über den Grossstaaten zu erlangen, und die im Falle einer Fortsetzung des Haager-Kongresses nach dem gegenwärtig waltenden Krieg geradezu als nothwendig erscheinen wird. Um mit den Kleinsten der Kleinen zu schliessen, so hat unser Nachbarland Liechtenstein, wie es noch immer kirchlich zu Graubünden, d. h. zu dem Bisthum Chur gehört, die Absicht auch eisenbahnlich durch eine Zweiglinie an die rhätischen Bahnen sich anzuschliessen, worüber Verhandlungen im Gange sind. Bei Erbauung der Arlbergbahn besass der damalige Landesherr einen preussischen Rathgeber und Günstling, der ihm Eisenbahnen, der Sittenverderbniss wegen, abrieth, so dass die grosse österreichische Linie statt, wie es natürlich gewesen wäre, in Sargans, in Buchs in die Schweiz einmünden musste und Vaduz der einzige Landeshauptort Europa's ohne Eisenbahnstation blieb. Die Station ist in dem ziemlich entfernten Dorfe Schaan und heisst frei. lich, um dieses Curiosum landesherrlicher Weisheit einigermassen zu bemänteln, «Schaan-Vaduz», Ein anderes Kleingebiet «Neutral-Moresnet» mit 2800 Einwohnern, das seit 1814 ungetheilt zwischen Preussen und Belgien lag und durch Kommissäre beider Staaten verwaltet wurde, soll nun definitiv getheilt werden, und Preussen hat bereits, wie es scheint, das Dorf Moresnet, das 4/5 aller Einwohner besitzt, in Beschlag für sich genommen. Damit verschwindet eine staats. und völkerrechtliche Curiosität und eine Zufluchtsstätte für allerlei «fahrende Leute», die dort, wie in alter Zeit in Graubünden, nach Schiller's Auffassung in den ursprünglichen «Räubern», eine Freiheitsluft athmeten, welche ihnen sonst überall in der allzu civilisirten Welt fehlt. Verhältnisse der Schweiz zum Ausland. Obenan steht hier immer das Verhältniss der ewigen und europäisch garantirten Neutralität. Hierüber sind in neuester Zeit einige Werke veröffentlicht worden, die uns, wenigstens indirekt, interessiren. Zunächst über die belgische Neutralität, die der unsrigen anfänglich, vielleicht nur als provisorisches Auskunftsmittel, oder als « barrière» nachgeahmt wurde: Dollot, les origines de la neutralité de la Belgique; Tourgassié, La neutralité de la Belgique, de Launoy, les origines diplomatiques de l'Indépendance belge; endlich Descamps, Professor in Löwen, la neutralité de la Belgique. In dem letztgenannten Buche wendet sich der Verfasser gegen die Theo. rie seines Collegen, Professor Nys, an der Universität Brüssel, welcher in einer interessanten «étude de droit international et de droit politique» (1901) die Anschauung verfochten hatte, dass Belgien nicht die gleiche Neu. tralitätsgarantie, wie die Schweiz besitze, namentlich nicht die «garantie de l'intégrité et inviolabilité du territoire», die zwar anfänglich auch gewährt, aber schliesslich zurückgezogen worden sei. Auch habe sich was uns auch angeht, - seither die politische Organisation Europa's verändert, die Garanten seien nicht mehr die nämlichen. Beide belgische Publizisten kommen aber dennoch zuletzt auf denselben Schluss, dass die Neutralität ihres Landes eine «neutralité armée» sein müsse. Eine andere habe heute gar keinen Werth. «Des périls qui nous environnent, il n'en est peut-être pas de plus grand que l'opinion trop souvent exprimée, d'après laquelle la Belgi < que n'a pas besoin d'armée et doit avoir confiance dans les traités, dans la loyauté des puissances, qui l'ont enfantée en 1830.» Das ist eine Schlussbemerkung, die auch für uns passt, in einer Zeit, wo es auch einzelne Schweizer gibt, die von «Antimilitarismus» sprechen, oder Gewissensbedenken gegen den Militärdienst ihres Landes äussern. Was die Folge davon in jedem grossen Krieg benachbarter Mächte sein würde, wenn solche Anschauungen in grösseren Kreisen Beifall fänden, das zeigt jetzt Jedem, der noch sehen kann, das Beispiel von Corea. Eine andere Besprechung zunächst der beabsichtigten ewigen Neutralität der drei skandinavischen Staaten, daran anknüpfend aber auch der schweizerischen, stand in der Berliner « Woche», aus der Feder von Professor Laband in Strassburg. Gegen dieselbe erhob sich eine Protestation in der «Gazette de Lausanne» vom 7. Juni, die aber nach unserem Dafürhalten in einigen Punkten doch ein wenig über das Ziel hinaus schiesst. Es be. weist dies, wie