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Furcht scheint uns eben so grundlos zu feyn, als die Hoffnungen der andern beyden Parteyen.

Frågt sich nun: ob die Wiedervereinigung mit Dests reich denn nicht auch dem allgemeinen Interesse der Nas tion entsprechend seyn würde? so scheint es uns: dağ, zur Beantwortung dieser Frage, besonders folgende Punks te in nåhere Betrachtung gezogen werden müssen,

Der erste Punkt ist das allgemeine politische Vers hältniß Oestreichs. Oestreich hat sechs große Staaten zu Nachbaren seiner Provinzen; es kann nicht fehlen, daß es dadurch nicht, von Zeit zu Zeit, in Kriege verwickelt werden sollte; an welchen Belgien Antheil nehmen müßs te, ohne den geringsten Vortheil davon zu haben und Thue dabey nåher intereffirt zu seyn. In dieser Hina ficht würde Belgien immer nur als eine Kontinentals kolonie von Oestreich betrachtet werden. Schon daher, dünft uns, könnte der Vortheil, den dieß Land davon håtte, daß es an Destreich zurück fiele, nicht von großer Bedeutung seyn,

Der zweyte Gegenstand, welcher, zur Beantwor tung obiger Frage, eine nåhere Erwegung erfordert, ist die geographische Lage dieses Landes. Belgien ist Nachbar und Grenzland von Frankreich. Bey der steten Riz valität, in welcher Oestreich und Frankreich sind und, ihren politischen Verhältnissen nach, auch sicher bleiben werden, würde Belgien, mit Oestreich vereinigt, beståns digen Invasionen ausgesett seyn; und da es so weit von dem Centralpunkte seiner Regierung entfernt wåre; fo würde eine Folge davon seyn, daß es erobert seyn würs de, bevor Destreich ihm zu Hülfe kommen fönnte; wel ches, es dann wieder erobern müßte. So würde es zu

dem beständigen Kriegstheater werden. Eine Armee das hin zu senden, ist stets großen, Schwierigkeiten unters worfen; denn sie mug hundert Meilen weit fremdes Territor passiren, wo ihr der Durchmarsch gestattet, aber auch versagt werden kann. Schon diese Entfernung entfremder Belgien von Oestreich.

Der dritte Punkt ist der Erwerbsfleiß, und der Wohlstand der Nation. Wir haben bereits angeführt und bewiesen: daß der National: Erwerbgeist, eine ents schiedene Tendenz zum Handel und zur Schifffahrt hat. Oestreich angehöhrend, würde Belgien em Theil eines Staats seyn, welcher unter allen Staaten Europa's der ist, der am wenigsten Handels- und Seeftaat genannt werden kann. Den Handel mit den benachbarten Staaten bez treffend, so würden Holland und England niemahls zuz laffen, daß der belgische Handel nur im mindesten Konsis stenz erhielte. Die Produktionen seiner Fabriken würden dasselbe Schicksal haben; sie würden in keinen der bes nachbarten Staaten eingehn dürfen, als allenfalls gegen enormen Inpost; wodurch sie so vertheuert werden würs den, daß sie mit den inländischen und selbst mit den engs lischen Fabrikaten keine Konkurrenz aushalten könnten. Belgien würde seine Håfen befigen, ohne die Freyheit, sich ihrer zu bedienen.

Wenn hieraus klar ist, daß Belgien keine großen Vortheile, aus der Wiedervereinigung mit Oestreich ers wachsen; so ergibt sich eben so evident, daß auch für Destreich der Bortheil nicht eben sicher und bedeutend seyn dürfte. Der einzige, welcher sich darbietet, ist, daß Belgien, als ein reiches Land, dem Schaß Oestreichs eis nen Zufluß gewähren und einen Theil, seiner ungeheuern Schulden amortisiren könnte, Uebrigens hat die vergan

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gene Zeit bewiesen, wie sehr Belgien, für die Beherrscher Oestreichs, zu einer Last werden könne. Sie haben das her auch keine Gelegenheit außer Acht gelassen, die sich, zur Bertauschung desselben, darzubieten schien, gegen Bayern, gegen die venetianischen Staaten; - Befigun gen, die ihnen auch unendlich viel mehr konveniren mugs ten, da sie ihre Staaten arrondirten und sie in den Stand sezten, eine Seemacht zu bilden.

Oestreich hat nie einen großen Werth, auf den Bes fig der Niederlande, gelegt; und es ist sehr wahrscheins lich, daß es jezt noch einen geringern Werth, als ches mahls, darauf legt; und daß es eine Entschädigung, in Italien, feiner Konvenienz weit angemessener finden würs de. Auch hat es noch gar keine Demonstration gemacht, um Besiz davon zu nehmen.

