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politische und ökonomische Gefahr bildet. Natürlich wird derselbe dann, wenn einmal die Zollerträgnisse dazu nicht mehr recht ausreichen wollen und die Kantone trotzdem immer neue Subsidien oder die Uebernahme ganzer Ausgabenkapitel vom Bund verlangen, oder wenn die Zeiten überhaupt schlechter werden, noch lange nicht in Sparsamkeit umschlagen, sondern in erster Linie wird man dann versuchen, mit Zollunionen bessere Resultate für alle Geschäfte, namentlich die grösseren, zu erreichen, wozu bereits folgende kleine Einleitung besteht:

<<Auf Einladung des Herrn Nationalraths Sulzer versammelten sich letzten Dienstag im Parlamentsgebäude eine grössere Anzahl Mitglieder der Bundesversammlung welche, sei es in Industrie, Handel oder Gewerbe, im Geschäftsleben stehen oder früher gestanden haben. Es wurde die Frage diskutirt, ob es nicht angezeigt sei, von Zeit zu Zeit Zusammenkünfte zu veranstalten, um Fragen zu besprechen, welche die Interessen von Industrie, Handel und Gewerbe berühren. Diese Frage wurde allseitig bejaht und die Gründung einer Vereinigung beschlossen, welche vorläufig etwa dreissig Mitglieder der Bundesversammlung umfasst. Die Zugehörigkeit zu den verschiedenen politischen Fraktionen wird durch die Mitgliedschaft bei der Vereinigung in keiner Weise berührt. Es wurde ein provisorischer Vorstand gewählt, bestehend aus den Nationalräthen Bally, Calame-Colin, Gugelmann und Sulzer.» N. Z.-Ztg. v. 22. Juni.

Caveant consules ne aliquid detrimenti respublica capiat.

In unserem diplomatischen Dienst vollziehen sich mit diesem Jahre einige bemerkenswerthe Aenderungen. Zunächst wurde der Gesandte in London, Herr Dr. Carlin auch in Haag accreditirt, wesentlich zu dem

Zweck um der Schweiz auch eine Vertretung in dem diplomatischen Aufsichtsrath über das Haager-Schiedsgericht zu sichern. Das Journal de Genève knüpft daran folgende Betrachtungen: «Le correspondant de Berne de la nouvelle gazette de Zurich parlant de la décision du Conseil fédéral accréditant M. Carlin à la Haye, dit qu'il ne faut pas y voir l'intention d'une augmentation générale de notre représentation diplomatique; il faut surtout ne pas en conclure que l'on veuille également donner suite à la première partie de la motion Odier, de décembre 1902, relative à la création d'une légation suisse à St-Pétersbourg. Pour des motifs faciles à comprendre, on ne peut actuellement penser à la création d'un poste diplomatique semblable. Nous croyons d'ailleurs que le Conseil fédéral ne considère pas, d'une manière générale, une légation suisse à St-Pétersbourg comme nécessaire. Cependant cette question ne peut être considérée encore comme définitivement tranchée.

Le correspondant parle ensuite des raisons magistralement exposées par M. Odier pour la création d'une légation à la Haye et relativement à une cour internationale d'arbitrage, puis il continue: Mais on s'est placé encore à un autre point de vue pour montrer qu'une représentation diplomatique à la Haye est désirable. Notre représentant, qui devrait être accrédité également à Bruxelles et à Copenhague, deviendrait le soutien et l'intermédiaire de la politique des petits états. A l'heure actuelle, où justement se manisfeste la tendance des grandes puissances de rendre l'existence plus difficile aux petits états, une cohésion entre ces derniers, surtout au point de vue économique, pourrait avoir une certaine importance.»

Das Letzte entspricht dem von uns schon mehrfach geäusserten Gedanken einer näheren Verbindung der Kleinstaaten. Dieselbe wird nothwendig werden, wenn, wie es nun feststeht, eine Anregung des amerikanischen Präsidenten auf Wiederbesammlung der Haager-Con

ferenz erfolgen wird. Was dagegen die Errichtung eines russischen Gesandtschaftspostens anbelangt, so sind die augenblicklichen Verhältnisse nicht dazu angethan. An die Stelle des verstorbenen Dr. Roth in Berlin wurde Herr de Claparède von Wien, an dessen Stelle Herr du Martheray von Washington, und nach Washington der bisherige Legationsrath Dr. Vogel von der Gesandtschaft in Berlin ernannt.

