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und sogar in Ostasien werden heute noch römische Goldstücke der Kaiserzeit gefunden.

Aus unserer Betrachtung ersehen wir, daß in Südarabien das Zentrum des alten Orienthandels war, daß sich dort unter dem Einfluß dieses Handels und wohl durch kulturelle Befruchtung aus Babylonien, Persien, Ägypten und Byzanz eine eigenartige städtische Kultur gebildet hatte. RomByzanz und Persien beeinflußten die politischen und wirtschaftlichen Zustände im Jemen; diese beiden Großmächte hielten sich auch hier das Gegengewicht, so daß keine von ihnen eine dauernde Monopolstellung im Orienthandel der antiken Welt erreichte. Die großen Antagonisten der Alten Welt, Rom und Persien, aber versuchten stets beide, die so wichtigen Handelsstraßen nach dem Orient zu beherrschen oder wenigstens zu beeinflussen, und diese gingen durch das Rote Meer und durch den Perser Golf bzw. durch die Halbinsel Arabien mit Karawanen. Der große Umschlagsplatz für den Orienthandel war in Südarabien, wo teils die Produkte des Landes selbst (Gold, Weihrauch und Myrrhen), teils Waren aus Indien und Afrika gehandelt wurden. Die dortigen Kaufleute wachten eifersüchtig über die Quellen ihres Reichtums, sie ließen die fremden Händler nur bis zu ihren Plätzen kommen, hüllten aber die Herkunft der Produkte in mystisches Dunkel, um die Konkurrenz fernzuhalten.

3. Kapitel

Das Auftreten des Islam

In die Zeit der persischen Fremdherrschaft, der persischen und byzantinischen politischen und wirtschaftlichen Rivalität, der starken Beeinflussung des arabischen Heidentums durch persische, jüdische und christliche Religionsströmungen fällt das Auftreten von Mohammed, dessen Lehre durch eine neue semitische Auswanderung aus Arabien in die ganze antike byzantinisch-persische Welt getragen wurde. Arabien ist die Wiege des Islam, ebenso wie der islamischen Staatsidee; zur Entwicklung aber kamen beide erst nach Eroberung der alten Kulturländer, durch die der Islam befruchtet wurde. Die Jemeniten und mit ihnen die von ihnen abstammenden Bewohner von Medîna

und anderer Orte haben als Städter noch lange Zeit eine besondere Stellung im Islam eingenommen, gegenüber dem Mekka-Adel und den Beduinen. Mohammed, als Abkömmling des Mekka-Adels, versuchte in seiner ersten Zeit sogar gegen die Städter und besonders die perserfreundlichen Jemeniten mit den christlichen Abessiniern zusammen Hand in Hand zu gehen, aber vergeblich. So verfolgte er seine Pläne mit den Städtern. Noch zu seinen Lebzeiten hatte er Mu'âd als Gesandten zu dem persischen Statthalter Almarzuban (Budan?) nach Jemen gesandt, mit dem Erfolge, daß die dortige Oberschicht der Bevölkerung um 634 den Islam annahm.

Mohammed war ohne direkte männliche Nachkommen und ohne Bestimmung über die Erbfolge gestorben. Es entstand zunächst ein Wahlreich; bei der Einsetzung des Chalifen stritten immer die Interessen der Leute von Mekka und von Medîna, der Beduinen und der Städter, gegeneinander. Dem Stammesadel der Altaraber trat außerdem der neue Geistesadel der direkten Genossen der Propheten entgegen. Zuerst war Medîna das Zentrum des Chalifats. Von hier wurden die aufständischen Araber bekämpft, von hier aus auch die großen Eroberungen ins Werk gesetzt.

Die lawinenartige Ausbreitung des Islam ist nur erklärlich aus dem Verfall und der geringen Widerstandskraft der alten Kulturstaaten und aus dem staatsmännischen Talent seines Gründers, der es verstand, die Beduinen religiös zu begeistern und politisch zusammenzufassen. Nicht aus Hunger und Übervölkerung sind die Araber aus ihrem Lande herausgebrochen, sondern getragen von religiösem Fanatismus und angestachelt durch Beutelust.

