Page images
PDF
EPUB

el-Seân) verbinden, so werden wir den Kanal von Suez freihalten. Denn wenn man ihn uns schließen wollte, würden wir im Roten Meere die Schiffe unserer Gegner gefangennehmen, und wir wären stets Herren einer der Wege nach Indien."

Bei Beginn der französischen Madagaskar-Expediton verteidigte François Deloncle am 7. Dezember 1896 die Rechte Frankreichs auf Scheich Sa'id vor der französischen Kammer. Im Jahre 1898 hat dann Frankreich angeblich das Gebiet der Gesellschaft abgekauft und es zur französischen Kolonie erklärt. Trotzdem ließ die türkische Regierung am 19. Oktober 1902 noch 600 Soldaten in Scheich Sa îd ausschiffen, wo schon 1885 der Oberst Gaber Efendi Befestigungswerke angelegt hatte, welche Perim beherrschten, und wo schon 1870 türkische Soldaten waren.

Ein neues Sturmlaufen der französischen Interessenten begann 1904. Herr Presseq-Rolland, später Redakteur der „Depêche de Toulouse", schloß einen neuen Kaufvertrag ab mit dem Sohne des inzwischen verstorbenen Sultans, Mohammed Alî Tabat Durein, ein Vertrag, der auch die Orte Katah (?), Wohnort des Sultans, und Dobaah (?), Wohnort seines Bruders Embâreh Durein - der später als türkenfreundlich bezeichnet wurde, mit einschloß.1 Der Käufer wurde aber von seiner Regierung desavouiert. Es wurde Lärm geschlagen, daß der „franzosenfreundliche" Sultan, der so gern den Schutz der französischen Flagge gehabt hätte, nun tief gebeugt sei. Ich vermute aber, daß der Sultan sich nur nach dem Gelde sehnte, daß er wie alle Araber herzlich wenig von dem Eindringen einer fremden Macht wissen wollte.

Jedenfalls ist während des Krieges zwischen Italien und der Türkei die türkische Garnison in Scheich Saîd auf 4000 Mann verstärkt. Der Ort wurde von den Italienern beschossen; die Garnison aber stand sich währenddessen vorzüglich mit den Engländern in Perim, die sie mit Nahrung versorgten. (Joubert.)

1 Wahrscheinlich war dieser ganze Kaufvertrag eine Mystifikation, denn M. Corbie konnte in Djibuti 1913 feststellen, daß der Gesandte des M. Presseq-Rolland, M. Hugues le Roux, niemals in Scheich Sa'id gewesen sei, trotzdem er in seinem Buche „Ménélik et Nous" seine abenteuerliche Fahrt dorthin beschrieben hätte.

29

[ocr errors]

Ende 1913 wurde ein neuer Versuch der französischen Interessenten unternommen. Herr Albert Corbie,1 der für die L'évolution algérienne et tunisienne" schrieb (Nummer vom 23. Dezember 1913, „Depêche coloniale" vom 10. und 28. November 1913) und der ein besonderes Buch über Scheich Sa'îd geschrieben hat („Le mystère de Cheikh Said"), das ich leider nicht erhalten konnte, der aber offenbar Leiter eines Studienbureaus" für den Hafen und die Kohlenbergwerke (houillères) von Scheich Sa îd war, fuhr, wie er sagt nach fünfjährigen Vorstudien, am 2. Oktober 1913 nach Djibuti, nachdem er erst einen Briefwechsel mit den dortigen Behörden und dem Sultan versucht hatte. M. Pascal, der Gouverneur von Djibuti, der sich dem Plane geneigt gezeigt hatte, mußte seinen Platz verlassen. Nachdem Corbie auch beim französischen Vizekonsul in Aden, M. Riès, nichts ausgerichtet, und nachdem sich die Unmöglichkeit gezeigt hatte, nach Scheich Sa îd zu gelangen, dessen Besuch von der türkischen Garnison eifersüchtig allen Fremden vorenthalten wurde, mußte er wieder abreisen, konnte aber noch die Genugtuung mitnehmen, daß der totgeglaubte Häuptling Mohammed noch lebte, daß er nur gelähmt sei.

Der Fall von Scheich Sa'îd zeigt, wie eine besondere Finanzgruppe, die sich offenbar hinter Abgeordnete steckte, immer wieder die öffentliche Meinung Frankreichs zu ihren Gunsten aufregen kann, auch wenn offenbar die Regierung lange aus politischen Gründen auf das fragliche Projekt verzichtet hat. In vorliegendem Falle hat man wie bei Masqat das französische Interesse England gegenüber geopfert, welches seinerseits die Türken dort für ganz harmlose Nachbarn hielt.

