzose mit hungrigem Magen, von Stolz, Uebermuth und wahrem Nationalgeist angefeuert, kämpft, muß vor allen Dingen für den Magen des Englåns ders gesorgt, und sein Muth durch eine gute Dosis Rhum angefeuert werden, wenn er kämpfen soll. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, daß die ganze englische Armee zu uns würde übergelaufen seyn, wenn sie bey Lissabon in unsrer so äußerst bedrångten, erbårmlichen Lage, und wir in der ihrigen glück: lichen gewesen wåren; denn in der oben erwähnten Stellung auf den Pyrenåen, wo die Zufuhr der Lebensmittel durch das Gebirge erschwert war, konnte man deutlich die Tage unterscheiden, an welchen es bey ihnen an der Austheilung

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