Zuerst wurden die Gebiete erobert, in denen schon arabische Stämme seit langem eingedrungen und in der Überzahl waren. Babylonien wurde gegen die Sassaniden besiegt. Dort gründeten die Araber 638 Başra und Kûfa. Im Jahre 635 schon war Damaskus gefallen, und 641 wurde auch Alexandrien von Amr, dem Feldherrn von Omar, den Byzantinern abgenommen. Der Chalif selbst aber blieb in Medîna. Der dritte Chalif, Otmân, gehörte noch zu den alten „Ausgewanderten", den Genossen des Propheten. Unter ihm vergrößerte das Reich sich bedeutend, Nordafrika und Teile von Kleinasien wurden erobert. Die

Interessen des Riesengebiets gingen dadurch weit über die Grenzen von Arabien hinaus. Der Omaijade Mu âwija verlegte deshalb den Sitz der Regierung nach Damaskus, wo er, der Angehörige der stolzesten Adelsfamilie von Mekka, das Chalifat als erblich in seiner Familie erklärte, nachdem er die Anhänger des Alî und Husein besiegt hatte, welche in Kufâ und Başra als leibliche Erbfolger des Propheten kurze Zeit Gegen-Chalifen gewesen waren. So war gleichzeitig mit dem Zwiespalt in religiöser Beziehung auch die Verlegung des Machtzentrums in die eroberten Gebiete vor sich gegangen. Ganz hörte der Einfluß Arabiens auf die Geschicke der islamischen Welt allerdings wohl erst 754 mit dem Ende der Omaijaden und Verlegung des Chalifats nach Baghdâd durch die 'Abbâsiden auf.

Nach der Schaffung des Chalifenreiches war für den Orienthandel ein völliges Monopol entstanden. Während früher der Verkehr über Mesopotamien ging, wenn die Herrscher in Ägypten zu hohe Abgaben erhoben, oder umgekehrt über Alexandrien oder Damaskus, wenn der östliche Weg ungünstig schien, war jetzt die Macht überall in einer Hand. Die Zollstellen in Basra, Buchâra, Multan und Alexandrien wurden von Damaskus und später von Baghdâd aus einheitlich geleitet. Alle Orientwaren, alle Gewürze, Seidenstoffe und Teppiche, die ins Abendland gingen, waren in der Preisbildung von dem Chalifen abhängig. Als Baghdâd von 754-1258 der Sitz des Chalifats unter den 'Abbâsiden war, fand der ostindische Handel mehr auf dem persischen Wege über Başra statt. Aber auch der Landweg über Mekka wurde noch immer benutzt. Unter Tulûn ging der ägyptische Orienthandel (nach Becker) über die Landenge von Suez und lag in den Händen abendländischer Juden. Ein bis zwei Jahrhunderte später ging er durch Ägypten der ganzen Länge nach, getragen von den Kâremiten, einer Organisation großen Stils für diesen Transithandel, bei dem die Spezereien allein einen Wert von mehr als 800000 Dinaren hatten, was einem absoluten Goldwert von 8 Millionen Mark entsprach, den man relativ drei oder viermal so hoch bewerten muß. (Becker, in Clio Bd. XI.]

Für die Politik der Chalifen hatte Arabien kaum noch Hamburgische Forschungen. Heft 1.

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Bedeutung. Nur um 900 erweckte die Bewegung der Qarmaten große Unruhen, einer ismâîlitischen - ši itischen Sekte, die fast ganz Arabien eroberte und sehr bedenklich nach Nordafrika hinübergriff. In Arabien hielten die Qarmaten sich in Bahrain und Jemâma am längsten. Arabien zerfiel allmählich in kleine, fast unabhängige Emirate.

In Mekka versuchten, allerdings aus religiösen Gründen, die jeweils herrschenden Chalifen Einfluß zu gewinnen. Im Jahre 969 setzten es die ägyptischen Fâțimiden durch, daß sie dort den Ehrenplatz erhielten; 980 aber gelang es einem alîdischen Geschlecht, den anarchischen Zuständen in Mekka ein Ende zu machen und das Großscherifat daselbst zu begründen. Der erste Großscherif war Ga'far.

