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surface à gratter, avec la charge d'assurer la police des territoires occupés ou exploités par ces copartageants.

Contrairement aux données de l'opinion reçue, à côté des avantages matériels que peut offrir à une nation laborieuse la conquête d'une riche terre d'exploitation et de peuplement, j'apprécie d'abord la saine obligation qu'elle impose de consentir l'effort qui justifiera sa légitime possession.

Et par effort je n'entends pas seulement l'effort militaire, mais l'action sous toutes ses faces qui, dans la lutte générale pour l'existence et l'universelle concurrence indispensables au progrès, met en jeu toutes les énergies de peuple vivants ou réveille celle des sociétés qui s'endorment. Telle est la principale fonction des colonies, telle est leur première raison d'être, leur haute signification. La véritable fortune que renferme l'Eldorado, c'est le logement de l'effort qu'il exige pour le conquérir.»

Bei Anlass der Ausweisung eines Abbé Delsor, eines Elsässers, aus französisch Lothringen, erhoben die Nationalisten der französischen Deputirtenkammer ein ungeheures Geschrei, indem sie denselben nicht als einen <<Ausländer» betrachten lassen wollten, wodurch wieder die stete Bezweiflung der Rechtskraft des Frankfurter Friedens-Schlusses Seitens dieser Partei offenbar wurde. Es ist jedem friedeschliessenden Staat jederzeit erlaubt, den Frieden wieder aufzukünden und das Kriegsglück von Neuem zu probiren; aber wenn man das nicht wagt und nicht wagen kann, so wäre Schweigen die würdigere Haltung.

Selbst die Nachkommen des Uhrenmachers Naundorf, welcher zeitlebens der unglückliche Ludwig XVII. zu sein behauptete, regten sich in neuester Zeit wieder und behaupten den Beweis für die Legitimität dieses Prätendenten, ja sogar den Beweis für die Kenntniss Ludwigs XVIII. von seiner eigenen Nichtberechtigung zur

Thronfolge mit Ausschliessung dieses Neffen zu besitzen. Es würde das, wenn es wahr sein sollte, nur beweisen, wie es mit der «Heiligkeit» des monarchischen Erbrechts steht, welche die legitimistischen Schriftsteller Bonald, Maistre und Andere der Welt einreden wollten. Im Übrigen kann man sich für die Familie Bourbon kaum mehr stark erwärmen.

Das Allerschlimmste für Frankreich, und die ganze << lateinische Race» überhaupt, ist, neben allen diesen Schwierigkeiten der äusseren Lage, die Selbstverherrlichung, von welcher wir einer unserer eigenen Zeitungen, bei Anlass des Besuches von Loubet in Rom im April d. J., die folgende glänzende Stichprobe entnahmen :

<< Tous, en Europe, peuvent et doivent saluer avec satisfaction l'amitié rétablie et l'union des deux grandes races latines. Certes, la race germanique et la race anglosaxonne et la grande race slave possèdent des mérites et des qualités que personne ne leur contestera. Mais la France et l'Italie ne l'oublions pas ont été les grandes ouvrières de notre civilisation moderne. On pourra médire tant qu'on voudra du sang latin, énumérer ses faiblesses, critiquer ses défauts, il n'en est pas moins vrai que le latinisme représente la fleur et la grâce de notre civilisation, sinon ses vertus solides, tout au moins ses qualités séduisantes et aimables. Et tout esprit cultivé, à quelque race, à quelque nationalité qu'il appartienne, n'acquerra toute sa valeur, que s'il a passé par l'école de la France ou de l'Italie. Le plus grand des poètes allemands, Goethe, n'a été tel que parce qu'il a pu latiniser et par conséquent clarifier son génie (?). L'entente cordiale rétablie entre la France et l'Italie l'alliance de l'Esprit et de la Beauté c'est la glorification du gentil sangue latino, c'est, par conséquent, une fête pour l'esprit humain. »

Das sind, das darf man wohl mit Sicherheit behaupten, im Ganzen genommen Uebertreibungen des nationalen

Selbstgefühls. In Bezug auf die allgemeine Kultur gilt es nur bis zu einem gewissen Grade von Italien, dem wir allerdings Alle einen erheblichen Theil unserer klassischen Bildung verdanken, während dies bei Frankreich bei weitem nicht so sehr der Fall ist. Anders freilich verhält es sich auf dem rein politischen Gebiete. Da hatte nach einem dictum der ersten Revolution jeder freiheitsliebende Mensch einst zwei Vaterländer, Frankreich und das Seinige, und selbst 1830 und 1848 war noch zeitweise eine solche politische Hegemonie vorhanden. Seit dem Staatsstreich Louis Napoleons aber ist dieselbe immer mehr zurückgegangen, und auch auf dem sozialen Gebiet konnte Bebel auf dem Kongresse von Amsterdam dem französischen Sozialismus von Jaurès entgegenhalten: «Vos progrès se bornent jusqu'ici à des vaines agitations, à des grèves sans résultats pour les ouvriers.»>') Das republikanische Frankreich gehört im Grossen und Ganzen einer sehr auf ihren pekuniären Vortheil bedachten Bourgeoisie, deren Herrschaft wahrscheinlich auch eine Revolution beenden wird. Die «erste Violine» spielt es seit 1870 nicht mehr im «europäischen Konzert».

