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Die

schweizerische Eisenbahn-Politik.

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Sie wünschten eine gedrängte Uebersicht über das Wesentliche und für Jedermann Wissenswürdige dessen zu erhalten, was in der Schweiz mit Rücksicht auf die Eisenbahnen bis auf den heutigen Tag vorgegangen ist und in nahestehender Zukunft muthmasslich bevorsteht.

Dass die Schweiz, als ein wichtiges Durchgangsland zwischen grossen Kulturgebieten Europa's, sich dem Eisenbahnbau nicht verschliessen, sondern derselbe im Gegentheil in ihrem Verkehrsleben, und infolge davon auch in ihrer Politik, eine bedeutende Stelle einnehmen werde, musste Jedermann klar sein, der mit der vergangenen Geschichte ihres Strassenbaues einigermassen vertraut, sich vergegenwärtigte, dass die Eisenbahnen nur die neueste Phase eines vervollkommneten Strassenbaues sind. Ein kurzer Rückblick auf denselben wird daher, dem eigentlichen Gegenstand vorangehend, nicht ganz überflüssig sein.

I.

Die heutige Schweiz wurde schon zur Römerzeit von einer Anzahl grosser Kunststrassen durchzogen, die alle, namentlich die militärische, daneben aber auch einekommerzielle Verbindung zwischen den jetzt deutschen oder französischen, österreichischen und italienischen Be-standtheilen des weiten Weltreiches im Auge hatten, und deren Spuren noch heute mehr oder weniger deutlich er-kennbar sind.

Die Römer besassen in der Kaiserzeit im Ganzen die gleichen Militär- und Handelsstrassen über die Alpen, die jetzt noch begangen sind, nämlich den Julier, Septimer, Splügen, Bernhardin, Lukmanier, Maloya im heutigen Graubünden, den Montecenere im Tessin, den Simplon und grossen St. Bernhard in der Westschweiz. Ausserhalb der heutigen Schweiz den Brenner, den Arlberg, die via Claudia über die Reschen-Scheideck nach Trient, die ligurische Küstenstrasse (Via Julia Augusta), die Montgenèvre-Strasse über die kottischen Alpen, den kleinen St. Bernhard über die graiischen Alpen, und dann noch die Strassen in den Ostalpen, namentlich den Tarvis- und den Okrapass zwischen Aquileja und Laibach, den Monte-Croce aus dem Thal des Tagliamento nach Noricum, den Dranberg in Krain und die Strasse von Laibach (einer römischen Festung) nach Igg (Emona). Nur insofern hat sich die Situation wesentlich verändert, als von den zwei römischen Hauptstrassen die Eine, der Septimer, von Stalla (Bivio) nach Casaccia, auf der man die charakteristischen Spuren des römischen Fahrwegs, den Plattenbelag an den Rändern, noch auf grossen Strecken sieht, keine Fahrstrasse mehr ist, die andere, der grosse St. Bernhard (Mons Jovis) von Martigny nach Aosta, erst in neuester Zeit wieder eigentlich fahrbar gemacht worden ist. Andere römische Strassen von weniger wichtiger Art sind ebenfalls eingegangen; eine Hauptstrasse der spätern Zeit, der Gotthardpass, war den Römern gar nicht bekannt; ihr Weg von Bellinzona führte, an der Moesabrücke rechts abliegend, durch das heutige Misoxerthal über den Bernhardin (Mons Avium), oder, bei Biasca rechtsab, über den Lukmanier.

Die römischen Strassen waren mit Bezug auf die Vertheilung des Gefälles nach allen Regeln der modernen

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