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Ingenieurkunst gebaut und gut chaussirt, oft mit dreifacher Unterlage; dagegen natürlich, in Ermangelung der modernen Sprengmittel, sehr schmal nach unseren heutigen Begriffen, höchstens 3 Meter') breit. Eine römische Postroutenkarte enthält die sogenannte Peutinger'sche Tafel, auf der in Streifenform alle römischen Stationen auch in unseren Gebirgen mit ihren damaligen Namen verzeichnet sind.) Das interessanteste Zeugniss eines Heeresüberganges über diese Alpenstrassen in römischer Zeit ist ein Gedicht von Claudian, welches den Vormarsch des Stilicho, Vormundes und Reichsverwesers des Kaisers

') Vgl. über unsere Verhältnisse Bavier; die Strassen der Schweiz. Näher: die römischen Militärstrassen. Maillefer: les routes romaines en Suisse, Revue historique vaudoise 1900. Berger: die Septimerstrasse, Jahrbuch für Schweiz. Geschichte, Band XV.

2) Dieses kostbare Pergament, welches sich jetzt in der Wiener Hofbibliothek befindet, aber schon mehrfach, namentlich von Miller und von Desjardins herausgegeben worden ist, ist die jedenfalls sehr alte Copie eines verloren gegangenen Originals, das man einem römischen Geographen aus der Mitte des 4. Jahrhunderts, Castorius, zuschreibt. Sie gelangte von Worms her in die Hände eines Augsburger-Bibliophilen, des Rathsherrn Peutinger, war dann eine Zeitlang nach dessen Tode verloren, kam aber 1714 wieder zum Vorschein und in den Besitz des Prinzen Eugen, von dessen Erben dann Kaiser Karl VI. sie erwarb.

Die römische Post, für die diese Karte diente, war ein Staatsinstitut der Kaiserzeit, das eigentlich nur für den öffenttlichen Dienst bestimmt war; doch konnten auch Private eine staatliche Erlaubniss zu ihrer Benutzung erhalten, und es war damit nicht bloss das Recht auf Beförderung, sondern meistens auch auf Verpflegung in den Poststationen (mansiones) verbunden. Theilweise erhielt sich diese Einrichtung der Postfrohnden der Gemeinden in Bezug auf Stellung von Pferden und Wagen auch während der nachfolgenden Östgothen- und Frankenherrschaft; in Graubünden, zog dieselben auf den grossen Strassen des Landes der Bischof von Chur an sich.

Honorius, gegen Alarich im Jahre 400 n. Chr. schildert. Die Gefahren eines Alpenüberganges im Frühjahr werden mit folgenden Worten geschildert:

«Wo sich dem eb'nen Geländ' Hesperiens Rätien anschliesst, Rührt an die Sterne das steile Gebirg und öffnet dem Wand'rer Kaum im Sommer den Pfad. Starr schlug hier Manchen die Kälte

In das Todtengewand und Manchen verschlang in der Tiefe
Mächtige Masse des Schnee's. Gar oft auch stürzet das Zug-
thier
Hier mit dem Wagen, zerschellt, hinab in den schimmernden
Abgrund.
Manchmal schicket Verderben mit gleitendem Eise hernieder
Plötzlich ein Berg; da löst im laulichen Föhne sich tückisch
Los vom Felsabhange der Grund.»

Es ist nicht sicher, welcher Berg gemeint ist, jedenfalls aber einer der Graubündner-Pässe, wahrscheinlich Maloja und Julier zusammengenommen; denn Stilicho brach von Mailand auf und passirte zunächst den Comersee zu Schiff, was der Dichter ebenfalls sehr anschaulich, wie folgt, schildert:

«Ueber den Spiegel des See's, der Meerfluth freundlichem Abbild,

Führte dem Ufer entlang, das schattig Oliven bekleiden.
Eilenden Flugs ein Nachen ihn fort. Dann klomm er zu Rosse
Auf zum rauhen Gebirg inmitten des eisigen Winters
Ohne Rücksicht auf Wetter und Wind

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nur selten von Ceres,

Nie von Bachus erquickt, zufrieden mit dürftigster Speise, Rasch in der Rüstung verzehrt. Vom triefenden Mantel belastet,

Trieb sein Ross kaltschauernd er an. Nie boten dem Müden Weichliche Decken ein Bett. Wenn Nacht in Dunkel dem Auge Hüllte den Pfad, dann fand in unheimlicher Höhle des Wildes, Oder bei Hirten er Dach und Rast und streckte den Nacken Ueber den Schild. Da stand wohl bleich vor seinem gewalt'gen Gaste der Wirth, und, erstaunt, auch ohne den Namen zu kennen,

Zeigte dem Kinde voll Scheu die Mutter dies edele Antlitz.>>

Im Mittelalter blieben die römischen Strassen mehr oder weniger im Gebrauche und wurden namentlich von den deutschen Kaisern auf ihren Heerzügen nach Italien benutzt. Ueber den Lukmanier zog nach mehreren Vorgängern zuletzt Friedrich II., über den Montcenis ging Heinrich IV. nach Canossa; die Hauptstrasse dieser Zeit war aber für sie stets der Brenner.