Im Januar dieses Jahres starb in Paris die Prinzessin Mathilde Bonaparte, seit dem Zusammenbruch des 2. Kaiserreichs das geistige Haupt der politischen Abenteurer, die zeitweise, zuerst unter einem Korsen, sodann unter einem Holländer das Land beherrschten, welches seine eigene Dynastie unwiederbringlich verloren hat. Als dann diese Herrlichkeit zum zweiten Mal zusammenstürzte, soll diese grande dame, die es wenigstens von mütter

1) Nach einem sehr guten Artikel von Prof. Pareto über den französischen Sozialismus, in der Gazette de Lausanne vom 28. August d. J.

licher Seite her war, mit dem philosophischen Gleichmuth solcher Naturen, denen Alles nur ein Gegenstand des Vergnügens ist, geäussert haben: «C'est égal, nous nous sommes rudement amusés». Das ist die richtige Grabschrift der napoleonischen Dynastie, hoffentlich nun auf immer.

Gänzlich im Gegensatz zu den auf pag. 549 citirten Aeusserungen steht ein Buch «La decadenza della nazioni latine», in welchem der bekannte Anthropologe der Universität Rom, Sergi, sowohl seiner Heimath Italien, wie Frankreich und Spanien ein viel zu schroffes Urtheil spricht. Einige Stellen daraus lauten, wie folgt:

«Der Verfall der lateinischen Nationen und besonders Italiens hat als allgemeine Ursachen: 1. den starken Individualismus, der z. B. in Italien nach den Wirren der Völkerwanderung eine Menge kleiner Republiken und Tyrannenherrschaften entstehen liess, die sich gegenseitig zu vernichten suchten; 2. das Papstthum, welches sich auf den leeren Thron der Cäsaren zu setzen strebte und wieder das Princip der Starre (immobilismo) vertrat, das immer Rückschritt bedeutet. Die Päpste in ihrem Kampf mit dem Kaiserthum waren die eigentlichen Unruhestifter. Sie waren schuld, dass die Italiener sich in zwei Lager schieden, die sich grimmig befehdeten (Welfen und Ghibellinen). Italienisches Nationalgefühl war den Päpsten wie heute noch völlig fremd. Es ist eine Fabel, dass sie bereits das Ideal der «Italia una» gehabt hätten. Ihr Ziel war ein weltliches Papstreich, je grösser, je besser. Viel schädlicher aber, als ihre weltliche Macht, die sie ja 1870 verloren, ist immer gewesen und ist noch heute ihre geistige Macht über die Gewissen. Durch ihren Immobilismus ist die Kirche ein Hinderniss für jeden ethischen und sozialen Fortschritt. «Die Päpste mit ihren Legionen von Priestern und Mönchen waren die Henker der Menschheit und des menschlichen Fortschritts. Das wird am deutlichsten klar an Spanien und

Sizilien. Als diese Länder den Moslemin wieder entrissen wurden, sank die hohe Blüthe, die sie unter jener freiheitlichen Regierung errungen, unter dem Druck der Kirche in barbarische Zustände zurück.

Die Renaissance, urtheilt Sergi, war nur eine solche in wissenschaftlicher und künstlerischer Hinsicht, nicht in politischer, und kein wirklicher Fortschritt, nur ein Traum, kein Erwachen. Sie entsprang der «Erbsünde>> der Italiener, dem Zurückgehen auf das klassische Alterthum. «Es ist immer die Sehnsucht gesunkener Völker, zur Vergangenheit zurückzuflüchten. Nur in ihrem Spiegel betrachten sie das Zukünftige.» Und da die Renaissance aus Todtem Leben wecken wollte, drang sie nicht durch, erfüllte die Gesammtheit nicht mit neuem Blut, blieb eine Domäne weniger Hochgebildeter. Neben dieser <<künstlichen Neubelebung alter Formen und Götter, die längst todt waren», tauchte als neues lebenskräftiges Ideal bereits damals ein anderes auf, die Naturwissenschaft, und der echte Heroe jener Zeit war Galilei.

Eine andere soziale Krankheit, woran Italien leidet, ist der «Latinismus». In Erziehung, Politik und Gesetzgebung ahmt man die Vorfahren, die alten Römer, nach. Es kommen aber nur Karrikaturen heraus. Dieses Kleben am Vergangenen ist ein Zeichen des Alters. Die Befangenheit in der Klassizität trübt den Blick für die Forderungen der Gegenwart, für die Bedürfnisse des wirklichen Lebens. Ein falsches Ideal. Sergi kämpft geradezu fanatisch gegen das Latein und Griechisch an, das den Realwissenschaften den Platz wegnimmt, völlig dem Zeitgeiste zuwider. In den besten Jahren füllt man die jungen, empfänglichen Geister mit todtem Wissenskram, macht damit das leibliche wie geistige Auge kurzsichtig, statt zur Beobachtung anzuleiten und einen offenen und praktischen Sinn anzuerziehen, Dinge die für das spätere Bestehen im Daseinskampfe so unerlässlich sind. Aber wir sind eine Art Chinesen. Unsere Priester und klassischen Gelehrten sind die Mandarinen. Auf nichts bedacht, als die alten Gebräuche zu erhalten, thun sie

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