Interessant ist an dem Bericht dieses M. Corbie, daß er offen über den Waffenschmuggel redet, der mit den revolutionären Arabern stattfand. So traf er in Djibuti

1 Derselbe Albert Corbie hat in der „Depêche coloniale" (Paris) vom 9. November 1915 einen Artikel,,L'Arabie et la guerre européenne" geschrieben, der von verkehrten Vorstellungen strotzt. Er empfiehlt Frankreich, mit Jaḥjâ sich zu vereinigen, dagegen Sejjid Idrîs zu bekämpfen. Er stellt also die tatsächlichen Verhältnisse auf den Kopf in der Annahme, Idrîs sei Verbündeter der Türkei.

2 Cabinet d'Etudes techniques des houillères et du port de Cheikh Sa îd. Corbie A. L. 29. Rue Davioud. Paris.

einen Mann aus Jemen, namens Salem 'Abdallah, der dauernd Waffen den Insurgenten besorgte. Am 26. Oktober erzählte ihm ein alter Jemen-Krieger namens 'Abdu: „Nous trouverons toujours des armes à Obock et à Djibuti pour la guerre en outrance... la France, qui est ici à Djibuti, nous fournit des armes, mais elle donne de l'or à la Turquie ..." Ohne Zweifel, die Lieferung von Waffen gegen die Türkei ist seit langer Zeit von Frankreich, Italien, und wahrscheinlich auch von England unterstützt.

[ocr errors]

Im Weltkriege wurde Scheich Sa'îd von den Engländern am 16. November 1914 - nach Neufeld im Juli 1915 ein zweites Mal beschossen; im August 1915 haben die Türken mit Hilfstruppen des Imâm Jaḥjâ von dort aus die englischen Anlagen auf Perim unter Feuer genommen. Nach den in Medîna angelangten Nachrichten hielten die Türken Scheich Said Mitte 1915 besetzt, so daß Dampfer daran nur nachts vorbeifahren konnten, weil leider den Türken Scheinwerfer fehlten, um die Straße nachts zu beleuchten.

Jedenfalls ist es sehr wichtig, bei einem hoffentlich für die Türkei günstigen Friedensschlusse die Frage von Scheich Sa îd genau zu prüfen und wenn möglich durchzusetzen, daß die Grenze gegen das englische Gebiet in einigem Abstand vom Kap geführt wird, und nicht so, wie sie durch die Grenzregulierung von 1905 festgesetzt wurde. Späterer Erwägung bleibt dann nach genauem militärischem und technischem Studium vorbehalten, ob an dem Orte nicht nur große türkische Befestigungen, sondern auch Hafenanlagen errichtet werden können, und ob es möglich ist, eine Bahn von Norden aus bis hierher zu führen. Jedenfalls ist Schech Said für das Rote Meer ein außerordentlich wichtiger Plats.

9. Kapitel

Die englischen Besitzungen und Interessengebiete in Südarabien

ei der Betrachtung der Geschichte des Altertums und Mittelalters haben wir oft den Ort 'Aden erwähnen müssen, der einer der großen Handelshäfen von Südarabien schon in der Urzeit gewesen sein muß. Adane war

ein Stapelplats für den Weihrauchhandel, der aus den östlicheren Küstenplätzen und aus dem Somalilande kam. Zur Römerzeit muß es schon ein sehr wohlhabender und wichtiger Platz gewesen sein, denn gleich nach der Eroberung von Ägypten (30 v. Chr.) haben angeblich die Römer 'Aden besetzt, vielleicht 24 v. Chr.? zur Zeit des Aelius Gallus, und sie scheinen es etwa bis zur Zeit der ersten Axumitenherrschaft in Arabien behalten zu haben (4. Jahrhundert), wenn sie überhaupt eine reelle Herrschaft dort ausübten.1 Für sie war der Ort „Arabia emporium", „die Stadt in Arabien"; dorthin fuhren sie, wenn sie auf dem Wege durch das Rote Meer die Produkte des Orients holen wollten. Über die alte Geschichte des Ortes weiß man aber wenig. Es sind dort nach Playfair (S. 13) zwei himjaritische Inschriften gefunden: eine runde Marmorplatte, die 20 Fuß unter der Erde lag und ein Gedenkstein gewesen zu sein scheint, und eine andere Inschrift auf dem Gipfel des Râs Taršain, westlich von von dem heutigen Steamer Point". Dauernd werden die Römer den Ort jedenfalls nicht in der Hand gehabt haben, denn der Autor des Periplus berichtete etwa 80 n. Chr., daß 'Aden kurz vor seiner Zeit von dem Kaiser" (Claudius oder Nero?) hätte zerstört werden müssen. Wir hörten auch, daß 342 unter Konstantin dort eine Kirche errichtet wurde. Es war eben der große Transitplatz für den Handel zwischen Europa und Indien. Das Land hat sich in Reaktion gegen die Römer und ihre Verbündeten, die Abessinier, mehr und mehr den Persern angeschlossen, und bei Aden war es auch, wo 595 das persische Heer unter Wahriz die Abessinier schlug. Playfair nimmt an, daß unter der persischen Herrschaft, also um 600, die großen Tanks" gebaut wurden, die zuerst von Ibn Batuta beschrieben wurden, und welche die Engländer 1856 wieder herstellten.