schwer es ist, in diesem sehr heiklen Kapitel des Völkerrechts ganz die richtige Auffassung zu treffen, und dass der Bundesrath seine Deputirten bei der Haager-Konferenz nicht ohne Grund angewiesen hat, eine Verhandlung über die ewige Neutralität nicht zu befürworten. Das Institut de droit international hat nun eine Resolution angenommen, in welcher der Wunsch ausgesprochen wird, dass die verschiedenen Staaten sich bemühen sollten, die mit der Frage der Neutralität zusammenhängenden Fragen in einer Weise zu lösen, die mit den Bedürfnissen der gegenwärtigen Zeit im Einklang stände. Die richtige Auffassung der Neutralität, nebst ihrer Entstehung, ist dargestellt in unserer Schrift «Die Neutralität der Schweiz in ihrer heutigen Auffassung, deutsch und französisch, bei Anlass des Wohlgemuthshandels geschrieben. Schwierige Verhältnisse oder gar Reibungen mit dem Ausland bestehen dermalen unseres Wissens keine. Die Festungsbauten Deutschlands an dem Isteinerklotz wurden fortgesetzt und von Zeit zu Zeit taucht auch, wir wollen hoffen, die Ente jedenfalls aber ein Vogel, der nicht eine Taube ist auf, es solle doch der Tüllingervorsprung auch mit einem Fort gekrönt werden. Dahin würde dann allerdings die Kanone passen, welche im achtzehn. ten Jahrhundert in der alten Hüningerfestung gestanden haben soll, mit der Inschrift: «Si tu remues, Bâle, je te tue». Eine friedlichere und genehmere Baute an dieser Gränze ist der grossartige deutsche Bahnhof in Kleinbasel, der mit einem Kostenaufwand von 36 Millionen bis zum Jahre 1908 erstellt werden soll. Eine Zollabschrankung in der Vorhalle des jetzigen Bahnhofes wurde von dem Eidg. Eisenbahndepartement nicht zugelassen. Mittelst eines Urtheils vom 4. März d. J. hat das el. sässische Oberlandsgericht in Colmar neuerdings einem Urtheil unseres Bundesgerichts die Vollziehungsfähigkeit abgesprochen, weil kein Gegenseitigkeitsvertrag zwischen der Schweiz und Deutschland vorliege. So sehr dies seine Richtigkeit hat, so wenig passend erscheint es, dass schweizerische Kantone, u. A. selbst Bern, mitunter deutschen Urtheilen das Exequatur ohne jede Prüfung ihrer materiellen Richtigkeit ertheilen. Bereits im Laufe des Oktobers sollte nach frühern Be. rechnungen der Simplon tunnel durchgeschlagen werden, was nun aber leider durch schwierige Wasserverhältnisse sich wieder stark verzögert hat. Wir können die Befürchtung nicht ganz los werden, dass diese Bahn noch eine Quelle von Verlegenheiten für die Schweiz werden wird. Jedenfalls entsteht dort der weitaus schwierigste und gefährlichste Punkt der schweizerischen Gränze. Ueber die italienischen Vorkehren dagegen wurde einstweilen Folgendes bekannt: «Die Zufahrtslinie DomodossolaIselle ist fertig gestellt, und täglich kommen Güterzüge in Iselle an. Die Linie zählt drei Tunnels. Etwa 200 Meter vom Südausgang des Simplons befindet sich der erste Tunnel von 150 Meter Länge. Dann kommt die kleine Station von Iselle, und hierauf folgen ein zweiter und ein dritter Tunnel von 3, bezw. 6 Kilometer Länge. Italien ist also für die Eröffnung des Simplons bereit. Auch haben die italienischen Genieoffiziere ihre Pläne für die Vertheidigung des Simplons vollendet. Es sind drei Erdwerke mit Kasematten und verdeckten Batterien vorgesehen, eines an der Tunnelmündung, eines an der Ausmündung des Diveriathales und eines auf der Strecke Iselle-Domodossola; nebstdem Minenkammern im Tunnel, in Iselle und Varzo.» Die Bundesversammlung hat für die schweizerischen Vertheidigungsvorkehren auch bereits eine starke Summe bewilligt (vgl. Militärwesen). Aus Mai. land wurde an eine unserer Zeitungen schon im Winter berichtet: «Im italienischen Kriegsministerium scheint man in letzter Zeit der Landesgrenze gegen die Schweiz erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken. Zuerst kam die Kunde, dass im Generalstabe «Manöverübungen auf der Karte > im Simplongebiet gemacht werden. Es folgten Uebungen der Alpenjäger am Splügen und neulich führten die Alpini des vierten Regiments unter Oberst Dubouloz wichtige Wintermanöver aus an den Grenzübergängen zwischen dem Bognancothal und dem Kanton Wallis. Sie stiegen auf den Pontimiapass (2382 m) und auf den Monsurapass (2106 m) hinauf, welche die Simplonstrasse dominiren.» |