Der Bundesrath hat ein neues Gesandtschaftsreglement beschlossen und bereits in der Eidg. Gesetzessammlung XX, 120, ohne es der Bundesversammlung vorzulegen, publizirt. Dennoch ersetzt es das s. Z. vom Volke mittelst Referendums verworfene Gesandtschaftsgesetz und enthält auch eine ganze Anzahl besoldeter Stellen, die bis anhin in dieser festgestellten Weise nicht bestanden. Die Legationssekretäre erhalten z. B. Gehalte, die bis auf 10,000 Fr. steigen. Ausserdem wurde eine Ausschreibung erlassen, welche zur Meldung für den Attaché-Dienst auffordert, der fortan auch mit 4 bis 5000 Franken besoldet wird. Hierauf erfolgte anfänglich bei dem ersten Anmeldungstermin keine einzige Anmeldung, dann aber, als die Aufforderung wiederholt wurde, eine massenhafte von allen möglichen unbeschäftigten Leuten jedes Standes und Berufs. Natürlich sollte neben allgemeiner juristischer Universitätsbildung, namentlich auch eine gehörige Kenntniss des gegenwärtigen Völkerrechts rigoros verlangt werden, womit es bisher bei dem unteren Personal der Gesandtschaften vielleicht nicht immer genau genommen wurde; sonst würde nach und nach der diplomatische Dienst unfehlbar heruntersinken. Ein bloss praktisches «stage» bei einer Gesandtschaft oder dem Departement des Aeussern genügt ohne gehörige theoretische Vorbildung nicht.

Das «Argentinische Wochenblatt» hatte sich darüber beklagt, dass anlässlich des Papstjubiläums vom 3. März der schweizer. Gesandte Dr. Choffat in Buenos-Ayres die Schweizerflagge gehisst habe, während dies bei keinem andern Gesandten der beim Vatikan nicht vertretenen Staaten, z. B. Italien und Mexiko, geschehen sei. Die Antwort des Gesandten ist nicht bekannt geworden.

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Zwischen den Republiken Argentinien und Chile war am 28. Mai 1902 ein Schiedsvertrag abgeschlossen worden, wonach sich beide Parteien verpflichteten, alle zwischen ihnen entstehenden Streitigkeiten, welcher Art sie auch seien, -sofern sie nicht Bestimmungen der Verfassungen beider Länder berühren schiedsrichterlich beilegen zu lassen. Artikel 3 dieses Vertrages lautet: «Die hohen kontrahirenden Parteien bezeichnen als Schiedsrichter die Regierung seiner Majestät des Königs von Grossbritannien. Sollte eine der Parteien aufhören, mit der Regierung Seiner britischen Majestät freundschaftliche Beziehungen zu unterhalten, so bezeichnen beide Parteien als Schiedsrichter für diesen Fall die Regierung der schweizerischen Eidgenossenschaft. Binnen 60 Tagen vom Austausch der Ratifikationen an gerechnet, werden beide Parteien, gemeinsam oder einzeln, die Regierung Seiner britischen Majestät, welche in erster Linie, und die Regierung der schweizerischen Eidgenossenschaft, welche in zweiter Linie als Schiedsrichter zu funktioniren hätte, ersuchen, dieses Mandat zu übernehmen.» Mit Note vom 19. Februar richtete die argentinische Gesandtschaft im Namen ihrer Regierung ein dahingehendes Gesuch an den Bundesrath. Dieser dankte den beiden Regierungen für diesen Beweis des Vertrauens, erklärte aber, dass es ihm zu seinem Bedauern nicht möglich sei das anerbotene allgemeine Schiedsrichteramt zu übernehmen. (Bund.)

Unter den Staatsverträgen sind jetzt überhaupt die Schiedgerichtsverträge Modesache; alle möglichen Staaten

schliessen solche miteinander ab und auch der Bundesrath hat seinem Präsidenten den Auftrag hiezu ertheilt. Natürlich ist mit einem solchem Vertrag noch nicht viel gemacht, denn sehr wichtige Sachen werden schon durch den Wortlaut desselben gewöhnlich ausgenommen und wenn es auch nicht geschieht, so ist es stets in das Ermessen eines souveränen Staates gestellt, ob er den Vertrag halten, oder ein schiedsgerichtliches Urtheil ausführen will. Wir haben diese Erfahrung ja bereits mit dem italienischen Handelsvertrag gemacht. Das Institut de droit international publizirte eine Anzahl solcher bestehender Verträge und zwar: Zwischen der Schweiz und Amerika vom 24. Juli 1883, zwischen England und Amerika vom 12. Januar 1897, zwischen Italien und Argentinien vom 25. Juli 1898 (nicht ratifizirt), zwischen Chili und Argentinien vom 28. Mai 1892; derselbe enthält auch ein Nebenvertrag vom gleichen Datum, wonach keine neuen Rüstungen zur See während 5 Jahren ohne Anzeige an die andern Staaten gemacht werden sollen und auf die im Bau begriffenen Kriegsschiffe verzichtet wird. (In Folge davon gehen dieselben an Russland oder Japan über). Zwischen Frankreich und England vom 14. Oktober 1903; zwischen Spanien und Mexiko vom 11. Januar 1902; zwischen Argentinien, Bolivia, San Domingo, Guatemala, Salvador, Mexiko, Paraguay, Peru und Uruguay vom 29. Januar 1902, Centralstelle dieser grösseren Verbindung ist Mexiko; zwischen Holland und Dänemark vom 12. Februar 1904.

Man hat also grosse Auswahl, wenn man Muster sucht; ein sehr erheblicher Gewinn für die Welt ist es aber nicht, die Kriege werden trotzdem fortbestehen. Das Institut wird sich in seiner diesjährigen Sitzung in Edinburg mit der Sache weiter beschäftigen.

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