In Südarabien war infolge der Handelsunternehmungen auch der Wandertrieb immer groß gewesen. Der Sage nach sollen um 650 Leute aus Omân unter einem Dîr oder Tîr zusammen mit Ḥiğâz-Leuten unter Darod nach der Somaliküste gezogen sein; sie haben angeblich dort das Somali-Volk begründet (Paulitschke). Um 712 hatten die Araber Handelsniederlassungen am Indus. Nach der bekannten Chronik von Kilwa haben Anhänger von Zaîd, dem Sohne von 'Alî bin Husein, um 739 die ostafrikanische Küste besiedelt, wohin Südaraber aus Mûza-Mocha schon zur Zeit des Periplus, also 700 Jahre früher, Handelszüge gemacht hatten. Im Jahre 750 sollen Araber die Komoren, 850 Madagaskar kolonisiert haben. Die alten Handelsfahrten nach Östafrika werden eben nur zeitweilig unterbrochen sein, wenn auch feste Städte wie Muqdischu dort wohl kaum vor dem Anfang des 10. Jahrhunderts gegründet wurden. Zuerst werden Elfenbein und Sklaven, später auch Gold aus Sofala geholt sein.

Auch nach Osten fanden sicher dauernde Handelsunternehmungen statt. Im hohen Altertum werden die Waren des fernen Ostens auf dem Karawanenwege durch Innerasien und dann nach Pattala am Indus oder nach Persien gelangt sein. In Samarkand sind himjarische Inschriften gefunden worden, ein Zeichen, daß die Südaraber bis ins Oxusgebiet gelangten. Sie sollen dort noch 553 eine geschlossene Siedlung gehabt haben. Später lernte man den Seeweg kennen. Byzantinische Kaufleute, die wohl aus Südarabien kamen, sollen 166 n. Chr. in Südchina er

schienen sein. In der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts gelangten auch chinesische Schiffe nach Ḥîra südöstlich von Babylon. Doch scheint der Verkehr von West nach Ost größer gewesen zu sein als umgekehrt. Wir hören, daß 758 Kanton von Arabern und Persern geplündert wurde, daß die Araber Zutritt in Kanton, Ningpo, Hangtschou, Kiautschou hatten, und daß sie 999 in Hangtschou Exterritorialität genossen. Die Händler mögen wohl meistens von Sîrâf, Obolla (Apologos), Başra, Hormûz und Baḥrain ausgegangen sein, aber gewiß auch von Omân, Ḥaḍramaût und Jemen. Ihre Fahrten werden in der Geschichte von Sindbad dem Seefahrer verherrlicht. Seit Anfang des 13. Jahrhunderts sind auch die Chinesen ihrerseits nach Westen gefahren; 1408 eroberten sie Ceylon, 1430 erschien ihre Flotte vor Aden und Gidda. Später aber haben diese Fahrten der Chinesen offenbar aufgehört, während die Handelsunternehmungen der Araber nach China nur zeitweilig durch chinesische Sperrmaßregeln unterbunden wurden. Alle die erwähnten Verbindungen und die ungemeine Unternehmungslust der Araber kamen dem Orienthandel des Chalifenreichs zugute. Der indische Ozean war ein arabisches Meer.

Wir sehen also, daß im Mittelalter Arabien politisch von den Chalifen vernachlässigt war und in voneinander unabhängige Emirate oder Imâmate zerfiel, daß es aber durch Handelskolonisation weite Gebiete eroberte und umfangreichen Zwischenhandel betrieb. Die Endpunkte der Handelsstraßen im Abendlande aber wurden durch die Chalifen beherrscht, welche dadurch enorme Reichtümer gewannen.

Die

4. Kapitel

Das Aufkommen der Türken

ie Nachfolger von Mohammed hatten die halbe bekannte Welt erobert. Das große Reich erhielt das Arabische als Staatssprache, den Islam als Staatsreligion. Von den Säulen des Herkules und Spanien bis tief nach Asien hinein ward die arabische Mischkultur verbreitet. Die Araber standen als Herrenvolk und Militäradel über den unterworfenen Völkern. Spracheinheit und die Gemeinsamkeit des Glaubens

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