Es ist unzweifelhaft, daß, wenn Oestreich Belgien, als eine alte Provinz, revindicirte, keine Macht es ihm streitig machen würde. Denn die Abtretung desselben, im Luneviller Frieden, kann als gezwungen angesehn werden, so wie alle die Abtretungen, welche von Preußen, seit dem Frieden von Basel, gemacht worden sind. Auch war hier die Abtretung nicht direkt; es war ehr ein Tausch, gegen die venetianischen Staaten; daher, wenn Oestreich feine Ansprüche, auf diese Besitung, aufgibt, um den Zustand ante bellum, wieder herzustellen, so tritt es, mit vollem Rechte, in den Besit Belgiens, wieder ein, Aber dann würde es auch, wie die übrigen kriegführens den Mächte, einen Generalkommissar hieher gefandt haben, um Besig davon zu nehmen und seine Rechte und Konstitution wieder in Kraft und Wirksamkeit zu sehen. So hat es der König von Preußen gemacht, sobald die Frans zosen, aus seinen Provinzen, vertrieben worden waren;

fo der König von England, in Hannover; so der Prinz von Oranien, in dem holländischen Flandern und in Brabant. Ben uns hat sich Niemand gezeigt; keine dfts reichschen Truppen haben die preußischen Armeen begleis tet; welche allein dieß Land erobert haben und die Admnis nistration deffelben, im Namen der alliirten Mächtè, diris giren; welches wohl deutlich beweist, daß das Schicksal dieses Landes noch völlig unentschieden ist. Wenn sich Destreich darüber noch nicht förmlich erklärt hat; so ist der Grund davon, in der prăfumtiven Abscht zu suchen, dieß Land, bey dem allgemeinen Frieden, als einen Kompensationsgegenstand, gegen ein Entschädigungsobjekt, eintreten zu lassen.'

Wenn nun, ́aus dem Beygebrachten, erhellet, daß es weder ein Glück für Belgien seyn würde, unter die Herrschaft Destreichs zurück zu kehren, noch daß es für Destreich vortheilhaft wäre, es wieder unter seine Herrs schaft zu nehmen; so bietet sich nun die zweyte Frage, zur Untersuchung, dar: ob die Vereinigung Belgiens, mit Holland, dem allgemeinen und Partikularinteresse des erstern angemessen und ob diese Vereinigung der Kons venienz, der andern Mächte von Europa, gemåß seyn würde?

Wir haben gefagt und glauben bewiesen zu haben; daß die Belgier und Holländer nur Ein Volk ausmachen ;mit gleichen Anlagen und gleichen Neigungen begabt, dieselbe Sprache redend, dasselbe Interesse zu besorgen, fich gegen dieselben gemeinschaftlichen Feinde zu bewahren habend; und, durch gleiche Mittel, nach Erwerb und Wohlstande strebend. Aus so vielen Beziehungen entsteht eine Allianz, die von der Natur gebildet ist; und die unauflöslich wird, aus dem Grunde, weil sich alle Theile

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in vollkommner Berührung befinden. Die Natur betrügt fich niemahls; ihre Resultate sind stets dieselben, wenn man sie nicht unterdrückt. Die Geschichte dieses Landes zeigt uns unwidersprechlich, daß die Niederlande, vereis nigt, ohne Rücksicht auf Zeit und Umstände, sich stets des größesten Wohlstandes erfreuten; und daß, jedes Mahl, wenn diese Einigung aufgehört hat, das Glück von ihnen gewichen ist. Die Natur ist unwandelbar; dies felben Beziehungen bestehen, unter denen dieselben Wirs fungen, immer noch, von denselben Ursachen, hervor ges bracht werden müssen,

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Seit zwey Jahrhunderten ist Holland nicht bloß als unabhängige, freye und souveråne Macht anerkannt; sondern sein Daseyn ist auch, für das politische System von Europa, absolut nothwendig geworden. Wahrheit ist, von allen See: und Landmächten Euros pens, allgemein anerkannt und gewürdigt. Es wird das her fortdauern zu existiren. Als Militärmacht war es von weniger Bedeutung; aber als Föderativ und als Seemacht, und in Rücksicht seiner Finanzen, hielt es mit den Staaten, vom ersten Range, gleichen Schritt. Dieß war auch die Wirkung, seiner freymuthigen und loyalen Politik. Der Geist seiner Regierung hat eine kleinere Territormacht zu einer großen Staatsmacht erhos ben; seine Hülfsmittel und, in ihnen, seine Hülfsquellenvervielfältigend. So ist es geschehen, daß die, in Europa sehr kleine, Republik, in Amerika groß, in Asien mächtig und in Afrika respektabel geworden ist.

Durch die Rechtlichkeit des Charakters seiner Einz wohner, hat sich Holland einen unbegrenzten Kredit ers worben; welcher, durch einen Handel, ohne Schranken, genährt wurde. Auf diese Weise wurde der, fast fleins

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