Bei Ausgang des Mittelalters entstand die Idee einer Erneuerung und Verbesserung des Strassenbaues frühzeitig in Graubünden. Die Viamala wurde im Jahre 1473 durchgebrochen, immerhin nicht so vollständig wie es im 19ten Jahrhundert geschah; interessant ist auch eine Verhandlung der damals am Comersee angrenzenden beiden Republiken, Venedig und Freistaat der drei Bünde, über den Bau zweier Handelsstrassen zur Verbindung des adriatischen Meeres mit dem Rhein, über den Splügen und Bernina, mit Fortsetzung der letzteren Strasse über den Julier oder Albula. 1771 war sogar von einem Schleusenkanal die Rede, der durch das Bergell und Engadin eine Wasserverbindung zwischen dem Comersee und Tyrol herstellen sollte.

Im 19ten Jahrhundert begann dann der Gedanke an moderne Kunststrassen mit Chaussirung und vertheiltem Gefälle aufzukommen, und eine Aera des Kunststrassenbaues begann, die ihren Abschluss in dem Eisenbahnbau der Neuzeit gefunden hat, der ja auch nichts anderes, als ein Kunststrassenbau mit einer wesentlichen Erleichterung der Traktion ist.

II.

Der Eisenbahnbau im jetzigen Sinne datirt bekanntlich aus dem zweiten Viertel des 19ten Jahrhunderts; die

erste Eisenbahn kam in England durch den ältern Stephenson am 27. September 1825 in Betrieb, und man dachte anfänglich nur an einen Betrieb auf ebenen Strecken und mit der Geschwindigkeit einer guten Postkutsche, der auch diese ersten Eisenbahnwagen äusserlich glichen. Doch hatten schon zwei andere Engländer, Vivian und Trevithick, im Jahre 1804 einen Schienenweg mit einer Lokomotive für die Beförderung von leblosen Gegenständen mit der Geschwindigkeit von 8 Kilometer in der Stunde angewendet, und die Räder mit vorstehendem Rand, die noch seinen Namen tragen, hatte Jessop im Jahre 1789 erfunden.') Die Dampfschiffe, anfänglich bloss hölzerne, sind älter als die Eisenbahnen, und waren auch bei uns bereits im ersten Viertel der vorigen Jahrhunderts vorhanden. Das erste war der Guillaume Tell, der den Genfersee am 21. Juni 1823 zu befahren begann.

Die Eidgenossenschaft als solche, hatte sich schon frühzeitig mit einer gewissen Aufsicht und Regelung wichtiger Verkehrsverhältnisse beschäftigt. Die älteste derartige Bestimmung enthält der Pfaffenbrief von 1370 mit Bezug auf die Gotthardstrasse (Vgl. die Beilage I). Andere Beispiele eines Eingreifens der Eidgenossenschaft in Verkehrssachen aus dem Gesichtspunkt der öffentlichen Wohlfahrt finden sich in Tagsatzungsbeschlüssen von 1474, 1560, 1569 1571, 15831); 1474, 16. Mai, z. B. beschliesst die Tagsatzung: «Die Vögte im Aargau sollen die Strassen in Stand setzen, damit Weinfuhrleute und andere Bieder

1) In den Bergwerken hatte man schon lange vorher Karren auf Schienen, oft hölzernen, befördert und selbst die Plattengeleise der römischen Strassen, wie man sie z. B. noch heutigen Tags im Dorfe Andeer in Graubünden sieht, waren eigentlich bereits der Anfang eines Gedankens, der jetzt so einfach erscheint, dass man sich über seine späte Verwirklichung wundert.

leute sie zu allgemeinem Nutzen befahren können.» 1487, 1. Mai, wird eine allgemeine Strassenverbesserung in der Eidgenossenschaft beschlossen, 1579 ein Strassenmeister für den <<Mont Kenel» (Monte Cenere) angestellt. 1658, 27. Juni, wird Uri veranlasst, eine Zollerhöhung am Gotthard, die für Verbesserung der Strasse eingeführt worden. war, nach Erreichung des Zwecks wieder zu beseitigen. Solche Beschlüsse gegen Uri im Sinne einer Aufrechthaltung dieser wichtigen Strasse kommen noch mehrfach vor.

Immerhin stand das Strassenwesen in der alten Zeit der Eidgenossenschaft auf keiner hohen Stufe; einzig Bern hatte einige grosse und schöne Strassen in der Mitte des 18. Jahrhunderts gebaut, deren breite Alleen in der Nähe der Stadt ihm noch heute zur Ehre gereichen.2) Staatssache des Gesammtstaates wurde das Strassenwesen in der helvetischen Periode, mit einer Organisation durch ein Strassengesetz vom 22. Oktober 1800, welches die Strassen in 4 Klassen eintheilte, deren 3 erste der Staatsunterhaltung, unter Besorgung durch die Unterstatthalter mit Berichterstattung alle 2 Monate an die Verwaltungskammer ihres Kantons, anheim fielen; bloss die vierte Klasse erhielten die Gemeinden. Die oberste Aufsicht führte der Kriegsminister durch einen Generalinspektor (damals Oberst Guisan von Avenches). Es befindet sich noch eine von demselben aufgenommene interessante Strassenkarte unter den Akten des helvetischen Archivs. In der Mediationszeit schrumpfte die eidgenössische Auf

1) Vgl. darüber auch die Vorrede von Segesser zur 2. Ausgabe des ersten Bandes der Eidg. Abschiede pag. 8.

2) Die lateinische Inschrift auf dem grossen Denkstein am Aargauer-Stalden, welche besagt, diese Strasse habe «per loca praerupta» geführt werden müssen «wo die Natur den Zugang zu versagen schien,» erscheint uns jetzt allerdings etwas antiquirt.

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