[ocr errors]

Der Prophet Mohammed sandte selbst als Statthalter Abû Mûsa el-Aš arî nach 'Aden.

In den Zeiten des Islam hängt die Geschichte von 'Aden natürlich eng mit der von Jemen zusammen. Wir sahen oben schon, daß von 1038 bis 1147 sogar eine aus ‘Aden

1 Die Nachrichten über die politische Herrschaft der Römer in 'Aden sind recht unsicher. Jedenfalls aber haben sie dort große kaufmännische Interessen von Ägypten aus gehabt.

stammende Dynastie, die Zurai'iden, Jemen beherrschte. Im Jahre 1038 wurde die Stadt von einem Zehereyah" (wie Playfair schreibt, vielleicht Zurai'iden?) erobert, welcher dort einen Gouverneur einsetzte. Mit diesem trat Ibn 'Omar, der Häuptling von Lahedj (Laḥğ), Šeḥer und Hadramaut in Verbindung, den er aber bald angriff und tötete. So ward er gemeinsam mit seinem Bruder Mas ûd Herrscher von 'Aden. Ihre Nachfolger eroberten einen großen Teil von Jemen, gerieten aber in viele Fehden untereinander. Im Jahre 1152 nahm einer der Herrscher von Jemen, Sulțân el-Mansûr, Aden durch Verrat, mußte aber 1173 seine Herrschaft an die Aijûbiden unter Tûrân šâh abgeben, der den Melek el-Mas ûd, Bruder des Imâm Alî von Șan â, zum Gouverneur von 'Aden ernannte. Der Nachfolger von Mas'ûd war 1233 bis 1249 Sulțân Nûr ed-Dîn, der Begründer der Rasûlidendynastie von Jemen. Er eroberte bald ganz Jemen, formell unter der Oberhoheit des Chalifen, mit dem er aber 1249 einen Streit bekam, infolgedessen ein gewisser Muzaffer Šems ed-Dîn gegen ihn ausgesandt wurde, der ihm 'Aden fortnahm. Ein Bruder von dem Sohn und Nachfolger des Muzaffer, Ibrâhîm, nahm 1294 'Aden und Laḥğ fort, mußte die Orte aber bald an dessen Nachfolger Dâûd zurückgeben. Bei den inneren Unruhen unter den Rasûliden spielte der Besitz des reichen Eingangsplatzes 'Aden oft eine Rolle. Im Jahre 1454 wurde die Stadt von ihrem Gouverneur den siegreichen Tâhiriden übergeben. Im folgenden Jahre versuchte der Gouverneur von Šeḥer vergeblich, 'Aden von den Eindringlingen zu befreien; aber auch Šeher wurde von den Tâhiriden erobert. Von diesen war wohl der bedeutendste 'Abd el-Wahhâb ibn Tâhir, der 1472 zur Regierung kam und in 'Aden eine etwa 15 km lange Wasserleitung baute, welche vom Orte Bîr-Ḥammid aus die Stadt mit Trinkwasser versorgen sollte. Ihre Reste sind heute noch neben einer modernen Leitung zu sehen.

'Aden war immer noch der wichtige Handelsplatz für Indien geblieben. Dort liefen die Fahrzeuge ein, welche aus Indien und China kamen, während anderseits die aus dem Roten Meer kommenden Schiffe meist in 'Aden die Waren für den Weitertransport aufnahmen. Seit 1420 allerdings suchten die indischen Schiffe Aden eine Zeitlang zu meiden, weil der dortige Fürst die indischen Waren am

« PreviousContinue »