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speciellen Initianten oder Chef haben, sei es den Bauernbund oder den Frauenverband, und deswegen als deren Ehrentitel gelten, ist bei uns stillschweigend bekannt, wird übrigens in einem, auf den populären Gebrauch berechneten, dreitheiligen Register in der Unterabtheilung <<Namensregister» zur Verwendung gelangen.

Herr Professor Huber hat aber nicht retrospectiv resümirend sich wie Bluntschli einem Conflict mit seinen politischen Zeitgenossen ausgesetzt, sondern, als Mitglied der Volksvertretung, ist er als Führer voran auf socialen Gebieten, wo die Einen ihrem raschen Hauptmann kaum folgen können, während er umgekehrt, in seinem primären bedächtigen Fährtensuchen, Andern zu sehr Fabius Cunctator ist.

Bei dieser heiklen Aufgabe, das Recht über den glatten Abhang socialer Probleme emporzutragen, wo es Klettern und Stufenschlagen und den ganzen Einsatz des juristischen Wissens braucht, kam es Herrn Professor Huber zu gut, dass er einen festen Stand hatte in seinen Lebenserfahrungen als self made man und dass er daher von jeder Rechtssituation und daraus zu erwartenden verzwickten Eventualität bewusst war, dies wie Dante selbst gesehen oder sogar selbst erlebt zu haben. Ferner vertraute der Führer auf die Träger und auf die Begleitmannschaft, also auf den gesunden und geübten und geschärften Menschenverstand der den Gesetzgeber begleitenden Richter. Gemäss Art. 1 entscheiden die Richter subsidiär nach Gewohnheitsrecht, bewährter Lehre und Ueberlieferung, endlich sogar so, wie sie als Gesetzgeber die Frage lösen würden. Die Richter werden also die Gesetze machen und nicht die Advokaten. Wenn daher die Revolutionsmänner von 1789 annahmen, Minos, der Richter

in der Unterwelt, sei auch Gesetzgeber gewesen, und es seien seine Werke auf der Bibliothek zu haben, so war ersterer Schluss nicht unrichtig; jedenfalls sind die geschichtlichen Collegen Eugen Huber's Richter gewesen, so auch bei den germanischen Stämmen.

Das massgebende Urtheil über den Entwurf wird nun die Volksvertretung abgeben. Dieselbe wird gemäss der Norm über Einschränkung des Parlamentarismus bei Berathung von Civilgesetzen, nicht in Details eintreten.

Das Volk, welches in Personenfragen ein besseres judicium hat als in Sachfragen, wird, wie 1882, bei Annahme des O. R. eine Referendumscampagne für unnöthig erachten, sofern die Presse ihres Sendbotenamtes loyal waltet, und nicht wie am 20. Mai 1900 im Kampf gegen den Löwen von Winterthur, demagogisch materielle Instinkte entfacht. Für die daher um so wichtigere Discussion in der Bundesversammlung gibt das Referat Janggen am Juristentag 1900 folgende Directive:

Im Hinblick auf das bürgerl. Gesetzbuch für das deutsche Reich sagte Professor Hilty im Nationalrath: << Die Civilrechtseinheit ist eine politische Nothwendigkeit. Die Erstellung eines guten Civilgesetzbuches in der jetzigen Zeit, und zwar in kurzer Zeit, ist eine Garantie für die Neutralität und politische Selbständigkeit der schweizerischen Eidgenossenschaft»'), und Herr Bundesrath Brenner erklärte, ebenfalls unter Verweisung auf die Einflüsse von Frankreich und Deutschland: «Ich meine, wenn wir eine

1) Das nämliche hatte er schon 1884 am Juristentag in Lausanne gesagt; damals aber war der Vorsteher des Eidg. Justizdepartements und die Mehrheit der schweizerischen Juristen noch anderer Meinung.

Eigenart retten wollen, so ist es die schweizerische Eigenart, die zu retten ist durch das Zusammenstreben Aller, damit wir rechtzeitig noch die Schätze, die in den Rechtsgebieten der einzelnen Kantone sich vorfinden, zusammenfassen und ausarbeiten, so weit sie entwicklungsund ausbildungsfähig sind, und damit diese Schätze erhalten gegenüber den Anstürmen, wie sie von Süden und Norden her auf unser Land eindringen.»>

Vergessen wir nicht: Die Rechtssitte in Einfalt geübt, tagtäglich, nicht nur wenn des Dienstes immer gleichgestellte Uhr uns im Geleise hält, sondern auch bei der mannigfachen Arbeitsunterbrechung oder mannig faltigkeit unserer hastigen Zeit wird stets ergänzend wirken auf das Gesetz. Die Rechtssitte vermag das Individuum im democratischen Freistaat anzuhalten, in seiner persönlichen und ökonomischen Sphäre sich zu Handen seines Nächsten aristokratisch selbst einzuschränken, so dass die neuzeitlichen, öffentlichen Beschränkungen z. B. des Grundeigenthümers, das Nachbarrecht, oder die häusliche Gewalt nicht retrograd gedeutet werden darauf, dass der Einzelne sein Leib und Hab und Gut nur zu Lehen habe vom socialen Grossmeister, sondern dass Jeder seinem Nächsten hilft, auf Gott vertraut und seine eigene Kraft. Zu dieser Nachfolge berief Herr Landammann Zäch von St. Gallen die gebildeten Klassen, und unter ihnen in erster Linie die Juristen. An ihnen liegt es auch, den als Compensation zur Rechtseinheit, von den Föderalisten verschärften Schlusssatz des Art. 64: «Die Organisation der Gerichte, das gerichtliche Verfahren und die Rechtsprechung verbleiben wie bis anhin den Kantonen» nicht conträr zur Rechtseinheit zu gestalten, so dass das nunmehr geschliffene Schwert auch geführt

wird zur nationalen Ehre, so zwar, dass die urwüchsigen Typen unserer Kantone nicht durch eine Schablone verflacht, dass vielmehr das helvetische Privatrecht ein culturelles Vorbild werde.

Wir würden schliesslich auch eine durch Referendum bewirkte Volksabstimmung nicht allzusehr fürchten, obwohl wir sie, wie bereits gesagt, nicht für wahrscheinlich halten. Das vorgelegte Gesetzeswerk ist so, dass jeder Schweizer auch ohne Schriftgelehrter zu sein, kraft selbstständiger Ueberzeugung sein Votum abgeben und alsdann sein Haus danach bestellen kann.

DR. E. HILTY.

Aphorismen

über Schönheit und Kunst.

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